Nach dem ausgiebigen Test des
Corratec C29 Cross One war ich sehr skeptisch, ob mich das deutlich konservativere
Corratec C29 Cross One ebenso begeistern könnte. Auch wenn sie aus dem gleichen Stall kommen und ähnliche Bezeichnungen tragen, haben die Räder außer der Reifengröße 29 Zoll nichts gemein.
Das C29 One mit Vollaustattung ist mit 16,4 kg um ein Drittel schwerer als das Cross One. Sattel und genähte Ergo-Griffe kommen in Leder-Optik daher und die Lenkerform erinnert an ein Hollandrad. Die schwarze Lackierung würde brav und elegant wirken, wäre da nicht der sportlich-aggressive corratec-Schriftzug, die Ballonreifen (gestaltet von d´Andrea & Evers Design), die dem sonst "sehr iösen" einen "weniger iösen" aber dafür interessanteren Auftritt verschaffen.

Innovativon steckt in der Bereifung: neben der neuen Größe 29 Zoll ist das Profil interessant: feine Lamellen in welliger Kontur strukturieren den an sonsten völlig glatten Reifen. Das verschafft sicher einen extrem ruhigen Lauf, aber bietet er Halt genug? Aus purem Übermut hab ich das Bike gleich auf vereister Straße auf einen 20km Proberitt mitgenommen. überraschend viel Halt fanden die Reifen im festgetretenen Schnee, auch das Bremsen ging viel besser als erwartet. Aber an der ersten vereisten Kurve kam auch erwartungsgemäß der erste Abstieg :-). Der Rest der Strecke war dann vorsichtiger, aber erfolgreich.
Schnell ist das Bike, die riesigen Reifen mit dem minimalen Rollwiederstand ermöglichen im Zusammenspiel mit der feinen Technik erstaunliche Reisegeschwindigkeit. Aber "dank" der Starrgabel im Zusammenspiel mit festgefrorenen Schneematsch auf der Straße, war ich nach der Tour heftig durchgeschüttelt und beide Hände taub. Aber für mittleres und schweres Gelände ist es nicht gemacht. Also ab damit in den Keller und auf besseres Wetter gewartet.
Nun also also auf trockenen schneefreien Straßen:
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Geometrie:
Dank der perfekt funktionierenden Höhenverstellung mittels Schnellspanner am Lenker (Speedlifter) kann ich die Geometrie in sekundenschnelle umstellen. Der permanente Verdrehschutz zwischen Lenkstange und Gabel sichert auch die Lenkfähigkeit bei geöffnetem Speedlifter. Der Hersteller untersagt aber aus Sicherheitsgründen die Verstellung während der Fahrt.
Sattel rauf, Lenker runter:
und schon habe ich eine relativ sportliche Neigung im Oberkörper, gute Kraftübertragung auf die Pedale und eine beachtliche Geschwindigkeit auf Asphalt.
Sattel runter und Lenker rauf:
und ich sitze wie ein König aufrecht auf meinem Fahrradthron, strample entspannt und genieße die Umgebung, die trotzdem noch erstaunlich zügig vobeizieht. Das geht auch mit Anzug und Krawatte! Die Schutzbleche liegen nah am Reifen und versprechen optimale Abschirmung für die Kleidung.
Zur Ausstattung
Erstklassige Komponenten sind bei diesem Rad Programm:
Sattel und Griffe
Der Sattel in Lederoptik bietet in Verbindung mit der gefederten Sattelstütze den Komfort, die genähten Handriffe aus dem gleichen Material haben eine eronomisch herausgearbeitete Ballenauflage.
Gepäckträger
Der massive Alu-Gepäckträger (für 25kg zugelassen) fasziniert durch seine geschwungene Auflagefläche. Gängige Packtaschen lassen sich problemlos einhängen. Dabei verhindern die beiden nach Außen gebogenen "Ohren", daß die Packtaschen so weit nach hinten rutschen, dass die Heckleuchte seitlich verdeckt wird.
Allerdings vermisse ich am Gepäckträger ein weiter nach unten gezogenes Rohr, das Packtaschen am unteren hinteren Ende stabilisiert. Auch ließen sich dann die Taschen variabeler montieren.
Antrieb, Bremsen, Naben: Shimano Alfine
Antrieb:
Die Alfine 8-Gang Nabe wird mit den zwei Kettenblättern an der Kurbel zum ausgewogenen 16-Gang Antrieb. Dabei verzichtet man bauartbedingt auf eine starke Untersetzung für extreme Anstiege (aber dafür ist dieses Rad auch nicht gedacht). Die hohen Gänge ermöglichen aber ein unaufgeregtes Treten auch bei Geschwindigkeiten über 40km/h
Hier die Übersetzung im Vergleich mit der Shimano DynaSys 30-Gang XT Schaltung des C29 Cross One:
Bremsen:
Die hydraulischen Alfine Scheibenbremsen lassen sich sehr gut dosieren und beißen wenn nötig richtig zu.
Aufrüstung:
Bis auf eine neue Glocke (die mitgelieferte klingt erbärmlich!) ist keine Aufrüstung nötig.
Wer auf Pannensicherheit wert legt, spendiert den Reifen noch eine Pannenschutzeinlage oder glei einen Satz Reifen mit integrierten Pannenschutz.
Für große Touren mit erheblichem Gepäck würde ich einen anderen Gepäckträger montieren.
Fazit: Wer komfortabel unterwegs sein will, ist mit diesem Rad auf jeden Fall gut beraten. Dazu überrascht die Schnelligkeit, die mit diesem Rad dank 29" Bereifung und erstklassiger Antriebstechnik möglich ist.
Dieses Rad ist eine gelungene Kombination aus gutem Design, Komfort und Geschwindigkeit. Ein Alltagsradl, dass nicht trödelt, ein Qualitätsrad, das trotz fehlender Federgabel auch im leichten Gelände eine gute Figur macht. Nur für den Winter ist eine andere Bereifung anzuraten.
Christoph Ranzinger, lehrerbibliothek.de