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Christentum und säkularer Staat Geschichte - Gegenwart - Zukunft Mit einem Vorwort von Ernst-Wolfgang Böckenförde

3. Aufl. 2014
Christentum und säkularer Staat
Geschichte - Gegenwart - Zukunft


Mit einem Vorwort von Ernst-Wolfgang Böckenförde



3. Aufl. 2014

Martin Rhonheimer

Herder Verlag
EAN: 9783451306037 (ISBN: 3-451-30603-4)
480 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 16 x 23cm, 2014

EUR 36,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Dieses Buch ist ein wichtiges und notwendiges Buch, notwendig und wichtig für die Selbstvergewisserung der katholischen Kirche und der (katholischen) Christen.

Ernst-Wolfgang Böckenförde

Der freiheitliche, säkulare Staat scheint sich gegenüber dem Christentum und der Kirche zunehmend auf Konfrontationskurs zu bewegen. Rhonheimer zeichnet den komplexen Entstehungsprozess der westlich-europäischen politischen Kultur nach und analysiert, welche Rolle die Kirche dabei hatte. Außerdem diskutiert er aktuelle Themen wie Kulturrelativismus und Religionsfreiheit, nicht zuletzt auch in Auseinandersetzung mit dem Islam.

Mit einem Vorwort von Ernst-Wolfgang Böckenförde

Martin Rhonheimer, geb. 1950 in Zürich, studierte Geschichte, Philosophie und Politikwissenschaft in Zürich und Theologie in Rom. 1983 wurde er zum Priester geweiht. Seit 1990 lehrt er als Professor für Ethik und politische Philosophie an der Päpstlichen Universität Santa Croce in Rom.
Rezension
Über das Verhältnis von Religion und Staat sollten insbesondere Religionslehrkräfte gut informiert sein; denn der Religionsunterricht befindet sich genau an der Schnittstelle eines durchaus schwierigen Verhältnisses, das in Deutschland völlig anders geregelt ist als etwa im laizistischen Frankreich, wo es Religionsunterricht an staatlichen Schulen nicht gibt. Zugleich begegnen in einer auf weltanschauliche Neutralität verpflichteten Demokratie z.Zt. viele Bürger/innen den Religionsgemeinschaften und Kirchen kritisch, weil sich Religion gesellschaftlich vielfältig fragwürdig darstellt (Mißbrauchsskandale, religiös grundierter Terrorismus etc.). Eigentlich ist die Trennung von Kirche und Staat in modernen Demokratien eine Selbstverständlichkeit. Im modernen Rechtsstaat gilt die äußere Religionsfreiheit als universales Menschenrecht, der Staat als nicht mehr christlicher, sondern säkularisierter, in offener Weise religionsneutraler Staat und die politische Ordnungsform der pluralistischen Demokratie ist voll anerkannt. Christentum und Kirche sind mithin in der politischen Moderne angekommen und mit ihr versöhnt sind. Gleichwohl ergeben sich auch hier gewisse Problembereiche, die ausgeleuchtet werden müssen: Wie verhält sich der säkulare Verfassungsstaat mit seiner verbrieften Religionsfreiheit und -toleranz gegenüber Religionen und deren Vertretern, die die Rechtstaatlichkeit untergraben? Oder ein anderes Problem, das bei den sog. Mohammed-Karikaturen deutlich wurde: Wie verfährt der moderne Verfassungsstaat hier mit den beiden elementaren Verfassungsgütern Religionsfreiheit einerseits und Informations- und Pressefreiheit andererseits? Von Skepsis getragen ist Auffassung des Autors zur Integrationsfähigkeit des Islam in die säkulare politische Freiheitskultur. Dies deshalb, weil der Islam mehr als nur eine Religion sei, sondern nach seinem Ursprung und Wesen ein politisch-religiöses Sozial-, Rechts- und Herrschaftssystem, dem als solchem eine Offenheit für die Säkularität und Laizität des modernen Staates fehle.

Thomas Bernhard, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Vorwort von Ernst-Wolfgang Böckenförde 9

Einleitung 15

Erster Teil: Geschichte
Die politisch-theologische Struktur des christlichen Dualismus, die Entstehung des modernen Staates und die Kirche 33

1. Zwei verschiedene Geschichtsbilder 33
2. Die Ursprünge: Christlicher Dualismus von Politik und Religion 36
3. Unschärfe und Ambivalenz der Grundprinzipien 45
4. Augustinus, das Ende Roms und eine neue Rolle für die Kirche 49
5. Von Papst Gelasius zum Triumph des politischen Augustinismus 62
6. Die »päpstliche Revolution« und der prekäre Dualismus des Hochmittelalters 74
7. Wirkungen und Verdienste der päpstlichen Revolution und des mittelalterlichen Dualismus 92
a) Die Wirkungen: »Laisierung« der politischen Gewalt und Dynamisierung ihrer Autonomie 92
b) Die Verdienste: Relativierung der politischen Macht und Schaffung einer öffentlichen
Rechtskultur 103
8. Der Primat des Politischen und das politische Ethos der Moderne: Friede, Freiheit, Gleichheit 112
a) Der paradigmatische Fall des Marsilius von Padua 112
b) Der Verlust der christlichen Einheit und die Geburt des politischen Ethos der Moderne 116
c) Die vielschichtige Natur der modernen Demokratie: Der demokratische Verfassungsstaat 125
9. Die Lehrentwicklung innerhalb der katholischen Kirche seit dem 19. Jahrhundert 134
a) Von der Konfrontation mit der politischen Moderne zur Anerkennung moderner politischer Kultur 134
b) Das 19. Jahrhundert und die Nachwirkungen einer jahrhundertealten kirchenrechtlichen und theologischen Tradition 142
c) Die Kirche und das säkulare Ethos der Demokratie: Von Pius XII. zur Enzyklika Centesimus annus
Johannes Pauls II 164
d) Die Funktion kirchlicher Lehre über Staat und Demokratie in der heutigen säkularen politischen Kultur des demokratischen Verfassungsstaates 185

Zweiter Teil: Gegenwart
Christentum und säkularer Staat heute: Koexistenz, Konflikt, Zusammengehörigkeit 195

1. Zwei Versionen der Laizität: Die politische und die integristische Konzeption staatlicher Laizität 195
a) Religionsfreiheit und Laizität 202
b) Der politische Begriff der Laizität 209
c) Die »umfassende« oder »integristische« Konzeption der Laizität (»laizistischer Integrismus«) 219
2. Die Autonomie des Politischen und die Unterscheidung zwischen politischen Tatsachen und Wertkriterien 230
3. Säkularer Staat und Religion: VonWahrheitskriterien zu Kriterien der politischen
Gerechtigkeit 245
4. »Freie Kirche im freien Staat«? 254
5. »Einmischungen« der Kirche in das öffentliche Leben: Die kirchliche Verteidigung des
Naturrechts 276
6. Ergebnis und Ausblick: Spannungsvolle Koexistenz und Zusammengehörigkeit von säkularem Staat und
Christentum 303

Dritter Teil: Zukunft
Die Moderne, das Christentum und die Herausforderung des Islam 321

1. Die Janusköpfigkeit der Moderne – eine Krisen- und Erfolgsgeschichte 321
2. Christentum, Islam und säkularer Staat 328
3. Wider den Kulturrelativismus: Christliche Wurzeln von Aufklärung und Moderne 344
4. Die natürliche Symbiose von Christentum, Wissenschaft und säkularem Verfassungsstaat 358
5. Das Christentum als geistlich-religiöses Fundament staatlicher Säkularität 381
6. Versöhnung des Christentums mit der politischen Moderne – und der Islam? 385
7. Die politisch-religiöse Logik des Christentums: Geschichte als Lernprozess 403

Anhang

»Christliche Säkularität« und Kultur der Menschenrechte 419
1. Religionsfreiheit und säkularer Staat: Europäische und amerikanische Tradition 419
2. »Christliche Säkularität«: Das scheinbare Paradox der »doppelten Identität« als Christ und als Bürger 422
3. Die politische Begründung der Menschenrechte und ihre metaphysischen und religiösen Wurzeln 428
4. Säkularer Pluralismus, religiöse Überzeugungen und christliche Säkularität 432

Postskriptum
Demokratie und Naturrecht: Der Papst vor dem Bundestag 439

Verzeichnis der zitierten Literatur 445
Personenregister 467