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Candide oder Die beste Welt Mit Federzeichnungen von Hety Thier
Candide oder Die beste Welt
Mit Federzeichnungen von Hety Thier




Voltaire

Elsinor
EAN: 9783942788410 (ISBN: 3-942788-41-1)
152 Seiten, paperback, 21 x 21cm, August, 2018

EUR 25,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Voltaires Bericht über die unglaublichen Abenteuer des gutmütigen Candide, den es aus dem Westfälischen in die weite Welt verschlägt, ist eine brillante Mischung aus philosophischer Satire, Liebesgeschichte, Märchen und parodistischer Reiseliteratur. Das zunächst von der Zensur bekämpfte Werk entwickelte sich rasch zu einem "Bestseller" des 18. Jahrhunderts. Der beliebte Klassiker fasziniert seine Leser bis auf den heutigen Tag.



1949, vier Jahre nach Kriegsende, legte der heute kaum noch bekannte Münchner Schriftsteller Rudolf Schneider-Schelde eine Neuübersetzung von Voltaires berühmten Roman über den Irrglauben an den Sieg des Guten in der Geschichte vor.



Im gleichen Jahr präsentierte das Dortmunder Ostwall-Museum einen "Candide"-Zyklus mit 25 Federzeichnungen der jungen Künstlerin Hety Thier. Zeitgenossen urteilten: "Hety Thier, früh gereift, von hoher Intelligenz, brillanter technischer Erfahrung ... muss seit dem 'Candide' zu den großen Hoffnungen deutscher Grafik gezählt werden." Die erst 31-jährige Hety Thier wurde 1951 einstimmig in die progressive Künstlervereinigung "Neue Rhenische Sezzion" aufgenommen. Studiert hatte die aus der Düsseldorfer Kunstakademie und an der Berliner Akademie der Künste.



1952 starb Hety Thier mit nur 33 Jahren an den Folgen eines Autounfalls - und geriet allmählich in Vergessenheit. In dieser "Candide"-Ausgabe liegt ihr damals aufsehenserregender Zyklus nun erstmals zusammen mit dem illustrierten Werk im Druck vor.


Rezension
In der ersten Hälfte des 21. Jahrhundert scheint sich der philosophische Roman zunehmender Beliebtheit zu erfreuen, avancierten doch mehrere Werke des Genres zu Bestsellern. Im 18. Jahrhundert gelang dieses dem Philosophen Voltaire (1694-1778) mit seinem Roman „Candide oder Die beste Welt“ (1759), der zugleich seinen literarischen Ruhm begründete. 2018 erschien im Coesfelder Elsinor Verlag eine Ausgabe des Voltaires Werk. Es basiert auf der gut lesbaren Übersetzung des Schriftstellers Rudolf Schneider-Schelde aus dem Jahre 1949. Außerdem enthält die „Candide“-Ausgabe erstmals die 25 Illustrationen, welche die Coesfelder Künstlerin Hety Thier (1919-1952) zu dem Buch anfertigte. 1948 wurden ihre Tuschezeichnungen auf Büttenpapier im Originalformat 51x53 cm in Düsseldorf in der jährlichen Ausstellung der „Rheinischen Sezession“ präsentiert; 1949 wurde ihr „Candide“-Zyklus im Dortmunder Ostwall-Museum gezeigt.
Wie der Titel von Voltaires Werk verdeutlicht, handelt es sich bei ihm um eine satirische Auseinandersetzung mit dem von Leibniz inspirierten Optimismus, nach der Gott „die beste aller möglichen Welten“ realisiert habe. Der Protagonist von Voltaires philosophischem Roman muss sich nach Vertreibung aus einem westfälischen Schloss auf eine Weltreise begeben, um seine Geliebte Kunigunde zu finden. Was den Rahmen einer märchenhaften Abenteuerreise besitzt, ist eine spannende in Romanform gepackte philosophische Auseinandersetzung mit der Frage, wo sich die beste aller Welten findet bzw. wie man ein möglichst gutes Leben führen kann. Nachdem Candide immer wieder in menschliche Abgründe blicken musste, kommt er am Ende zu der Erkenntnis, dass es im menschlichen Leben darum gehe, seinen eigenen „Garten zu bestellen“, denn so der alte Gelehrte Martin: „Sich bemühen, ohne nach dem Sinn zu fragen, […] ist die einzige Möglichkeit, das Leben erträglich zu gestalten.“ (S. 137)
Außer mit Martin diskutiert Candide auch mit dem westfälischen Hofmeister Pangloß, dem Vertreter der optimistischen „Metaphyso-Theologo-Kosmologie“ (S. 7). Gegenstand der philosophischen Reflexionen sind u.a. Fragen nach der Universalität von Newtons mechanistischem Weltbild, der Tragfähigkeit des Deismus, dem Sinn des Lebens, der Willensfreiheit, dem Bösen sowie nach dem historischen Fortschritt. Diese Themen der klassischen Metaphysik mögen verdeutlichen, dass sich Voltaires „Candide“ als Ganzschrift für den Philosophieunterricht der Oberstufe gut eignet. Schülerinnen und Schüler können durch die Lektüre des Romans produktiv angeregt werden, über Grundprobleme des menschlichen Daseins zu diskutieren. Die Fragilität des menschlichen Lebens wird zudem durch Thiers Federzeichnungen, in denen die Körperteile der Personen vernachlässigt und die Linien unterbrochen sind, anschaulich zum Ausdruck gebracht.
Fazit: Die grafisch schön illustrierte Ausgabe von Voltaires „Candide“ aus dem Elsinor Verlag kann daher allen Philosophie-Lehrkräften, die in ihrem Unterricht eine philosophische Ganzschrift lesen möchten, um mit Schülerinnen und Schüler über Fragen der Metaphysik zu diskutieren, nur zur Anschaffung empfohlen werden. Zugleich kommt dem Westfälischen Verlag mit dem Werk das Verdienst zu, eine der talentiertesten deutschen Grafikerinnen angemessen zu würdigen.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de