Der sehr umfangreiche fünfte Band der Martin-Schlosser-Chronik von Gerhard Henschel trägt den Titel "Bildungsroman". Und wieder einmal dürfen wir seine Hauptfigur Martin Schlosser auf seinem Weg begleiten, wie er die Welt erobert und sich selbst zu finden versucht. Es ist ein bewegter Reifungs- und Bildungsprozess. Dabei erleben wir, wie der Protagonist in seinen waghalsigen Lebensexperimenten durch Versuch und Irrtum in den unterschiedlichsten Facetten des Lebens Höhen und Tiefen durchlebt. Beschrieben werden die Jahre 1983 bis 1985 von der Zivildienstzeit in Bielefeld bis zum Studentenleben in Berlin. Doch Martin Schlosser ist rastlos. Es treibt ihn kreuz und quer durch die Republik von Hof, Göttingen und Heidelberg, über Hannover und Borkum bis in seinen Heimatort Meppen, der ihn immer wieder wie einen Magneten anzieht. Und er verliebt sich immer wieder neu, scheitert konsequent in seinen Liebesbeziehungen, bis er in Andrea einen festen Haltepunkt zu finden scheint. Doch den eigentlichen Bildungsroman machen die Schilderungen des Studiums an der FU Berlin aus: der Besuch der Literatur-Seminare an der Hochschule und die Teilnahme an einem Seminar bei Walter Kempowski in seinem Haus in Nartum bei Bremen. Kempowski wird zu einer herausfordernde Provokation und bietet gleichzeitig eine Grundlage für seine persönliche und fachwissenschaftliche Weiterentwicklung. Mich beeindruckt die Erzählkraft des Romans, die mich als Leser nicht zur Ruhe kommen lässt. Die Banalitäten des Alltags wechseln mit bedeutsamen gesellschaftlichen Gegebenheiten. Und es sind vor allem die satirischen und hintergründigen Einlassungen des Autors, die mich, wenn ich aufgrund der vielfältigen collagenhaften Szenarien unaufmerksam und müde zu werden scheine, immer wieder wachrütteln. Man darf gespannt sein, wie Henschels autobiografisches Roman-Projekt sich weiterentwickeln wird.

Arthur Thömmes, lehrerbibliothek.de

Deutschland 1983. Helmut Kohl regiert, die Grünen ziehen in den Bundestag ein, der Stern veröffentlicht "Hitlers Tagebücher" und Martin Schlosser wird Student in Bielefeld. Er entscheidet sich für ein Studium der klassischen Taxifahrerfächer Germanistik, Soziologie und Philosophie. Doch das Studentenleben hat er sich lustiger vorgestellt. Er verbringt mehr Zeit in der Uni-Cafeteria als in Vorlesungen, lässt sich treiben und verliebt sich unglücklich. Schließlich zieht er ins vom Leben umtoste Berlin um und stürzt sich kopfüber in eine Affäre, die sein Leben für immer verändern wird. Mit "Bildungsroman" liegt der fünfte Band der Martin-Schlosser-Chronik vor.