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Bilder zum Glauben
Christliche Kunst sehen und verstehen
Günter Lange
Kösel
EAN: 9783466365890 (ISBN: 3-466-36589-9)
336 Seiten, hardcover, 18 x 23cm, Februar, 2002, mit zahlreichen Abbildungen
EUR 19,95 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
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Kunst
Lebendige Begegnungen mit Bildern christlicher Kunst
Bilder und Themen christlicher Kunst für heute zu erschließen ist Anliegen dieses Bandes. Zu der kundigen kunstgeschichttichen Interpretation tritt dabei immer die Frage, warum ein Bild spirituell berühren, was es zu religiösem Lernen beitragen kann.
Die zahlreichen Bildbeispiele dieser exemplarischen "Sehschule" in 23 informativen wie inspirierenden Lektionen stammen überwiegend aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit. Neben Bildern von Gott sind es vor allem Christusbilder, die Darstellungen von Geburt, Leben, Tod und Auferstehung Jesu Christi, die eine faszinierende Deutung erfahren.
Dr. Günter Lange
geb. 1932, war Professor für Religionspädagogik an der Ruhr-Universität Bochum. Er ist Mitglied im Vorstand des Deutschen Katecheten-Vereins und war von 1981–1996 Schriftleiter der Katechetischen Blätter. Rege Publikations-, Vortrags- und Fortbildungstätigkeit insbesondere zu Fragen der Bildtheologie und Bilddidaktik.
Verlagsinfo
Diese mit zahlreichen Farbtafeln versehene »Sehschule« erschließt Bilder und Themen christlicher Kunst für heute. Zu der kenntnisreichen kunstgeschichtlichen Interpretation tritt immer die Frage, warum ein Bild uns heute spirituell noch berühren, was es zu religiösem Lernen beitragen kann. Die Bildbeispiele stammen überwiegend aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit. Neben Bildern von Gott geht es vor allem um Christusbilder: Geburt, Leben, Tod und Auferstehung Jesu Christi kommen uns in verschiedener Gestalt nahe.
Eine abwechslungsreiche, informative und inspirierende Lektüre für alle, die in Schule und Gemeinde tätig sind, und darüber hinaus für alle, die sich für Kunst interessieren.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung 9
A. Aus Bildern klug werden 15
1. Adam und Eva – schwarz auf weiß 15
HAP Grieshaber, Bedrohtes Paar (1949)
2. Was heißt ein Bild sehen und deuten? 21
Erster Einblick
3. Zum Bildergebrauch in der theologischen Bildungsarbeit 26
Ein Überblick
4. Wie kommt Mose zu zwei Hörnern? 46
Ein ikonographischer Kasus
B. Christusbilder 49
5. Die Bildgeschichte Gottes, ihre Ursachen und ihre Folgen 49
Zur Problematik des geläufigen Gottvaterbildes
6. Jesus Christus im Spiegel der Kunst 68
Ein Durchblick
7. Das Bildnis Christi als »Rahmenthema« 96
Über die Vieldeutigkeit der Bilder und die Eindeutigkeit des Bekenntnisses
C. Bilder aus dem Leben Jesu 107
8. Das schockierte Jesuskind 107
Ikone der Muttergottes von der Immerwährenden Hilfe (15. Jh.)
9. Jesus im Konflikt mit seinen Eltern 112
Simone Martini, Heilige Familie (1342)
10. Jesus im Konflikt mit dem Teufel 117
Josef Hegenbarth, Versuchung Christi (1958)
11. Der beschwingte Heiland, die bekümmerte Kirche und das menschliche Leid 126
Raffael, Verklärung Christi (1518–1520)
12. »Je mehr Welt, umso weniger Gott«? 138
Bilder der frühen Neuzeit unter Säkularisierungsverdacht
D. Bilder von der Passion Jesu 167
13. Der nackte Jesus: verworfen, vermenschlicht, verklärt 167
Ikonographische Facetten 167
14. »Mein Gott, warum hast du mich verlassen?« 177
Der letzte Schrei Jesu als Problem der Frömmigkeits- und Bildgeschichte – bis Michelangelo
15. Das Kreuz als Lebens- und Weltenbaum 200
Vom mythischen Symbol zum Sinnbild des Glaubens
E. Osterbilder 205
16. Fragwürdige Auferstehungsbilder 205
Das österliche Kuppelfresko in der Abteikirche von Neresheim (1771)
17. Plädoyer für ein anderes Osterbild 227
Das Bild der Höllenfahrt als Anastasisbild
18. Liebling frommer Frauen: Der auferstehende Christus in Wienhausen 249
Ein fingierter Dialog zur Vorbereitung einer Bildbegegnung
19. Wiedersehen – Thomas und Christus 260
Eine Skulptur von Ernst Barlach, die zu denken gibt
F. Hoffnungsbilder 265
20. Bilder vom Himmel 265
Annäherungen an das Unvorstellbare
21. Himmelsleitern 274
Lehrhaft – tugendhaft – kritisch
22. Bilder vom Tierfrieden 284
Die Fragwürdigkeit der Schöpfung und die Verheißung einer Alternative
23. Christophorustypen 294
Impulsgeber für eine erzieherische Spiritualität
Rückschau mit Ausblicken 304
Anhang 311
Anmerkungen 311
Verzeichnis der bildtheologischen und bilddidaktischen Veröffentlichungen von Günter Lange 1961–2002 333
Bildthemen – zugleich Beispiele für thematische Vernetzungen 339
Stimmen aus Bildtheologie und Bilderpraxis 341
Abkürzungsverzeichnis 350
Bildnachweis 350
Leseprobe
Bilder zum Glauben
Einleitung
Ich bin nicht gelernter Kunstwissenschaftler, sondern Theologe. Ein »Liebhaber« der bildenden Kunst – das hieße auf Französisch: »Amateur«, auf Italienisch: »Dilettant«. Als Theologe vertrete ich das Fach Religionspädagogik und Katechetik, in meinem Fall richtiger gesagt: die Didaktik der Theologie. Ich bin ein Theologiedidaktiker, der sich seit langem speziell mit der Frage befasst, ob und wie Schätze der christlichen Kunst sachgerecht und zugleich spirituell anregend heutigen Adressaten vermittelt werden können.
Sind die visuellen Glaubenszeugnisse der Vergangenheit nur noch historisch und ästhetisch relevant – kunstgeschichtlich und frömmigkeitsgeschichtlich – oder kann auch für heutige Betrachter, trotz der historischen Distanz, bei einzelnen religiösen Bildern ein Glaubensfunke überspringen? Praktischer gefragt: Warum bieten wir Schülern im Religionsunterricht, den Gläubigen in Früh- und Spätschichten, in Bußandachten oder in sonstigen meditativen Gottesdiensten Bildwerke zur Betrachtung an, die fünfhundert oder sogar tausend Jahre alt sind, während niemand auf die Idee kommt, ihnen Predigten aus vergangenen Zeiten zuzumuten? Oder noch aktueller: Kann ich bei einem Besuch, sagen wir der Karolingerausstellung 1999 in Paderborn oder der Magdeburger Otto-Ausstellung 2001, als Christ auch religiös etwas gewinnen?
Zur Klarstellung sei sofort hinzugefügt: Ich möchte die religiöse Relevanz nicht einfach dem erkannten Thema eines Kunstwerks entnehmen, sie muss vielmehr aus der künstlerischen Realisierung des individuellen Objekts erwachsen. Die sichtbare Gestalt trägt den spirituellen Gehalt. Theologisches Vorwissen ist willkommen, thematisches Wiedererkennen ist erwünscht. Aber es genügt nicht. Hinzukommen muss »sehendes Sehen«, wie der Bochumer Kunsthistoriker Max Imdahl zu sagen pflegte. Aus der Vermittlung von »sehendem Sehen« und »wieder erkennendem Sehen« ergibt sich erst »erkennendes Sehen«. Das ist der Ansatz, auf dem die vorliegenden dreiundzwanzig Lektionen einer »Sehschule« beruhen.
Ins Praktische gewendet heißt das: Ein Religionslehrer wird mit der Einführung eines Bildes als Medium weiter zu kommen versuchen als sein Kollege, der im Kunstunterricht dasselbe Bild behandelt; er wird letztlich ein »spirituelles« Verhältnis zum Bild anzielen. Aber er darf bei seinem unterrichtlichen Vorgehen nichts tun oder versäumen, was der Kunstlehrer als unprofessionell beurteilen würde. Mit anderen Worten: Die Zusammenarbeit mit der Kunstgeschichte und ihrer Didaktik ist höchst erwünscht und sogar erforderlich. Der Theologe und Religionslehrer wird sich nicht die Professionalität eines Kunstlehrers anmaßen; er bleibt insofern »Amateur« und wäre überfordert, wenn man mehr von ihm verlangen würde. Doch kann und soll er alle Hilfen annehmen und würdigen, die ihm der Sachverstand der Nachbardisziplinen bietet.
Meistens wird das über die Kenntnisnahme der einschlägigen Literatur geschehen. Das vorliegende Buch will den lernwilligen Theologen und Theologinnen diese Vorarbeit abnehmen und sie, im Rahmen des Möglichen und in vereinfachter Form, exemplarisch mit dem vertraut machen, was man von kompetenten Autoren der Bildwissenschaften zur Vor- und Nachbereitung einer Bildbegegnung lernen kann. (Den Bildwissenschaftlern selbst vermittelt das Buch folglich eher Einblicke in die Rezeptions- und Diffusionsvorgänge ihrer Erkenntnisse.)
Bei der Auswahl der kunstwissenschaftlichen Literatur habe ich auf diejenigen Stimmen zurückgegriffen, die für mich am ehesten erreichbar waren und mir am plausibelsten schienen. Ich bekenne, dabei immer an die theologischen »Praktiker« und ihren Auftrag in Schule, Gemeinde und sonstigen Bildungseinrichtungen gedacht zu haben: Ob ihnen das Mitgeteilte genügend Motivationskraft und Anregungspotenzial bietet. Vorausgesetzt ist dabei einiges: an Sehgeduld, an Lust auf Details und an Interesse für »formale« Bildstrukturen – an theologischem Problembewusstsein sowieso. Immer ist beides beabsichtigt: Dies alles zu wecken, aber dann für die »Erweckten« auch genügend Stoff zu bieten, damit sich ihre Investition (an Zeit, Aufmerksamkeit und Geld!) gelohnt hat. Dabei habe ich auf die »Methode April« gesetzt: Die Lektüre sollte abwechslungsreich und lieber kurz- als langweilig sein.
Erst und nur wenn geklärt ist, wie ein Bild »gemacht« ist, wie es ästhetisch-sinnenfällig wirkt und was sein ursprünglicher »Sitz im Leben« ist, erst nach einer solchen »Seh-Geduldsprobe« darf die weiter gehende katechetische Reflexion einsetzen, ob dieses Gebilde uns heute noch spirituell berühren kann und also dem religiösen Lernen und Reifen eines Zeitgenossen förderlich sein könnte. Dazu möchte das vorliegende Buch vor allem behilflich sein.
Lebensgeschichtlich ist es allerdings in den meisten Fällen andersherum gelaufen: Anfangs war da ein Aufmerken beim ersten persönlichen Kontakt mit einem individuellen Bild, ein Innehalten und Berührtsein – oft erst im Nachhinein, d.h. mit einer kleinen zeitlichen Verzögerung innerseelisch wahrgenommen. Eine Art von »Liebe auf den ersten Blick«. Das genügte als Motivation, die Sache methodischer anzugehen, sich in der Fachliteratur umzuschauen, daraus zu lernen und so nach und nach die erste Naivität hinter sich zu lassen, um sich über eine ausführliche Reflexion und Erprobung einer zweiten, geläuterten Naivität im Verhältnis zum Bild anzunähern. Die meisten der hier behandelten Bildbeispiele verdanken sich dieser Vorgehensweise.
Der Titel »Bilder zum Glauben« ist gewollt mehrdeutig. Zum Glauben kann schlicht den Gegenstand dieses Buches angeben: Es handelt sich ausschließlich um Bilder mit christlich-religiöser Thematik. Zum Glauben kann aber auch das Ziel angeben, auf das alle religionspädagogisch-katechetischen Bemühungen im Umgang mit Bildern letztlich hinauslaufen: Wir hoffen, dass dabei ein Funke des Glaubens überspringt und zündet; methodisch »machen« oder gar erzwingen können wir das allerdings nicht. Zum Glauben kann schließlich aber auch darauf hinweisen, dass Bilder immer eine kirchliche Zugabe zum biblischen Glauben sind. In einem Glauben, der an der Bibel in ihrer letztgültigen Gestalt Maß nimmt, sind sie eigentlich nicht vorgesehen, ja sogar verpönt. Diesem Widerspruch müssen sie standhalten. Jedes Glaubensbild muss gewissermaßen seine biblisch-theologische Unmöglichkeit widerlegen. Das macht die Sache einer theologischen Bilddidaktik so spannend.
Keine dieser dreiundzwanzig Lektionen ist im luftleeren Raum entstanden und ins Blaue geredet. Sie wurden durch Anfragen, Bitten und Aufträge initiiert. Eines kommt so im Laufe der Zeit zum anderen. Viele der Lektionen haben infolgedessen den Test auf ihre Brauchbarkeit bereits bestanden. Einzelne Beispiele wurden immer wieder in meinen Vorlesungen und Seminaren mit Studierenden in Duisburg und Bochum, in den unterschiedlichsten Veranstaltungen der Fort- und Weiterbildung zwischen Bremen und Gars am Inn mit Lehrkräften des Faches Religion, aber auch bei Einkehrtagen und Exerzitien für Priester und Laien intensiv betrachtet, bedacht und besprochen. Dabei ging es weniger um methodische Einzelfragen der Vermittlung. Das durfte offen bleiben, wenn es nur gelang, das jeweilige Bild selbst in seiner spezifischen Eigenheit den zukünftigen Vermittlern aufzuschließen und mit ihnen herauszufinden, wie »ansprechend« es ist, warum es das ist und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit seine visuelle Botschaft die verschiedenen Adressaten erreicht. Gerade die Bildschätze der christlichen Vergangenheit stehen ja unter dem Verdacht, »verbraucht« zu sein. Umso findiger müssen Didaktiker sein, Beispiele aufzustöbern, mit denen sich dieser Verdacht widerlegen lässt. Mut machen zum Glaubens-Experiment beim Bilder-Sehen!
So gut wie alle hier versammelten Beiträge wurden überarbeitet, einige konzentrierter gefasst als bisher, manche unter neuer Fragestellung miteinander verknüpft, neuere Literatur wurde eingearbeitet. Die Reihenfolge der Kapitel ist locker zu nehmen. Grundsätzlicheres steht im Teil A (»Aus Bildern klug werden«), der jedoch demonstrativ von zwei Einzelfällen eingerahmt ist. Im Zentrum stehen Christusbilder – in der Abfolge von Geburt, Kindheit, öffentlichem Wirken, Tod und Aufer- stehung Christi und der dadurch eröffneten Zukunft bei Gott, Himmel genannt. Biografisch bin ich von der Bevorzugung frühmittelalterlicher Kunst über spätmittelalterliche Beispiele jetzt zu einem immer noch steigenden Interesse an Bildern der frühen Neuzeit und darüber hinaus gekommen. Da jedes Kapitel für sich genommen lesbar sein sollte, waren kleinere Überschneidungen gelegentlich nicht zu vermeiden. Ein Register der Bildthemen im Anhang macht Vorschläge für Querverbindungen, Vernetzungen und neue Arrangements des hier Vorgelegten. Anmerkungen und Literaturverweise, die oft erst das Ausmaß der Vorarbeiten dokumentieren, wurden ebenfalls in den Anhang verwiesen.
Zu danken habe ich den Herausgebern, Redaktionen und Veranstaltern, die mir zusätzlich zu meinen universitären Verpflichtungen etwas abverlangt haben. Dass das kontinuierlich geschah, war die beste Bestätigung und der stärkste Antrieb für meine Arbeit an und mit Bildern.
Im Anhang ist vollständig aufgelistet, was von alldem seit vierzig Jahren publiziert wurde. Die Liste enthält auch allerhand Variationen zu dem, was sich im vorliegenden Buch herauskristallisiert hat. Ihr ist überdies zu entnehmen, dass die Kapitel dieses Buches größtenteils auf neueren und neuesten Arbeiten beruhen, die bisher verstreut – und damit oft genug versteckt – gedruckt waren.
Dank sagen möchte ich den beiden Fakultätskollegen, die mich – angesichts des näher rückenden 70. Geburtstages – zu dem vorliegenden Buchprojekt angestiftet und ermuntert haben: Wilhelm Geerlings und Reinhard Göllner. Dank gebührt dem Kösel-Verlag, dem ich mich seit vielen Jahren verbunden fühle, vor allem dem mir aus der langjährigen Zusammenarbeit in der Redaktion der Katechetischen Blätter freundschaftlich verbundenen Lektor Winfried Nonhoff und der gegenwärtigen Redakteurin der Katechetischen Blätter, Margarete Stenger. Beide haben sich persönlich engagiert und zugleich professionell gekonnt dieses Buchprojektes angenommen. Ein herzlicher Dank gilt auch den Bischöfen von Paderborn und Essen, die durch einen Druckkostenzuschuss einen moderaten Preis für ein derart bilderreiches Buches ermöglichten.
Günter Lange
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