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Autonomie und Erziehung Eine ethische Studie Zugl.: Diss., Fachbereich Ethik, Universität Lund, Schweden
Autonomie und Erziehung
Eine ethische Studie


Zugl.: Diss., Fachbereich Ethik, Universität Lund, Schweden

Karin Nordström

Verlag Karl Alber
EAN: 9783495483756 (ISBN: 3-495-48375-6)
424 Seiten, paperback, 14 x 22cm, 2009

EUR 49,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
»Eines der grössesten Probleme der Erziehung ist, wie man die Unterwerfung unter den gesetzlichen Zwang mit der Fähigkeit, sich seiner Freyheit zu bedienen, vereinigen könne. Denn Zwang ist nöthig! Wie kultiviere ich die Freyheit bey dem Zwang? Ich soll meinen Zögling gewöhnen, einen Zwang seiner Freyheit zu dulden, und soll ihn selbst zugleich anführen, seine Freyheit gut zu gebrauchen.«

Immanuel Kant

»Die Illusion von Autonomie kann als Illusion begriffen werden und gerade deshalb maßgebliche Kraft entfalten, weil sie sich kritisch gegen reale Verstrickungen wendet. Die transitive Kraft des Begriffs Autonomie, die darin besteht, dass er die Wirklichkeit, die er begreift, reduziert, kann wirksam werden in dem kritischen Bewusstsein des Unterschieds von Erkennen und Wirklichkeit. (...) Dieser Glaube, diese illusio, ist eine Realität eigener Art, die geeignet ist, die Notwendigkeit des Alltäglichen zu übersteigen, ohne sie zu vergessen.«

Käte Meyer-Drawe
Rezension
Wie verhalten sich Autonomie und Erziehung zueinander? Das ist die grundlegende Frage dieser schwedischen Dissertation. Wenn Erziehung zur Autonomie hin erziehen will, wie kann sie dann dennoch Abhängigkeiten des zu Erziehenden vom Erzieher zulassen? Es geht also um die Frage, wie Erziehung mit der Zielvorstellung Autonomie als Autonomie begrenzende Situationen zu verstehen ist. Die Autorin argumentiert für eine Sichtweise von Autonomie, welche diese nicht als Gegenüber zu Dependenz, sondern innerhalb von Dependenz bestimmt. Autonomie kann also nicht als Gegenüber zu Dependenz, d.h. als Loslösung von "fremdem" Einfluss gefasst werden. Autonomie ist pädagogisch an normative Bedingungen geknüpft, z.B. an die Vorausssetzung, dass Kinder langfristig unabhängig von fremdem Einfluss handeln können sollen.

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Was ist legitime Erziehung? Was heißt es, wenn zu Selbstbestimmung erzogen werden soll, und wie ist Autonomie als Zielvorstellung zu bestimmen und zu begründen? Diesen Fragen wird aus einer ethischen Perspektive nachgegangen. Dabei werden die Begriffe Erziehung und Autonomie von ihrer Normativität her betrachtet. Es geht ausgehend von einer allgemeinen Diskussion um moralpädagogische Zielvorstellungen um die Frage, wie Erziehung mit der Zielvorstellung Autonomie als Autonomie begrenzende Situationen zu verstehen ist. Die Autorin argumentiert für eine Sichtweise von Autonomie, welche diese nicht als Gegenüber zu Dependenz, sondern innerhalb von Dependenz bestimmt. Als pädagogische Zielvorstellung wird Autonomie so zu einem kompetenten Umgang mit Dependenz. Aspekte von Dependenz, welche als relevant hervorgehoben werden, sind Interaktion, Relationalität und Zeit. Ausgehend von einem kohärenzorientierten Begründungsmuster wird dafür argumentiert, dass die Zielvorstellung Autonomie eine Sichtweise bedingt, welche Erziehung zu Autonomie als Erziehung in Autonomie fasst. Die Zielvorstellung Autonomie ist demgemäß normierend für Erziehung insofern, als sie sich als bedingend für den in der Erziehungssituation artikulierten Anspruch erweist. Die theoretischen Ausführungen werden anhand aktueller Fragen im Bereich der Pädagogik diskutiert. So wird die Verwendung von Schwänz-sms, die Kopftuchfrage sowie die Bedeutung von Überwachungskameras in Schulen diskutiert.

Autoreninfo:
Karin Nordström,1969 in Basel geboren, hat nach der Eidgenössischen Maturität an der Universität Lund in Schweden Theologie studiert. Autonomie und Erziehung ist ihre Dissertation zur Erlangung des Doktortitels im Fachbereich Ethik an der Universität Lund.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 11

1.1 Folgt nie einer fremden Person! 11
1.2 Autonomie und Erziehung mit spätmodernen Konturen ... 14
1.3 Aufgabe, Methode, Begriffe 20
1.3.1 Problemformulierung und methodische Standortbestimmung 20
1.3.2 Autonomie als Schlüsselbegriff im modernen moralpädagogischen Legitimitätsparadigma 21
1.3.3 Ethik mit Werten in Funktion 24
1.4 Vorbemerkungen zum Begriff der Autonomie 37
1.4.1 Autonomie als Kompetenz, Recht und Wert .... 40
1.4.2 Autonomie und Dependenz 50
1.4.3 Autonomie und Mündigkeit 55
1.5 Vorbemerkungen zum Begriff der Erziehung 56
1.5.1 Erziehung im Spannungsfeld zwischen Asymmetrie
und Richtung 59
1.5.2 Der Vorzug von Pädagogik als diskursiver und
ungefährer Perspektive 62
1.5.3 Erziehende und zu erziehende Person 67
1.6 Strukturierung der Arbeit 69

2 Die Legitimitätsfrage - Autonomie als Garant legitimer
Erziehung? 73

2.1 Legitimität als kompensierende Gegensätzlichkeit 73
2.2 Erziehung - warum und wozu? Überlegungen zu moralpädagogischen Zielvorstellungen 88
2.2.1 Zielvorstellungen als Verdichtungen ethischer Fragen 88
2.2.2 Autonomie als großflächige moralpädagogische
Zielvorstellung 90
2.3 Heteronome Kinder vis-ä-vis autonomer Erwachsener? ... 99
2.3.1 Autonom werden - autonom sein? 99
2.3.2 Erziehen in »separability« 107
2.3.3 Erziehung als »generationing« 114
2.4 Legitimität als angestrebte Kohärenz 118

3 Asymmetrie, Richtung und Risiko -
Erziehung aus ethischer Sicht 122

3.1 Erziehung und Ethik-Erziehung als Anspruch 122
3.2 Vorsprung beanspruchen - Asymmetrie 127
3.2.1 Asymmetrie als normativer Anspruch 128
3.2.2 Reversible Differenz und dialektische Asymmetrie im
Hinblick auf Erziehung zu Autonomie 134
3.2.3 Dialektische Asymmetrie als Ausdruck moralpädagogischer Dependenz 154
3.3 Verbessern wollen - Richtung 156
3.3.1 Unstete Einflussnahme gegenüber steter Richtung . 158
3.3.2 Richtung als intersubjektive Bemühung mit Risiko . 169

4 Autonomie in Interaktion 177

4.1 Autonomie in Dependenz 177
4.2 Autonomie als Ausdruck menschlicher Vernunft (Kant) . . . 180
4.2.1 Autonomie als Freiheit zur Pflicht und als Pflicht zur
Freiheit 181
4.2.2 Gebotene Autonomie 188
4.2.3 Heteronomie als trivialisierte Dependenz? 194
4.2.4 Gebotene Autonomie als moralpädagogische Zielvorstellung 199
4.3 Autonomie als ungebundene Reflexion in Kooperation (Rawls) 206
4.3.1 Im Urzustand modellierte Autonomie 207
4.3.2 Autonomie als vernünftiger Pluralismus in gerechter
sozialer Kooperation 213
4.3.3 Autonomie in Kooperation als moralpädagogische
Zielvorstellung 218
4.4 Autonomie in Diskursethik (Habermas) 220
4.4.1 Intersubjektive Vernunft im Diskurs 223
4.4.2 Autonomie in gegenseitiger kommunikativer
Gewährleistung 226
4.4.3 Autonomie in Intersubjektivität 232
4.4.4 Autonomie in gegenseitiger Gewährleistung als
moralpädagogische Zielvorstellung 235
4.5 Intersubjektiv gegründete Autonomie als funktionaler Wert . 237

5 Autonomie in Relationalst 240

5.1 Dependenz als Relationalst 240
5.2 Autonomie im Kontext verpflichtender Dependenz
(Maclntyre) 247
5.2.1 Fähigkeit der Entscheidung (Aristoteles) 250
5.2.2 Autonomie zwischen erster und zweiter Dependenz . 255
5.2.3 Autonomie im Zusammenhang kombinierter
Tugenden 261
5.2.4 Autonomie zwischen erster und zweiter Dependenz
als moralpädagogische Zielvorstellung 264
5.2.5 Fähigkeit der Entscheidung als moralpädagogische
Zielvorstellung 266
5.3 Autonomie im Kontext wertender Dependenz (Taylor) . . . 268
5.3.1 Dependenz und Autonomie im Rahmen menschlicher
Sinnsuche 273
5.3.2 Relationalität innerhalb von »strongly qualified
horizons« 277
5.3.3 Autonomie als Sinnkrise? 284
5.3.4 Autonomie in Sinnsuche und Sinnkrise als moralpädagogische Zielvorstellung 285
5.4 Relational autonom/ 290
5.4.1 Autonomie als konstituiert in sozialen Beziehungen
(Oshana) 290
5.4.2 Autonomie als authentische intersektionale Identität
(Meyers) 295
5.4.3 Relational autonomy als moralpädagogische Zielvorstellung 300

6 Autonomie in Zeit 308

6.1 Autonomie, Authentizität und Zeit 308
6.2 Autonomie als Kohärenz (Ekstrom) 317
6.2.1 Hierarchie, Metakognition und Kohärenz 317
6.2.2 Kohärenz als Autonomiekriterium 327
6.2.3 Das wahre Selbst 331
6.2.4 Langsame Autonomie 334
6.2.5 Langsame Autonomie als moralpädagogische Zielvorstellung 336
6.3 Autonomie als Verschränkung von Selbstbestimmung und
»sich bestimmen lassen« (Seel) 339
6.3.1 Autonomie in Intersubjektivität -
Offenheit und Kontrast 343
6.3.2 Autonomie in Unstetigkeit 348
6.3.3 Unstetigkeit als A-Rationalität 353
6.3.4 Punktuelle Autonomie als moralpädagogische
Zielvorstellung 356
6.4 Autonomie in Zeit als moralpädagogische Zielvorstellung . . 362

7 Erziehung in Autonomie - Autonomie in Erziehung . . . 371

7.1 Rückblick 371
7.1.1 Erziehung mit Zielvorstellung Autonomie in
Interaktion, Relationalität und Zeit 371
7.1.2 Erziehung zu Autonomie - Erziehung in Autonomie 379
7.1.3 Pädagogisches Paradox ohne Belang 383
7.2 Ausblick 385
7.2.1 Autonomie in Dependenz in der Berührungsfläche
zwischen >Innen< und >Außen< 385
7.2.2 Die doppelte Unzugänglichkeit von Autonomie als
moralpädagogische Zielvorstellung 391
7.2.3 Legitimität als Funktion 393
7.2.4 Autonomie in Plastizität und Pluralität 396

8 Sammanfattning pa svenska
(Zusammenfassung auf Schwedisch) 400

Literaturverzeichnis 409
Personenregister 419
Sachregister 423