Wer war Horst H. Baumann (1934-2019)? Ein Fotograf, Designer und Lichtkünstler. Bekanntheit besitzt er noch immer aufgrund seiner Arbeiten zur Laserkunst. Auf der documenta 6 im Jahre 1977 präsentierte der Künstler seine ”Lasercape Kassel”, welche seit 1979 in der hessischen Stadt fast dauerhaft installiert ist. Das Lichtkunstwerk mit zwei Lasern gilt als die erste dauerhafte Laserskulptur auf der Welt. Mit anderen Worten: Baumann zählt zu den Mitbegründern moderner Mediatektur.
Von seiner Innovativität zeugen auch seine fotografischen Arbeiten aus den 1950er und 1960er Jahren, welche erst jüngst in der Öffentlichkeit gewürdigt wurden. Von Januar bis Juli war in den Reiss-Engelhorn-Museen eine umfangreiche Schau unter dem Titel ”Apropos Visionär. Der Fotograf Horst H. Baumann” zu sehen, die ab August im Museum für Angewandte Kunst Köln zu besichtigen ist. Im Unterschied zur Position der objektiven Fotografie, wie sie etwa von Bernd und Hilla Becher mit ihren fotografischen Arbeiten von technikschönen Industriebauten vertreten wurde, lautete das Credo von Baumann ”Unmittelbarkeit”. Er begriff den Fotografen als ”Partizipant des Geschehens” und nicht als distanzierten Beobachter. Betrachter:innen sollten quasi in die Handlungen und Praktiken auf den Fotos miteinbezogen werden. Davon zeugen u.a. seine Schwarz-Weiß-Aufnahmen für die Serie ”Stahl” und später insbesondere seine Farbaufnahmen für Autosportmagazine mit dem ikonischen Bild ”Der Spitzenreiter”(1963). Der Welt des Motorsports widmete sich 1965 auch Baumanns einziges publiziertes Buch ”Die neuen Matadore”. Zurecht wird der preisgekrönte Medienkünstler als Avangardist des ”New Color” angesehen.
Zu der Ausstellung über Baumann erschien im Verlag Steidl ein gleichnamiger sehens- und lesenswerter Katalog, herausgegeben von Hans-Michael Koetzle (*1953). Der Autor und Journalist, ausgezeichnet 2022 mit dem Kulturpreis der Deutschen Gesellschaft für Photographie, zeigt mit dieser neuen Begleitpublikation zur Ausstellung, dass er ein exzellenter Kenner der Fotografiegeschichte ist. Durch das vorliegende Buch wird Baumanns fotografischer Beitrag erstmals umfassend gewürdigt. Lehrkräfte des Faches Bildende Kunst werden durch den Band motiviert, sich anhand von Aufnahmen Baumanns mit der Geschichte der Fotografie problemorientiert auseinanderzusetzen.
Fazit: Das Kunstbuch ”Apropos Visionär” verdient einen Platz in jeder guten Bibliothek zur Fotografie der Gegenwart.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de

Im Jahrzehnt zwischen 1955 und 1965 zählte der Düsseldorfer Horst H. Baumann zu den innovativsten, zugleich erfolgreichsten Fotografen seiner Generation. Aus dem Stand fand der Autodidakt zu einer Bildsprache, die sich radikal unterschied von den Trends und Moden seiner Zeit. Was Baumanns frühe Schwarz-Weiß-Fotografie auszeichnet, ist einerseits ein ehrliches Interesse an sozialen Themen, andererseits die konsequente Suche nach einem eigenen Ausdruck in der Kamerakunst. Noch im vermeintlich banalsten Sujet entdeckte er durch den gezielten Einsatz partieller Schärfe, durch kühne Aus- oder Anschnitte oder gesuchte Perspektiven ein lohnendes Motiv. Spielende Kinder, Rummelplätze, Umzüge, der rheinische Karneval, aber auch die Welt des Bergbaus und der Industrie wurden ihm zu ersten selbstgewählten Themen. Baumann beschickte Ausstellungen, sicherte sich Preise, war omnipräsent in der Presse jener Jahre. Daneben begann er sich als Farbfotograf zu profilieren. Speziell seine Aufnahmen aus der Welt der Formel 1 machten ihn international bekannt und rückblickend zum Vorreiter einer Fotokunst in Farbe. Zuletzt trat Baumann vor allem als Laserkünstler öffentlich in Erscheinung. Dieser Band ist eine Wiederentdeckung des fotografischen Ausnahmetalents und würdigt erstmals auch seinen Beitrag zu »New Color«.

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