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Allahs Liebling
Ursprung und Erscheinungsformen des Mohammedglaubens
Tilman Nagel
Oldenbourg Wissenschaftsverlag
EAN: 9783486585353 (ISBN: 3-486-58535-5)
430 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 16 x 24cm, 2008
EUR 79,80 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Was bedeutet den Muslimen Mohammed? War er lediglich der redliche Übermittler der Worte Allahs? Oder haben die Muslime in ihm den einzigen der Menschheit zur Verfügung stehenden Quell wahren Wissens zu verehren? Ist er es, der denen, die an ihn glauben, den Zugang zum Paradies eröffnet? Sind Zweifel an den Überlieferungen ein todeswürdiges Verbrechen? Dieses Buch erschließt dem Leser den bisher wenig beachteten Kernbereich muslimischer Gläubigkeit: die Gestalt des allzuständigen Propheten.
Tilman Nagel, geboren 1942, ist emeritierter Professor für Arabistik und Islamwissenschaft an der Universität Göttingen
Rezension
Tilman Nagels Studie 'Allahs Liebling' setzt seine gleichzeitig erschienene große Biographie 'Mohammed' fort. Dort heißt es im 'Hinweis für den Leser': "Mit den weiteren Entwicklungslinien des muslimischen Bildes vom Propheten bis in die Neuzeit hinein beschäftigt sich die Studie 'Allahs Liebling. Ursprung und Erscheinungsformen des Mohammedglaubens', die im unmittelbaren Zusammenhang mit der vorliegenden ausgearbeitet wurde." In dieser Studie stellt Nagel dar, wie das historische Bild Mohammeds immer stärker theologisiert wurde, bis er zur sakrosankten und nicht mehr anzweifelbaren Autorität für alle Fragen wurde: "Diesem eigenartigen, für den Nichtmsulim nicht leicht zu begreifenden Phänomen der spirituellen Gegenwärtigkeit wie auch ideologischen Allzuständigkeit Mohammeds wollen wir in dieser Studie nachgehen, und zwar in der unerlässlichen historischen Tiefe. Im Mittelpunkt steht demnach nicht der geschichtliche Mohammed, sondern die Gestalt des Propheten im muslimischen Glauben - die Gestalt des Propheten als des einen Ursprungs einer verbindlichen, allumfassenden und bis ins kleinste ausgearbeiteten Ordnung ..." (19/20)
Bei der Lektüre wird schnell deutlich, mit welchem immensen Hintergrund Nagel seine Studie verfasst hat. Im Unterschied zu islamischen Autoren, denen historisch-kritisches Denken in der Regel fremd ist und die im Blick auf Mohammed die etablierte Hagiographie fortschreiben, wird hier unter genauer Sichtung der Quellen gezeigt, wo die uns unverständlichen Empfindlichkeiten der Moslems hinsichtlich des Propheten ('Karikaturenstreit') ihre Wurzeln haben. Nagel lässt keinen Zweifel, dass die Immunisierung Mohammeds und seiner Lehren nicht nur für die Unbeweglichkeit des Islam im Blick auf die Auseinandersetzung mit der Moderne verantwortlich ist, sondern auch das konstruktive Gespräch mit ihm massiv behindert: "Mit geradezu tragischen Vorgängen haben wir es in diesem Buch zu tun ... Die Dimensionen dieser Vorgänge werden in den folgenden Kapiteln sichtbar werden; man könnte sie als die Stiftung eines religiös überhöhten, die Lebenspraxis und die Weltanschauung des einzelnen beherrschenden allumfassenden Regelungsanspruch definieren, der die Totalitarismen des 19. und 20. Jahrhunderts noch durch die Androhung schwerster Jenseitsstrafen für abweichendes Verhalten oder Denken übertrifft." (79)
Von besonderem Interesse für Theologen ist eine Parallelisierung der theologischen Überhöhung Mohammeds mit der Entwicklung der Christologie von den Anfängen bis heute. Vergleichspunkte dabei sind u.a. das Verhältnis zu Gott/Allah, die Kanonisierung und Interpretation der jeweiligen Äußerungen, das Problem der Aktualisierung von Regelungen, die Reaktion auf den sich immer wieder verändernden Kontext, der konkrete Umgang mit den überlieferten Texten (Edition, Textkritik) und das dem Christusglauben/Mohammedglauben jeweils zugrunde liegende Geschichtsverständnis.
Nagels Buch ist ein wissenschaftliches Buch und seine Lektüre erfordert ein tieferes Einarbeiten in die islamische Denkwelt. Eine gute Hilfestellung bietet dafür der ausführliche Anhang mit Erläuterungen, verschiedenen Registern, dem Literaturverzeichnis und einer Erklärung der Transliteration des Arabischen.
Matthias Wörther, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Vor aller Zeit geschaffen ist Mohammed "Allahs Liebling", denn indem er ihn schuf, bewies er sich als der Schöpfer. Als Mohammed im ausgehenden 6. Jahrhundert in die irdische Existenz trat, begann der Äon des Muslims. Ihm allein steht wahres Wissen zur Verfügung, das ihm, übermittelt durch Mohammed, von Allah her zufloss. Um dieser Übermittlung willen muss der Muslim seinen Propheten uneingeschränkt verehren, sein Handeln und Denken nachahmen. Der geringste Zweifel an ihm ist verderblich und daher strengstens zu bestrafen.
Tilman Nagel beschreibt die Herausbildung und den Inhalt des Mohammedglaubens und macht den Leser umfassend mit dem Gedankengut bekannt, das einer Einfügung der Muslime in eine pluralistische Gesellschaft entgegenwirkt.
„Mir kommt es in meinen Büchern ,Mohammed. Leben und Legende' und ,Allahs Liebling. Ursprung und Erscheinungsformen des Mohammedglaubens' nicht auf eine Abbildung der muslimischen Biographie Mohammeds an, sondern auf die geschichtswissenschaftliche Erfassung seiner Gestalt und seines Wirkens vor dem Hintergrund der spätantiken vorderasiatischen Ereignis-, Gesellschafts- und Religionsgeschichte sowie auf die Schilderung der Genese und Weiterentwicklung des muslimischen Mohammedglaubens.“ Tilman Nagel
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 13
Prolog 15
Erster Teil: Theologische Voraussetzungen
Kapitel I: Grundlinien des frühen islamischen Verständnisses von Mohammed
1. Ein befremdliches Wort Mohammeds 27
2. Die Monopolisierung krafthaltiger Rede durch Mohammed 30
3. Das Gegenmodell: die diesseitsgebundene göttliche Rede 46
4. Zur Herkunft des hadit 59
5. Zusammenfassung 78
Kapitel II: Absicherung gegen Kritik von außen und von innen
1. Merkmale göttlicher Rede 85
2. Mohammeds Beglaubigungswunder 94
3. Die Beweise des Prophetentums 103
4. Die Heiligung der Urgemeinde 111
5. Schlußbetrachtung des ersten Teils 128
Zweiter Teil: Die Allgegenwart des Propheten
Kapitel I: Die Dogmatisierung der Prophetenvita
1. Der geschichtliche Hintergrund 135
2. Der Liebling Allahs 146
3. Das uranfängliche Licht 153
4. Der unirdische Wesenskem Mohammeds 158
5. Mohammeds Unfehlbarkeit 166
6. Die Ahndung des falschen Wortes 180
Exkurs: Zur Strafwürdigkeit der Beleidigung des Propheten 193
Kapitel II: Geschichte im Übergeschichtlichen
1. Ibn al-Gauzi (gest. 1201) 199
2. Al-Maqrizi (1363-1442) 211
3. Ibn Saijid an-Näs (1273-1334) 218
4. Ali b. Burhan ad-Din al-Halabi (gest. 1635) 229
5. Al-Qastallani (gest. 1517) 238
Kapitel III: Mohammed, das verpflichtende Vorbild
1. Ibn al-Gauzi: Mohammed als Stifter schariatreuer Frömmigkeit 247
2. An-Nawawis (gest. 1277) Wiesen der Frommen 265
3. Die "schönen Seiten" Mohammeds 276
4. As-Salihis (gest. 1535) Wege des rechten Wandelns 288
Kapitel IV: Mohammed, der Inbegriff des Schöpfungshandelns Allahs
1. Der "Geburtstag des Propheten" 301
2. Al-Busiris (gest. ca. 1295) Mantelgedicht 316
3. Begegnungen mit dem entrückten Mohammed 326
4. Das kosmische Geschehen im alten Äon: Vorspiel zur Geburt Mohammeds 346
Epilog 357
Anmerkungen 367
Erläuterung einiger islamischer Grundbegriffe 395
Indices
1. Begriffe und Sachen 407
2. Personen und Stämme 412
3. Arabische Termini
4. Zitierte bzw. im Text erwähnte Koranstellen 419
Literaturverzeichnis 423
Zur Transliteration arabischer Wörter 430
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