|
Ästhetik des Bösen
Peter-André Alt
Verlag C. H. Beck oHG
EAN: 9783406605031 (ISBN: 3-406-60503-6)
714 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 15 x 22cm, August, 2010
EUR 34,00 alle Angaben ohne Gewähr
|
|
Umschlagtext
Das Böse ist für die Literatur seit der Romantik ein Objekt der offenen Anziehung und lustvoll inszenierten Sympathie. Teufel und Vampire, Gespenster und Wiedergänger, Mörder und Wahnsinnige, Zyniker und Satanisten, Besessene und Demagogen bevölkern ihre Texte. Verbrechen, Gewalt, Blasphemie, Tabubrüche, Orgien und Schwarze Massen gehören zu ihren stes wiederkehrenden Themen. Peter-André Alt erschließt in seiner breit angelegten Studie die Geheimnisse einer unmoralischen Literatur, in der sich die Ästhetik des Bösen jenseits aller Werte offenbart. Erzählt wird auf diese Weise eine andere Geschichte des Schönen, von der Nachtseite der europäischen Moderne.
Rezension
Mit zahlreichen Standardwerken hat sich der Literaturprofessor Peter-André Alt in den letzten Jahren seinen Platz in der Literaturwissenschaft erarbeitet und sich im Literaturbetrieb der Gegenwart einen Namen gemacht. In seinem neuen Werk "Ästhetik des Bösen" untersucht er das Faszinosum vieler, deren Erziehung auf ein moralisch gutes Handeln in der Gesellschaft abzielte und damit den unmoralischen Gegenpol unterdrückt. Die Literatur ermöglicht Freiheiten in einer fiktiven Welt und eröffnet verborgene Schattenseiten, ohne verwerflich zu sein. Dies mag mit ein Grund sein, weshalb das Böse in facettenreichen Varianten Eingang in die Literatur gefunden hat, deren Figuren und Charaktere dennoch zu Sympathieträgern werden können. Fachspezifisch vermittelt der Autor einen vertieften literaturgeschichtlichen Einblick von antiken Mythen bis zur Gegenwart. Umfangreiches Hintergrundwissen wird dabei vorausgesetzt, auch wenn für einen unterrichtsvorbereitenden Einsatz einzelne Kapitel isoliert erarbeitet werden können. Das Buch bietet dem Lehrer, der die Leidenschaft für dieses Thema teilt, die Möglichkeit, Literatur auf neue Art und Weise zu verstehen und bei entsprechender didaktischer Reduktion enorme Motivationsmöglichkeiten für seine Schüler zu finden.
Georg Pfahler, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Wie keine andere Kunstform vermag die Literatur das Böse in imaginären Szenerien und Personen zur Anschauung zu bringen. In den überlieferten Figuren des Mythos und den Schreckgestalten des Aberglaubens empfängt es körperliche Präsenz; in psychologischen Novellen und Fallgeschichten erhält es seelische Tiefenschärfe; im Drama gewinnt es die unausweichliche Wucht einer verhängnisvollen Geschehensdynamik. Erst seit der Romantik löst sich die Literatur jedoch von den Zwängen einer moralischen Sichtweise auf die Erscheinungsformen der Sünde. Die moderne Literatur wird unmoralisch in einem programmatischen Sinn und entdeckt die ästhetischen Reize des Bösen in den Sensationen des Verbrechens, den Abgründen des Triebs und den Schrecken der Gewalt. Peter-André Alt geht den verschiedenen literarischen Genres und Formen nach, in denen moderne Texte ihre Lust am Bösen kultivieren. Von Goethe über E.T.A. Hoffmann, Shelley, Baudelaire, Huysmans, Wilde, George, Kafka bis zu Jünger, Genet, Kertész und Littell wird eine Phänomenologie des Bösen erkundet, die bis heute ein moralisches Skandalon bedeutet.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
I. Vorspiel im Mythos. Der Ursprung des Bösen aus dem Geist der literarischen Fiktion
1. Die Geschichte vom Sturz Lucifers (Bartholomäus-Evangelium)
2. Erzählung und Drama des Sündenfalls (Genesis)
3. Das Defizit-Modell (Plotin, Augustinus)
4. Philosophie und Ästhetik des Anfangs (Kierkegaard, Schelling)
II. Aufklärung und Psychologie. Neue Künste des Teufels
1. Programm eines literarischen Exorzismus (Meier, Jean Paul, Klingemann)
2. Mephisto als Selbstbeobachter (Goethe)
3. Satans ästhetische Verdopplung (Lewis, Hoffmann)
4. Der Teufel in der Psychoanalyse (Freud)
5. Libidotheorie und Kultivierung des Bösen (Jones, Reik, Jung)
III. Verlagerung durch Introspektion. Das Böse aus der Innensicht
1. Schwarze Poetik (Schlegel, Hegel, Rosenkranz)
2. Archäologie der bösen Seele (Schiller, Jean Paul)
3. Verwickelte Verhältnisse, verschmutzte Begriffe (Kleist)
4. Von der Imagination zur Entdifferenzierung (Kierkegaard, Baudelaire, George, Mann)
IV. Wiederholung als literarische Erscheinungsform des Bösen
1. Höllenmythos und Phantasma ewiger Strafe (Blake, Barlach, Sartre, Mann)
2. Der Rhythmus der Orgie (de Sade, Mirbeau, Süßkind)
3. Satanische Messen (Huysmans)
4. Monotonie und Ästhetizismus (Sacher-Masoch, Wilde)
V. Ästhetische Lust an der Überschreitung. Extreme Figuren und abweichendes Verhalten
1. Androiden und Vampire (Shelley, Stoker)
2. Verbrechen im ‹Geist der Perversion› (Poe, Stevenson)
3. Kriminologische Fallstudien (Lombroso, Krafft-Ebing, Groß)
4. Poesie des Wahnsinns (Przybyszewski, Heym, Benn)
5. Ein erfundenes Geschlecht (Wedekind, Weininger, Ewers)
VI. Momentaufnahmen im Exzeß. Über die Beschwörung des Ungeheuerlichen
1. Die Tötung Gottes als rhetorisches Fest (Nietzsche)
2. Heilige Pornographie (Bataille, Genet, Foucault)
3. Schreibräume des Äußersten (Kafka, Müller)
4. Erzählter Krieg – Experimente der Gewalt (Jünger, Malaparte)
VII. Moralische Implikationen unmoralischer Literatur
1. Kunst des Bösen nach Auschwitz? (Adorno, Kertész, Littell)
2. Postmoderne Simulation (Baudrillard, Ellis)
3. Autonomieästhetik an ihren Schranken (Iser, Bohrer)
4. Literarische Illusion und Werturteil (Kant, Luhmann)
Anhang
Anmerkungen
Bibliographie
Personenregister
Abbildungen
Danksagung
|
|
|