lehrerbibliothek.deDatenschutzerklärung
Die Pflanzenwelt der gotischen Kathedralen
Die Pflanzenwelt der gotischen Kathedralen




Frank Richter

Michael Imhof Verlag GmbH & Co. KG
EAN: 9783731908531 (ISBN: 3-7319-0853-0)
352 Seiten, hardcover, 24 x 30cm, August, 2019

EUR 99,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
In der schier unüberschaubaren Fülle der Bildwerke der gotischen Kathedralen erfahren die steinernen Pflanzendarstellungen, die die Kapitelle der Säulen, Blendarkaden oder Portale schmücken, weit weniger Aufmerksamkeit als die oft überlebensgroßen Figuren. Erst auf den zweiten Blick erschließt sich eine Welt, die erstaunt und fasziniert. Die Kathedralbauer des 13. Jahrhunderts haben sich, nachdem die oftmals überbordenden Figurengruppen an den Kapitellen nicht mehr dem Geist der Zeit entsprachen, der Natur zugewandt. In dem Maße, wie an den Kathedralschulen die Natur entdeckt wurde, nicht zuletzt mit Hilfe der antiken Autoren, deren Schriften endlich übersetzt vorlagen, begannen die Steinmetzen einheimische Pflanzen darzustellen. Neben Pflanzen aus der Bibel spielten Marienpflanzen eine große Rolle und vor allem auch Pflanzen, die in der Heilkunde Anwendung fanden. Dass man giftigen Pflanzen eine das Böse abwehrende Symbolik zuschrieb, ist an nahezu allen gotischen Kirchen anzutreffen.

Inwieweit die Pflanzen im ikonologischen Programm des Kirchenbaus eine Rolle spielen, ist noch immer nicht restlos erforscht. Diese Fragen kann und will dieses Buch nicht klären. Es soll ein Beitrag sein, dass mit der Identifizierung und Bestimmung der Pflanzen eine Grundlage für weitere Forschungen gegeben wird.

Vielleicht stellen die steinernen Pflanzen in ihrer oft beeindruckenden Darstellung nicht mehr und nicht weniger einen Lobpreis Gottes dar.

In diesem Buch wird untersucht, wann und wo die ersten naturalistischen Pflanzendarstellungen auftauchten, wie sie sich verbreiteten und wie sie nach wenigen Jahrzehnten wieder ausklangen.
Rezension
Notre-Dame von Chartes, Notre-Dame von Reims, Notre-Dame von Paris, Naumburger Dom, Magdeburger Dom und Freiburger Münster. Was verbindet diese Meisterwerke mittelalterlicher Kirchenbaukunst miteinander? Sie alle sind gotische Kathedralen, deren Architektur sich durch umfangreiche (steinerne) Pflanzendarstellungen auszeichnet. Pflanzenschmuck findet sich auf den Kapitellen der Säulen, auf den Portalen oder auf den Blendarkaden. Die von Steinmetzen bzw. Laubhauern geschaffenen naturgetreuen Pflanzen in den gotischen Kathedralen wurden bisher in der kunst- und architekturgeschichtlichen Forschung vernachlässigt. Bisher fehlt eine Katalogisierung der faszinierenden, gotischen Pflanzenornamentik; einzelne Pflanzen wurden nicht systematisch identifiziert.
Umso verdienstvoller ist es daher zu bewerten, dass dazu Frank Richter (*1945) das Werk „Die Pflanzenwelt der gotischen Kathedralen“, erschienen im Michael Imhof Verlag, verfasst hat. Der Autor des Bandes „Gärten aus Stein. Die Pflanzenwelt des Naumburger Meisters“(2015) gibt in seinem neuen Buch einen detaillierten Überblick über die Genese und Verbreitung des gotischen Pflanzenschmucks. Während in der Romanik Figurenkapitelle die Kathedralen schmückten, lassen sich seit Beginn des 13. Jahrhunderts Pflanzenkapitelle nachweisen. Dass nicht nur Pflanzen der Bibel, Marienpflanzen, sondern auch Heilpflanzen in den Sakralbauten dargestellt wurden, hängt nach Richter mit der „Entdeckung der Natur“ zusammen. Zwischen 1220 und 1270 erreichten naturalistische Pflanzendarstellungen in den Kirchen ihren Höhepunkt. Ausgehend von den französischen frühgotischen Kathedralen bereiteten sich die steinernen Pflanzen in das Heilige Römische Reich deutscher Nation bis nach Schlesien aus. Für ikonologische Deutungen „transzendierender Botanik“(Ernst Bloch) hat Richter mit seinem schönen Buch eine wichtige Vorarbeit geleistet, deren Lektüre und Durchsicht auch dem kunstgeschichtlichen Laien für die steinerne Pflanzenwelt begeistern wird.
Fazit: Alle an mittelalterlicher Sakralarchitektur Interessierten wird der opulent bebilderte Band „Die Pflanzenwelt der gotischen Kathedralen“ von Frank Richter eine (Augen-)Freude bereiten.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Die Pflanzenwelt der gotischen Kathedralen

Frank Richter

Studien zur internationalen Architektur- und Kunstgeschichte 168

24 × 30 cm, 352 Seiten, 1231 Farb- und 18 S/W-Abbildungen, Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN 978-3-7319-0853-1
Einführungspreis bis 31.12.2019: 99,00 Euro (D); 101,80 Euro (A); 114,00 CHF
danach 128,00 Euro (D); 131,60 Euro (A); 147,20 CHF

In der schier unüberschaubaren Fülle der Bildwerke der gotischen Kathedralen erfahren die steinernen Pflanzendarstellungen, die die Kapitelle der Säulen, Blendarkaden oder Portale schmücken, weit weniger Aufmerksamkeit als die oft überlebensgroßen Figuren. Erst auf den zweiten Blick erschließt sich eine Welt, die erstaunt und fasziniert. Die Kathedralbauer des 13. Jahrhunderts haben sich, nachdem die oftmals überbordenden Figurengruppen an den Kapitellen nicht mehr dem Geist der Zeit entsprachen, der Natur zugewandt. In dem Maße, wie an den Kathedralschulen die Natur entdeckt wurde, nicht zuletzt mit Hilfe der antiken Autoren, deren Schriften endlich übersetzt vorlagen, begannen die Steinmetzen einheimische Pflanzen darzustellen. Neben Pflanzen aus der Bibel spielten Marienpflanzen eine große Rolle und vor allem auch Pflanzen, die in der Heilkunde Anwendung fanden. Dass man giftigen Pflanzen eine das Böse abwehrende Symbolik zuschrieb, ist an nahezu allen gotischen Kirchen anzutreffen.
Inwieweit die Pflanzen im ikonologischen Programm des Kirchenbaus eine Rolle spielen, ist noch immer nicht restlos erforscht. Diese Fragen kann und will dieses Buch nicht klären. Es soll ein Beitrag sein, dass mit der Identifizierung und Bestimmung der Pflanzen eine Grundlage für weitere Forschungen gegeben wird.
Vielleicht stellen die steinernen Pflanzen in ihrer oft beeindruckenden Darstellung nicht mehr und nicht weniger einen Lobpreis Gottes dar.
In diesem Buch wird untersucht, wann und wo die ersten naturalistischen Pflanzendarstellungen auftauchten, wie sie sich verbreiteten und wie sie nach wenigen Jahrzehnten wieder ausklangen.
Ausführlich behandelt werden folgende Bauwerke: Die Kathedralen von Laon, Paris, Chartres, Reims, Noyon, Amiens, Toul und Metz, sowie die Liebfrauenkirche in Trier, die Elisabethkirche in Marburg, die Dome zu Mainz, Naumburg, Köln, Xanten, Magdeburg, Halberstadt, Paderborn, Meißen, Breslau und Freiberg sowie das Münster von Straßburg, Freiburg, Basel und Doberan. Darüber hinaus gibt es Einzelkapitel zu der Templerkirche in Hof Iben, der Marienkirche in Gelnhausen, der Zisterzienserkirchen in Pforta und Altenberg, der Nikolaikirche in Stralsund und der Marienkirche in Pirna.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt


Zum Geleit 13
Einführung 14
Zum Akanthus 15
Kapitellformen 16
Korinthisches Kapitell mit Umformung der Akanthusblätter 17
Romanisches Palmettenkapitell mit Umformung der Palmetten 18
Rankenkapitell 19
Rankenfries 19
Frühgotisches Knospenkapitell mit dem Aufkommen
einzelner Blätter 22
Hochgotisches Blattkapitell 23

Einleitung 24
Gesellschaftliche Voraussetzungen 25
Mittelalterlicher Kirchenbau, Menschenbild und Baudekor 25

Die frühen Kathedralen und ihre Pflanzen 30
Vorbemerkung 31
Noyon, Kathedrale Notre-Dame 32
Laon, Kathedrale Notre-Dame 36
Paris, Kathedrale Notre-Dame 48
Soissons, Kathedrale Notre-Dame 56

Exkurs: Die Entdeckung der Natur 60
Von der antiken Philosophie zum Naturstudium 60
Der Laubhauer, ein Spezialist unter den Steinmetzen 62
Die Umsetzung der Pflanzen in Stein 64
Die architektonische Einbindung der Pflanzen 65
Klassische Kathedralen und ihre Pflanzen 67
Chartres, Kathedrale Notre-Dame 68
Reims, die ehemalige Krönungskathedrale Notre-Dame 126
Noyon, Fragmente am Westportal der Kathedrale Notre-Dame 182
Amiens, Kathedrale Notre-Dame 186

Die Ausbreitung der steinernen Pflanzen 194
Vorbemerkung 195
Lothringen 196
Toul, Kathedrale Saint-Étienne 197
Metz, Kathedrale Saint-Étienne 206
Deutschland 211
Trier, Liebfrauenkirche 212
Marburg, Elisabethkirche 218
Mainz, Hoher Dom St. Martin 225
Hof Iben, Templerkapelle 228
Gelnhausen, Marienkirche 232

Pflanzen aus der Naumburger Meisterwerkstatt
und in der Zisterzienserkirche Pforta 236
Naumburg, Dom St. Peter und Paul 237
Pforta (Schulpforta), Zisterzienserkirche 244

Der Einfluss der Kölner Dombauhütte
auf die Ausbreitung der Pflanzen 248
Köln, Dom (Ostchor) 249
Altenberg, Zisterzienserkirche (Altenberger Dom) 252
Xanten, Dom 256

Entfaltung des gotischen Bauens in Deutschland 260
Magdeburg, Dom 261
Halberstadt, Dom 279
Paderborn, Hoher Dom 280

Maßstabbildend: Die Straßburger Münsterbauhütte 284
Straßburg, Münster 285
Freiburg, Münster (Portalvorhalle) 288
Basel, Münster (Westportal) 298

Die Ausbreitung der Pflanzen ins Backsteingebiet
und bis nach Schlesien – Der Ausklang der naturalistischen Pflanzendarstellung 302
Wrocław/Breslau, Dom (Polen) 303
Lwówek Śląski/Löwenberg, Stadtpfarrkirche (Polen) 306
Trzebnica/Trebnitz, Kapelle der heiligen Hedwig (Polen) 308
Stralsund, St. Nikolai 310
Doberan, Münster 312

Die Pflanzen verlieren ihre Individualität 322
Meißen, Dom 323
Ein Rückblick nach Frankreich: Auxerre, Kathedrale 334

Das Verschwinden der steinernen Pflanzen 336
Pirna, Marienkirche 337
Freiberg, Dom 340

Anmerkungen 344
Literatur 346
Glossar 347
Pflanzenregister 349
Übersicht der in der Gotik verwendeten Pflanzen 350
Dank 352
Bildnachweis 352