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'Denken ist heute überhaupt nicht mehr Mode' Tagebuch 1940-1945
'Denken ist heute überhaupt nicht mehr Mode'
Tagebuch 1940-1945




Anna Haag

Reclam Stuttgart
EAN: 9783150113134 (ISBN: 3-15-011313-X)
448 Seiten, hardcover, 14 x 22cm, März, 2021

EUR 35,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
siehe Werbetext
Rezension
Zu den wichtigsten und bekanntesten Dokumenten zum Alltag im Dritten Reich zählen das Tagebuch der Anne Frank und die Tagebücher von Victor Klemperer. 2021 erschien im Reclam Verlag das Tagebuch von Anna Haag (1888-1982) aus den Jahren 1940-1945 unter dem treffenden Titel „Denken ist heute überhaupt nicht mehr Mode“. Die Schriftstellerin, Journalistin und SPD-Abgeordnete im baden-württembergischen Landtag zählt zu den zentralen Politikerinnen der Nachkriegsgeschichte. Ihr ist es zu verdanken, dass im Grundgesetz ein Recht auf Kriegsdienstverweigerung verankert wurde. Ihre Aufzeichnungen vom 11.5.1940 bis zum 22.4.1945 wollte nach Kriegsende kein Verlag veröffentlichen. Nach 76 Jahren liegen diese erstmals vollständig in gedruckter Form vor, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Jennifer Holleis.
Haags Tagebuch zeichnet sich dadurch aus, dass in ihm nicht nur reale politische Ereignisse, Zeitungsartikel u.a. kommentiert werden, sondern auch die historischen Quellen selbst aufgeklebt oder aufgeführt sind. Dabei konfrontiert sie die offizielle NS-Propaganda mit fundierten historischen Informationen. In ihrem Eintrag vom 2.2.1944 beispielsweise zitiert sie ein Graffiti auf einer Friedhofsmauer: „Tote!“ „Stehet auf zur Musterung!“. Dieser Kritik wird ein Auszug aus der Rede eines Kreisleiters gegenüberstellt: „Nicht Waffen allein entscheiden! In weitem Maß ist die Heimatfront für die Entwicklung verantwortlich.“ Haag erkennt hellsichtig, dass hier an der „nächste[n] Dolchstoßlegende“(S. 339) gestrickt wird. Die Aufzeichnungen der Journalistin in ihrem regimekritischen Tagebuch zeugen von Demokratiebewusstsein und Festhalten an Humanität. Schonungslos deckt sie in ihren Einträgen die Ideologie, die Lügen und die Mythen der Nationalsozialisten pointiert auf. Damit widerlegt sie zugleich den nach dem Krieg verbreiteten Mythos, die Deutschen hätten vom Holocaust nichts gewusst. Geschichtslehrkräften bietet das Tagebuch genügend aussagekräftige Einträge, Skizzen und Quellen, um die Ideologie und Propaganda der Nationalsozialisten im Fachunterricht zu entlarven.
Fazit: Anna Haags Tagebuch „Denken ist heute überhaupt nicht mehr Mode“ ist ein historisches Dokument ersten Ranges zum nationalsozialistischen Alltag, das verdient seitens der Geschichtswissenschaft und der Öffentlichkeit gewürdigt zu werden.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
SPIEGEL-Bestseller
Im Mai 1940 beginnt Anna Haag, 52 Jahre alt und Journalistin, ein schonungslos offenes und regimekritisches Tagebuch zu führen, das sie über Jahre im Kohlenkeller versteckt. Sie hört ihren Mitmenschen genau zu – in der Straßenbahn, bei Behördengängen oder in Geschäften. In pointierten Skizzen hält sie fest, was ganz gewöhnliche Deutsche schon während des Zweiten Weltkriegs über die Judenvernichtung und die Verbrechen des NS-Regimes wussten. Sie erzählt mit Ironie und Klarheit von Hamsterfahrten im Stuttgarter Umland, von verbotenen Treffen zum BBC-Hören oder von Wortgefechten mit ihrem Lieblingsgegner, dem regimetreuen Apotheker.
Die Aufzeichnungen der späteren Politikerin erscheinen nun erstmals vollständig in der von Anna Haag selbst vorbereiteten Zusammenstellung.
»Das Tagebuch der Anna Haag ist den berühmten Tagebüchern des Romanisten Victor Klemperer zur Seite zu stellen.«
(Frankfurter Allgemeine Zeitung)
Inhaltsverzeichnis
Anna Haag: Tagebuch 1940–1945
Zur Einführung 6
1940 7
1941 26
1942 154
1943 246
1944 332
1945 401
Anhang
Zu dieser Ausgabe 431
Anmerkungen 432
Nachwort 437