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damit wir klug werden (Ps 90,12)
Die wichtigsten Texte des Stuttgarter Kirchentages
Silke Lechner, Ellen Ueberschär, Deutscher Evangelischer Kirchentag (Hrsg.)
Random House
, Gütersloher Verlagshaus
EAN: 9783579082103 (ISBN: 3-579-08210-8)
217 Seiten, paperback, 12 x 19cm, Oktober, 2015
EUR 14,99 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
damit wir klug werden
Klug sein in einer Welt voller Krisen — wie geht das? Wie kann Frieden werden? Wie retten wir nun wirklich das Klima? Sind wir machtlos angesichts einer umgreifenden Digitalisierung aller Lebensbereiche? Wie können Menschen verschiedener Religionen zusammenleben und was haben wir heute noch von Martin Luther? Kofi Annan und Frank-Walter Steinmeier, Joachim Gauck und Hartmut Rosa, Angela Merkel und Harald Lesch haben diese Fragen auf dem Kirchentag 2015 in Stuttgart aufgegriffen
und nach Antworten gesucht. Spannende Texte und Aussagen, die Bestand haben werden, sind in diesem Band vereint.
Der Altmeister der Politik und des Kirchentages, Erhard Eppler, ist mit einer Bibelarbeit vertreten.
Herausgegeben im Auftrag des Deutschen Evangelischen Kirchentages von Silke Lechner und Ellen Ueberschär.
Rezension
Der alle zwei Jahre stattfindende Deutsche Evangelische Kirchentag fand in diesem Jahr in Stuttgart vom 3.-7. Juni 2015 statt unter dem Motto "damit wir klug werden (Psalm 90,12)" (Buchtitel). In diesem Taschenbuch sind "die wichtigsten Texte des Stuttgarter Kirchentages" (Untertitel) zusammengefasst und spiegeln einmal mehr den dialogischen Ansatz, die pluralistische Breite, die gesellschafts-politische Reichweite und die theologische Grundierung des Deutschen Evangelischen Kirchentags (vgl. Inhaltsverzeichnis). Sicherlich - über das Motto liesse sich streiten, weil doch der erste Teil des bekannten Verses aus Ps 90,12 weggelassen wurde: "Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen - damit wir klug werden." Aber bewußt sollte das Klugsein betont werden, das unsere Welt nötiger hat denn je ...
Thomas Bernhard, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Die wichtigsten Texte des Stuttgarter Kirchentages
Unter dem Motto aus Psalm 90,12 »damit wir klug werden« findet vom 3. bis 7. Juni 2015 der 35. Deutsche Evangelische Kirchentag in Stuttgart statt. Die Veranstaltungen des Kirchentages sind ein Spiegelbild des vielfältigen religiösen und gesellschaftlichen Lebens: Diskussionen und Dialoge rund um die Kernthemen Frieden und Flüchtlinge, Wirtschaft und Werte, Demokratie und Daten. Der Aufsatzband präsentiert die wichtigsten Texte dieses evangelischen Großereignisses.
Silke Lechner, geb. 1974, Dr., ist seit September 2006 Studienleiterin des Deutschen Evangelischen Kirchentages in Fulda. Die Politikwissenschaftlerin hat in Hannover und Liverpool studiert und 2006 an der London School of Economics and Political Science ihre Promotion über Steuerreformpolitik in Bolivien und Ecuador abgelegt.
Ellen Ueberschär, geb. 1967, aufgewachsen in Ostberlin, ist seit 2006 Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages in Fulda.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 7
Silke Lechner und Ellen
Frieden und Menschenrechte
Die Welt ist aus den Fugen
Wer übernimmt Verantwortung in Krisen und Konflikten? 10
Kofi A. Annan, Nick Baines und Frank-Walter Steinmeier
Brauchen wir eine Weltregierung?
Fragen an Politik, Recht und Philosophie 32
Rainer Forst, Christoph Möllers und Michael Zürn
Menschenrechte weltweit verteidigen
Schutz und Rechte für Lesben und Schwule 50
Alice Nkom und Salil Shetty
Dialoge über das Zusammenleben
Gutes Leben. Kluges Leben.
Was kann Politik für unser Zusammenleben tun? 63
Joachim Gauck und Hartmut Rosa
»… der den Bund und die Barmherzigkeit hält« (Dtn 7,9)
Zur Zukunft des jüdisch-christlichen Dialoges 88
Ralf Meister und Julian Chaim Soussan
Wie können Christen und Muslime zusammenleben?
Eine Utopie aus theologischer Sicht 110
Reinhold Bernhardt und Rifa’at Lenzin
Politik, Ethik und Digitalisierung
Was man für Geld nicht kaufen kann
Moral und Politik 124
Michael J. Sandel
Digital und klug?
Wie wir Wirtschaft und Gesellschaft gestalten 137
Angela Merkel, Joana Breidenbach, Petra Grimm, Harald Lesch
und Reimund Neugebauer im Gespräch mit Katty Salié
Klimaschutz
Wie können Kipp-Punkte zur Klimaverträglichkeit
erreicht werden? 157
Dirk Messner
Bibel und Theologie
Luther in seiner Zeit für unsere Zeit
Historische und theologische Perspektiven 167
Dorothea Sattler und Heinz Schilling
Kluge junge Frauen
Bibelarbeit zu Matthäus 25,1-13 191
Erhard Eppler
Richard von Weizsäcker
Erinnerungen an einen Kirchentagspräsidenten 205
Thomas de Maizière
Autorinnen und Autoren 214
Vorwort
»Damit wir klug werden« – ein Halbsatz aus Psalm 90, die Losung
des Kirchentages in Stuttgart 2015. Eine mutige Auslassung, denn
der erste Teil des Psalmverses, tief eingegraben in das evangelische
Bibelgedächtnis, gehörte nicht dazu. Warum wurde die Zeile »Herr,
lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen« weggelassen? Nicht,
um dem Thema des Sterbens und der Endlichkeit aus dem Weg zu
gehen, sondern ganz im Gegenteil: Die Auslassung stellte das Wort
»klug« in den Mittelpunkt, eröffnete einen eigenen Raum des Nachdenkens
im Angesicht der Endlichkeit, in den hinein gesprochen,
gestritten und gehört wurde. Überraschend vielleicht: Das Bild, das
der Psalm vom Menschen zeichnet, ist von Skepsis durchzogen.
Menschen ziehen sich den Zorn Gottes zu, wenden sich ab von
der Lebenskraft, leben einfach so dahin, bringen ihre Tage zu wie
Geschwätz. Nicht der Schicksalsschlag, nicht ein Unglück wird hier
betrauert, sondern das ganze Leben unter ein skeptisches Vorzeichen
gestellt. Aber dabei bleibt der Psalm nicht stehen. Er endet
nicht bei der Klage über die Vergänglichkeit, bei der Ohnmacht angesichts
des Sterbenmüssens. Sondern in einer wörtlichen Übersetzung
heißt es: »Unsere Tage zu zählen, das lehre uns, damit wir einbringen
ein weises Herz.« Tage zu zählen heißt, aufmerksam zu sein
für jeden einzelnen Tag, achtsam umzugehen mit unserem eigenen
Leben. Das unterbricht die Logik des Todes, das wendet Menschen
hin zu Gott, zum Lehrer des Lebens. Die Fähigkeit, Tage zu zählen,
macht klug, macht das Herz weise. Das Herz ist in der Bibel weniger
der Sitz der Gefühle als vielmehr der Ort menschlichen Denkens
und Planens, das Organ klugen Handelns. Der Glaube an Gott wird
zur Quelle der Klugheit. Glauben fördert das Verstehen des eigenen
Lebens. Das weise Herz ist klug genug, die Endlichkeit des Lebens
nicht zu verdrängen. Unsere Welt, in der die Unsterblichkeit nur
noch eine Frage der digitalen Umsetzbarkeit zu sein scheint, verführt
Menschen dazu, das achtsame Zählen der Tage zu vergessen.
Die Losung des Stuttgarter Kirchentages zeigt in eine andere Richtung.
Die Botschaft ist: Ein JA zu Gott ist ein JA zum Leben, das
endlich ist und darum klug gelebt werden will.
Die Beiträge dieses Bandes, teils Reden, teils Gespräche, spiegeln
die produktive und provokante Spannung, die die Losung
und ihre Auslassung erzeugte. Sie loten die vielfältige Idee der
Klugheit aus, beleuchten das WIR, das in der Losung steckt, und
stellen alles in den Horizont der Endlichkeit.
Unruhige, kriegerische, brutale Zeiten waren es, in denen der
Stuttgarter Kirchentag vorbereitet wurde und stattfand: Die Stichworte
Friedensuche und Flüchtlingsaufnahme in Europa gerieten
zu unmittelbaren Aufgaben, die alle angehen. Multiple Krisen
halten die Welt in Atem. Die Krise, so scheint es, ist nicht mehr die
Abweichung von der Normalität, sondern die Krise ist die Normalität.
In Stuttgart fragte der Kirchentag: Wie reagieren wir? Was
tun wir in Europa, was tun wir als Kirchen? Was muss geschehen,
um Frieden herzustellen? Tragen die Religionen Verantwortung?
Und wie? Am deutlichsten auf den Punkt brachte dies der Titel
des von tausenden Menschen gehörten und in diesem Band wiedergegebenen
Gespräches: »Die Welt ist aus den Fugen« mit dem
ehemaligen Generalsekretär der UNO, Kofi Annan, Bishop Nick
Baines aus Großbritannien und dem deutschen Außenminister
Frank-Walter Steinmeier.
Klug sein in einer Welt voller Krisen und Konflikte, die so
schwer aufzulösen sind, heißt: ohne Scheu die Komplexität
der Themen zu diskutieren und sich nicht zu einfachen, publikumswirksamen
Antworten verführen zu lassen. Das ist eine der
wichtigen Lernerfahrungen dieses Kirchentages. Keine einfachen
Antworten aus ideologischen Burgen heraus, sondern eine neue
Nachdenklichkeit charakterisierte diesen Kirchentag in Württemberg,
dem Land Hegels und Hölderlins. Die Dilemmata, denen sich
die Gesellschaft auf vielen Gebieten, von den militärischen Krisenherden
bis zur Frage der Janusköpfigkeit der Digitalisierung
gegenüber sieht, wurden nicht aufgelöst, sondern wahrgenommen.
Das schloss ein, dass Menschen in verantwortlichen Positionen
zugehört wurde, ja sie sogar ermutigt wurden, in ihrem
Ringen um Lösungen nicht nachzulassen.
Mit diesem Band, der mehr als die Hauptvorträge des Stuttgarter
Kirchentages umfasst, werden die Lernerfahrungen der Junitage
2015 einem breiteren Publikum zugänglich gemacht. Dazu
beigetragen haben Heide Stauff, Diana Freyer, Milena Hasselmann,
David Kiefer, Charlotte Kruse, Melinda Meisel, Jutta Wieding,
Markus Zeile, Mario Zeißig. Ihnen allen gilt unser herzlicher
Dank.
Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre und hoffen, dass der
Band Sie neugierig auf mehr Kirchentag macht!
Ihre
Dr. Ellen Ueberschär, Generalsekretärin
Dr. Silke Lechner, Studienleiterin
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