Umschlagtext
Geschichte des jüdischen Volkes ist eine Geschichte von Exil und Flucht, All dieser Mühsal zum Trotz hat das Judentum der Weit viel gegeben. Doch weshalb werden angesichts solch grosser Leistungen die Juden nur als Opfer und Überlebende, nicht aber als Hauptträger eines religiösen und intellektuellen Erbes gesehen? Und weshalb wird dieses durch das Leiden geheiligte Volk auf der Suche nach einer sicheren Existenz eben gerade aufgrund seiner staatlichen Selbständigkeit geächtet?
Auch innerjüdische Entwicklungen gefährden die Existenz des Volkes. Denn oft lassen sich politische und religiöse Vorgehensweisen Israels und der Juden Nordamerikas nur schwer von jenen unterscheiden, welche die Leiden von jüdischen Frauen, Männern und Kindern im Überfluss verursacht haben.
An einer Wegkreuzung angelangt, stellt sich die Frage zur Treue gegenüber der eigenen Vergangenheit: Den Vorfahren treu bleiben, vor allem jenen, welche kämpften, litten und starben im Holocaust, das heisst wachsam sein für ihr Schreien, das den Weg weisen muss. Es heisst auch, sich mit all jenen verbinden, die für Freiheit und Befreiung kampfen. Verrat der eigenen Tradition aber ist es, wenn die eigene Politik Opfer noch und noch fordert.
Marc H. Ellis ist Professor an der Maryknoll School of Theology und Leiter des Justice and Peace Programms, New York.