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Wie ich lernte, bei mir selbst Kind zu sein
Eine Erzählung
André Heller
S. Fischer Verlag
EAN: 9783100302090 (ISBN: 3-10-030209-5)
144 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 13 x 21cm, 2008
EUR 16,90 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
»Vater war krank«, sagte ich, »er hat Gifte genommen, bis er selbst Gift war.« »Er hat sich veruntreut«, antwortete Onkel York. »Hör zu: Geboren wird man als Entwurf zu einem Menschen, und dann muss man Zeit seines Lebens aus sich einen wirklichen Menschen machen. Das kriegt man nicht geschenkt, das kann man auch nicht bei Gerngross, Harrods oder bei Macy's kaufen, das muss man sich erarbeiten, Jingele. Erarbeiten, sag ich. Und dein Vater war arbeitsscheu.« »Warum erzählst du das alles mir, Onkel York, ich bin doch noch fast ein Kind.« »Du bist, was du bist«, sagte er lakonisch. »Und ich red dir von dem, was du wissen sollst.«
Rezension
Seit Jahrzehnten begeistert Andé Heller sein Publikum vor allem durch seinen kreativen Ideenreichtum als Chansonier, Liedermacher, Schauspieler und Aktionskünstler. Das er geistreich mit Worten umgehen kann, beweisen seine unterschiedlichsten textlichen Veröffentlichungen. Im vorliegenden Band "Wie ich lernte, bi mir selbst zu sein", der mehr ist als eine Erzählung, wird der Leser mitgenommen in die Welt des katholischen Milieus. Der Ich-Erzähler berichtet von seiner Kindheit in einem Internat, das geprägt ist von einem sehr autoritären Stil, der durch eine Doppelmoral ad absurdum geführt wird. Der Junge kann dieser Welt durch die Macht seiner Phantasie entfliehen, bis ihn seine Mutter nach dem Tod seines Vaters "befreit". Und hier beginnt sein wirkliches Leben, in dem er sich mit seinen Ideen und Träumen entfalten kann. Wer genau hinschaut, erkennt in dem Buch viele autobiografische Hinweise auf den Autor. Der Leser erfährt neben der biografischen Entfaltung viel über das Leben der Menschen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ein wunderbares Buch, das mich neben den interessanten inhaltlichen Aspekten vor allem durch die poetische Sprache André Hellers begeistert hat.
Arthur Thömmes, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
André Heller greift Szenen und Begebenheiten seiner Kindheit auf und verwandelt sie in die Geschichte eines Jungen mit funkelnder Phantasie. In einem Asbest-Anzug als erster Mensch in das Innere des Vesuvs hinabzusteigen, um in der glühenden Lava nach Feuerfischen zu suchen, das ist einer von Pauls Plänen. Ein anderer: Weltmeister im Unsichtbarsein. Doch zuvor muss er dem erzkatholischen Internat entfliehen. Als Pauls Vater, der Süßwarenfabrikant und Kommerzialrat Roman Silberstein, zu Tode kommt, darf der Junge in das Elternhaus zurückkehren. Zugleich reisen die jüdischen Onkel aus Übersee zum Begräbnis an und übertreffen einander im Schildern von Anekdoten aus dem merkwürdigen Leben der Silbersteins, einer mondänen und sonderbaren Familie, in der die versunkene k. u. k. Welt weiterlebt. André Heller schreibt eine poetische Erinnerung an ein Kind, eine Industriellendynastie und die schillernde Gesellschaft des Wiener Großbürgertums. |
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