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Wer hat Angst vor Deutschland? Geschichte eines europäischen Problems
Wer hat Angst vor Deutschland?
Geschichte eines europäischen Problems




Andreas Rödder

S. Fischer Verlag
EAN: 9783103972382 (ISBN: 3-10-397238-5)
368 Seiten, hardcover, 13 x 21cm, September, 2018

EUR 20,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Wie Deutschland seine Stärke nutzen kann - und wofür



"/Andreas Rödder) vermag spannend zu erzählen. Und vor einem klaren Urteil scheut er nie zurück."

(Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung)



Deutschland steckt in einem Dilemma. Allenthalben wird erwartet, dass es politische Führung übernimmt. Doch wenn es dies tut, ist der Vorwurf der Dominanz sofort bei der Hand. Der bekannte Historiker und Intellektuelle Andreas Rödder erzählt die Geschichte, die dahinter steht: die Geschichte der deutschen Stärke in Europa sowie der Diskrepanz zwischen Selbstbildern und Außenwahrnehmung. Und er entwickelt konkrete Vorschläge, wie Deutschland in der aktuellen politischen Lage das Dilemma aufbrechen und seine Stärke für Europa einsetzen kann. Ein thesenstarker Beitrag vom "Historiker der Stunde" (Tagesspiegel) zu einer der zentralen Debatten dieser Tage.
Rezension
Deutschland - Land mit mit einem Janusgesicht?

Der Mainzer Historiker widmet sein vorliegendes Buch einer hochaktuellen Problematik: wie ist die Stellung Deutschlands in den weiteren Entwicklungen Europas zu sehen?
Eine schwierige Frage, auf die es keine einfachen Antworten gibt, dafür aber viele interessante!

Die Stellung Deutschlands nach der Reichsgründung 1871 wurde von den Nachbarn mit Argusaugen betrachtet. Ein Koloss aufgrund wirtschaftlicher und oftmals auch militärischer Stärke. Die Erwartungen an diese europäische Zentralmacht waren ebenso groß, wie zugleich auch die Skepsis bis hin zur Angst vor Deutschland.
Der Autor gliedert den Inhalt folgerichtig in verschiedene historische Epochen:
Beginnend mit der Reichsgründung bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Jahre 1914 schildert er einen schwierigen Weg, in dem das neu gegründete Reich auf der Suche nach seinem Platz im Gefüge der traditionellen europäischen Mächte sucht. Einerseits hoch geachtet und bewundert, andererseits begleitet von einem hohen Maß an Skepsis und Abgrenzung.
Die unrühmliche Epoche der beiden Weltkriege (1914-1945) werden im darauffolgenden Kapitel betrachtet. In dieser Zeit "verspielt" Deutschland seine Sympathien. Mehrfach tritt es den Nachbarstaaten gegenüber aggressiv auf und verursacht unsagbares Leid, hieran kann auch das zwischenzeitlich vorsichtig aufflackernde Demokratie in den Jahren der Weimarer Republik nichts ändern.
Die Uhren stehen auf Null - Deutschland am Boden. Es hat zahlreiche Staaten der Welt und ganz Europa, ebenso wie sich selbst, an den Rand des Abgrunds und der totalen Vernichtung geführt.
Wie umgehen mit diesem besiegten Land? Eine Frage die sich die siegreichen Alliierten und die deutsche Bevölkerung aus unterschiedlichen Perspektiven gleichermassen stellten. Es begann ein Weg, der zur Spaltung des Kontinents und der Welt in zwei Machtblöcke führte. Der Weg beider deutscher Staaten und deren Einbindung in die beiden konträren politisch-ideologischen Blöcke wird eindringlich beschrieben und am Ende dieses Kapitels steht eine jähe und kaum für mögliche gehaltene Wendung: Die Wiedervereinigung Deutschlands läutet das Ende des Kalten Krieges ein.
Der schwierige und mit einem hohen Maß an Skepsis begleitete Weg des wiedervereinten Deutschlands betrachtet Rödder im IV. Kapitel. Die Deutschen müssen sich als Nation quasi neu erfinden, verliefen die Lebensgeschichten der Bürger doch in sehr unterschiedlichen politischen Regimen, die -wen wundert es- zu sehr unterschiedlichen Betrachtungsweisen für das Alltagsleben mit den hieran geknüpften Erwartungen führte. Ein Weg mit Auf und Ab, und: er ist bis heute nicht abgeschlossen.
Auch hier fehlt nicht die Außensicht der Nachbarstaaten in Europa. Auch hier paaren sich Skepsis und Hoffnung, gelegentlich auch Forderungen und Erwartungshaltungen, die schwierig in Einklang zu bringen sind, trotz sich erweiternder Gemeinsamkeiten in Form einer Europäischen Union.
Ein Resümee der bisherigen Ausführungen, verbunden mit einem Blick in die Gegenwart und eine Vorausschau in die Zukunft beringt das abschließende Kapitel: "Wer hat Angst vor Deutschland?"

Ein kompaktes Werk mit hohem Anspruch zu verfassen ist wahrhaft kein leichtes Unterfangen! Andreas Rödder ist es aus meiner Sicht hervorragend gelungen!
Aus historischer Perspektive bestens durch Quellenmaterial unterfüttert und aus aktueller politischer Sicht argumentativ gekonnt formuliert, entwickelt Andreas Rödder eine Vision für Deutschlands Weg in die Zukunft als wesentlicher Teil eines starken Europa. Diesem Anspruch zu genügen bedeutet klare Zielvorstellungen zu haben, selbstbewußt aufzutreten, ohne die historischen Befindlichkeiten und die Sichtweisen der europäischen Nachbarn aus dem Auge zu verlieren oder gar zu missachten.
Der Janusblick ist stets in verschiedene Richtungen nach außen gerichtet - der Blick nach innen soll und darf hierbei jedoch nicht verloren gehen. Eine Herkulesaufgabe.
Die stichhaltige und dennoch gut lesbare Form des Schreibens motiviert den Leser nachhaltig sich mit diesem hochaktuellen Thema weiter zu befassen. Es motiviert zur Suche nach Fakten und Argumenten über das vorliegende Buch hinaus und es lädt zum Mitdenken ein.
Mehr kann und darf man von einem modernen Sachbuch zu einem nicht ganz einfachen Thema wahrhaft nicht erwarten - absolut lesenswert!

Dietmar Langusch, Lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Deutschland und Europa – ein herausragendes, kluges Buch zu einem der dringlichsten Themen unserer Zeit. Vom Spiegel-Bestsellerautor Andreas Rödder, der zu den bedeutendsten deutschen Historikern zählt.
Deutschland steckt in einem Dilemma. Allenthalben wird erwartet, dass es politische Führung übernimmt. Doch wenn es dies tut, ist der Vorwurf der deutschen Dominanz vorprogrammiert. Der renommierte Historiker Andreas Rödder erzählt die Geschichte, die dahintersteht: die Geschichte der »deutschen Stärke« in Europa, die alle Katastrophen des 20. Jahrhunderts überlebt hat, die Geschichte deutscher Selbstbilder als Kulturnation und die Geschichte der vielen zwiespältigen Gefühle der Nachbarn gegenüber Deutschland – die bis heute immer wieder präsent sind.
Wie kann Deutschland mit diesen Ambivalenzen umgehen? Wie lassen sich deutsche Stärke und europäisches Gemeinwohl vereinbaren? Und wie kann Deutschland zu einem starken Europa beitragen?
Mit seinem brillanten Blick in die Geschichte erklärt Andreas Rödder überzeugend auch das aktuelle Dilemma Deutschlands in Europa – und entwickelt Vorschläge, wie das Problem zu lösen ist. Ein großer politischer Essay, ein gewichtiger Beitrag zu einer höchst kontroversen Debatte.

Andreas Rödder, geboren 1967, zählt zu den bedeutendsten deutschen Historikern. Auf brillante Weise macht er Geschichte für ein Verständnis unserer unmittelbaren Gegenwart fruchtbar. Seine Beiträge finden umfassende nationale wie internationale Resonanz. Seit 2005 ist er Professor für Neueste Geschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Zuletzt erschien »21.0 – Eine kurze Geschichte der Gegenwart«, das mehrere Wochen auf der SPIEGEL-Bestsellerliste stand.
Inhaltsverzeichnis
Mehr als ein Jahrhundertproblem 11

I Furor und Feingeist: Die deutsche Frage bis 1914 15
1 Was ist des Deutschen Vaterland? 15
2 Koloss im Zentrum: Die Reichsgründung und Europa 28
3 Gleichgewicht und Weltpolitik 34
4 Selbstbilder: Deutsche Tugenden und "Neider überall" 39
5 "Rücksichtslose Missachtung" und "deutscher Drang nach Osten": Außenwahrnehmungen 50
6 Platz an der Sonne? 63

"Die Schuld trägt Bismarck" Gespräch mit Thibaut de Champris 68

II Hunnen und Henker (1914-1945) 72
1 Kulturnation oder "Doktor der Mordkunst"? Die Radikalisierung der Bilder im Ersten Weltkrieg 72
2 Haben oder nicht haben: Die Ordnung von 1919 83
3 Opfer und Herrenmenschen - und Gustav Stresemann 88
4 Ein Deutschland oder zwei? Außenwahrnehmungen in der Zwischenkriegszeit 100
5 Die vertane Chance 111

"Deutschland duckt sich weg" Gespräch mit Anne McElvoy 114

III "Deutschland bleibt Deutschland" (1945-1990) 119
1 Teilung aus Verlegenheit: Die Ordnung von 1949 119
2 Revisionismus und Zurückhaltung: Die Außenpolitik der Bundesrepublik 123
3 Goldfinger, Kniefall, Atombombe: Außenansichten der Bundesrepublik 129
4 Schuld und Sühne: Auf der Suche nach einer neuen Identität 143
5 Vorstellungen von Europa 163
6 1913, 1938, 1989: Die deutsche Wiedervereinigung 170
7 Spiegelbilder: Zivilmacht und Machtpotentiale 184

"Es geht um die Wahrnehmung des Nachbarn als gleichwertig" - Gespräch mit Adam Krzeminski 189

IV Hegemon oder Hippie-Staat? Die deutsche Frage seit 1990 193
1 Neue alte Ordnung, alte neue Frage 193
2 Phoenix in und aus der Asche: Die Außenpolitik des vereinten Deutschlands 201
3 Gemischte Gefühle: Die Nachbarn und ihre neuen Deutschen 207
4 Wilhelm ante portas? Die Euro-Schuldenkrise 212
5 Humanitäres Vorbild oder "Bully Europas"? Die Flüchtlingskrise 228

"Vorbild sein, statt Befehle zu erteilen" Gespräch mit Nikos Dimou 236

V Wer hat Angst vor Deutschland? 240
1 Die Geschichte eines europäischen Problems 240
2 ...und wie sich damit umgehen lässt 252

Making-of: Begriffe, Theorie, Methode 264

Dank 277
Anmerkungen 281
Abkürzungen 281
Quellen und Literatur 344
Personenregister 364