lehrerbibliothek.deDatenschutzerklärung
''Was ich begehre, ist bei mir'' Narziss und Narzissmus
''Was ich begehre, ist bei mir''
Narziss und Narzissmus




Jeanette Fischer

Vittorio Klostermann
EAN: 9783465046295 (ISBN: 3-465-04629-3)
150 Seiten, kartoniert, 14 x 22cm, August, 2023

EUR 23,80
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Das Wort »Narzissmus« ist in aller Munde. Der gängige Diskurs geht von der Pathologie eines Einzelnen aus, dessen unheilvolle, destruktive Eigenschaften wir in Beziehungen zu spüren bekommen, seien sie persönlicher oder allgemeiner Art. Um diese Blickweise zu erhärten, greifen viele zu geläufigen alltagspsychologischen »Diagnosen«. Das erlaubt es ihnen, sich selber als schuldlos in einer solchen Beziehung verwickelt zu sehen. Die Autorin, Zürcher Psychoanalytikerin, verweigert sich in ihrer praxiserfahrenen Arbeit der Spaltung in narzisstisch und nicht narzisstisch, in schuldig und unschuldig, bös und gut. Sie fächert die Ovidsche Erzählung auf und fragt: Warum hat Narziss nur noch sich selbst als Gegenüber? Warum kommt ihm die Welt abhanden? Braucht diese Welt wiederum den Narzissten? Das Buch beleuchtet nicht nur die persönlichen narzisstischen Beziehungsmuster, sondern auch deren Ausdrucksformen in der Gesellschaft und im politisch-wirtschaftlichen Handeln.
Rezension
„Entscheidend wurde […] die Einführung des Begriffes Narzissmus, d. h. die Einsicht, dass das Ich selbst mit Libido besetzt ist, sogar deren ursprüngliche Heimstätte und gewissermaßen ihr Hauptquartier bleibe.“, heißt es Sigmund Freuds Schrift „Von Unbehagen der Kultur“(1930). Was ist Narzissmus? Von wem stammt der Begriff? Leiden Narzist:innen unter einer Beziehungsstörung? Welche Rolle spielen für die Ätiologie frühkindliche Erfahrungen? Ist Narzissmus moralisch verurteilenswert? Welche Ausdrucksformen findet Narzissmus in Politik und Wirtschaft? Wie kann dem Narzissmus in der psychoanalytischen Praxis begegnet werden?
Fundierte Antworten auf diese psychologischen Fragen liefert Jeanette Fischer (*1954) in ihrem Essay „‘Was ich begehre, ist bei mir‘. Narziss und Narzissmus“. Erschien ist dieser im Vittorio Klostermann Verlag als Band 108 in der Reihe „Klostermann/Nexus“. Von der mehr als 30 Jahre in Zürich praktizierenden Psychoanalytikerin in der Tradition Sigmund Freuds stammen auch die Bücher „Angst – vor ihr müssen wir uns fürchten“(2018), „Psychoanalytikerin trifft Marina Abramamović“(2018) und „Hass“(2021). In ihrem neuen Werk liefert die Psychoanalytikerin eine Phänomenologie des Narzissmus, wobei ihr Schwerpunkt auf einer luziden Interpretation des Mythos von Narziss aus Ovids Metamorphosen liegt. Narzissmus identifiziert Fischer als Ausdruck einer bestimmten Beziehungsdynamik. Ihre gut verständlich verfassten Ausführungen zum Narzissmus untermauert Fischer durch Beispiele aus der Kulturgeschichte und eigenen Erfahrungen in der psychoanalytischen Praxis. So ergibt sich ein Werk, das sich durch die hervorragende Verbindung von Theorie und Praxis auszeichnet. Kritisch anzumerken bleibt, dass Fischer in ihren Ausführungen nicht die Forschungsergebnisse der französischen Psychoanalytikerin Marie-France Hirigoyen berücksichtigt, dargelegt zum Beispiel in ihren Werken „Le harcèlement moral“(1998) und „‎Les Narcisse“(2019). Lehrkräfte der Fächer Psychologie, Philosophie und Ethik werden durch das vorliegende Buch von Fischer jedenfalls motiviert, sich in ihrem Fachunterricht problemorientiert mit der Thematik „Narzissmus“ auseinanderzusetzen.
Fazit: Jeanette Fischer leitet mit ihrem Band „‘Was ist begehre, ist bei mir“ einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung über die Ausdrucksformen und die Entstehung von Narzissmus. Ihre Ausführungen demonstrieren zugleich die Aktualität psychoanalytischer Erkenntnisse.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Fischer, Jeannette: "Was ich begehre, ist bei mir"
Narziss und Narzissmus
2023. 150 Seiten. Kt 23,80 €
ISBN 978-3-465-04629-5
Klostermann / Nexus 108
Das Wort »Narzissmus« ist in aller Munde. Der gängige Diskurs geht von der Pathologie eines Einzelnen aus, dessen unheilvolle, destruktive Eigenschaften wir in Beziehungen zu spüren bekommen, seien sie persönlicher oder allgemeiner Art. Um diese Blickweise zu erhärten, greifen viele zu geläufigen alltagspsychologischen »Diagnosen«. Das erlaubt es ihnen, sich selber als schuldlos in einer solchen Beziehung verwickelt zu sehen. Die Autorin, Zürcher Psychoanalytikerin, verweigert sich in ihrer praxiserfahrenen Arbeit der Spaltung in narzisstisch und nicht narzisstisch, in schuldig und unschuldig, bös und gut. Sie fächert die Ovidsche Erzählung auf und fragt: Warum hat Narziss nur noch sich selbst als Gegenüber? Warum kommt ihm die Welt abhanden? Braucht diese Welt wiederum den Narzissten? Das Buch beleuchtet nicht nur die persönlichen narzisstischen Beziehungsmuster, sondern auch deren Ausdrucksformen in der Gesellschaft und im politisch-wirtschaftlichen Handeln.
The word »narcissism« is on everyone's lips. The common discourse assumes the pathology of an individual whose unwholesome, destructive qualities we feel in relationships, be they personal or general. To corroborate this view, many resort to common everyday psychological »diagnoses.« This allows them to see themselves as blamelessly involved in such a relationship. In her practice-experienced work the author, a Zurich psychoanalyst, refutes the division into narcissistic and non-narcissistic, guilty and innocent, evil and good. She fans out the Ovidian narrative and asks: Why does Narcissus only have himself as a counterpart? Why is the world lost to him? Does this world in turn need the narcissist? The book illuminates not only the personal narcissistic relationship patterns, but also their forms of expression in society and in political-economic action.