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Was Demokratie ausmacht und wie sie aus der Krise kommt
Was Demokratie ausmacht
und wie sie aus der Krise kommt



Piper Verlag GmbH
EAN: 9783492073769 (ISBN: 3-492-07376-X)
347 Seiten, hardcover, 14 x 22cm, August, 2025

EUR 26,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Siehe Informationstext.
Rezension
Wodurch zeichnet sich eine „gute“ Demokratie aus? Welche Auswirkungen haben digitale Transformationsprozesse auf Demokratien? Bedroht der Neoliberalismus die liberale Weltordnung? Wie ist das Verhältnis von Freiheit und Gerechtigkeit in einer Demokratie zu bestimmen? Ist Demokratie nicht nur eine Staatsform, sondern auch eine Gesellschaftsform und eine Lebensform? Besitzen Demokratien Legitimationsprobleme? Sind sie auf Wahrheit und Wahrhaftigkeit angewiesen? Lässt sich die globale Demokratie-Krise überhaupt lösen?
Antworten auf diese zentralen politischen Fragen in Zeiten eines erstarkten Populismus und Rechtextremismus findet man in dem neuen Werk „Was Demokratie ausmacht – und wie sie aus der Krise kommt“ von Julian Nida-Rümelin (*1954), erschienen im Piper Verlag. Der renommierte Professor für Philosophie und politische Theorie an der Universität München und ehemalige deutsche Kulturstaatsminister hat mit seinen Schriften immer wieder entscheidende Impulse für aktuelle philosophische und politische Diskurse gegeben. Zu seinen bekanntesten Monographien zählen u.a. „Über menschliche Freiheit“(2005), „Humanismus als Leitkultur. Ein Perspektivenwechsel“(2006), „Die Optimierungsfalle. Philosophie einer humanen Ökonomie“(2011), „Philosophie einer humanen Bildung“(2013), „Humanistische Reflexionen“(2016), „Über Grenzen denken. Eine Ethik der Migration“(2017), „Digitaler Humanismus. Eine Ethik für das Zeitalter der Künstlichen Intelligenz“(2018) [zusammen mit Nathalie Weidenfeld] und „Erotischer Humanismus“(2022).
In seinem neuesten Buch liefert Nida-Rümelin eine differenzierte Analyse der Defizite und Chancen gegenwärtiger Demokratie. Hervorragend gelingt es ihm dabei unter Rekurs auf Denker wie Aristoteles, Thomas Hobbes, John Locke, Jean-Jacques Rousseau, Immanuel Kant, John Stuart Mill, John Rawls, Kenneth Arrow, Allan Gibbard und Amartya Sen die normativen bzw. philosophischen Voraussetzungen dieser Staatsform und Gesellschaftsform aufzudecken. Als ihren Kern identifiziert Nida-Rümelin die Anerkennung der Freiheit und Gleichheit aller Menschen. Seine Kartografie von Demokratie fokussiert die „Paradigmen“ Erkenntnis, Kooperation, Repräsentation, Partizipation, Deliberation und kollektive Autonomie. Gegenüber medialen Abgesängen auf die Demokratie arbeitet der Sozialdemokrat, der sich einem erneuerten Humanismus verpflichtet sieht, gute Argumente dafür heraus, dass diese Lebensform sehr wohl gegenwärtigen Krisen gewachsen ist - allerdings unter Erneuerung ihrer normativen Grundlagen. Dazu zählt für ihn u.a. eine Leitkultur des Humanismus, eine Stärkung des Konsens-Gedankens, ein epistemologischer Realismus mit dem Festhalten an Wahrheitsansprüchen und eine Zivilkultur des Respekts. Sehr gut wird von ihm auch das Verhältnis von Toleranz, Vielfalt und Demokratie analysiert: „Ohne Toleranz kann es in der Demokratie keine Diversität der Lebensformen, der Überzeugungen, der Werte und Normen geben. Ohne Diversität ist eine Demokratie nicht lebensfähig, jedenfalls keine multikulturell verfasste.“(S. 300)
Die tiefschürfenden Reflexionen des Intellektuellen belegen eindrücklich die Produktivität der philosophischen, rationalen Bearbeitung demokratietheoretischer Fragen. Für Lehrkräfte der Fächer Philosophie, Ethik und Politik ist Nida-Rümelins Werk eine überaus lohnenswerte Lektüre, erhalten sie doch zahlreiche Anregungen und fundiertes Fachwissen, um sich mit ihren Schüler:innen im Unterricht mit aktuellen Fragen politischer Philosophie differenziert auseinanderzusetzen.
Fazit: Mit seinem neuen Buch „Was Demokratie ausmacht – und wie sie aus der Krise kommt“ ist Julian Nida-Rümelin angesichts globaler antidemokratischer Strömungen und der Polykrise ein äußerst aktueller Debattenbeitrag gelungen, der aufgrund seines engagierten Plädoyers für die Lebensform Demokratie unbedingt politische Beachtung verdient.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Krisen und Chancen der Demokratie
„Demokratie hat starke Voraussetzungen. Zu diesen gehört die Annahme, dass ihre Bürgerinnen und Bürger sich wechselseitig als frei, gleich und vernunftbegabt anerkennen, dass sie bereit und in der Lage sind, die Bedingungen ihres Zusammenlebens human zu gestalten. Ohne eine Zivilkultur des Respekts ist die Demokratie nicht lebensfähig.“
Julian Nida-Rümelin
In seinem politischen Hauptwerk legt Julian Nida-Rümelin eine fundierte Analyse der Demokratie vor – woher sie kommt, was sie ist, was sie bedroht und wie wir sie schützen können und müssen. Er wirbt für demokratischen Optimismus und demokratisches Engagement – allen gegenwärtigen Krisen zum Trotz.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 9
Dank 11
Teil A
Was Demokratie ausmacht 13
Einführung 15
1 Die Krise der liberalen Weltordnung 17
Sieg und Verfall 27
Die Erosion sozialer Marktwirtschaft 33
2 Eine kosmopolitische Perspektive 42
3 Die Essenz der Demokratie 50
Demokratie und kollektive Rationalität 57
Das Arrow-Theorem 61
Lehren aus dem Arrow-Theorem 68
Kollektive Autonomie 73
Individuelle Autonomie 78
Das Liberale Paradoxon 84
Konsens in der Demokratie 89
Dissens in der Demokratie 95
Politische Manipulation 102
4 Formen der Demokratiekritik 108
Eine Verteidigung von Gleichheit und Freiheit 118
Kritik des Verteilungsegalitarismus 123
5 Gerechtigkeit in der Demokratie 128
6 Deliberation in der Demokratie 140
7 Demokratischer Realismus 149
8 Kooperation in der Demokratie 156
9 Demokratie als Lebensform 163
10 Die gefährdete Ordnung der Demokratie 172
Teil B
Drei Studien 179
Studie I: Demokratie in der Krise 181
Krise als Herausforderung des Verfassungs
konsenses 197
Politische Strömungsbilder in der Krise 202
Gemeinwohl und Volkspartei in der Krise 213
Demokratisches Vertrauen in der Krise 221
Die Gefährdung demokratischer Zivilkultur in der Krise 226
Studie II: Demokratie in der digitalen Transformation 240
Das menschliche Selbstbild in der digitalen Transformation 246
Digitale Akteure 247
Radikale direkte digitale Demokratie als Lösung? 253
Die digitale Transformation der repräsentativen Demokratie 262
Die Ethik digitaler Kommunikation 268
Digitale Kommunikation in der Demokratie 273
Studie III: Die Rolle der Zivilkultur in der Demokratie 280
Multikulturalität, Individualismus, Humanismus 293
Öffentliche Räume in der Zivilkultur 300
Kulturelle Transzendenz in der Einwanderungs
gesellschaft 302
Partizipative Demokratie in der Kommune 308
Anhang 323
Politische Theorie und demokratische Praxis 325
I Politische Philosophie als Grundlegung politischer -
speziell demokratischer - Praxis 329
II Politische Philosophie als Interpretation (und Revision)
demokratischer Praxis 331
111 Politische Philosophie als Analyse demokratischer Praxis 333
Anmerkungen 341