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Warum es kein islamisches Mittelalter gab Das Erbe der Antike und der Orient
Warum es kein islamisches Mittelalter gab
Das Erbe der Antike und der Orient




Thomas Bauer

Verlag C. H. Beck oHG
EAN: 9783406727306 (ISBN: 3-406-72730-1)
175 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 14 x 22cm, August, 2018, mit 12 Abbildungen, davon 11 in Farbe

EUR 22,95
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Thomas Bauer erhält den "WISSEN! Sachbuchpreis der wbg für Geisteswissenschaften 2019.

"Dem Islam wird gerne vorgeworfen, er sei im Mittelalter stecken geblieben. Was aber, wenn es gar kein islamisches Mittelalter gab? Thomas Bauer zeigt an zahlreichen Beispielen, wie in der islamischen Welt die antike Zivilisation mit florierenden Städten und Wissenschaften weiterlebte, während im mittelalterlichen Europa nur noch Ruinen an eine untergegangene Kultur erinnerten. Ein kleines Meisterwerk, das konzis, anschaulich und mit der nötigen Portion Gnadenlosigkeit unser Bild von einem reformbedürftigen «mittelalterlichen» Islam widerlegt.

Jahrhundertelang waren im Orient die antiken Städte lebendig, mit Bädern, Kirchen, Moscheen und anderen steinernen Großbauten, während sie in Europa zu Ruinen verfielen. Ärzte führten die Medizin Galens fort, Naturwissenschaften und Liebesdichtung blühten auf. Kupfermünzen, Dachziegel, Glas: Im Alltag des Orients gab es lauter antike Errungenschaften, die Mitteleuropäer erst zu Beginn der Neuzeit (wieder) neu entdeckten. Thomas Bauer schildert anschaulich, wie die antike Kultur von al-Andalus über Nordafrika und Syrien bis Persien fortlebte und warum das 11. Jahrhundert in ganz Eurasien, vom Hindukusch bis Westeuropa, eine Zäsur bildet, auf die in der islamischen Welt bald die Neuzeit folgte. Er widerlegt damit überzeugend die eingespielten Epochengrenzen und rückt eingefahrene Sichtweisen auf Orient und Okzident zurecht.

Thomas Bauer ist Professor für Islamwissenschaft und Arabistik an der Universität Münster und Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste. Er wurde mit dem Leibniz-Preis der DFG, dem Tractatus-Preis sowie, für die vorliegende Veröffentlichung, mit dem wbg Buchpreis für Geisteswissenschaften ausgezeichnet.
Rezension
Dieses Buch widerlegt in seiner zentralen These unser Bild von einem reformbedürftigen, im Mittelalter verhaftet gebliebenen Islam, der keine Aufklärung durchlebt habe. Der Autor zeigt demgegenüber facettenreich begründet auf, dass es ein islamisches Mittelalter gar nicht gegeben hat; vielmehr lebte in der islamischen Welt die antike Zivilisation mit florierenden Städten und Wissenschaften weiter, nur im Abendland gab es den tiefen Bruch mit der Antike. Im Orient lebte die Antike mit all ihren sich weiter entwickelnden Errungenschaften einfach weiter und das Morgenland war dem Abendland kulturell weit überlegen. Kupfermünzen, Dachziegel, Glas: Im Alltag des Orients gab es lauter antike Errungenschaften, die Mitteleuropäer erst zu Beginn der Neuzeit (wieder) neu entdeckten. Die eingespielten Epochengrenzen gelten hinsichtlich der islamischen Welt nicht; ein islamisches Mittelalter hat es nie gegeben. Der erste Teildes Buchs widmet sich der Dekonstruktion des Mittelalterbegriffs und zieht eine Bilanz des von ihm angerichteten Schadens. Der zweite Teil liefert einen kurz gefassten Vergleich, der in sechsundzwanzig Begriffen von A bis Z schlaglichtartig die unterschiedliche Entwicklung West- und Mitteleuropas einerseits und Westasiens andererseits während der konventionell als "Frühmittelalter" bezeichneten Periode beleuchtet. Als Drittes folgen Erwägungen darüber, wie eine sinnvolle Periodisierung erfolgen kann, ehe in einem vierten Teil die sogenannte "Blütezeit" des Islams als dessen formative Periode neu definiert wird. Ein Fazit und ein Ausblick schließen als fünfter Teil das Buch ab. - Das Buch ist jetzt auch als Taschenbuch erschienen.

Jens Walter, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Schlagwörter:
Abendland, Antike, Aufklärung, Epoche, Islam, Mittelalter, Okzident, Orient, Religion

Pressestimmen:

"Eine eindrucksvolle, alphabetisch gegliederte Liste von Indizien, die beweisen, dass die arabische Welt zu einer Zeit, als Westeuropa noch in den Kinderschuhen oder eher Holzpantinen steckte, eine blühende Hochkultur mit vielen Zügen moderner Zivilisiertheit war.“
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, Andreas Kilb

"Vielleicht sollte man Bauers brillante Studie als Appell an beide, den Westen und den Islam, lesen, sich auf die Wurzel der eigenen Kultur zu besinnen.“
SWR2 Konstantin Sakkas

"Ein reflektiertes, differenziert argumentierendes und erfreulich ideologiefreies Buch über die islamische Spätantike.“
Die Presse, Georg Cavallar

"Ein hochgelehrtes und gleichzeitig gut verständliches Buch, das seine These reich mit Quellen und umfassendem Fachwissen stützt.“
ORF, Johanna Gillmayer

"Ein kleines Meisterwerk, das konzis, anschaulich und mit der nötigen Portion Gnadenlosigkeit unser Bild von einem reformbedürftigen ‚mittelalterlichen‘ Islam widerlegt.“
Theology

"Eine äusserst anregende Lektüre (…) lehrreich und unterhaltsam.“
Neue Zürcher Zeitung, Philipp Hufschmid

"Ein neuer Blick auf die Entwicklung des Orients.“
Kleine Zeitung, Ingo Hasewald

"Der Islamwissenschaftler Thomas Bauer, entkräftet den Vorwurf, der Islam sei im Mittelalter steckengeblieben."
ZEIT
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 7

1. Das «islamische Mittelalter»: Sechs Gründe dagegen 11

1. Mangelnde Präzision 13
2. Fehlschlüsse 15
3. Mögliche Herabsetzung 19
4. Exotisierung 21
5. Imperialistischer Beiklang 23
6. Ein Begriff ohne sachliche Grundlage 28

2. Orient und Okzident im Vergleich: Von «Analphabetismus» bis «Ziffern» 33

Analphabetismus 34
Bäder 35
Chancen 37
Dachziegel 38
Erbsündenlehre 41
Feste 42
Glas 43
Homoerotik 45
Individualismus 47
Juden 49
Kupfermünzen 51
Liebesdichtung 54
Medizin 56
Naturwissenschaften 58
Ordal 60
Papier 61
Quellen 62
Religion 62
Sexualität 64
Tiere und Pflanzen 65
Urbanität 66
Verkehrswege 68
Witze 68
Xenophobie 69
Ysop 70
Ziffern und Zahlen 72

3. Auf der Suche nach dem ganzen Bild: Vom Mittelmeer bis zum Hindukusch 79

Epochenkonstruktionen 80
Merkmalsbündel 88
Die restringierte Antike 90
Die islamische Spätantike 99
Zwei Regionen in zwei Epochen? 103
Die ausgehende Spätantike als formative Periode 107
Das erste Jahrtausend als Epoche 115

4. Die islamische Spätantike: Die formative Periode der islamischen Wissenschaften 119

Das islamische Curriculum: Zwei Zeugen aus dem siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert 119
Das elfte Jahrhundert, ein saeculum horribile? 141

5. Das 11. Jahrhundert als Epochengrenze: Fazit und Ausblick 149

Warum es kein islamisches Mittelalter gab 149
Ein Blick auf Afrika 151
Und danach? 154

Zur Umschrift des Arabischen 159

Anmerkungen 160
Literatur 169
Bildnachweis 171
Personenregister 172