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Vom Baby zum Kleinkind Entwicklungstagebuch zur Beobachtung und Begleitung in den ersten Jahren
Vom Baby zum Kleinkind
Entwicklungstagebuch zur Beobachtung und Begleitung in den ersten Jahren




Sabina Pauen

Springer-Verlag , Spektrum Akademischer Verlag
EAN: 9783827427793 (ISBN: 3-8274-2779-7)
260 Seiten, paperback, 13 x 20cm, 2011, 116 Abb. in Farbe

EUR 19,95
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Sabina Pauen, Professorin für Entwicklungspsychologie und Biologische Psychologie an der Universität Heidelberg, hat mit Unterstützung der Jacobs-Foundation ein Beobachtungstagebuch für die ersten Lebensjahre zusammengestellt, das den liebevollen Blick auf das Kind zum Ausgangspunkt einer kompetenten Begleitung macht. Für alle relevanten Lebensbereiche werden wichtige Fortschritte des Kindes in Form von Meilensteinen beschrieben, die sich im Alltag leicht beobachten lassen und sowohl durch Bilder als auch einfach lesbare Texte anschaulich illustriert werden. Modernes Fachwissen und praktische Tipps zur Frühförderung helfen, die Entwicklung des Kindes besser zu sehen und zu verstehen. Durch die Möglichkeit, eigene Beobachtungen zu notieren, entsteht ein persönliches Tagebuch und ein nützliches Nachschlagewerk für Eltern, Tagesmütter, Erziehern und alle, die Kindern zu einem guten Start ins Leben verhelfen wollen.
Rezension
Die Autorin Sabina Pauen hat mit Unterstützung der Jacobs-Foundation ein Beobachtungstagebuch für die ersten Lebensjahre zusammengestellt, das den liebevollen Blick auf das Kind zum Ausgangspunkt einer kompetenten Begleitung macht. Für alle relevanten Lebensbereiche werden wichtige Fortschritte des Kindes in Form von Meilensteinen beschrieben, die sich im Alltag leicht beobachten lassen und sowohl durch Bilder als auch einfach lesbare Texte anschaulich illustriert werden. Modernes Fachwissen und praktische Tipps zur Frühförderung helfen, die Entwicklung des Kindes besser zu sehen und zu verstehen. Durch die Möglichkeit, eigene Beobachtungen zu notieren, entsteht ein persönliches Tagebuch und ein nützliches Nachschlagewerk für Eltern, Tagesmütter, Erzieher und alle, die Kindern zu einem guten Start ins Leben verhelfen wollen.

Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Ein Buch zum Babyverstehen durch Hinsehen
Schlüsselphotos und -texte zeigen Babies in Aktion
Für Eltern und Babybetreuer mit Raum für Tagebuchnotizen

Content Level » Popular/general
Stichwörter » Babies - Betreuung - Eltern - Entwicklungspsychologie - Säuglinge
Verwandte Fachbereiche » Spektrum Entwicklungspsychologie - Spektrum-Sachbücher
Inhaltsverzeichnis
Danksagung IX

Vom Baby zum Kleinkind 1

1 Grobmotorik 13

Kopfkontrolle 18
Rumpfkontrolle 22
Beinkontrolle 26
Fortbewegung am Boden 32
Fortbewegung im Stehen 36
Balance im Stehen 44
Hüpfen und springen 48
Werfen und fangen 52

2 Feinmotorik 56

Hand-Körper-Koordination 60
Objekte greifen und halten 66
Gegenstände manipulieren 72
Essen und trinken 80
Zeichnen 84
An- und ausziehen 88

3 Wahrnehmung 96

Sehen 104
Hören 110
Erinnern 114

4 Denken 118

Darstellen und symbolisieren 124
Räumlich ordnen 130
Planen 134

5 Sprache 140

Laute 144
Silben 150
Worte 154
Besondere Worte 160
Sätze 168

6 Soziale Beziehungen 176

Nähe und Distanz regulieren 180
Vorsprachliche Kommunikation 186
Gemeinsame Bezüge herstellen 194
Fremde und vertraute Personen unterscheiden 200
Kooperation im Alltag 208
Gemeinsam spielen 214

7 Selbstregulation 225

Gefühle 230
Impulse 234
Schlaf 238
Ausscheidungen 242

8 Gefühle 247

Einfache Gefühle zeigen 252
Über Gefühle reden 260
Komplexe Gefühle zeigen 266

Schlusswort 279

Die MONDEY-Kurzskala 283



Babys sind faszinierende Wesen! Auf die meisten Erwachsenen wirken
sie wie Magneten: Man kann seine Augen nicht von ihnen lassen
und beobachtet sie gerne – sogar im Schlaf. Wenn sie dann
langsam größer werden und rasch immer neue Fähigkeiten dazugewinnen,
gibt es jeden Tag kleine Entwicklungswunder zu bestaunen.
Die Kinder lernen, ihre Bewegungen zu steuern, sie trainieren
ihre Sinne und üben das Denken, beginnen zu sprechen, bauen
Beziehungen auf und erweitern ihre Möglichkeiten, mit Gefühlen
umzugehen. So vieles passiert in den ersten Lebensjahren!
Wer Babys oder Kleinkinder betreut, ist meist sehr damit
beschäftigt, das ganz normale Leben zu organisieren, und findet oft
keine Zeit, die zahlreichen Leistungen zu würdigen, die täglich von
den Kleinen erbracht werden. Viele Eltern denken im Rückblick,
wie schnell die Zeit vergangen ist, bis ihr Kind selbstständig geworden
ist, und fragen sich, wie das alles überhaupt möglich war. Manche
bedauern, dass sie nicht aufgeschrieben haben, wie diese Veränderungen
zustande kamen. Ähnlich geht es Erzieherinnen oder
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Tagesmüttern, die im Alltagsstress das Gefühl haben, dem einzelnen
Kind nicht wirklich gerecht werden zu können. Doch was hindert
uns eigentlich daran, genau hinzusehen oder eigene Beobachtungen
aufzuschreiben?
Ein Problem besteht darin, genau zu wissen, worauf man achten
soll. Welche der vielen verschiedenen Fähigkeiten, die ein Kind in
den ersten Lebensjahren erwirbt, sind wichtig? Und woran erkennt
man sie? Dazu soll dieses Buch anhand von konkretem Anschauungsmaterial
Hinweise geben.
Ein weiterer Hinderungsgrund ist, dass man nicht weiß, wie man
Fortschritte am besten dokumentieren kann. Oft werden einfach
Fotos oder Videos gemacht. Aber diese ersetzen nicht das, worauf es
wirklich ankommt: sich bewusst zu machen, was gerade passiert, zu
überlegen, warum es passiert, inwiefern es wichtig ist und wie man
das Kind am besten in seiner weiteren Entwicklung unterstützen
kann. Um solche Überlegungen anstellen zu können, muss man
sich tatsächlich etwas Zeit nehmen. Dass diese Mühe sich lohnt,
zeigen Entwicklungstagebücher, die bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts
geschrieben werden. Zum damaligen Zeitpunkt läuteten
sie den Beginn entwicklungspsychologischer Forschung ein. Einzelne
Menschen (darunter auch der berühmte Wissenschaftler Jean
Piaget) haben ihre Kinder genau beobachtet, diese Wahrnehmungen
aufgeschrieben und ganze Theorien auf der Grundlage ihrer
Dokumentation aufgestellt. Auch wenn das sicher ein Sonderfall
ist, der sich nicht unbedingt auf „normale“ Eltern oder professionelle
Kinderbetreuer übertragen lässt, wird daran deutlich, dass
die genaue Betrachtung von Entwicklungsprozessen einen sehr
wichtigen Schlüssel zu guter Frühförderung darstellt. Deshalb
wurde auch das vorliegende Entwicklungstagebuch zur Beobachtung
und Begleitung in der frühen Kindheit geschrieben. Es richtet
sich an alle, die privat oder professionell mit Babys und KleinkinEinleitung
3
dern zu tun haben. Das sind Eltern, Großeltern, Tanten und Onkel
genauso wie Krippenerzieherinnen, Babysitter, Frühpädagogen
oder Kinderärzte. Mein Ziel ist es, modernes entwicklungspsychologisches
Wissen
über Veränderungen in den ersten drei Lebensjahren
mit den Lesern zu teilen und dabei ein Format zu finden, das
dazu anregt, Kinder genauer zu beobachten und ihre Entwicklung
objektiv zu dokumentieren. Dabei geht es nicht darum, den „warmen“
liebevollen Blick auf das Kind gegen einen vermeintlich „kalten“
Forscherblick einzutauschen. Vielmehr soll die Wahrnehmung
für das Wunder der Entwicklung jedes einzelnen Kindes geschärft
und die Bereitschaft gestärkt werden, Kinder unterstützend zu
begleiten. Und wer mag, kann seine Beobachtungen später gerne
mit uns teilen
und auswerten lassen. Um dies zu erleichtern, finden
Sie am Ende des Buches eine Kurzskala sowie Hinweise zu deren
Nutzung.
Wie wichtig es ist, dass wir uns Zeit nehmen, gerade in der frühen
Kindheit genau hinzusehen, wird deutlich, wenn man sich klarmacht,
was in dieser Zeit auf neurologischer Ebene passiert: Anders
als die meisten Tiere kommt der Mensch mit einem recht unreifen
Gehirn zur Welt. Zwar sind schon fast alle Nervenzellen angelegt,
aber es dauert noch eine ganze Weile, bis sie biologisch voll entwickelt
und umfassend miteinander verknüpft sind. Als Folge dieser
Veränderungen verdreifacht sich das Gehirnvolumen des Kindes in
den ersten Lebensjahren. Fände diese Entwicklung vor der Geburt
statt, dann würde der Kopf wohl kaum durch den Geburtskanal
passen. Es hat aber auch große Vorteile, die Vernetzung von Nervenzellen
auf die Zeit nach der Geburt zu verlagern: Unser Gehirn
kann sich so in enger Abstimmung mit den Erfahrungen entwickeln,
die wir täglich machen. Dadurch passt es sich optimal an
seine Umwelt an. Nimmt man diese Feststellung ernst, so ergibt
sich daraus eine wichtige Konsequenz:
4  Einleitung
Erwachsene, die Säuglinge und Kleinkinder betreuen, tragen
eine hohe Verantwortung für die Zukunft der Kinder. Diese Verantwortung
wahrzunehmen, heißt, sich immer neu zu überlegen, welche
Rahmenbedingungen ein bestimmtes Kind am ehesten dazu
anregen, den nächsten Schritt zu tun. Es heißt aber auch, nichts
Unmögliches zu verlangen und geduldig zu bleiben, wenn das Kind
aufgrund seiner biologischen Unreife noch nicht in der Lage ist, ein
bestimmtes Verhalten zu zeigen. Um hier die richtige Balance zu
finden, ist es hilfreich, sich immer wieder klarzumachen, wie groß
die Herausforderungen sind, denen ein Kind mit jedem neuen Entwicklungsschritt
begegnet.
Vielleicht erinnern Sie sich noch dunkel daran, wie sehr Sie ins
Schwitzen gekommen sind, als Sie zum ersten Mal eine Schleife
gebunden haben? Oder wie stolz Sie waren, als Sie gelernt haben,
von einer Mauer zu hüpfen? Da die bewusste Erinnerung oft erst
mit vier oder fünf Jahren einsetzt, fällt es den meisten Erwachsenen
schwer, sich in die Wirklichkeit eines Säuglings oder Kleinkindes
hineinzuversetzen. Wir nehmen die riesigen Fortschritte, die in dieser
Zeit stattfinden, oft als Selbstverständlichkeit wahr oder sind
ungeduldig, wenn ein Kind länger als andere braucht, bevor ihm
bestimmte Handlungen zuverlässig gelingen. Nur das Erreichen
einiger weniger Fähigkeiten lässt unser Herz besonders hoch schlagen:
das erste Lächeln, die ersten Schritte ohne fremde Hilfe, das
erste Wort. Dabei gibt es noch so viel mehr Veränderungen, die
Beachtung verdienen! Wir sind nur noch nicht daran gewöhnt,
gezielt nach ihnen Ausschau zu halten. Wenn Sie den eigenen Blick
für die Entwicklung von Kindern schulen und Fortschritte bewusst
wahrnehmen, macht die Begleitung der Kleinen noch mehr Freude.
Denn wenn man genau hinschaut, tut sich fast täglich etwas.
Jedes Kind hat dabei seine eigenen Talente und sein eigenes
Tempo: Das eine fängt früh an zu reden, das andere stellt sich eher
5
Einleitung
auf die Füße. Und jedes Kind kommt als kleine Persönlichkeit zur
Welt: Das eine geht alles langsam an, das andere ist kaum zu bremsen.
Kinder sind von Anfang an sehr verschieden und sie entwickeln
sich auf ihre ganz persönliche Art und Weise. Wenn wir einzelnen
Kindern wirklich gerecht werden wollen, müssen wir solche Besonderheiten
wahrnehmen und achten.
Auch wenn das Entwicklungstempo variieren mag – die Abfolge,
in der bestimmte Fähigkeiten erworben werden, ist in der Regel
nicht beliebig. Das kann man sich leicht an ein paar ganz einfachen
Beispielen klarmachen: Wohl kaum ein Kind wird den ersten Schritt
alleine tun, ohne vorher selbstständig stehen zu können. Und nur
äußerst selten passiert es, dass ein Kind gleich in ganzen Sätzen
spricht, ohne vorher irgendwann zunächst Laute von sich gegeben
zu haben. Entwicklung lässt sich für viele Bereiche als stufenweiser
Aufbau von Teilfähigkeiten beschreiben. Keine Fähigkeit taucht
plötzlich aus dem Nichts auf. Fast immer gibt es Vorstufen, die erst
erreicht werden müssen, bevor scheinbar plötzlich ein großer Fortschritt
deutlich wird.
Entwicklungspsychologen studieren die Reihenfolge, in der
wichtige Fähigkeiten erworben werden, und versuchen zu verstehen,
wie diese Fähigkeiten aufeinander aufbauen. Sie machen sich
auch Gedanken darüber, wie man Kinder am besten unterstützen
kann, den nächsten Entwicklungsschritt zu tun. Wie bereits mehrfach
betont, ist das A und O dabei, dass das einzelne Kind in seinem
individuellen Entwicklungsstand richtig gesehen wird. Wer das
Kind unterschätzt (z. B. aus Sorge, es könnte etwas passieren), tut
ihm keinen Gefallen, weil es mit bestimmten Herausforderungen
und Entwicklungsgelegenheiten gar nicht in Kontakt kommt. Wer
das Kind überschätzt (z. B. aus dem unbewussten Wunsch heraus,
der eigene Sohn/die eigene Tochter müsse das beste Kind von allen
sein und sich am schnellsten entwickeln), überfordert es und macht
6  Einleitung
es zur Projektionsfläche seiner eigenen Bedürfnisse, anstatt ihm
wirklich gerecht zu werden. Um zu wissen, was man zu einer gegebenen
Zeit von einem Kind erwarten kann, vergleichen viele Eltern
die Fähigkeiten ihres Kindes aus Unsicherheit mit denen anderer
Kinder gleichen Alters. Manche schauen auch in Normtabellen
nach, in denen genau steht, wann welche Fähigkeit typischerweise
auftaucht. Solche Tabellen helfen einzuschätzen, ob sich das Kind
schneller oder langsamer als andere entwickelt, aber sie helfen leider
überhaupt nicht, wenn man wissen möchte, wie man das einzelne
Kind momentan am besten fördern und fordern kann. Dafür
braucht man vor allem eines: einen unvoreingenommenen Blick für
das, was ist.
Ständige Vergleiche mit anderen richten den Blick auf das, was
sein soll, und nicht auf das, was ist. Eine geglückte Begleitung setzt
aber voraus, dass wir bereit sind, uns erst einmal auf den Entwicklungsweg
des einzelnen Kindes einzulassen und genau zu beobachten,
wo das Kind steht. Nur dann können wir versuchen, für das
Kind passende Entwicklungsgelegenheiten zu schaffen. Genau aus
diesem Grund wurde im Buch auch ganz bewusst auf jede Form
von Altersangaben verzichtet, die sagen, was das Kind zu einer gegebenen
Zeit schon können sollte. Stattdessen liegt der Schwerpunkt
darauf, für verschiedene Lebensbereiche deutlich zu machen, welche
Entwicklungsschritte typischerweise aufeinanderfolgen, und zu
erklären, woran man sie erkennt, warum sie wichtig sind und wie
man Kinder unterstützen kann, den nächsten Schritt zu tun. Wie
Sie noch erfahren werden, gibt es aber durchaus eine Möglichkeit,
Ihre Beobachtungen im Nachhinein mit Normen zu vergleichen,
wenn das wirklich wichtig ist (z. B. wenn Sie Sorge haben, dass das
Kind entwicklungsverzögert ist). Dazu später mehr.