Mit seinem Monumentalwerk "Jahrestage" zeigte er seine Auffassung und persönliche Aufarbeitung deutscher Zeitgeschichte, als Mitglied der Gruppe 47 trug er einen erheblichen Teil zur Manifestation einer neuen Literatur im Nachkriegsdeutschland bei: Uwe Johnson. Frauke Meyer-Gosau nähert sich dem heute zu oft vergessenen Autor auf ihre eigene Weise. In einer Art Reisebeschreibung sucht sie Spuren des früh Verstorbenen und begegnet auf Schauplätzen Weggefährten und literarischen Hinterlassenschaften Johnsons, die dessen enormen Einfluss bis in die Gegenwart vorführen. Der Leser ist eingeladen, die Reise nachzuerleben und dabei ein zum Teil sehr persönlich gefärbtes Bild Uwe Johnsons kennenzulernen. Dabei werden immer wieder Werk und Werkzusammenhänge berücksichtigt. Die Darstellung ist facettenreich und, anders als in herkömmlichen Biographien, gegenwartsbezogener. Der individuelle Umgang mit Literatur und ihrem Schaffer ist es, der dem Buch seine außergewöhnliche Note verleiht und gerade für Schüler einen Zugang aufzeigt, sich mit Autoren auseinanderzusetzen.

Georg Pfahler, lehrerbibliothek.de

Vielleicht wird, wer seinen sicher geglaubten Ort im Leben früh verloren hat, nirgendwo mehr wirklich heimisch – es sei denn, er kann sich das Fehlende wieder erschreiben. Dies ist Uwe Johnsons Fall. Sein Lebensweg beginnt 1934 auf der pommerschen Oder-Insel Wollin und führt über Anklam in Vorpommern, Recknitz und Güstrow in Mecklenburg, dann über Rostock und Leipzig 1959 nach West-Berlin. Nach einem Aufenthalt in New York kommt dieser Lebensweg 1984 auf der Themse-Insel Sheppey an sein frühes Ende.
Wer diesen Stationen folgt, unternimmt immer auch eine Reise in Uwe Johnsons Werk: an die Flüsse, Seen und Meere, die seinen Roman „Mutmaßungen über Jakob“ wie das Groß-Epos „Jahrestage“ prägen, in Dörfer wie Großstädte, die sich um sie gruppieren. In ihrem „Versuch, eine Heimat zu finden“ verortet Frauke Meyer-Gosau Leben und Werk Johnsons an den heutigen Schauplätzen – und findet einen Gegenwarts-Autor, der die historischen Schichten aufdeckt, über die wir sonst leichtfüßig hinweggehen. Ein zwischen Extremen schwankendes Bild des Menschen Uwe Johnson zeichnen dagegen frühere Freunde und Kollegen: Überschwängliche Zugewandtheit und unleidliche Rechthaberei, schlagender Humor und depressives Verstummen stehen auf der Kehrseite des so bedachtsam erzählten Werks.

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