Heute ist es kaum möglich "Landschaft" zu erleben, ohne zugleich an ihre Gefährdung zu denken. Unberührte Landschaften existieren nicht mehr, die globale Industrialisierung beeinflusst zunehmend das ökologische Gleichgewicht. "Verschwindende Landschaften" lautet der Titel eines umfangreichen Bildbandes aus dem Dumont Verlag, der Arbeiten von 21 Fotografen zeigt - Landschaften vor dem Hintergrund des Klimawandels. Aufnahmen beeindruckender Naturschönheit sollen beim Leser das Bedürfnis wecken, diese zu erhalten und etwas für ihren Schutz zu tun. Zum anderen werden auch Regionen gezeigt, die durch menschliche Einflussnahme zerstört wurden - eine Zusammenstellung von Ödnis und Paradies. Unterteilt in vier Rubriken – Wasser, Eis, Pflanzen und Land – hat die Herausgeberin Nadine Barth fotografische Arbeiten zusammengestellt, die im Rahmen größerer Projekte der einzelnen Künstler entstanden sind.
So richtet etwa der Hamburger Fotograf Peter Bialobrzeski den Blick auf die Strände von Sylt und die stürmische See, die einst die große Handelsstadt Rungholt verschlungen hat. Der Ort Rungholt lag auf der ehemaligen Insel Strand im Nordfriesischen Wattenmeer und wurde durch eine große Flut 1362 zerstört. „Es ist sicher, dass auch diese Küste verschwinden wird, unabhängig davon, wer das Kyoto-Protokoll unterschreibt oder es lässt“, so Bialobrzeski.
Olaf Otto Becker reiste 4000 Kilometer mit einem kleinen Boot an der Westseite Grönlands entlang und fotografierte die Eiswelt, deren Moränen auf den Schwund der Gletscher verweisen, sowie den Zivilisationsmüll, der auch hier lagert. Über GPS-Daten lassen sich seine Aufnahmen mit künftigen Veränderungen vergleichen. Die Thematik des Klimawandels wird im Interview mit Hans Joachim Schellnhuber vertieft, der als Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) seit Jahren vor den Folgen warnt und eine Umstellung weg von den fossilen Brennstoffen als „dritte industrielle Revolution“ fordert.
Die Ausstattung des Bandes sowie die Reproduktionsqualität der Fotos ist hervorragend. Ein Einsatz in der Oberschule ist in vieler Hinsicht möglich, es kann mit den Fotos und Texten des Bandes insgesamt gearbeitet werden sowie auch mit der Präsentation einzelner Aufnahmen, die Diskussionen anregen.

Andrea Hannemann, lbib.de

Letzte Bilder einer verschwindenden Welt

Bald gibt es sie nicht mehr, die Landschaften in der Form, wie wir sie heute kennen. Die globale Erwärmung lässt das Eis in der Antarktis schmelzen, der CO2-Ausstoß und die Brandrodung minimieren die Wälder, Flüsse sterben durch Industrieverschmutzung, Wiesen weichen Städten als Folge des Bevölkerungswachstums.
Wie reagieren Fotokünstler auf diese Bedrohung? Verklären sie die Natur oder wollen sie den Betrachter aufklären? Verschiedene Standpunkte von international bekannten Fotografen wie Robert Adams, Edward Burtynsky, Hiroshi Sugimoto, Joel Sternfeld, Thomas Struth u. a. werden einander gegenübergestellt: von der Hommage an die Seelenlandschaften der Romantik bis zur neutralen Dokumentation eines Landschaftsausschnittes im Wandel der Zeit.
Mit einer Einleitung von Friedrich Tietjen, seit Herbst 2007 Professor für Fotogeschichte und Fototheorie in Leipzig, und einem Interview von Nadine Barth mit Prof. Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung e.V. (PIK) und Bundesbeauftragter der Bundeskanzlerin für den Klimaschutz, der für seine Verdienste von Queen Elizabeth II. ausgezeichnet wurde.

Einige der abgebildeten Fotoserien wurden exklusiv für das Buch produziert und werden hier zum ersten Mal veröffentlicht.

Nadine Barth
Studium der Philosophie, Literatur und Kunstgeschichte. Tätigkeit als Autorin, Journalistin und Galeristin. Organisiert mit ihrer Agentur barthouse Ausstellungen und Kulturprojekte und publiziert in den Bereichen Fotografie und Mode. Sie lebt in Köln und Berlin.

Künstlerliste
Robert Adams
Olaf Otto Becker
Peter Bialobrzeski
Edward Burtynsky
Giovanni Castell
Elger Esser
Paul Graham
Jitka Hanzlová
Josef Hoflehner
Axel Hütte
Per Bak Jensen
An-My Lê
Karin Apollonia Müller
Walter Niedermayr
Jem Southam
Joel Sternfeld
Thomas Struth
Hiroshi Sugimoto
Mette Tronvoll
Lidwien van de Ven

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