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Verloren in Eis und Schnee  Die unglaubliche Geschichte der Geschwister Danilow
Verloren in Eis und Schnee
Die unglaubliche Geschichte der Geschwister Danilow




Davide Morosinotto

Thienemann-Esslinger
EAN: 9783522202510 (ISBN: 3-522-20251-1)
440 Seiten, hardcover, 14 x 22cm, September, 2018, Gebunden mit Tiefprägung und Spotlack

EUR 18,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Ihr dürft euch nicht verlieren!, hat die Mutter den Zwillingen Nadja und Viktor eingeschärft. Doch im überfüllten Bahnhof werden sie auseinandergerissen. Viktor verschlägt es nach Sibirien. Für ihn wird der Weg zurück zu einem Kampf gegen Hunger und Kälte. Nadja hält sich währenddessen auf einer Festung versteckt, wo sich die Lage ebenfalls zuspitzt. Abgeschnitten von der Außenwelt und ohne Nachricht voneinander versuchen die Geschwister verzweifelt, sich wiederzufinden.
Rezension
Es ist ein außergewöhnlicher Roman, den Davide Morosinotto hier schreibt.
Hauptpersonen sind Viktor und seine Zwillingsschwester Nadja, geboren und aufgewachsen in Leningrad in einer "privilegierten Familie", die sich die Wohnung mit zwei anderen Familien teilt. Sie sind überzeugte Kommunisten und Mitglied der kommunistischen Jugend. Welche Ideale sie vertreten, wird Schülerinnen und Schülern aus Deutschland beim Lesen dieses Romans bald sehr verständlich werden...
Der Autor wertet ihre Politik nicht, doch er zeigt gute und schlechte Seiten des Kommunismus auf.
Der Krieg wütet in Europa und mit Beginn des Buches kommt er auch nach Russland. Der Familienvater wird in die Armee eingezogen, Viktor und Nadja sollen mit den Kinderzügen in östlichere Teile Russlands gebracht werden, in die der Feind noch nicht vorgedrungen ist. Die Mutter bleibt alleine in Leningrad zurück und versucht, so wie es ihr Job ist, die Kunstwerke im Nationalmuseum vor dem Feind zu retten.
Viktor und Nadja bekommen von ihrem Vater Hefte mit rotem Einband und Spiralbindung, die sie als gemeinsame Tagebücher verwenden. Viktor schreibt mit roten Stiften, Nadja mit schwarz-grüner Farbe.
Anscheinend fielen die Hefte später in die Hände der Regierung, denn der Geheimdienst prüft gerade diese Hefte auf mögliche Straftaten. Sind die Geschwister schuldig? Das Buch ist ein Abdruck dieser Hefte mit farbiger Schrift und seitlichen Anmerkungen zu möglichen Straftaten. So bekommt man beim Lesen einen Eindruck, wie streng überwacht das Leben im Kommunismus ist.
Das Mitnehmen eines grauen steinharten Brotkanten aus einer verlassenen Wohnung während der Flucht durch Eis und Schnee gilt als gemeiner Diebstahl, der heimliche Ausbruch Nadjas aus der Festung, um ein Radio für die Soldaten zu stehlen gilt als Befehlsverweigerung.
Doch zurück zu den Geschwistern Nadja und Viktor. Sie werden noch am Bahnhof voneinander getrennt und verschiedenen Zügen zugeteilt. So mag es sicher auch vielen hunderten Kindenr in Russland ergangen sein. Nadjas Zug aber bleibt stecken und gerät in Brand. Viktor fährt weiter und kommt in ein Lager, in dem er und die anderen Kinder als Erntehelfer eingesetzt werden. Sie müssen hart arbeiten, bekommen aber auch genug zu essen. Trotzdem bricht Viktor zusammen mit einigen anderen Kindern aus, um Nadja zu suchen. Diese kann dem Zugbrand entkommen und zieht ebenfalls mit einer Gruppe von Müttern und Kindern weiter. Immer wieder entkommen beide Geschwister der Gefahr, erleben Hungersnot und Gewalt, müssen hart arbeiten und sich versteckt halten. Schließlich landet Nadja und ihre Gruppe auf einer Festung auf einer kleinen Insel. Dort helfen die Kinder den Matrosen wie Soldaten die Festung mit Bomben und Gewehren zu verteidigen.

Es ist ein fiktiver Roman mit einigen Elementen, die sehr unglaublich wirken, manche unglaublich schön, zum Beispiel, als sich die Geschwister durch einen riesigen Zufall wiederfinden, andere unglaublich schrecklich, als ein älteres Ehepaar den Jugendlichen und seine Freunde überfällt, um den verstorbenen Freund zu essen.

Je weiter ich beim Lesen in diesem Roman vorgedrungen bin, desto erleichterter war ich, dass es nur ein fiktiver Roman ist. An vielen Stellen wäre es fast unmöglich gewesen, dass die Flucht der Kinder noch ein gtes Ende nehmen könnte. Doch dann geschah das Wunder doch und die Geschwister fanden sich wieder, Viktor schaffte es, im Dunklen durch ein Mienenfeld zu robben, ohne getroffen zu werden, Nadja schaffte es zusammen mit ihren Freunden einen deutschen Soldaten zu fesseln und gefangen zu halten. Statt ihn zu erschießen, nehmen die Freunde ihn heimlich mit in die Festung und halten ihn als Gefangenen, bis sie ihn schließlich frei lassen, um ihn und sich vor dem Tod und der sicheren Strafe zu schützen. In diesem Moment entschied sich Nadja für das Leben anstelle von Rache. Auch eine Seite des Kommunismus, die diese politische Haltung rechtfertigt.

Der Roman ist ausgesprochen spannend, es gibt von der ersten bis zur letzten Seite keine Stellen, die sich in die Länge ziehen, ständig geschieht Neues und gerade soviel, wie ein jugendlicher Leser noch ertragen kann.

Es ist gut, dass Davide Morosinotto, dessen Großvater selbst als Italiener an der Seite der Deutschen gegen Russland in den Krieg gezogen ist, das Kriegsgeschehen aus Sicht der russischen Bevölkerung darstellt. Eine Perspektive, die ich in der deutschen Kinderkriegsliteratur bisher noch nicht gelesen habe.

Ein herzliches Dankeschön an Davide Morosinotto für das Schreiben dieses guten Jugendbuches,
"so dass wir nicht vergessen"!

Ina Lussnig, Lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Davide Morosinotto wurde 1980 in Norditalien geboren. Bereits mit 17 Jahren schrieb er seine erste Kurzgeschichte, die auf der Auswahlliste des renommierten italienischen Literaturpreises "Premio Campiello" stand. Seitdem hat er über 30 Kinder- und Jugendbücher veröffentlicht, für die er zahlreiche Preise erhalten hat. Davide Morosinotto lebt als Autor, Journalist und Übersetzer in Bologna.

Ab 12 Jahre