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Positive Entwicklung Zur Psychologie gelingender Lebensführung
Positive Entwicklung
Zur Psychologie gelingender Lebensführung




Jochen Brandtstädter

Springer-Verlag
EAN: 9783827428417 (ISBN: 3-8274-2841-6)
328 Seiten, paperback, 16 x 24cm, 2011

EUR 39,95
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Positive Entwicklung - dieses Thema verweist auf Wohlbefinden, Zufriedenheit und Glück, zugleich aber auf die Notwendigkeit, diese Begriffe mit Aspekten gelingenden Lebens zu verbinden. Vorstellungen gelingenden Lebens bilden die Grundlage jeder Sozialisationspraxis, zugleich aber auch von Aktivitäten der Selbstentwicklung und Selbstkultivierung. Allerdings mischen sich in jeder Lebensgeschichte Erwünschtes und Unerwünschtes; gelingende Lebensführung schließt daher die Fähigkeit ein, widrige Lebensumstände zu überwinden und persönliche Ziele und Ansprüche auf Veränderungen im Lebens- und Entwicklungsverlauf abzustimmen.

Von handlungs- und entwicklungstheoretischen Perspektiven ausgehend sichtet Jochen Brandtstädter in diesem Buch Ansätze zur Behandlung dieses Themenkomplexes. Neben aktuellen Forschungsergebnissen zu gelingender Lebensqualität und gelingenden Alterns werden Prozesse der Selbstregulation, der Zielverfolgung und flexiblen Zielanpassung, sowie Bedingungen des Lebensmanagements in modernen Entwicklungsumwelten behandelt – dabei kommen auch Themen wie Reue, Sehnsucht, Gelassenheit und Selbst-Transzendenz in den Blick.

Jochen Brandtstädter ist Professor für Psychologie an der Universität Trier; Schwerpunkte seiner wissenschaftlichen Arbeit liegen auf den Gebieten der Entwicklung im Erwachsenenalter, der Handlungstheorie, der Analyse von Selbstregulationsprozessen sowie von Grundprozessen der Bewältigung und des Lebensmanagements. Er ist u.a. Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften (Leopoldina) sowie der Academia Europaea, London, und war Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin sowie am Center for Advanced Study in the Behavioral Sciences, Stanford.
Rezension
Jeder Mensch wünscht sich ein gelingendes Leben. Allerdings lehrt ein fortschreitendes Leben, dass keineswegs alle Wünsche in Erfüllung gehen und dass es nicht immer nur "positive Entwicklung" (Buchtitel) gibt. "Gelingende Lebensführung" (Untertitel) schließt daher die Fähigkeit ein, widrige Lebensumstände zu überwinden und persönliche Ziele und Ansprüche auf Veränderungen im Lebens- und Entwicklungsverlauf abzustimmen. Gelingende Lebensführung setzt deshalb u.a. einerseits hartnäckige Zielverfolgung und andererseits flexible Zielanpassung voraus, wie sie in diesem informativen Buch als Zwei-Prozess-Modell in Kap. 6 beschrieben wird. Weitere Aspekte, wie sie in anderen Kapiteln beschrieben werden, müssen für eine gelingende Lebensführung hinzukommen, z.B. Gelassenheit (Kap. 13), Emotionsregulation (Kap. 10) oder Kompensation (Kap. 7).

Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Lesenswert und lesbar für Experten und Laien
Aktuelles und hochrelevantes Thema
Renommierter Autor
Content Level » Popular/general
Stichwörter » Bewältigung - Coping - Glück - Lebenskunst - Psychologie - positive psychologie
Verwandte Fachbereiche » Spektrum Differentielle- und Sozial-Psychologie - Spektrum Psychologie übergreifend - Spektrum-Sachbücher Psychologie
Inhaltsverzeichnis
Vorwort V

1 Einleitung und Überblick 1

1.1 Menschliche Entwicklung: Spielräume und Grenzen 5
1.2 Entwicklung als Natur- und Kulturprozess 6

2 Positive Entwicklung: Methoden- und Kriterienfragen 15

2.1 Zufriedenheit und Wohlbefinden im subjektiven Urteil 16
2.2 Positive Entwicklung als Verlaufsgestalt 19

3 Bedingungen und Korrelate des Wohlbefindens: Zur Befundlage 27

3.1 Korrelate des Wohlbefindens: Soziodemographische Merkmale 29
3.2 Persönlichkeit und Wohlbefinden 36
3.3 Heirat und Partnerschaft 42
3.4 Wohlbefinden und Alter 46

4 Resilienz, Ressourcen, eudämonische Kompetenzen 53

4.1 Resilienz und Ressourcen 56
4.2 Life Skills und Developmental Assets 60
4.3 Entwicklungsressourcen im Lebenslauf 62
4.4 Eudämonische Kompetenzen 66

5 Intentionale Selbstentwicklung: Grundprozesse und Entwicklungsaspekte 75

5.1 Prozessuale Aspekte intentionaler Selbstentwicklung 80
5.1.1 Selbstbeobachtung 80
5.1.2 Selbstbewertungsprozesse 83
5.1.3 Von Selbstbeobachtungen und Selbstbewertungen zum Handeln 86
5.2 Intentionale Selbstentwicklung: Entwicklungsaspekte 88
5.2.1 Zur Ontogenese intentionalen Handelns 88
5.2.2 Das konzeptuelle Selbst: Anmerkungen zur Genese 91
5.2.3 Selbstregulatorische Funktionen und Kompetenzen 95
5.2.4 Selbstaktualisierung und Selbstkontinuität: Aufbau- und Erhaltungsziele 97

6 Positive Entwicklung zwischen hartnäckiger Zielverfolgung und flexibler Zielanpassung: Ein Zwei-Prozess-Modell 101

6.1 Assimilative und akkommodative Prozesse: Formen und Funktionen 104
6.1.1 Assimilative Aktivitäten 106
6.1.2 Akkommodative Prozesse 109
6.1.3 Kognitive Funktionslagen im assimilativen und im akkommodativen Modus 112
6.1.4 Situative und personspezifische Bedingungen 114
6.2 Forschungsbefunde und theoretische Erweiterungen 119
6.2.1 Akkommodative Flexibilität als Bewältigungsressource im Alter 119
6.2.2 Depressive Störungen 120
6.2.3 Ruminierendes Denken 122
6.2.4 Selbstwirksamkeit und Kontrolle 123
6.2.5 Aufwärts- und Abwärtsvergleiche 124

7 Kompensation als Mittel der Steigerung von Leistung und Lebensqualität 127

7.1 Kompensatorische Aktivitäten und Prozesse 128
7.2 Grenzen der Kompensation 134

8 Lebensplanung und adaptives Lebensmanagement 139

8.1 Zielsetzungen und Funktionen von Lebensplanung 140
8.2 Planungskompetenzen 143
8.3 Lebensplanung in Entwicklungsumwelten der Moderne 148
8.4 Planung und Zeit 151

9 Sinn und Sinnfindung 155

9.1 Zum Sinn von „Sinn“ 156
9.2 Subjektive und überindividuelle („objektive“) Sinnperspektiven 158
9.3 Abgeleitete und intrinsische Sinnperspektiven 159
9.4 Sinnkonstruktion als Bedürfnis 162
9.5 Sisyphus, die Vergeblichkeit und der Sinn – mit Anmerkungen zur Monotonie 164
9.6 Sinnfindung als Ressource und Kompetenz 166
9.7 Quellen von Sinn im Lebenslauf 168

10 Emotionen: Emotionsregulation und Selbstregulation 171

10.1 Adaptive Funktionen von Emotionen 172
10.2 Emotionen, Kognitionen und Handlungsbereitschaften 175
10.3 Selbstregulation und Emotionsregulation 178
10.3.1 Selbstregulation 178
10.3.2 Emotionsregulation 182
10.4 Emotionsregulation, Selbstkultivierung und second order volitions 186

11 Bedauern und Reue 189

11.1 Reue zwischen Handeln und Widerfahrnis 191
11.2 Reuegefühle: Funktionen und dysfunktionale Aspekte 193
11.3 Reuegefühle nach Handlungen und Unterlassungen bzw. Versäumnissen 196
11.4 Entwicklungs- und Zeitdynamiken; Reue im Lebensrückblick 198
11.5 Reuebewältigung und akkommodative Flexibilität 201

12 Sehnsucht: Theoretische Annäherungen an ein komplexes Gefühl 203

12.1 Handlungstheoretische Zugänge: Sehnsucht im Kontext der Handlungsregulation 205
12.2 Entwicklungspsychologische Aspekte 209
12.3 Sehnsucht zwischen Zielbindung und Ablösung: Individuelle Unterschiede 212
12.4 Ambivalenzen: Positive Entwicklung zwischen Sehnsucht und Gelassenheit 216

13 Gelassenheit 219

13.1 Gelassenheit als Zustand und Disposition 219
13.2 Gelassenheitsressourcen 221
13.3 Abschließende Überlegungen 226

14 Soziomoralische Aspekte guten Lebens: Tugenden und Charakterstärken 229

14.1 Tugendethische Aspekte 231
14.2 Moralisches Urteilen: Entwicklungs- und Kompetenzaspekte 233
14.2.1 Moralische Entwicklung sensu Piaget 234
14.2.2 Moralische Entwicklung sensu Kohlberg 235
14.3 Differentielle Aspekte: Persönlichkeitsmerkmale und Charakterstärken 238
14.4 Ansätze zur differentialpsychologischen Klassifikation von „Charakterstärken“ 241

15 Mortalität, Moralität und Weisheit: Prozesse finaler Dezentrierung 245

15.1 Lebenszeitreserven, Sinnperspektiven und Ziele 246
15.2 Weisheitsförderliche Mortalitätshinweise 251
15.3 Weisheit und Endlichkeit 253
15.4 Finale Dezentrierung 259

Literatur 265
Autorenregister 301
Sachregister 311

Leseprobe:
Vorwort

Jeder strebt nach glücklich gelingendem Leben – worauf aber kann oder
soll sich dieses Streben richten? Je konkreter und verbindlicher Antworten
auf diese Frage werden, umso weniger können sie allgemeine Geltung beanspruchen;
dies nicht zuletzt, weil individuelles Glück zu einem Teil auch
davon abhängt, was der Einzelne selbst darunter versteht. Wenn das „gute
Leben“ überhaupt ein Strebensziel im engeren Sinne sein kann, so ist dieses
Ziel jedenfalls schwer zu fixieren: Soziale Repräsentationen des „guten
Lebens“ und damit verbundene Begriffe wie Glück, Gesundheit, Tugendhaftigkeit
unterliegen im historischen Verlauf inhaltlichen Abwandlungen,
und auch individuelle Vorstellungen gelingender Entwicklung können sich
im Laufe der persönlichen Entwicklung entscheidend verändern – sei es in
der Auseinandersetzung mit altersspezifi schen Entwicklungsaufgaben und
sozialen Rollenerwartungen, sei es infolge von belastenden Lebensereignissen,
veränderten Handlungsmöglichkeiten und Anspruchsanpassungen. Implizite
Konzepte positiver Entwicklung aktualisieren sich in Erziehung und
Sozialisation, zugleich auch in Prozessen der Selbstregulation und der individuellen
Lebensplanung; sie sind insofern sowohl Entwicklungsbedingungen
wie auch Resultate persönlicher Entwicklung. Fragt man schließlich, ob und
wann jemand gute Gründe hat, mit sich, seiner Entwicklung und seinem Leben
insgesamt zufrieden zu sein, so werden damit neben theoretischen auch
normative und ethisch-moralische Aspekte berührt.
Damit klingen einige der Themen an, die in den 15 Kapiteln dieses Buches
behandelt werden. Für ihre Bearbeitung erscheint mir eine lebensspannenumfassende
Perspektive grundlegend, zugleich aber auch ein Entwicklungsverständnis,
das den Eigenbeitrag der Person in der Gestaltung ihrer
Lebensgeschichte betont. Angesichts einer beschleunigten Veränderung
von Lebensumständen gewinnen Aspekte planvoll-reflektierten Lebensmanagements
an Gewicht. Solches schließt allerdings nicht nur die hartnäckige
Verfolgung persönlicher Ziele, sondern auch die Bereitschaft und Fähigkeit
ein, seine Ziele und Ambitionen auf gegebene Handlungsmöglichkeiten und
deren Veränderung im historischen und ontogenetischen Verlauf abzustimmen.
Die zunehmende Pluralität von Entwicklungsoptionen verstärkt den
Auswahl- und Entscheidungsdruck in der persönlichen Lebensplanung; die
damit verbundene Frage, welche Ziele es wert sind, verfolgt zu werden, tritt
im höheren Alter und bei schwindenden lebenszeitlichen Ressourcen noch
einmal verschärft ins Bewusstsein. Hieraus ergeben sich unter anderem Beziehungen
zur Weisheitsthematik und zum Problem der Balance zwischen
Sehnsucht und Gelassenheit – Begriffe, die im Zoo psychologietheoretischer
Konstrukte etwas im Abseits stehen.
Fragen gelingenden Lebens beschäftigen die Psychologie nicht erst seit
heute; bei dem Versuch, diese Problematik aus verschiedenen, zum Teil auch
neuen Perspektiven zu beleuchten, knüpfe ich gelegentlich an eigene Forschungsergebnisse
an. In diesem Zusammenhang gilt mein Dank den Institutionen,
die diese Arbeiten über viele Jahre hinweg gefördert haben; hier ist in
erster Linie die Deutsche Forschungsgemeinschaft zu nennen. Dank schulde
ich auch früheren und jetzigen Mitarbeitern meiner Forschungsgruppe, die
zur Ausarbeitung des in Kapitel 6 dargestellten theoretischen Modells und
zur Analyse seiner Implikationen für Aspekte positiver Entwicklung wesentlich
beigetragen haben. Für die sorgfältige Gestaltung des Buchmanuskripts
habe ich einmal mehr Frau Brigitte Goerigk-Seitz zu danken.

Trier, im Mai 2011
Jochen Brandtstädter