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Photographie und Phänomenologie Mikrologien räumlichen Erlebens Jürgen Hasse
Photographie und Phänomenologie
Mikrologien räumlichen Erlebens


Jürgen Hasse
Verlag Karl Alber
EAN: 9783495491287 (ISBN: 3-495-49128-7)
400 Seiten, hardcover, 14 x 22cm, August, 2020

EUR 39,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Photographien machen sichtbar und sprechen Gefühle an. Sie geben noch das Infra-Gewöhnlichste zu sehen und fordern das Bedenken unhinterfragter Selbst- und Weltverhältnisse heraus. Bilder „sprechen“ zwar nicht im Sinne wörtlicher Rede; aber sie äußern Standpunkte mit ästhetischen Mittels und münden in den Diskurs. Indem sie subjektive Wahrnehmungen spiegeln und damit überraschen, was andere gesehen haben, werden sie eindrücklich.

In 14 Kapiteln geht der Band 3 der Mikrologien räumlichen Erlebens dem erkenntnistheoretischen Potential der Photographie im Fokus der Phänomenologie nach. Ein Bildteil konkretisiert in verschiedenen thematischen Feldern (Garagen, Stadtquartiere, Schiffshäute und thanatologische Räume) Wege der Kommunikation gesellschaftlicher Situationen.
Rezension
Können Photographien von Garagen, von Stadtquartieren oder von Schiffshäuten erkenntnisvermittelnd sein? Können Bilder dieser Artefakte dem Menschen (bisher unbekannte) Zugänge zur Welt und zu sich selbst erschließen? Sind auch Photographien mehr als nur Informationsmedien, vielmehr philosophisch relevant?
Diese Fragen lassen sich aus guten Gründen mit „Ja“ beantworten, wenn man der von dem Philosophen Hermann Schmitz begründeten „Neuen Phänomenologie“ folgt. Vertreter dieser philosophischen Richtung ist auch Jürgen Hasse (*1949), emeritierter Professor für Geographie und ihre Didaktik am Institut für Humangeographie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität (Frankfurt/Main). Er verfasste u.a. die Monographien „Was Räume mit uns machen – und wir mit ihnen: Kritische Phänomenologie des Raumes“(2014), „Der Leib der Stadt. Phänomenographische Annäherungen“(2015) und gab die Bände „Das Eigene und das Fremde. Heimat in Zeiten der Mobilität“(2018) und „Räume der Kindheit. Ein Glossar“(2019) (zusammen mit Verena Schreiber) heraus. Ebenfalls von ihm stammen die Bände „Mikrologien räumlichen Erlebens“, von denen der erste Band „Die Aura des Einfachen“ 2017 und der zweite Band „Märkte und ihre Atmosphären“ 2018 erschien. Mikrologien fixieren aus dem Ganzen der „Volldinge“ und der „Halbdinge“ das Besondere und das Einzelne.
Der dritte, nun ebenfalls bei Karl Alber publizierte Band zu den „Mikrologien räumlichen Erlebens“ trägt den Titel „Photographie und Phänomenologie“. Im ersten Teil seines Buches liefert Hasse eine überzeugende theoretische Analyse der Photographie im Fokus der Neuen Phänomenologie. Dabei elaboriert er differenziert die erkenntnistheoretische Bedeutung dieses Kommunikationsmediums. Photographie wird von Hasse als „spezielle Mikrologie des Wirklichen“ identifiziert. Photographische Bilder fungieren u.a. als Gegenstände des Bedenkens, der Begegnung sowie als Erinnerungs- und Resonanzmedien. Im zweiten Teil des Buches expliziert er die Fruchtbarkeit seiner Erkenntnisse anhand von Analysen von Bildern, auf denen Garagen, ein Stadtquartier, Schiffshäute, ein Krematorium und ein Naturbegräbnisplatz abgebildet sind.
Die neue Monographie des Humangeographen leistet einen wichtigen Beitrag zu der von Schmitz an die „Neue Phänomenologie“ gestellte Zielsetzung, nämlich „den Menschen ihr wirkliches Leben begreiflich zu machen“. Hasses Ausführungen zum erkenntnistheoretischen Potential von Photographien laden Lehrkräfte der Fächer Philosophie, Ethik und Geographie dazu ein, in ihrem Unterricht mehr mit diesen Kommunikationsmedien als „spezielle Mikrologien des Wirklichen“ zu arbeiten.
Fazit: Der Band „Photographie und Phänomenologie. Mikrologien räumlichen Erlebens“ von Jürgen Hasse erschließt aufgrund seiner tiefschürfenden Reflexionen jedem an Photographie Interessierten neue philosophische Dimensionen dieses Mediums.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de

Verlagsinfo
Photographie und Phänomenologie (Gebundene Ausgabe)
Mikrologien räumlichen Erlebens
von Jürgen Hasse (Autor/in)
Verlag Karl Alber
1. Auflage 2020
Gebunden
400 Seiten
ISBN: 978-3-495-49128-7
Bestellnummer: P491282
Die Macht der Bilder – und die Grenzen des Sagbaren
Die Vorstellungen, die sich die Menschen von der Welt und sich selbst machen, basieren zu beträchtlichen Teilen auf Photographien. Seit ihrer Erfindung gewinnt das technisch produzierte Bild als Kommunikationsmedium an Bedeutung. Für den, der es macht, ist es ein Ausdrucksmedium; dem, der es betrachtet, vermittelt es einen Eindruck. Der Band geht in 14 Kapiteln der phänomenologisch entfalteten Frage nach, welche Rolle die Photographie in der Reflexion atmosphärischer Situationen spielen kann. Ein Bildteil konkretisiert in fünf thematischen Feldern das ästhetische Programm der (Schwarz-Weiß-)Photographie.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung 11
Teil I: Das photographische Bild in der Phänomenologie: Theoretische Orientierungen
1. Der gesellschaftliche Ort der Photographie 21
1.1 Photographie als ästhetische Praxis ihrer Zeit 22
1.2 Zur Situiertheit theoretischer Auffassungen von
Photographie 28
1.3 Der gesellschaftliche Ort der im Bild aufgehobenen
Affekte 32
2. Photographie – eine spezielle Mikrologie des Wirklichen 35
2.1 Erfassung des Besonderen und Einzelnen 35
2.2 Bild-Begriffe und -ideologien 38
2.3 Der diskursive Charakter der segmentierenden
Photographie 42
3. Die Photographie im Fokus der (Neuen) Phänomenologie 47
3.1 Die Situiertheit der Bilder 48
3.2 Das Einzelne in seinem Verhältnis zum Ganzen 52
3.3 Erkenntnistheoretische Pfade der Bildaneignung 54
3.4 Bild-Begegnungen 60
3.5 Durch Bilder denken und das Üben des Hinsehens 62
4. Die Bedeutung des Technischen 69
4.1 Technikgeschichte der Photographie 71
4.2 Ausdrucksverstehendes Bilderleben und Erkenntnis 74
4.3 Das Schnelle und das Langsame 75
4.4 Photoapparate und ihre Programme 76
4.5 Der technische Apparat im Spiegel von Zivilisations- und Kulturkritik 80
5. Die Zeitlichkeit 85
6. Auf dem Grat der Rationalitäten 93
6.1 Das eine und das andere – transrationale Brückenschläge
im Allgemeinen 95
6.2 Bild – Rede – Bild 99
6.3 Koexistenzen 108
6.4 Das Punctum bei Roland Barthes 110
6.5 Die produktive Verfehlung – das Rauschen 115
6.6 Phänomenologische Herausforderungen 119
7. Das Sichtbare und das Unsichtbare 124
7.1 Das Luzide, Verschwommene und Entzogene 125
7.2 Mimetische Annäherung statt Bildgläubigkeit 129
7.3 Die Darstellung des Verdeckten – Optionen und Grenzen 131
8. Photographie als Resonanz- und Explikationsmedium 135
8.1 Der Blick als Resonanzachse 136
8.2 Resonanz und das Ähnliche 142
9. Photographie und Atmosphäre 148
9.1 Das im Bild Fixierte und das im Leben Strömende 149
9.2 Die Transzendenz der Bilder 152
9.3 Zur Verbildlichung aktueller und zuständlicher
Situationen 156
9.4 Die Produktion von Bildern und die Bedeutung von Erinnerung, Imagination und Gefühl 158
10. Gesten des Zeigens 163
10.1 Zeigen und sprechen 168
10.2 Der lenkende Hinweis der Bildunterschriften 171
11. Bildarchive der Erinnerung 176
11.1 Zur Zeitlichkeit bildgestützter Erinnerung 178
11.2 Die dokumentarische Photographie als spezifisches Erinnerungsmedium 186
12. Zwischen Verführung und Gabe 192
12.1 Das photographische Bild als dissuasives Medium 193
12.2 Das photographische Bild als Gabe 195
13. Die Stadt und die Photographie 201
13.1 Die Photographie und die Stadt – die Stadt und ihre Photographie 202
13.2 Die Photographie der Architektur und die Stadt der Architekturphotographie 212
14. Bilder verstehen – ein mimetischer Prozess 221
14.1 Die Photographie als Gegenstand der Interpretation 222
14.2 Die methodisch hoch regulierte Interpretation von Photographien 225
14.3 Die phänomenologische Aus- und Eindrucksmacht der Photographie 228
14.4 Die »weckende« Funktion überraschender Bilder 234
Teil II: Das photographische Bild in der Phänomenologie: Autopsien in fünf Feldern
II. 1 Garagen 254
II. 2 Ein Stadtquartier im Niedergang 284
II. 3 Schiffshäute 311
II. 4 Krematorium 340
II. 5 Naturbegräbnisplatz 356
Abschließende Bemerkungen 373
Literaturverzeichnis 377
Abbildungsverzeichnis 388
Stichwortverzeichnis 389