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Philosophie der Migration
Donatella Di Cesare
Matthes & Seitz
EAN: 9783751803175 (ISBN: 3-7518-0317-3)
343 Seiten, hardcover, 14 x 22cm, August, 2021
EUR 26,00 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Im neuen Zeitalter der Mauern und Grenzen, in einer mit Internierungslagern für Flüchtlinge übersäten Welt, spricht sich Di Cesare für eine Politik der Gastfreundschaft aus, die sich auf eine Loslösung vom eigenen Wohnort gründet, und umreißt auf diese Weise einen neuen Sinn des Zusammenwohnens in unserer globalisierten Welt.
»Philosophie muss die Welt aus den Angeln heben. Davon ist die italienische Philosophin Donatella Di Cesare überzeugt.« – GERD BRENDEL, Deutschlandfunk Kultur
Rezension
Benötigen wir unbedingt eine Philosophie der Migration? Ja, dafür plädiert Donatella Di Cesare (*1956) überzeugend in ihrem Buch „Stranieri residenti. Una filosofia della migrazione“(2017). Dieses wichtige Werk erschien 2021 in deutscher Übersetzung von Daniel Creutz unter dem Titel „Philosophie der Migration“ bei Matthes & Seitz Berlin. Bekanntheit erlangte die Professorin für Sprachphilosophie an der Universität La Sapienza in Rom und Dozentin für Philosophische Hermeneutik an der Scuola Normale Superiore in Pisa durch ihre Bücher „Gadamer. Ein philosophisches Porträt“(2009), „Heidegger, die Juden, die Shoah“(2016) und „Von der politischen Berufung der Philosophie“(2020). Die letzte Gadamer-Schülerin und ehemalige stellvertretende Vorsitzende der Martin-Heidegger-Gesellschaft zählt zu den wichtigsten Intellektuellen Italiens. Immer wieder schaltet sich Di Cesare durch ihre Schriften in aktuelle politische Debatten ein, so zum Beispiel in ihrem 2020 veröffentlichten Essay „Souveränes Virus? Die Atemnot des Kapitalismus“. In einer vom Kapitalismus beherrschten globalisierten Welt begreift sie Philosophie als subversive Kraft, als „Störenfried“ der Politik.
Davon zeugen auch ihre tiefsinnigen Reflexionen in ihrem Werk „Philosophie der Migration“. Zurecht kritisiert sie die Ausblendung von Migrationsprozessen innerhalb der akademischen Philosophie. Di Cesare vertritt die These, dass Migration ein „existenzieller“ und zugleich ein „politischer Akt“ ist. Mit guten Gründen fordert sie das ius migrandi ein, nach der Philosophin das Menschrecht des 21. Jahrhunderts. Ihrer Ansicht nach sind alle Menschen auf der Welt „ansässige Fremde“. In ihren Ausführungen bedient sie sich des von ihr so bezeichneten „an-archistischen“ Ansatzes, der auf das Bloßlegen letzter Grundlagen der Politik abzielt. Insbesondere Erkenntnisse aus Hannah Arendts Essay „Wir Flüchtlinge“, aus Jacques Derridas Ausführungen über „Gastfreundschaft“, aus Martin Heideggers Philosophie des Wohnens und aus Emmanuel Lévinas` Alteritätsphilosophie macht sie in ihren Reflexionen fruchtbar. Dabei deckt sie zugleich Mythen über Blut und Boden auf. Ethik- und Philosophielehrkräfte werden durch das Werk der Philosophin motiviert, sich in ihrem Unterricht oder in einem fächerübergreifenden Projekt mit globaler Migration aus philosophischer Perspektive auseinanderzusetzen.
Fazit: Mit ihrem engagiert geschriebenen Buch „Philosophie der Migration“ liefert Donatella Di Cesare einen wichtigen philosophischen Beitrag zu einer höchst aktuellen Thematik, der verdient auch in öffentlichen und politischen Debatten gehört zu werden.
Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Eine der wichtigsten europäischen Intellektuellen reflektiert über die entscheidende politische Herausforderung für unser derzeitiges und zukünftiges globales Zusammenleben.
Im neuen Zeitalter der Mauern und Grenzen, in einer mit Internierungslagern für Flüchtlinge übersäten Welt, spricht sich Di Cesare für eine Politik der Gastfreundschaft aus, die sich auf eine Loslösung vom eigenen Wohnort gründet, und umreißt auf diese Weise einen neuen Sinn des Zusammenwohnens in unserer globalisierten Welt.
In der immer noch vom Nationalstaat beherrschten politischen Landschaft sind Migranten die Unwillkommenen und werden beschuldigt, fehl am Platz zu sein, anderen ihren Ort streitig zu machen. Es gibt jedoch kein territoriales Recht, das eine Politik der verallgemeinerten Zurückweisung rechtfertigen könnte. Im Rahmen einer Ethik, die auf globale Gerechtigkeit ausgerichtet ist, reflektiert die italienische Philosophin Donatella Di Cesare luzide die grundlegende Bedeutung des Migrierens und stellt erneut ihre Fähigkeit unter Beweis, in Auseinandersetzung mit analytischen und phänomenologischen Ansätzen direkt in das Herz der Frage zu treffen: Wohnen und Migrieren bilden keine Gegensätze, wie der in den Fängen der alten Gespenster von Blut- und Bodenrecht begriffene Gemeinsinn meint. In einem jeden Migranten ist die Figur des »Ansässigen Fremden« zu erkennen, dem wahren Protagonisten dieses Buches. Di Cesare nimmt die Herausforderung an, die von der Migration für jegliches Verständnis von Gemeinschaft ausgeht, und entdeckt dabei Möglichkeiten, das Zusammenwohnen neu zu denken.
»Philosophie muss die Welt aus den Angeln heben. Davon ist die italienische Philosophin Donatella Di Cesare überzeugt.« – GERD BRENDEL, Deutschlandfunk Kultur
Inhaltsverzeichnis
Kürz und bündig 7
1. DIE MIGRANTEN UND DER STAAT II
I. Ellis Island 11 - 2. Wenn der Migrant den Staat demaskiert 17 -
3. Die staatszentrierte Ordnung 19 - 4. Grundsätzliche Feindseligkeit 21 - 5. Jenseits der Souveränität: Eine Randbemerkung 23 -
6. Philosophie und Migration 27 - 7. Schiffbruch mit Zuschauer:
Zur aktuellen Debatte 31-8. Vom Ufer aus denken 35-9. Migration und Moderne 39 - 10. Kolumbus und das Bild des Globus 41 -
II. Wir Flüchtlinge: Der Auswurf der Menschheit 44 - 12. Welche
Rechte für die Staatenlosen? 53 - 13. Die Grenze der Demokratie 56 - 14. Der Souveränismus der geschlossenen Grenzen 60 -
15. Philosophen gegen Samariter 63 - 16. Der Primat der Staatsbürger und das Dogma der Selbstbestimmung 69 - 17. Der Staat
als Verein: Der Liberalismus des Ausschlusses 73-18. Die Verteidigung nationaler Integrität 75 - 19. Der haltlose Mythos vom Besitz
des Bodens 77 - 20. Bewegungsfreiheit und das Vorrecht der Geburt 84 - 21. Migranten gegen Arme? Wohlstandschauvinismus und
globale Gerechtigkeit 91 - 22. Weder Exodus noch Deportation oder
Menschenhandel 100 - 23. Jus migrandi: Für das Recht zu migrieren
102 - 24. Mare liberum: Und der Einspruch des Souveräns 107 -
25. Kant, das Besuchsrecht und der verweigerte Wohnsitz 109
11. Ende der Gastfreundschaft? 114
1. Der Kontinent der Migranten 114 - 2. »Wir« und »sie«: Grammatik des Hasses 118-3. Europa, 2015 122-4. Hegel, das Mittelmeer
und der Meeresfriedhof 129-5. Fadouls Geschichte 132-6. »Flüchtlinge« und »Migranten«: Unmögliche Klassifizierungen 138 -
7. Metamorphosen des Exilanten 147 - 8. Asyl: Vom zweischneidigen Recht zum Machtdispositiv 150 - 9. »Du bist nicht von
hier!«: Existenzielle Negationen 154 - 10. Die Ursünde des Migranten 156-11. »Illegale« und »Klandestine«: Die Verurteilung zur Unsichtbarkeit 159-12. Das Vokabular der Herrschaft: »Integration«
und »Naturalisierung« 163 - 13. Wenn der Immigrant ein Emigrant
bleibt 168-14. Der Fremde, der außerhalb, und derjenige, der innerhalb wohnt 170 - 15. Klandestine Überfahrten, Heterotopien, anarchische Routen 179
III. ANSÄSSIGE FREMDE 183
1. Vom Exil 183 - 2. Weder Entwurzelung noch Umherirren 187 -
3. Phänomenologie des Wohnens 188 - 4. Was heißt Migrieren? 192 - 5. Heimatlosigkeit als »Weltschicksal« 197 - 6. Athen:
Die »Söhne der Erde« und der Mythos der Autochthonie 199 -
7. Rom: Die Stadt ohne Ursprung und die imperiale Bürgerschaft 209
- 8. Die theologisch-politische Charta des ger 216 - 9. Jerusalem:
Die Stadt der Fremden 223 - 10. Von der Rückkehr 230
IV. ZUSAMMENWOHNEN IM NEUEN JAHRTAUSEND 235
1. Das neue Zeitalter der Mauern 235-2. Lampedusa: Für welche Grenze steht dieser Name? 240 - 3. Die Verurteilung zur Unbeweglichkeit 245 - 4. Die Welt der Lager 248 - 5. Der Reisepass:
Ein paradoxes Dokument 252 - 6. »Jeder zu sich nach Hause!«:
Kryptorassismus und neuer Hitlerismus 256 - 7. Gastfreundschaft:
Im Engpass zwischen Ethik und Politik 260 - 8. Über die Staatsbürgerschaft hinaus 269 - 9. Die Grenzen des Kosmopolitismus 276 -
10. Gemeinschaft, Immunität, Aufnahme 278 - 11. Als Europa unterging... 285 - 12. Den Anderen Platz machen 288 - 13. Was heißt
Zusammenwohnen? 293 - 14. Ansässige Fremde 300
NACHWORT ZUR DEUTSCHEN AUSGABE 305
ANMERKUNGEN 311
LITERATURVERZEICHNIS 330
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