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Pflegekinder und ihre Entwicklungschancen nach frühen traumatischen Erfahrungen  Mit einem Vorwort von Arno Gruen
Völlig überarbeitete Neuauflage 2007
Pflegekinder und ihre Entwicklungschancen nach frühen traumatischen Erfahrungen


Mit einem Vorwort von Arno Gruen

Völlig überarbeitete Neuauflage 2007

Monika Nienstedt, Arnim Westermann

Klett-Cotta
EAN: 9783608960075 (ISBN: 3-608-96007-4)
414 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 16 x 24cm, 2007

EUR 32,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Wer auch immer vom Tod eines, misshandelten, vernachlässigten, traumatisierten Kindes hört, fragt sich: Wie konnte dies geschehen ?

Das Buch zeigt, dass die Trennung von den leiblichen Eltern und die Integration in eine Pflege- oder Adoptivfamilie häufig ein Erfolg versprechender Weg ist, misshandelten, vernachlässigten und

traumatisierten Kindern wirksam zu helfen.

Nutzt ein Kind die Beziehungen zu den »neuen« Eltern als Übertragungsbeziehung wie in einer Therapie, so können frühere Erfahrungen korrigiert und befriedigende Eltem-Kind-Beziehungen entwickelt werden.

Ein tiefgreifendes und bewegendes Buch, das sich an alle wendet, die sich dem Wohl der Kinder verpflichtet fühlen.



Wer auch immer vom Tod eines misshandelten, vernachlässigten, traumatisierten Kindes hört, fragt sich: Wie konnte dies geschehen? Wer spürt keine Hilflosigkeit, keine Trauer, kein Mitleid, keine Wut? Gerade dann, wenn es sich um die Eltern handelt, die den Tod ihres Kindes verschuldet haben.

Seit 30 Jahren befassen sich die Autoren mit Kindern, die aufgrund eingeschränkter Erziehungsfähigkeit ihrer leiblichen Eltern von ihnen getrennt und auf Dauer in einer Pflege- oder Adoptivfamilie leben. Erst die Trennung von den leiblichen Eltern, oft auch die Freigabe zur Adoption, und die Integration in eine Ersatzfamilie bietet vielen Kindern die Chance, traumatische Erfahrungen bewältigen zu können. Nutzt ein Kind die Beziehungen zu den »neuen« Eltern als Übertragungsbeziehung wie in einer therapeutischen Beziehung, so können frühere Erfahrungen korrigiert und befriedigende Eltern-Kind-Beziehungen entwickelt werden.

- Viele Fallbeispiele

- Wie findet man einen Zugang zur inneren Welt des Kindes? Wie kann man sich seinem Erleben öffnen?

- Ausführliche Darstellung der Wirkungen früher Misshandlungen; wie werden sie verarbeitet?

- Prozesse, wie Kinder sich in Ersatzfamilien integrieren.

- Spezielle Probleme wie: Besuchskontakte zu den leiblichen Eltern oder die Geschwistervermittlung.

Das Buch wendet sich an:

Kinder- und Jugendlichentherapeuten, Pflege- und Adoptiveltern, Sozialarbeiter, Heimerzieher, Psychologen und Therapeuten, Lehrer, Ärzte, Rechtsanwälte, Richter, Journalisten, Politiker.
Rezension
Die Familie unterliegt in unserer Gesellschaft nicht selten einer Mythenbildung: der Mythos von der heilen Familie. Pflegekinder zeigen ein anderes Bild, widerlegen es und zeigen, dass Identitätsbildung neu gedacht werden muß. Eine sichere emotionale Bindung zu den Eltern ist für viele Kinder nicht gegeben. Oftmals völlig abgelöst von der Qualität der Eltern-Kind-Beziehung werden die leiblichen Eltern apriori als Identitätsquelle ihrer Kinder idealisiert. Dieses Buch zeigt, - auch in vielen Fallbeispielen -, auf, wie jedoch die Herauslösung aus dem elterlichen Kontext hinein in einen Pflegeelternkontext zum Prozeß der Gesundung des traumatisierten Kindes beitragen kann. Deshlab könnte das Buch auch heißen: Kinder in Ersatzfamilien. Wesentlich geht es um Kinder, die die Chance brauchen, die Folgen gestörter Sozialisation und traumatischer Mißhandlungserfahrungen zu korrigieren.

Jens Walter, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Maßstab aller Handlungen sollte das Wohl des Kindes sein
Das Buch zeigt, dass die Trennung von den leiblichen Eltern und die Integration in eine Pflege- oder Adoptivfamilie häufig ein Erfolg versprechender Weg ist, misshandelten, vernachlässigten und traumatisierten Kindern wirksam zu helfen.
Das Buch wendet sich an Kinder- und Jugendlichentherapeuten, Pflege- und Adoptiveltern, Sozialarbeiter, Heimerzieher, Psychologen und Therapeuten, Lehrer, Ärzte, Rechtsanwälte, Richter, Journalisten, Politiker.

Monika Nienstedt, geboren 1943, Studium der Psychologie und Promotion an der Universität Münster, beschäftigt sich seit 1973 mit der Sozialisation von Kindern in Ersatzfamilien.
Arnim Westermann, geboren 1938, Promotion nach dem Studium der vorklinischen Medizin und Psychologie in Berlin und Münster, beschäftigt sich seit 1973 mit der Sozialisation von Kindern in Ersatzfamilien.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort von Arno Gruen

Vorwort der Autoren

Einleitung: Kinder in Ersatzfamilien
Traumatische Erfahrungen
Die Chancen von Kindern in Ersatzfamilien
Die Trennung von den Eltern
Verleugnung elterlichen Versagens
Respekt

Teil I
Mißhandlungserfahrungen und ihre Verarbeitung in neuen Eltern-Kind-Beziehungen


1. Äußere und innere Realität traumatischer Erfahrungen
Phantasie oder Realität
Angstabwehr
Wiederholung traumatischer Erfahrungen

2. Ursachen und Wirkungen von Kindesmißhandlung
Verleugnung von Kindesmißhandlung
Mißhandelnde Eltern
Das Elend der Wiederholung
Defizitäre Sozialisation
Einstellung zum Kind
Mißhandelte Kinder
Störung der Entwicklung des Selbst und der Beziehungsfähigkeit
Gestörte Autonomie- und Ich-Entwicklung
Gestörte Gewissensentwicklung
Distanzierung von den Eltern

3. Zur Entwicklung von Beziehungen in Ersatzfamilien – Theorie der Integration
Familiale Beziehungen und kindliche Bedürfnisse
Anpassung und Annahme
Überanpassung
Einfluß haben
Dialogische Beziehungsformen
Wiederholung früherer Beziehungsformen in der Übertragungsbeziehung
Das Phänomen der Übertragungsbeziehung
Rekonstruktion der Vorerfahrungen
Korrigierende Erfahrungen
Kritische Distanz zur eigenen Geschichte gewinnen
Entwicklung persönlicher Beziehungen durch regressive Beziehungsformen
Angstabwehrende Regression
Regression im Dienst des Aufbaus von Beziehungen
Regressive Entwicklung
Annahme der Regression

4. Aufarbeiten früher Vernachlässigungserfahrungen und Deprivationsstörungen

Vergebliche Bemühungen bei der Bewältigung früher Vernachlässigung, ein Fallbeispiel
Der Dialog und die Entwicklung von Ich-Fähigkeiten
Wahrnehmungsdifferenzierung
Spannungsreduktion, Sicherheitsgefühl und Zuwendung zur Welt
Differenzierung von Selbst und Objekt und die Entwicklung von Autonomie
Entgleisung des Dialogs unter deprivierenden Bedingungen
Korrektur von Deprivationsstörungen
Training von Fähigkeiten
Der therapeutische Ansatz der »Bemutterung«

5. Das agierende Kind
Unverständliche Handlungen
Inszenieren psychischer Konflikte
Das in der Identifikation mit dem Aggressor agierende Kind, ein Fallbeispiel
Genese und Funktion des Agierens
Orale Fixierung
Objektabhängigkeit und Autonomie
Abwehr narzißtischer Kränkungen und Ohnmachtserfahrungen

6. Negativismus und Autonomie
Negativismus
Ein »unmögliches« Kind
Toleranz angesichts der Ohnmacht
Entwicklung der Autonomie
Das semantische Nein
Abhängigkeit und Unabhängigkeit
Wiederholung des Negativismus

Teil II
Das Pflege- und Adoptivkind und seine Beziehung zu den leiblichen Eltern


7. Das Kind zwischen zwei Familien
Die Zwei-Mütter-Theorie
Besuchskontakte bei Säuglingen und Kleinkindern
Besuchskontakte bei älteren Kindern
Gestaltung der Beziehung des Kindes zu den leiblichen Eltern
Anerkennen schmerzlicher Realität: Chance für Eltern und Kind

8. Trauer und Ablösung
Bindung und Trennung
Der Ablösungsprozeß
Ablösung und Trauer
Ablösung in der Geschichte familialer Beziehungen
Verhinderung der Ablösung
Ablösung des Kindes von seiner Ursprungsfamilie

9. Aufrechterhaltene Kontakte angesichts traumatischer Erfahrungen
Wiederbelebung traumatischer Familienerfahrungen
Die Angstbindung des Kindes an die Eltern
Folgen verhinderter Ablösung
Die Notwendigkeit, das Kind überzeugend zu schützen

10. Zur Identität des Pflege- und Adoptivkindes
Identität: Ein Zauberwort
Aspekte persönlicher und sozialer Identität
Identitätsstörungen bei Pflegekindern aufgrund ihrer Erfahrungen
in der Ursprungsfamilie
Identitätsentwicklung bei früh fremdplazierten Kindern
Identifikationskrise im Jugendalter
Das Bedürfnis, die eigenen Wurzeln zu kennen

Teil III
Vermittlung und Beratung


11. Heim- oder Familienerziehung
Aufgabe und Funktion der Familienerziehung
Aufgabe und Funktion der Heimerziehung
Erziehungsfähigkeit
Beziehungsfähigkeit
Einfühlungsfähigkeit
Lernfähigkeit

12. Die Rolle des Heims bei der Vermittlung
Klärung der Perspektive
Trennung und kritische Distanzierung
Kontaktanbahnung zur Ersatzfamilie
Zum Rollenverständnis der Heimerzieher

13. Trennung in früher Kindheit
Reaktionen auf den Verlust der Bezugspersonen
Bedingungen, die die Trennungsbewältigung erleichtern
Trauerarbeit eines zweieinhalbjährigen Kindes, ein Fallbeispiel
Vorbereitung der Trennung
Entwicklung nach der Trennung
Rückgliederung
Verwirrende Übergänge
Trennungsumstände mit traumatisierender Wirkung, ein Fallbeispiel
Vorbeugende Maßnahmen

14. Der Anspruch der Großeltern auf die Elternrolle
Das Großelternmärchen
Defizitäre Großeltern-Erziehung
Das Enkelkind als Substitut des idealen Selbst der Großeltern
Das Enkelkind als Substitut des elterlichen Selbst

15. Geschwister in der Pflegefamilie
Geschwisterbeziehungen und die Vorrangigkeit von Eltern-Kind-Beziehungen
Geschwisterkonstellationen
Aufnahme von Geschwisterkindern
Integration eines Kindes in eine Familie mit Kindern
Überlegungen zur Milderung geschwisterlicher Konkurrenz
Das Herstellen individualisierter Beziehungen
Annahme von Rivalitätskonflikten
Fragwürdiges Gleichbehandlungsprinzip
Symptomtolerante Geschwisterkinder

16. Beratung und Krisenintervention in Pflegefamilien
Beratung bei der Vorbereitung von Pflegeverhältnissen
Beratung bei der Integration
Krisenintervention

17. Scheiternde Pflegeverhältnisse
Pflegeabbrüche
Was heißt Scheitern ?
Scheiternde Pflegeverhältnisse in den Integrationsphasen
Scheitern in der Anpassungsphase
Scheitern in der Phase der Übertragungsbeziehung
Scheitern in der Phase regressiver Bedürfnisse

Literaturverzeichnis
Namenverzeichnis
Stichwortverzeichnis


LESEPROBE

Aus dem Vorwort von Arno Gruen

[...] Monika Nienstedt und Arnim Westermann zeigen eindeutig, daß Identifi zierung und Autonomiebedürfnisse allein nicht zum Selbst führen. Es ist die Qualität der Beziehung zwischen Kind und Eltern, die erst jene Grundlagen schafft, welche Identität ermöglichen – oder auch nicht. Identität kommt gar nicht zustande, wenn diese Grundlagen nicht hergestellt werden. Dadurch ist aber auch die Möglichkeit gegeben, daß Kinder einen Neubeginn für sich schaffen können, gerade weil keine wahre Identität zustande kam, vorausgesetzt, daß eine auf sie eingehende Umgebung gesichert werden kann. Die Abhängigkeit des Kindes kann zu zweierlei führen: zu einer positiven Bindung oder auch zu einer auf Überanpassung beruhenden Angstbindung, die dem Schutz des Kindes dient. Letztere ist wie eine Hülle, die keine wahre Bindung zuläßt. Es sind nur wir, die Zuschauer, wenn wir selbst von einer verzerrten psychologischen und gesellschaftlichen Sicht gesteuert werden, welche Überanpassung mit Identität verwechselt, die diese Widerstandskraft des Kindes verleugnen und dem Kind verweigern, sich aus zerstörerischer Abhängigkeit zu befreien.

Die Autoren veranschaulichen durch ihre Fallbeispiele, daß ein falsches Selbst im Sinne von Laing und Winnicott gar nicht das beinhalten kann, was für eine Identitätsstruktur grundlegend ist, nämlich eine sichere emotionale Bindung zu den Eltern, die wiederum zu differenzierten Objektbeziehungen führt. Sie machen deutlich, daß man, wenn keine differenzierte Objektbeziehung existiert, gar nicht von einer Identität sprechen kann. Es wird einem plötzlich klar, daß der übliche Gebrauch des Konzepts Identität uns ohne diese Differenzierung in eine Falle gelockt hat, wenn wir mit angeblichen Identitäten ringen, die im Grunde genommen keine sind, sondern nur Anpassungen an den Willen einer Autorität. Das führt dazu, daß das Eigene, das man hätte sein können, zum Feind gemacht wird, wodurch der Haß auf alles Fremde entsteht. Vielleicht haben wir alle zu diesem unerkannten Problem beigetragen, weil wir nicht wahrhaben wollten, daß ein falsches Selbst keine Identität ermöglicht. Wenn wir trotz Laing und Winnicott diesen Schritt in unseren Erkenntnissen nie konsequent vollzogen haben, dann vielleicht deshalb, weil er die kulturelle Idealisierung, daß alle Eltern ihren Kindern die Entwicklung von Identität ermöglichen, in Frage stellt.

Wenn wir jedoch jetzt mit Nienstedt und Westermann diesen Schritt tun, werden wir auch die uns umgebende gesellschaftliche Pathologie besser verstehen. Es wird dann nicht mehr möglich sein zu glauben, daß zum Beispiel der Haß oder ein Nationalismus, der auf Haß basiert, der Identitätsbildung dienen könne. Mit einem Schlag können wir dann denen entgegenwirken, die das Konzept der Identität mißbrauchen, wenn sie im Grunde eine Blut- und Boden-Psychologie vertreten, die auf Abwehr und Verneinung des Menschlichen basiert. Wenn völlig abgelöst von der Qualität der Eltern-Kind-Beziehung a priori die leiblichen Eltern als Identitätsquelle ihrer Kinder idealisiert werden, so wird nicht nur die Eigenständigkeit eines Kindes und sein Recht auf Geborgenheit negiert. Unter dem Deckmantel des psychologischen Konzeptes der Identität wird eine biologistische Sicht vertreten, von der wir gemeint haben, sie sei längst überwunden. Eine Differenzierung des Identitätskonzepts macht solche Mißgriffe unmöglich und verhindert, daß wir selbst von der Semantik her in die Defensive getrieben werden.

Zwei Aspekte in unserem und des Kindes Sein durchziehen die vielseitige und äußerst mitfühlende Analyse der Autoren: die Abhängigkeit von und die Identifi kation mit dem Aggressor. Beide werden von ihnen auf eine Art durchleuchtet, die es bis zur Veröffentlichung ihres Buches weder in der deutschen noch in der englischen Fachliteratur gab. Der Beitrag des Kindes in der Bestimmung seiner eigenen Entwicklung steuert zur Kinderpsychologie eine lebensfreundliche Sicht bei. Aber das Negative der abhängigen Lage des Kindes wird zum Fundament seiner Traumatisierung, wenn Eltern sich nicht von ihren eigenen Kindheitsverletzungen distanzieren können. Hier vertiefen Nienstedt und Westermann unser Verständnis für die erschütternde Verzweifl ung und die Verletzungen, die ein Kind dazu führen, sich seinen Unterdrückern zu unterwerfen und sie zu idealisieren.

Sándor Ferenczis und Anna Freuds Begriff der Identifi zierung mit dem Aggressor war ein bedeutender Beitag zur Psychologie des Kindes und der Menschen im allgemeinen. Aber wie traumatisch Ohnmacht und Angst des Kindes für seine Entwicklung sein können, wie bestimmend sie sich auf seine ganze Beziehungsgeschichte auswirken können, das erleben wir in diesem Buch. Gleichzeitig wird klar, wie groß und vielfältig der Überlebenswille solcher Kinder sein kann, wie stark sie für eine andere Lösung bereit sind, eben weil eine unter dem Druck einer ungenügenden und defi zitären Liebe entwickelte Eltern-Kind-Beziehung nicht zur anlehnenden, positiven Identifi kation führt, die dem Kind sein eigenes Selbst läßt. [...]

Aus dem Vorwort der Autoren

[...] Das Hauptergebnis unserer Arbeit ist die von uns auf der Basis einer Vielfalt von Beobachtungen und Befunden entwickelte Theorie der Integration von Kindern in Ersatzfamilien, die wir erstmals 1980 – in Umrissen formuliert – auf einer Fortbildungsveranstaltung des Landesjugendamtes Westfalen-Lippe vorgetragen und in einer als Festschrift für unseren akademischen Lehrer Wilhelm Witte konzipierten Aufsatzsammlung seiner Schüler veröffentlicht haben (Thomas u. Brackhane 1980). Sie beschreibt zugleich einen Weg, auf dem ein Kind auch schwerwiegende frühe traumatische Erfahrungen in neuen Beziehungen verarbeiten kann, so daß sie sein weiteres Leben nicht mehr nachhaltig bestimmen und ihm die Chance einer gesunden Persönlichkeitsentwicklung eröffnet wird.

Die Brauchbarkeit und Nützlichkeit dieser Theorie hat sich inzwischen nicht nur in unserer Arbeit erwiesen. Durch die frühzeitige Verbreitung durch Fortbildungsveranstaltungen und Veröffentlichungen in den Mitteilungen des Landesjugendamtes (1978–1989), die wir dem damaligen Leiter der zentralen Adoptionsvermittlungsstelle des Landesjugendamtes Westfalen-Lippe Reinhard Schnabel verdanken, durch vielfältige weitere Vorträge zur Vermittlung von Kindern in Ersatzfamilien und zur Diagnose und Therapie traumatischer Erfahrungen, zu denen wir bundesweit eingeladen wurden, und nicht zuletzt durch die Veröffentlichung unseres Buches orientiert sich die Arbeit einer Reihe von Vermittlungsstellen, von Sozialarbeitern, Pfl ege- und Adoptiveltern nun schon seit vielen Jahren erfolgreich an unseren Erkenntnissen. Inzwischen vorliegende Untersuchungen bestätigen die Wirksamkeit dieser Vermittlungs- und Beratungsansätze.

Unsere Erkenntnisse und Positionen haben auch immer wieder heftige Widerstände mobilisiert und zu ideologischen Auseinandersetzungen geführt. Es entspricht ja nicht alltäglichen Erfahrungen, und es widerspricht auch manchen politischen, sozialpädagogischen und psychologischen Positionen, daß Eltern- Kind-Beziehungen zu Täter-Opfer-Beziehungen pervertieren, daß ein Kind nicht zu seinen Eltern gehört, sondern von ihnen getrennt und vor ihnen geschützt werden muß, daß auch früheste traumatische Erfahrungen die Entwicklung des Kindes prägen, daß also Eltern nicht die Garanten des Kindeswohls sind. [...]