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Menschen des 20. Jahrhunderts
Menschen des 20. Jahrhunderts




August Sander

Schirmer-Mosel
EAN: 9783829605007 (ISBN: 3-8296-0500-5)
808 Seiten, hardcover, 25 x 30cm, Mai, 2022

EUR 128,00
alle Angaben ohne Gewähr

Rezension
Bäuerinnen und Bauern, Philosoph:innen, Handwerker:innen, Revolutionäre, Frauen, Weise, Künstler:innen, Verfolgte, Gefangene, Kranke und Vertreter:innen verschiedener Berufsgruppen. Sie alle finden sich abgelichtet in dem Kulturwerk „Menschen des 20. Jahrhunderts“ von August Sander (1876-1964). Damit verfolgte der Fotokünstler einem Brief vom 21.7.1925 zufolge das Ziel, „eine wahre Psychologie unserer Zeit und unseres Volkes zu geben“, also eine Gesellschaftstypologie der Weimarer Republik. Das Kulturwerk umfasst zunächst eine „Stammappe“ mit Sozialfiguren, die einen unterschiedlichen Weltzugang besitzen, wie Philosoph:innen, Weise, Intellektuelle, Stürmer/Revolutionäre, erdgebundene Menschen, „Bauernpaar - Zucht und Harmonie“ und „Familie in der Generation“. Dann folgen Sanders Konzept aus den Jahren 1925/27 nach sieben Gruppen von Fotographien: darunter vier Gruppen zu unterschiedlichen Berufszweigen (Bauer, Handwerker, Künstler, „die Stände“), eine Gruppe speziell zu Frauen, eine Gruppe mit Menschen der Großstadt, bei denen auch Verfolgte, politische Häftlinge und Fremdarbeiter:innen berücksichtigt sind, sowie eine Gruppe zu den „letzten Menschen“, wozu für Sander u.a. blinde, kleinwüchsige und tote Menschen zählen.
An dem beeindruckenden Kulturwerk arbeitete der Fotokünstler über 50 Jahre, es war ein work in progress. Erste Photographien - um die 100 - waren 1927 in einer Ausstellung im Kölnischen Kunstverein zu sehen. 60 Porträts aus seinem Jahrhundertwerk wurden 1929 in Sanders Buch „Antlitz der Zeit“ veröffentlicht. 2002 erschien eine siebenbändige Ausgabe mit 619 ausgewählten Bildmotiven, bearbeitet von Susanne Lange, Gabriele Conrath-Scholl und Gerd Sander, im renommierten Münchner Kunstverlag Schirmer Mosel. Dort wurde 2017 und 2022 auch erstmals eine voluminöse einbändige Ausgabe des Klassikers der Fotographie publiziert.
Die Porträts in Schwarz-Weiß des Meisters der „vergleichenden Photographie“(Alfred Döblin) zeichnen sich durch Detailtreue und Dynamik aus, sie wirken naturtreu. Daher gilt Sander zurecht als Hauptvertreter der Neuen Sachlichkeit. Sein Beitrag zu dieser Kunstrichtung wird gegenwärtig – vom 11.5. bis 5.9.2022 - in der Ausstellung „August Sander und die Neue Sachlichkeit der 1920er Jahre in Deutschland“ im Pariser Centre Pompidou gewürdigt. Dazu ist ebenfalls bei Schirmer Mosel ein exzellenter Ausstellungskatalog erschienen. Lehrkräfte der Fächer Bildende Kunst und Geschichte werden durch Sanders hervorragenden Fotoband besonders motiviert, sich in ihrem Fachunterricht mit seinen gesellschafterschließenden Aufnahmen problemorientiert auseinanderzusetzen.
Fazit: August Sanders klassisches Lichtwerk „Menschen des 20. Jahrhunderts“ verdient einen Platz im Regal aller an Fotographie Interessierten. Gleichzeitig unterstreicht es, dass diese für das kollektive Gedächtnis zentrale mediale Praxis auch in einer „Gesellschaft der Singularitäten“(Reckwitz) nichts von ihrer Faszination verloren hat.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Die Gesamtausgabe / Neuauflage
August Sander (1876–1964) hat mit seinen "Menschen des 20. Jahrhunderts" ein monumentales Werk geschaffen, das in der Geschichte der Photographie sowohl als Idee wie als Unternehmen einzigartig und seit langem ein Klassiker der photographischen Literatur - und unseres Hauses - ist. In dem groß angelegten, unvollendet gebliebenen Projekt, das er in den 1920er Jahren konzipierte und das ihn sein Leben lang beschäftigen sollte, ging es Sander um nichts Geringeres, als ein typologisches Gesamtbild der deutschen Gesellschaft seiner Zeit – d. h. im Wesentlichen der Weimarer Republik – zu erstellen: Hunderte von Einzel- und Gruppenportraits, nach beruflichen, sozialen oder familiären Gesichtspunkten geordnet, sollten die verschiedenen gesellschaftlichen Bereiche repräsentativ abbilden.
Parallel zur großen Ausstellung über die Neue Sachlichkeit im Centre Pompidou, die August Sander als einen ihrer wichtigen Repräsentanten feiert, legen wir Sanders Hauptwerk in einer Neuauflage der 2010 erschienenen Rekonstruktion wieder vor.
Schirmer/Mosel. Hrsg. von Die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur, Köln. Mit Texten von Gabriele Conrath-Scholl und Susanne Lange. 808 Seiten, 619 Tafeln in Duotone. Format: 23 x 29 cm, gebunden. Deutsche Ausgabe.
Inhaltsverzeichnis
7 Editorische Vorbemerkungen zur bearbeiteten Neuausgabe von August Sanders Menschen des 20. Jahrhunderts
Gabriele Conrath-Scholl
11 August Sander: Menschen des 20. Jahrhunderts. Ein Konzept in seiner Entwicklung
Gabriele Conrath-Scholl / Susanne Lange
36 August Sander - Menschen des 20. Jahrhunderts
Gliederung
38 Stammappe
62 Gruppe I Der Bauer
188 Gruppe II Der Handwerker
266 Gruppe III Die Frau
358 Gruppe IV Die Stände
514 Gruppe V Die Künstler
624 Gruppe VI Die Großstadt
784 Gruppe VII Die letzten Menschen
807 August Sander - Biographie
808 Literatur (Auswahl)