Rezension
Was passiert, wenn die Menschen ihr Zeitgefühl verlieren ? Antworten auf dieses Gedankenexperiment, auf den Verlust der Zeit, gibt der Roman "Luftschiff" von den deutschen Diplomaten Stefan aus dem Siepen. Protogonist des Roman ist der Berliner Oberregierungssrat Neise, der sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit einem Zeppelin auf den Weg von Berlin nach New York begibt. Verläuft die Reise mit dem Luftschiff Berlin zunächst planmäßig, fällt dem Prototyp des preußischen Beamten auf, dass die Uhren auf einmal beliebig gestellt werden. Erstaunlicherweise stört sich kaum jemand daran. Auch die Frage, wann und ob die Berlin ihr Ziel jemals erreichen wird, scheint sekundär zu werden. Trotzdem müssen die Reisenden den Verlust der Zeit als Orientierung kompensieren. Es handelt sich um einen spannenden Roman, der die kafkaeske Lage sprachlich angemessen thematisiert.
Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de