|
Liebe zwischen Männern?
Der deutsche Protestantismus und das Thema Homosexualität
Klaus Fitschen
Reihe: Christentum und Zeitgeschichte (CuZ)
Evangelische Verlagsanstalt
EAN: 9783374055883 (ISBN: 3-374-05588-5)
224 Seiten, paperback, 12 x 19cm, 2018
EUR 18,00 alle Angaben ohne Gewähr
|
|
Umschlagtext
Erst mit dem gesellschaftlichen Wandel nach 1945 und speziell seit den 1960er Jahren konnte über das Thema Homosexualität in Kirche und Gesellschaft offen gesprochen werden. Ab den 1970er Jahren meldeten sich dann die »Betroffenen« selbst zu Wort. Dabei ist im deutschen Protestantismus ein Prozess von der Stigmatisierung von Homosexuellen als krank oder seelsorgebedürftig über ihre Akzeptanz als andersartig bis hin zu einem pragmatischen Umgang mit der Thematik zu beobachten. Freilich überlagern sich diese Entwicklungen, sodass sich keine reibungslose Geschichte einer Korrelation zwischen gesellschaftlicher und innerkirchlicher Entwicklung ergibt. Dabei spielen auch das kirchliche Dienstrecht und die Frage gleichgeschlechtlicher Trauungen eine wichtige Rolle. Die Prozesse dieses ethischen Umdenkens stellt der bekannte Leipziger Kirchenhistoriker Klaus Fitschen kundig und eindrücklich dar.
Rezension
In der evangelischen Kirche hat sich ein konservatives Teilmilieu erhalten, das sich stets neu der gleichen biblischen Texte vergewissert, das davon ausgeht, dass es eine Schöpfungsordnung gibt, in
der die Männer Männer und die Frauen Frauen sind und Heterosexualität gottgewollt, alles andere aber ungewollt und Sünde ist. Mag dieses Teilmilieu auch immer kleiner geworden sein – lautstark ist es geblieben. - Dass sich kirchliche Organe überhaupt mit dem Thema Homosexualität intensiv befassten, war eine Reaktion auf die gesellschaftlichen Veränderungen, die auch in die Kirche Einzug hielten, und das hatte vor allem zwei Auslöser: das Outing homosexueller Theologen, das die Frage ihrer Zulassung zum Pfarrdienst (bzw. der Entfernung aus demselben) aufwarf, und den Wunsch gleichgeschlechtlicher Paare, sich trauen oder segnen lassen zu wollen. Beides machte sich um das Jahr 1980 öffentlichkeitswirksam bemerkbar. Heute, 40 Jahre später, werden schwule und lesbische Vikarinnen und Vikare ganz selbstverständlich ordiniert, leben gleichgeschlechtliche Paare im Pfarrhaus und alle Menschen, die eine bürgerliche Ehe eingehen, können dies auch kirchlich tun. Im deutschen Protestantismus läßt sich also insgesamt ein Prozess von der Stigmatisierung von Homosexuellen als krank oder seelsorgebedürftig über ihre Akzeptanz als andersartig bis hin zu einem pragmatischen Umgang mit der Thematik beobachten.
Jens Walter, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Reihe:
Christentum und Zeitgeschichte (CuZ)
Herausgegeben von Siegfried Hermle und Harry Oelke
Die gravierenden Umbrüche der Gegenwart fordern auch das Christentum heraus. Darin wirkt ein wechselvolles, spannungsgeladenes und durch historische Brüche gekennzeichnetes 20. Jahrhundert deutscher, europäischer und globaler Geschichte nach, das der weiteren Aufarbeitung bedarf: NS-Herrschaft, deutsche Doppelstaatlichkeit bis zur Wiedervereinigung, die mediale Revolution und interreligiöse Konflikte stellen die zeitgeschichtlichen Bedingungen, in denen sich christliches Leben in seinen individuellen und institutionellen Formen zu bewähren hat.
Die Beiträge der Reihe "Christententum und Zeitgeschichte" greifen herausfordernde Themen der Zeitgeschichte auf und fragen direkt und unverstellt nach deren christlichen Anteilen und kirchlichen Beziehungen. Wissenschaftlich fundiert und eingängig aufbereitet wollen sie dazu beitragen, die Gegenwart zeitgeschichtlich kennen und deuten zu lernen.
Inhaltsverzeichnis
I. Worum es geht 7
II. Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt 19
III. Man kann darüber sprechen: Beratung statt Kriminalisierung in der Kirche 28
IV. Der Weg zur Großen Strafrechtsreform 41
V. Die Große Strafrechtsreform als Herausforderung für die Kirche 49
VI. Die Initiative »Homosexuelle und Kirche« (HuK) 61
VII. Sexueller Nonkonformismus im Einheitsstaat: Die Entwicklung in der DDR 75
VIII. Initiativen lesbischer Frauen unter dem Dach der Kirche 100
IX. Der »Fall« Klaus Brinker 107
X. Die Intensivierung der innerkirchlichen Debatten in den 1980er Jahren 115
XI. Die »Orientierungshilfe« der VELKD von 1980 124
XII. Der »Fall« Eduard Stapel 136
XIII. Ein konservativer Exponent: Die Evangelisch- Lutherische Kirche Sachsens 140
XIV. Ein liberaler Exponent: Die Rheinische Kirche 151
XV. Kaleidoskopartige Einblicke in andere Landeskirchen 170
XVI. Der gescheiterte Versuch einer gesamtkirchlichen Linie: »Mit Spannungen leben« 179
XVII. Die Kirche unter Zugzwang: neue Lebensformen, neue Gesetze 187
XVIII Auf der Höhe der Zeit – und doch ernüchtert 194
XIX. Epilog 199
Quellen und Literatur 200
|
|
|