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Krisen anders denken Wie Menschen mit Bedrohungen umgegangen sind und was wir daraus lernen können
Krisen anders denken
Wie Menschen mit Bedrohungen umgegangen sind und was wir daraus lernen können




Ewald Frie, Michael Meier (Hrsg.)

Propyläen Verlag
EAN: 9783549100592 (ISBN: 3-549-10059-0)
560 Seiten, hardcover, 14 x 22cm, Juni, 2023

EUR 32,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
EINE WELt VOLLER BEDROHUNGEN - EINE FORSCHUNGSREISE IN UNSERE VERGANGENHEIT

Was geschieht, wenn wir uns bedroht fühlen? Wenn wir den gewohnten Schritten nicht mehr trauen und Emotionen wie Angst, Furcht und Wut aufkommen? In einem großen, globalgeschichtlich angelegten Forschungsprojekt sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dieser Frage nachgegangen.
Rezension
Einigkeit besteht in der Wissenschaft und in der Öffentlichkeit darüber, dass wir gegenwärtig in einer Zeit der Krisen bzw. in einer Multikrise leben. Genannt werden u.a. die ökologische Krise, die Krise internationaler Politik, die Demokratiekrise, die Corona-Pandemie und die Psychokrise. In einem Zeitalter vielfacher Krisen zu leben ist nicht neu, wie ein Blick in die Geschichte zeigt. Mit historischen Krisen in globalgeschichtlicher Perspektive beschäftigt sich seit 2011 der Sonderforschungsbereich 293 an der Universität Tübingen „Bedrohte Ordnungen“. In ihm forschen Wissenschaftler:innen verschiedener Disziplinen – u.a. Historiker:innen, Theolog:innen, Ethnolog:innen, Medien- Politik- und Rechtswissenschaftler:innen, zum Umgang von Menschen mit Bedrohungen. Dabei wählen Wissenschaftlicher:innen unterschiedliche Forschungsmethoden und Zugänge, um die Frage zu beantworten, wie Menschen mit unterschiedlichen Bedrohungen umgehen. Das Spektrum der Bedrohungen reicht von der Justianischen Pest, dem Kapitular von Ver-sur-Launette 884, dem Häretiker Fransicso de la Cruz in Lima des 16. Jahrhunderts, der Säkularisation am Beginn des 19. Jahrhunderts, der Identitätskrise Neuseelands in den 1970er Jahren, der Verbreitung von Aids in 1980er Jahren, 9/11, der Kölner Silvesternacht 2015/16, dem Hurrikan „Irma“ auf Haiti 2017, bis hin zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine.
Forschungsergebnisse zu den einzelnen Bedrohungen in Form von Aufsätzen findet man in dem Sammelband „Krisen anders denken. Wie Menschen mit Bedrohungen umgegangen sind und was wir daraus lernen können“. Herausgegeben wird das im Propyläen-Verlag publizierte Buch von Ewald Frie (*1962), Professor für Neuere Geschichte an der Universität Tübingen und bis 2016 Sprecher des Sonderforschungsbereichs, und von Mischa Meier (*1971), Professor für Alte Geschichte an der Universität Tübingen und seit 2016 Sprecher des Sonderforschungsbereichs. Beide Historiker haben in den letzten Jahre Bestseller vorgelegt: Frie „Die Geschichte der Welt“(2017) und „Ein Hof und elf Geschwister“(2023), Meier die monumentale „Geschichte der Völkerwanderung“(2019). Mit dem von ihnen herausgegebenen Band „Krisen anders denken“ verdeutlichen die Wissenschaftler den Einfluss von Bedrohungen auf den Verlauf der Geschichte und ihrer Gesellschaften. Durch die Beiträge des Buches erhält man einen hervorragenden Einblick in die Arbeit des Tübinger Sonderforschungsbereichs. Lehrkräfte der Fächer Geschichte, Politik, Ethik und Philosophie werden durch das Werk motiviert, sich in ihrem Fachunterricht oder in einem fächerübergreifenden Projekt mit Krisen und dem Umgang der Menschen mit diesen problemorientiert auseinanderzusetzen.
Fazit: Der Band „Krisen anders denken“ leistet einen wichtigen Beitrag zur historischen Aufklärung über Krisenzeiten.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Eine Welt voller Bedrohungen – eine Forschungsreise in unsere Vergangenheit
Was geschieht, wenn wir uns bedroht fühlen?
Wenn wir den gewohnten Schritten nicht mehr trauen, uns auf Gefährten nicht mehr verlassen mögen, Emotionen wie Angst, Furcht und Wut aufkommen?
In einem großen, globalgeschichtlich angelegten Forschungsprojekt sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dieser Frage nachgegangen.
Schon im alten Rom hatten Pandemien wie die Justinianische Pest verheerende Folgen. Und auch damals krankte die Wirtschaft an eklatantem Fachkräftemangel. Nicht erst seit Erfindung des Internets, schon in der frühen Neuzeit versprühten Hassprediger ihr rhetorisches Gift. Hunger ist nicht erst seit der Ukrainekrise für viele Gesellschaften eine tödliche Katastrophe. Wie sind Menschen in früheren Zeiten mit solch tiefgreifenden Problemen oder gar Extremsituationen umgegangen?
Krisen anders denken analysiert die ganze Bandbreite menschlichen Handelns und beschreibt die daraus erwachsenden Chancen und Risiken. Denn wer die Dynamik der Krise beherrscht, kann selbst weit entfernt scheinende Ziele erreichen: Solidarität organisieren, Schwachen aufhelfen, Zusammenhalt herstellen – allerdings auch Grundrechte außer Kraft setzen, Feinde benennen und Gewaltaktionen starten.
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1: Bedroht sein und fürchten
Bedroht sein und fürchten 13
Ewald Erie, Mischa Meier
Die Justinianische Pest. Das Wechselspiel von Ordnungen
in Zeiten existenzieller Bedrohung 26
Dominik Delp
Herrschaftsanspruch und Seelenheil im Lima des 16. Jahrhun
derts. Die Häresie des Dominikaners Francisco de la Cruz 38
Fabian Fechner
Eigensinnige Bedrohungsdiagnosen. Oder: Wie aus der
Katastrophe »kulturelles Erbe« wird 50
Jan Hinrichsen
Vom Winde verweht. Staubstürme, Schutzwälder und
Klimawandel 63
Klaus Gestwa, Susanne Stein
Die Signaturen der Bedrohung: Die Kölner Silvesternacht
2015/16 und ihre Folgen 76
Boris Nieswand
Russlands Angriffskrieg in der Ukraine. Bedrohungsnarrative,
Leiderfahrungen, Atomängste 91
Klaus Gestwa
6 Inhalt
Kapitel 2: Alarmieren und anheizen
Alarmieren und anheizen 113
Ewald Erie, Steffen Patzold
Ansteckend: Mediales Alarmieren und Anheizen bei Ebola
in Deutschland 2014 122
Daniel Becker
Chronik einer angekündigten Katastrophe - Hurrikan
»Irma« in Haiti 133
Tanja Granzow
Bedrohungskommunikation und leere Mägen 150
Andreas Holzem, Johannes Stollhof
Bedrohung von der Kanzel: Ein italienischer Prediger
während des Schmalkaldischen Kriegs in Augsburg 162
Michele Camaioni
Gierige Grundbesitzer und verbrecherische Beamte? - Die
Eliten des Oströmischen Reichs unter Kaiser Justinian 1 174
Michael Schilling
Kapitel 3: Ahnen und wissen
Ahnen und Wissen in Bedrohten Ordnungen 189
Renate Dürr
Widerstand gegen »Land Grabbing« in Sierra Leone 199
Jan Sündig, Annette Schramm
Kriminelle, Junkies und andere Bösewichte. Sicherheitswissen
und moralische Grenzziehungen in Johannesburg, Murcia
und Santiago de Chile 210
Manuel Dieterich, Damian O. Martinez, Boris Nieswand
(Un-)Gewissheit und Bedrohung in der Eisenbahnspekulation
1835-1844 225
Christoph Dominik Blum, Marlene Keßler, Daniel Menning, Anna Weininger
Am Morgen nach der Party: Die Asienkrise und die
ambivalente Bedrohung einer »globalisierten« Welt 235
Jannes Jaeger, Carina Moser
Null Toleranz für Infektionen!? Strategien gegen resistente
Bakterien im Spannungsfeld von neuem und altem Wissen 246
Irene Poczka
»Think globally, act locally«? Ökologische Bedrohungen in
Australien und Russland 261
Daniel Rothenburg, Timm Schönfelder
Kapitel 4: Inszenieren und imaginieren
Inszenieren und imaginieren in Bedrohten Ordnungen 275
Astrid Franke
Schauspiel und Predigt: Sozial-religiöse Inszenierungen in
Spätmittelalter und Früher Neuzeit 287
Andreas Holzem, Klaus Ridder
»Schreck« - »Seuche« - »Schwulenkrebs«: Aids in den
Achtzigerjahren 298
Henning Tümmers
8 Inhalt
Nur eine Geschichte? - Ethiopia als afroamerikanische
literarische Intervention 310
Ferdinand Nyberg, Max Rhiem
Turias Tod. Macht, Erinnerung und Geschlecht nach den
römischen Bürgerkriegen 324
Lisa Pilar Eberle, Johanna GÖcke
»Bang Boom Bang« (1999): Ein Film macht Region.
Warum das Ruhrgebiet als Gaunerkomödie neu erfunden
werden musste 337
Arne Hordt, Jörg Neuheiser und Sophie Stern
Die Bedrohten Ordnungen Istriens. Die utopische (?) Idee
eines hybriden Istriens 353
Luka Babic, Lorena Popovic, Daniela Simon
9/11 und das mediale Imaginäre terroristischer
Bedrohungen 366
Vanessa Ossa, Anne Ulrich, Lukas R.A, Wilde
Kapitel 5: Beenden
Analytisches Intermezzo: beenden und zurückblicken 381
Mischa Meier, Boris Nieswand
Bedrohte Ordnung und christliche Moral. König Karlmann
und das Kapitular von Ver-sur-Launette 884 391
Steffen Patzold
Vom Ende einer Bedrohten Ordnung: Die Rückführung
der Kreuzreliquien nach Jerusalem im Jahr 630 402
Mischa Meier
Arbeitskräftemangel als Bedrohung landbesitzender Eliten
im spätrömischen Reich 414
Sebastian Schmidt-Hofner
»Making New Zealand« - Neuseelands Weg aus der
Identitätskrise 430
Miriam Adler, Sabrina Jost
Was kommt nach dem Ende? Die Heiligkreuztaler
Zisterzienserinnen nach der Säkularisation 1804 442
Sophie Prasse
Die Welt als Bedrohung - die Herausforderung globaler
Verflechtung in der Zwischenkriegszeit 456
Martin Deuerlein
Chinesische Immigration, koloniale Gewalt und kein Ende
der Bedrohung: Manila im 17. Jahrhundert 472
Philip Hahn, Adrian Masters
Zum Abschluss dieses Buches:
Bedrohungen 487
Ewald Prie, Boris Nieswand
Anhang
Anmerkungen 497
Quellen und Literatur 531
Bildnachweis 549