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Kinderwunsch und Reproduktionsmedizin Ethische Herausforderungen der technisierten Fortpflanzung
Kinderwunsch und Reproduktionsmedizin
Ethische Herausforderungen der technisierten Fortpflanzung




Giovanni Maio, Tobias Eichinger, Claudia Bozzaro (Hrsg.)

Verlag Karl Alber
EAN: 9783495485392 (ISBN: 3-495-48539-2)
532 Seiten, hardcover, 15 x 22cm, 2013

EUR 49,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Während früher die ungewollte Kinderlosigkeit als Schicksal angesehen wurde, verspricht die moderne Reproduktionsmedizin heute technische Abhilfe und suggeriert damit eine Machbarkeit, die auch neue Begehrlichkeiten weckt. Die Möglichkeiten, ungewollt kinderlosen Menschen zu eigenen Kindern zu verhelfen, haben sich in den letzten Jahren erheblich erweitert. So versprechen Kinderwunschbehandlungen heute nicht nur heterosexuellen Paaren, die unter Unfruchtbarkeit leiden, medizinische Hilfestellung. Auch Alleinstehende, gleichgeschlechtliche Paare und Frauen nach der Menopause können sich durch die Inanspruchnahme von Samen- und Eizellspende, Leihmutterschaft oder Verfahren der Einfrierung von unbefruchteten Eizellen den Wunsch nach einem eigenen Kind erfüllen. Damit reagiert die Reproduktionsmedizin mit ihren Angeboten nicht nur effektiv auf das Leiden der Betroffenen, sondern trägt auch dazu bei, dass sich ganz neue Formen der Elternschaft etablieren. Zudem gewinnen persönliche Bedürfnisse und individuelle Wünsche innerhalb der Gestaltung der Fortpflanzung einen immer größeren Stellenwert.

Doch damit werden zugleich tiefgreifende Überzeugungen vom Selbstverständnis des Menschen, vom Wert der Natürlichkeit sowie von Familien- und Beziehungsmodellen berührt. Wie ist damit umzugehen, dass der Einsatz reproduktionsmedizinischer Techniken und Verfahren zu ganz neuen Elternkonstellationen führen kann? Haben Kinder einen Anspruch auf junge Eltern? Auf heterosexuelle Eltern? Auf eindeutige Abstammung? Was bedeuten die neuen technischen Verfahren für den Begriff der Familie und den Wandel von Beziehungsformen?
Rezension
Insbesondere auch Lehrkräfte an den Schulen stellen in ihren Klassen zunehmend fest: Auf dem Gebiet von Familie, Partnerschaft und Sexualität ist zur Zeit in unserer Gesellschaft eigentlich alles im Fluß; die Postmoderne läßt grüßen: anything goes. Kinder wachsen nicht nur zunehmend in sog. Patchwork-Familien auf, die traditionlle Familie verliert immer mehr an Bedeutung, Partnerschaften sind zunehmend Lebensabschnitt-Partnerschaften. Und nun werden in sehr absehbarer Zeit sich ganz neue Formen von Elternschaft etablieren, wenn "Kinderwunsch und Reproduktionsmedizin" (Titel) ganz neue Optionen ermögliche, z.B. das Aufwachsen von Kindern in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften oder mit sehr alten Eltern. Persönliche Bedürfnisse und individuelle Wünsche innerhalb der Gestaltung der Fortpflanzung gewinnen einen immer größeren Stellenwert. Damit werden zugleich tiefgreifende Überzeugungen vom Selbstverständnis des Menschen, vom Wert der Natürlichkeit sowie von Familien- und Beziehungsmodellen berührt. Deshalb fragt der hier anzuzeigende Band nach "Ethische(n) Herausforderungen der technisierten Fortpflanzung" (Untertitel): Wie ist z.B. damit umzugehen, dass der Einsatz reproduktionsmedizinischer Techniken und Verfahren zu ganz neuen Elternkonstellationen führen kann? Haben Kinder einen Anspruch auf junge Eltern? Auf heterosexuelle Eltern? Auf eindeutige Abstammung? - Die (Fortpflanzungs-)Medizin-Ethik scheint eine der bedeutsamsten ethischen Fragestellungen der nächsten Jahrzehnte zu sein!

Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Autoreninfo:
Giovanni Maio, Prof. Dr., geboren 1964, Studium der Medizin und Philosophie in Freiburg, Strassburg und Hagen. Seit 2005 Professor für Bioethik, seit 2006 Direktor des Instituts für Ethik und Geschichte der Medizin, Albert Ludwigs Universität Freiburg, und Geschäftsführender Direktor des Interdisziplinären Ethik-Zentrums Freiburg.

Claudia Bozzaro, Dr. phil., studierte Philosophie, Kunstgeschichte, Theologie und Psychologie in Freiburg und Paris und promovierte mit einer Arbeit, die unter dem Titel „Das Leiden an der verrinnenden Zeit. Philosophisch-ethische Überlegungen zum Zusammenhang von Altern, Leiden und Zeit am Beispiel der Anti-Aging-Medizin“ im Jahr 2013 erscheinen wird. Von 2006 bis 2010 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin des Philosophischen Seminars in Freiburg. Seit 2010 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Ethik und Geschichte der Medizin an der Universität Freiburg. Forschungsinteressen: Angewandte Ethik, Philosophische Anthropologie, Existenzphilosophie, Medizinethik (Altersforschung, Ethik am Lebensende, Reproduktionsmedizin, Ethikberatung).

Tobias Eichinger, M.A., ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Ethik und Geschichte der Medizin der Universität Freiburg. Er hat Philosophie, Theater- und Filmwissenschaft sowie Neuere Deutsche Literatur in Erlangen und Berlin studiert und wurde in Freiburg über philosophisch-ethische Fragen zur wunscherfüllenden Medizin promoviert. Aktuelle Forschungsinteressen und Arbeitsschwerpunkte: Ziele und Identität der Medizin, ethische und anthropologische Aspekte der Reproduktionsmedizin, philosophisch-ethische Fragen der Synthetischen Biologie.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 9

Giovanni Maio
Wenn die Technik die Vorstellung bestellbarer Kinder weckt 11

I. Aktuelle Entwicklungen der Reproduktionsmedizin

Stephanie Friebel
Umbrüche in der Reproduktionsmedizin 41

Franz Geisthövel, Birgit Wetzka
Aspekte des ovariellen Alterns: Evolution, Endokrinologie, Reproduktion und Demographie 49

II. Kinderwunsch und Reproduktionsmedizin: Anthropologische und ethische Überlegungen

Tobias Eichinger
Entgrenzte Fortpflanzung - Zu ethischen Herausforderungen der kinderwunscherfüllenden Medizin 65

Rainer Anselm
Kinderlosigkeit als Krankheit. Anthropologische und ethische Aspekte 96

Ulrich Körtner
Wunsch: Kind - Ethisch-theologische Überlegungen zu aktuellen Tendenzen der Reproduktionsmedizin 114

Martina Schmidhuber
Veränderungen im Selbstverständnis personaler Identität durch die Reproduktionsmedizin 137

Markus Patenge
>Menschenwürde< und verantwortliche Zeugung< als Leitkriterien für die ethische Bewertung reproduktionsmedizinischer Maßnahmen 150

Barbara Stroop
Vorgeburtliche Wohlergehenstests? Diagnostische Verfahren vor der Geburt und die Antizipation des zukünftigen Wohls 168

Tobias Fischer
Blut oder Liebe? Die Basis der elterlichen Verantwortung bei der Donogenen Insemination 193

Clemens Heyder
Die normative Relevanz des Natürlichkeitsarguments. Zur Rechtfertigung des Verbots der heterologen Eizellspende 214

Claudia Bozzaro
Ein Kind ja, aber erst irgendwann. Überlegungen zum Einsatz von Egg- und Ovarian-Tissue Freezing 233

Oliver Müller
Natürlichkeit und Kontingenz. Zu zwei Begriffen und deren Orientierungsfunktion bei reproduktionsmedizinischen Anwendungsfragen 250

Hille Haker
Eine Ethik der Elternschaft 269

III. Neue Formen von Elternschaft: Soziologische, kultur- und rechtswissenschaftliche Perspektiven

Yve Stöbel-Richter, Annekathrin Sender, Kerstin Weidner, Elmar Brähler
Elternschaft - Planung oder Schicksal? Fortpflanzung zwischen individuellen Erwartungen, gesellschaftlichen Mustern und Versprechungen der Reproduktionsmedizin 295

Stefan Bär
Zum Spannungsverhältnis von Familie, Medizin und Reproduktion 320

Elisabeth Beck-Gernsheim
Kinderwunsch ohne Grenzen? Globalisierte Fortpflanzungsmedizin und neue Formen der Elternschaft 337

Julia Helene Diekämper
Das Liebes-Kind. Anerkennung zwischen staatlichem Paternalismus und Fortpflanzungsautonomie 355

Petra Thorn
Gleichgeschlechtliche Familien mit Kindern nach Samenspende - ein Überblick über die Studienlage und aktuelle Diskussionen 381

Christian Haag
Zum Kinderwunsch homosexueller Männer und Frauen 400

Andrea Buschner
Die Umsetzung des Kinderwunsches bei gleichgeschlechtlichen Paaren und deren anschließende Übernahme von elterlichen Rollen 426

Marlene Steininger
Die rechtliche Regelung der Fortpflanzung zu dritt - Das Verhältnis des Samenspenders zu dem mit seinem Samen gezeugten Kind im Rechtsvergleich 448

IV. Reproduktionsmedizin in der Literatur

Solveig Lena Hansen
>Und was lernt man aus dieser Geschichte?< Literarische Werke als Szenarien zur Bewertung von
Fortpflanzungstechnologien 475

Karoline Harthun
Der Däumelinchen-Komplex. Kinderwunsch und künstliche Zeugung in vormoderner Literatur 500


Autorenverzeichnis 523