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Kampfplätze der Philosophie Große Kontroversen von Augustin bis Voltaire
Kampfplätze der Philosophie
Große Kontroversen von Augustin bis Voltaire




Kurt Flasch

Klostermann
EAN: 9783465040552 (ISBN: 3-465-04055-4)
362 Seiten, kartoniert, 16 x 23cm, 2008

EUR 34,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
"Viele Menschen", schreibt Kurt Flasch, "darunter auch einige Philosophen, stellen sich Philosophie als ruhige Weisheit oberhalb aller Parteiungen vor. Die Philosophie, meinen sie, das seien die großen, gleichbleibenden Themen: Die Wahrheit und das gute Leben, Gott und Mensch, das Einzelne und das Allgemeine."

Dieses Buch lädt zu einer anderen Betrachtung ein: Es geht nicht von Begriffen oder Systemen aus, sondern zeigt die Philosophie als eine Serie von Konflikten. Kurt Flasch analysiert die gut dokumentierten, großen Kontroversen im christlichen Mittelalter, die Auseinandersetzung Erasmus-Luther und die Streitfragen, die der friedliebende Leibniz mit John Locke und Pierre Bayle auszutragen hatte.

Der Band schließt mit der Kritik Voltaires an Pascal. Das Buch verzichtet auf die Illusionen von Vollständigkeit oder zielgerichtetem Verlauf. Es beleuchtet durch diese neue Betrachtungsweise den Geschichtsraum zwischen Augustin und Voltaire. Es illustriert den alteuropäischen Begriff von Philosophie. Es berichtet von Wendepunkten, die über die weitere Entwicklung entschieden haben. Es handelt von Wahrheitskämpfen, die die kulturellen Konflikte ihrer Zeit auf den Begriff gebracht haben. Es beweist den agonalen Charakter der Philosophie.

In einundzwanzig Kapiteln kommen zu Wort: Augustinus, Julian von Aeclanum, Karl der Große, Berengar von Tours, Gaunilo, Anselm von Canterbury, Abälard, Averroes, Al-Gazali, Albert der Große, Wilhelm von Ockham, Meister Eckhart, Nikolaus von Kues, Johannes Wenck, Erasmus, Luther, Francesco Patrizi, Leibniz, John Locke, Pierre Bayle, Pascal, Voltaire.


Rezension
Kurt Flasch gibt ins seinem Buch einen kundigen und detaillierten Überblick über philosophische Konflikte von Augustin bis Voltaire. Zweifellos ist das Buch gut lesbar geschrieben, man darf aber dennoch nicht glauben, es sei eine leichte Lektüre. Es setzt nämlich ein intensives philosophisches Interesse voraus und argumentiert mit komplizierten Debatten zwischen vergangenen Geistesgrößen, auch solchen, die dem Nichtfachmann kaum vertraut sein werden. Augustinus, Albert der Große, Nikolaus von Kues, gut. Aber Alkuin? Berengar von Tours? Lanfrank? Manegold von Lautenbach? Wolfhelm von Kön? Nie gehört?

Nie gehört, zugegeben. Aber das macht nichts. Denn mit Kurt Flasch lernt man sie kennen und zwar in einem aktuellen, nicht-akademischen Sinne, denn: "Diese Arbeit verspricht keinen 'Überblick', sie gibt, hoffe ich, aber: 'Einblick'. (7) Und das ist es, was man tatsächlich bekommt: Einblick. Man versteht nämlich, dass philosophische Auseinandersetzungen, auch wenn sie Jahrhunderte zurück liegen, damals konkrete Bedeutungen hatten, auch politische, und dass sie bis in die Gegenwart weiter wirken. Was Flaschs Werk von den meisten anderen philosophiegeschichtlichen Werken unterscheidet, ist sein Ansatz, der philosophische Auseinandersetzungen nicht in geschichtsphilosophische Vorgaben einpassen will und in ihnen auch nicht Fälle von platonisch-ewigen Fragestellungen sieht, auf die es objektive und allgemeingültige 'wahre' Antworten geben könnte.

Sie sind für ihn 'Loci', Orte, die er nicht erfindet, sondern auffindet, weil sie textlich zu belegen sind und konkret existieren: "Sie zeigen philosophisches Denken in variablen Netzwerken. SIe holen die erhabenen Aufstiege zum Grund aller Dinge herunter auf den geschichtlichen Boden, in eine konkrete, in eine örtlich und zeitlich begrenzte Konstellation." Und genau das macht die Lektüre dieses Buches, so speziell seine Themen im Einzelnen erscheinen mögen, auch mit dem Leser. Er und sie beginnen nämlich zu verstehen, dass Philosophieren kein abgehobenes Tun erhabener Geister, sondern lebensgeschichtlich verwurzeltes, historisch bestimmtes, gesellschaftliche wirksames und das persönliche Handeln bestimmendes Denken ist, durch das tatsächlich Weichen gestellt und bestimmte Wege eingeschlagen werden. Was jedoch nicht heißt, dass es die richtigen und einzig möglichen Wege sind. So ist der Einfluss des Augustinus im guten wie im schlechten Sinne bis heute gegenwärtig, aber wenn die Philsophie- und Theologiegeschichtsbücher hauptsächlich von ihm reden und seinen Gegner Julian von Aeclanum eher unterschlagen, dann heißt das nicht, derjenige, der im Licht der Geschichte steht, habe auch in allen Punkten Recht gehabt.

Flaschs Konzept arbeitet gegen geschichtsphilosophische Entwürfe, die das Ziel der Geschichte schon erfasst und die wahre Philosophie bereits begriffen zu haben glauben. Flasch bleibt bei der historischen Wahrheit, bei dem, was die Quellen hergeben. Er will die Konflikte von den Aussagen der Kontrahenten selbst her verstehen. Er überformt die geschichtlichen Gegebenheiten nicht, von welcher Ideologie her auch immer. Und vermutlich nur so wird man dem unendlich verwickelten Prozess gerecht, mit dem der menschliche Geist sich selbst und die Wirklichkeit zu verstehen sucht. Zwar sind vielleicht nicht alle Fragen offen, aber die letzten Antworten sind ebenfalls noch nicht gegeben.

Matthias Wörther, lehrerbibliothek.de


"Das anregendste und geistig nahrhafteste Buch der letzten fünf Jahre."
Jens Jessen in DIE ZEIT

"Flaschs philosophischer Reise ins Mittelalter wünscht man viele Leser. [...] Wir dürfen dem außerordentlichen Autor Kurt Flasch für seine polemische Philosophie ein großes Lob nicht ersparen."
Süddeutsche Zeitung

"Die Fülle des von Flasch Gebotenen ist beeindruckend. Sie wird spannend und geistvoll serviert."
Frankfurter Allgemeine Zeitung

"Wer ein Buch liest, der will unterhalten werden, will Neues erfahren. Noch besser, er will animiert werden. Animiert zum Weiterlesen, Weiterforschen, animiert zu einem Leben, in dem Wissen und Nichtwissen einander ablösen. Flaschs Kampfplätze der Philosophie sind ein solches Buch."
Frankfurter Rundschau

"... mit Vergnügen gelesen, weil dieser Autor seine profunden Kenntnisse auf denkbar uneitle und präzise Art mitteilt."
die tageszeitung
Inhaltsverzeichnis
INHALT

Vorwort. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

I. NATUR ODER GNADE
Augustinus von Hippo gegen Julian von Aeclanum . . . . . . 11

II. STRITTIGE GRUNDBEGRIFFE
Gerechtigkeit – Sünde – Freiheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

III. ZITAT ODER EINSETZUNG
Alkuin und der karolingische Neubeginn . . . . . . . . . . .. . . 43

IV. OST ODER WEST
Karl der Große schreibt gegen Byzanz . . . . . . . . . . .. . . . 57

V. KULTURAUFBAU ODER GNADENSORGE
Alle gegen Gottschalk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . 69

VI. DAS ABENDMAHL: DING ODER ZEICHEN
Berengar von Tours gegen Lanfrank. . . . . . . . . . . . . . . . . 83

VII. GOTT BEWIESEN ODER NICHT?
Gaunilo gegen Anselm von Canterbury. . . . . . . . . . . .. . . . 95

VIII. KIRCHLICHE KONTROLLE ODER
SELBSTÄNDIGE KULTUR UND POLITIK
Manegold von Lautenbach gegen Wolfhelm von Köln. . . . . 107

IX. ÜBERLIEFERN ODER FORSCHEN
Traditionalisten gegen Abälard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

X. FROMME SKEPSIS ODER
WISSENSCHAFTLICHE METAPHYSIK
Averroes gegen Al-Gazali . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

XI. ÜBERNEHMEN ODER ABWEHREN
Albert der Große gegen Averroes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159

XII. GOTTESSTAAT ODER FRIEDEN AUF ERDEN
Politische Philosophie gegen päpstliche Weltherrschaft . . 177

XIII. SCHULWISSEN ODER KRITIK
Lutterell gegen Wilhelm von Ockham . . . . . . . . . . . . . . . 193

XIV. TEUFELSSAAT ODER PHILOSOPHIE
DER GOTTESSOHNSCHAFT
Meister Eckhart vor der Inquisition . . . . . . . . . . . . . . . . . 211

XV. WISSEN ODER WISSEN DES NICHT-WISSENS
Nikolaus von Kues gegen Johannes Wenck . . . . . . . . . . 227

XVI. MENSCHENWÜRDE ODER
ALLMACHTSTHEOLOGIE
Erasmus gegen Luther . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 243

XVII. ARISTOTELISMUS ODER NEUE PHILOSOPHIE
Francesco Patrizi gegen die Peripatetiker. . . . . . . . . . . . 275

XVIII. EMPIRIE ODER NEUE METAPHYSIK
Leibniz gegen John Locke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293

XIX. SKEPSIS ODER OPTIMISMUS
Leibniz gegen Pierre Bayle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313

XX. PRAXIS ODER PARADOXIE DES CHRISTLICHEN
Voltaire gegen Pascal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 331

Nachwort: Plätze, Kampfplätze, Gemeinplätze . . . . . . . . . 349

Indices . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355