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Ist Gott demokratisch? Zum Verhältnis von Demokratie und Religion
Ist Gott demokratisch?
Zum Verhältnis von Demokratie und Religion




Otfried Höffe

Hirzel
EAN: 9783777630786 (ISBN: 3-7776-3078-0)
232 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 15 x 21cm, Oktober, 2022

EUR 24,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Wie viel Religion verträgt der säkulare Staat? Und wie viel an einer Demokratie verträgt die Religion? Diese Fragen untersucht der international renommierte Ethiker und Philosoph Otfried Höffe in diesem herausragenden Essay. Die Begegnungen von Politik und Religion bringen oft Konflikte mit sich, das Thema ist höchst aktuell. Wie damit umgehen? Das erörtert Höffe und blickt dabei auch zurück zu der säkularen Antike auf den Weg in die Moderne. Interessant, dass schon Aristoteles in seiner Moral- und Politiktheorie vollständig auf Religion und Theologie verzichtete. Begründungsmuster für eine verbindliche Rechtsmoral, die ohne Religion auskommt, haben also eine lange Tradition. Höffe umkreist in seinem Essay u. a. den "Wert" der Religion, widmet sich dem Thema Verzicht und geht auf mögliche Gefahren ein, die seitens der Religion und Religionsgemeinschaften gegenüber der Demokratie drohen können.

Otfried Höffe, Jahrgang 1943, lehrte Politische Philosophie u.a. in Zürich, Sankt Gallen und zuletzt in Tübingen, wo er als inzwischen emeritierter Professor die entsprechende Forschungsstelle leitet. Weit über Deutschland hinaus ist er bekannt für seine zahlreichen Veröffentlichungen zur Politischen Philosophie, Moralphilosophie und angewandten Ethik sowie zu Aristoteles und Kant. Seine Bücher wurden in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt; zuletzt erschienen von ihm u. a. "Kritik der Freiheit. Das Grundproblem der Moderne" (2015), "Die hohe Kunst des Alterns. Kleine Philosophie des guten Lebens" (2018) sowie "Für ein Europa der Bürger!" (2020).
Rezension
Auf den ersten Blick sind beide Bereiche, Demokratie und Religion, für unterschiedliche Welten zuständig, vereinfacht gesagt die Staatsform der Moderne, die auf Grund- und Menschenrechte sowie Gewaltenteilung verpflichtete Demokratie, für das Diesseits, die Religion hingegen für das Jenseits, und dort, in der Sphäre Gottes, so lässt die Titelfrage erwarten, hat der Begriff der Demokratie kaum einen Platz. Aber das Verhältnis von Religion und Politik ist ein überaus aktuelles Thema; die Begegnungen von Politik und Religion bringen oft Konflikte mit sich - nicht nur im Hinblick auf (religiöse und politische) Fundamentalismen aller Art: Wie viel Religion verträgt der säkulare Staat? Und wie viel an einer Demokratie verträgt die Religion? Weil Demokratie und Religion für zwei zwar unabhängige, aber nicht gänzlich voneinander zu trennende Sphären zuständig sind, ist zu klären, wie angesichts der sich überschneidenden Sphären beide Seiten, Demokratie und Religion, einander entgegenkommen können und sollen. Schon Aristoteles verzichtete - ganz säkular - in seiner Moral- und Politiktheorie vollständig auf Religion und Theologie Begründungsmuster für eine verbindliche Rechtsmoral, die ohne Religion auskommt, haben also eine lange Tradition. Der Autor fragt dennoch nach dem "Wert" der Religion für den Staat und die Demokratie, thematisiert aber auch mögliche Gefahren, die seitens der Religion und Religionsgemeinschaften gegenüber der Demokratie drohen können.

Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 9

Einführung 13

Der Weg zur Moderne 22


Säkulare Antike 24

Dekalog: säkular 26
Konfuzianismus 29
Griechenland 33

Entsäkularisierung und Resäkularisierung 38

Vorläufer Cicero 39
Augustinus 39
Abu Nasr al-Farabi 46
Thomas von Aquin 48

Niccolò Machiavelli, Thomas Hobbes, Jean-Jacques Rousseau 50

Provisorische Amoral 51
Staatsmoral 54
Bürgerreligion 60

Immanuel Kant 63

Staat und Recht 64
Moral 67
Führt die Moral unumgänglich zur Religion? 68
Eine Neuinterpretation biblischer Themen 71

Neuere Verteidiger der Religion 74

Nicht postsäkular 75
Søren Kierkegaard 79
William James 81
Niklas Luhmann 83
Charles Taylor 85
Hans Joas 90

Zeitgenössische Probleme 94

Staat und Religion 95
Toleranz 95
Rechtfertigungen 98
Gegenseitige Zumutungen 102
Gemeinsamkeit mit Unterschieden 105
Staat ohne Gott? 107
»Totale« Religionsfreiheit? 111
Politische Gerechtigkeit ohne Religion 111

Vom diesseitigen Wert der Religionen 114

Redensarten 116
Orts- und Landschaftsbild 120
Jahreskreis und Lebenslauf 121
Kunst, Musik, Sprache und Literatur 124
Wirtschaft 127
Gefühlswelt 128

Besonnenheit und Verzicht 132

Antike 133
Christentum 137
Neuzeit und 20. Jahrhundert 140
Zwei politische Probleme 143

Soziale und politische Präsenz 145

Soziale Einrichtungen und christliche Parteien 145
Christliche Politik? 148
Was ist christliche Politik? 149
Personalität, Solidarität und Subsidiarität 151
Politische Folgen 155
Evangelische Pfarrhäuser und katholische Wissenschaftsgesellschaft 161
Privilegien? 162
Religionsverfassungsrecht 174
Exkurs: Demokratieunfähigkeit im deutschen Protestantismus? 178

Gefahren seitens der Religionen 180

Gewaltbereitschaft 181
Noch einmal: antike Religionskritik 184
Karl Marx, Friedrich Nietzsche und Neuer Atheismus 186
»Opium des Volks« 188
»Gott ist tot« 190
Neuer Atheismus 192
Religiöser Fanatismus 195
»Unorthodox« 195
Missbrauch in der Kirche 197
Politischer Islam 197
Gehört der Islam zu Deutschland? 202

Demokratie und Religion?207

Zwei unabhängige Sphären? 208
(Staats-)Bürgerlicher Ungehorsam 213
Der Demokratie zustimmen! 214
Der Religion entgegenkommen? 219

Kein Dilemma 224


Literaturhinweise 226
Personenregister 228