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Im Spiegel der Dichter Mensch, Gott und Jesus in der Literatur des 20. Jahrhunderts Nachdruck 2000 / Erstausgabe 1997
Im Spiegel der Dichter
Mensch, Gott und Jesus in der Literatur des 20. Jahrhunderts


Nachdruck 2000 / Erstausgabe 1997

Karl-Josef Kuschel

Patmos
EAN: 9783491690219 (ISBN: 3-491-69021-8)
463 Seiten, kartoniert, 13 x 21cm, 2000

EUR 14,95
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Karl-Josef Kuschel, der Name, wenn es um den Dialog von Literatur und Theologie und den Aufweis geht, daß das Gespräch mit den Poeten des 20. Jahrhunderts unverzichtbar ist für ein heutiges Sprechen vom Menschen, von Gott und von Jesus, In seinem neuen Buch zieht der Autor zugleich Bilanz und beschreitet neue Wege. Er spricht von den Dichtern und läßt sie zu Wort kommen, die ihm - seit er theologisch zu denken begann - Herz und Hirn bewegten und oft genug Anstifter seines Glaubens waren. So macht er deutlich, wie notwendig es ist, dem Zufall der traditionellen religiösen Sprache entgegenzuwirken. Zwischen religiöser und ästhetischer Erfahrung gibt es produktive Spannungsverhältnisse: Religiöse Erfahrungen können Ausgangspunkt und Gegenstand künstlerischer Realisierung sein, und ästhetische Erfahrungen können die religiöse Dimension erfahren lassen, positiv provozieren oder radikal negieren. Dieses Spannungsverhältnis zwischen Affirmation und Kritik, zwischen prophetischem Gestus und protesthafter Verweigerung konkret zu beschreiben, ist Anliegen des vorliegenden Buches. Es entfaltet Grundthemen einer interkulturellen Theologie; und es ist der Versuch eines Brückenschlags von der Welt der Poesie zur Welt der Theologie und umgekehrt. So leistet der Autor einen unverzichtbaren Beitrag zu einer künftigen kulturellen Kompetenz der Theologie.

Karl-Josef Kuschel, geboren 1948, Dr. theol., ist Professor an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität und lehrt dort Theologie der Kultur und des Interregiösen Dialogs.

Kuschel ist einem großen Leserkreis durch zahlreiche Publikationen bekannt. 1997 Verleihung der Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät der Universität Lund (Schweden).
Rezension
Karl-Josef Kuschel ist in der Tat DER Name, wenn es um den Dialog von Theologie und Literatur geht. Er hat sich immer wieder mit der Rezeption von theologischen Themen, insbesondere der Figur Jesu, in der modernen Literatur des 20. Jhdts. beschäftigt und dazu hilfreiche Quellenbände herausgegeben. Einer liegt hiermit vor. Gerade die literarische Verfremdung vermag auch für die Religionspädagogik hilfreiche didaktische Aspekte zu eröffnen; denn insbesondere der literarisch verfremdete Jesus ermöglicht die Auseinandersetzung. Und so läßt sich denn von der Rezeptionsästhetik der Gegenwartsliteratur her geradezu eine ganze Dogmatik fassen: Atheismus, Theodizee, das Böse, die Schuld, das Geschöpf … Kuschel regt uns immer wieder an, den Dialog mit der Bibel über die Litreratur aufzunehmen. - Der Band ist preislich reduziert und bietet ein überaus günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis.

Jens Walter, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
PROLOG 1

1. Denk-Wege 1
2. Mephistos listige Warnung 5
3. Der Protest des »Fremden« gegen den Priester 7
4. Schreibenkönnen wie Flaubert 10
5. Transzendenz: Die Begegnung mit dem großen Kunstwerk 16
6. Karsamstag-Existenzen 25
7. Was ist interkulturelle Theologie? 29
8. Die Unheimlichkeit eines »Christuskopfs« 34

A. RÄTSEL MENSCH 39

I. Das Erschrecken über sich und die Welt 40

1. Das Gespräch mit dem Glasmann: Kurt Tucholsky . . 40

Der Blick in den Spiegel 40
Wer bist du, Glasmann? 43
Wider die Selbstzufriedenheit 46

2. Was ist der Sündenfall? Günter Kunert 48

Ohne Gnade überlassen 49
Wie liest ein »Ungläubiger« die Bibel? 52
Adam, Eva und die Erbsünde 53
Müde des eigenen Rätsels 57

3. Der Anfang aller Rätsel: Wolfgang Hildesheimer ... 59

Kein Sinn der Schöpfung 60
Warum das Rätsel grinst 63
Schlechtes Licht auf Gott 65
Gib ihnen die ewige Ruhe nicht 67

II. Die Erschöpftheit der Schöpfung 72

1. Erste Visionen vom Ende: Expressionisten 72

Der apokalyptische Urschrei 73
»Weltende« — mit schwarzem Humor 74
Untergang als kosmischer Fall 76

2. Apokalypsen heute und hier 78
Die Stunde des Zorns kehrt wieder 78
Nichts ist uns unmöglich 80

3. Nichts wird sein wie vorher: Christa Wolf 81

Von »Kassandra« bis »Störfall« 81
Technik und Angst 83

4. Der Alptraum vom Ende der Menschheit: Günter Grass 85

Die Aufklärung gescheitert? 85
Ratten beerben die Menschen 89
Wozu Literatur, wenn keine Zukunft? 91
Ringen um die Möglichkeit von Hoffnung 93

5. Lachen als Zynismusprophylaxe: Kurt Marti 96

Tschernobyl und danach 97
Begreifliche Gefühle der Selbstabdankung 99
Mit Unsinn gegen den Wahnsinn 100
Loben und Lachen als Geschwister 102

III. Die Unausweichlichkeit der Schuld 105

1. Vergebliche Suche nach Schuld: Max Frisch 105

Begegnungen mit Nachkriegs-Deutschland 106
Schuldig unterscheidet sich der Mensch vom Tier ... 108

2. Der Homo Faber — aufgeklärt, aber verblendet. .... 110

Ein Experiment in Sachen Schuld 111
Warum Homo Faber schuldig ist und es nicht merkt 113
Menschen bestimmen ihr Leben nicht selbst 115

3. Die Urschuldder Geschlechter 118

Freigesprochen und doch schuldig 118
Schuld ohne Sühne 120
Schuldig wird der Mensch zum Menschen. 121

IV. Erfahrungen mit dem Bösen 124

1. Die Patina der Zivilisation ist dünn 124

Buchenwald neben Weimar 125
Ein Oratorium wider das Vergessen: Peter Weiss . . . 126
Kirche mit dem Rücken zu Auschwitz 128

2. Das Böse macht Spaß: Rolf Hochhuths Teufel 129

Auschwitz oder die Frage nach Gott 129
Das Böse ist gewollt 132
Warum der Teufel lacht 133
Appell an das Mitleid 137

3. Die Hölle — erster Kreis: Alexander Solschenizyn . . . 139

Menschen in der Hölle — ahnungslos 139
Die entsetzliche Banalität des Bösen 142
Dem Bösen widerstehen 143

4. Trotzdem von Gnade reden? Thomas Mann 146

Wider das schlechthin Teuflische 146
Deutschtum, Dämonie und Musik 150
Teufelspakt: Tod der Liebe, Ausbruch der Kälte .... 152
Der Selbstdenker als Selbsthenker 156
Ein Wunder, das über den Glauben geht 161
Im Dunkel Gott am nächsten 164

V. Umrisse einer Poetik des Menschen 167

1. Die Facetten des Menschlichen 167
2. Mein Gott, die Menschen... 168
3. Wir leben und sterben alle im Rätsel 171

B. ABGRUND GOTT 173

I. Die Tabuisierung der Gotteskritik 175

1. Die Beschwichtigung des Zweifels: Gebetbücher 175

Mach mit mir, wie es dir gefällt? 176
Verdrängung der Klage - Ausblendung der Anklage 177

2. Warum Gott verschont wurde 179

Die Abwehr des Dualismus 180
Vorherwissen ja, Vorherbestimmung nein 181
Das Übel ist von Gott nur zugelassen 183

3. Der Protest gegen Gott als Atheismus 185

Nötige Rückfragen an Gott 186
Abschied von Leibniz 187

4. Aber Gott leidet doch auch 188

Leiden — Preis der Liebe 189
Das Stillstellen des Protestes 191

II. Wie reden vom Unbegreiflichen? 194

1. Ein Autor streicht das Wort Gott: Friedrich Dürrenmatt 194

Ein Zug rast in den Abgrund 195
Verfehlte Deutungen 197
Das Schreckliche als Möglichkeit 199
Warum »Gott« gestrichen werden mußte 203

2. Weder gläubig noch glaubenslos: Marie Luise Kaschnitz 207

Neue Gotteserfahrungen 208
Gott im Aufbruch und in der Zerstörung 214
Gottes Kälte und Gottes Verwirrung 219
Widerspruch in Tutzing 222
Religiöses Leben als Hadern mit Gott 224

III. Treibt Gott selbst den Unfug? 228

1. Protestierende Rückkehr zu Gott: Heinrich Heine. . . 228

Der Kranke: Lazarus und Hiob zugleich 230
Rebellische Gebete aus der Matratzengruft 234
Den Spaß Gottes ehrfürchtiger Kritik unterwerfen . . 238

2. Gott vor Gericht: Ehe Wiesel 242

Ein Tribunal gegen Gott 243
Der Teufel verteidigt Gott 246
Das Ende der klassischen Theodizee 248

IV. Warten auf Gottes Rechtfertigung 252

1. Rebellische Texte der Bibel 253

Dahin mein Vertrauen: Klagelieder 253
Warum mußte ich geboren werden? Hiob 255
Ich schreie zu Dir: der Protest eines Kranken 257

2. Warten auf Theodizee 260

Warum Klage und Anklage legitim sind 260
Hoffnung auf die Durchsetzung Gottes 262

3. Gott lieben — Gott zum Trotz 262

Die Geschichten rebellischer Rabbiner 263
Man muß sich nicht unterwerfen 266
Wo bleibt die Gegenleistung, Gott? 268
Was soll denn noch geschehen? Zvi Kolitz 271
Du hast alles getan, damit ich nicht glaube 275

V. Umrisse einer Theopoetik 280

1. Arbeit an der Sprache — im Bewußtsein des Scheitems 281
2. Das Unsagbare dem Sprachlosen abringen 283
3. Der Abgrundder Unbegreiflichkeit Gottes 286
4. Die theologische Legitimität einer Anklage Gottes . . . 290
5. Wider einen »lügnerischen Optimismus« 291

C. GESICHTER JESU 297

I. Der geschonte Rebell 298

1. Dialog mit dem »armen Vetter«: Heinrich Heine . . . 298

Das Jesusportrait als Selbstportrait 300
Golgotha ist überall 301
Jesus ja — Christus nein 302

2. Jesus und die Dichter heute 303

Unüberbrückbare Kluft zum Dogma 305
Der Nazarener wird vor Kritik geschont 305

II. Weihnachten: Die Utopie und ihr Verrat 307

1. Was früheren Jahrhunderten möglich war 307

Gellerts Kniefall vor dem Wunder 307
Eichendorffs Vision einer versöhnten Welt 308
Storms Knecht Ruprecht rechnet ab 310

2. Risse im Kulissenbild 313

Heile-unheile Welt bei Buddenbrooks:
Thomas Mann 314
Kurt Tucholskys Weihnachtsmelancholie 315
Erich Kästners Satire 317

3. Das Weihnachtsspiel als Lebensdrama 320

Jüdische Kinder suchen Herberge: Ilse Aichinger . . . 320
Hat Stalingrad Bethlehem widerlegt? Peter Huchel . . 323
Menschwerdung durch ein Wort: Heinrich Böll .... 326
Die Gleichzeitigkeit der Stimmen 331

III. Ecce Homo: Gesichter Jesu im Spiegel großer Kulturen 333

1. Ein Kreuz bleibt leer: Anna Seghers 334

Ein Gegenbild von Deutschland 334
Ein Kommunist auf der Flucht 337
Eine Nacht im Dom 338
Ein Kreuz als Zeichen des Widerstands 341
Vom Roman über die Flucht zum Leben auf der Flucht 343

2. Die Gewalt ist besiegbar: William Faulkner 346

Christus kommt wieder — mitten im Krieg 347
Plumpe Parallelen? 351
Leidenschaft für das Untatsächliche 354
Wie Gewalt überwunden werden kann 356

3. Das Böse im Herzen bekämpfen: Nagib Machfus .... 359

Ein gefährlicher Autor 360
»Jesus« als Austreiber der Dämonen 362
Das Böse im Herzen besiegen 364
Die Hoffnung auf Befreiung ist unausrottbar 366

4. Hoffnung für ein Volk — Paraguay: Augusto Roa Bastos 369

Ein »Christus« als Widerstandszeichen des Volkes. . . 372
Ein Mann opfert sich für sein Volk 376
Ein Epos auf die Widerstandskraft der Menschen ... 380
Was heißt »Menschensohn«? 381

5. Alle Menschen Gottes Ebenbild: Cingiz Ajtmatov . . . 385

Ein Roman zwischen den Kulturen 386
Vergegenwärtigungen Jesu 389
Entzauberung der Macht im Namen der Religion ... 391
Jesus kommt in den Menschen zurück 394
Das Böse für alle Zeiten überwinden 398

IV. Auferstehung: Anfechtung bürgerlich gewordener Christen 402

1. Ostern als Triumph des Christentums 402

Osterlieder — freudig-naiv gesungen 402
Auferstehung als kosmisches Drama:
Friedrich Gottlieb Klopstock 404

2. Allein mir fehlt der Glaube: Johann Wolfgang Goethe 407

Ein Mann sucht Wahrheit auf eigene Faust 407
Ironische Brechungen von Ostern 410
Erinnerungen an die Kindheit 412

3. Auferstehung mitten im Leben: Leo Tolstoj 415

Ein Mann sühnt seine Schuld 415
Totalkonfrontation mit der Kirche 417
Ein Dichter wird exkommuniziert 419
»Auferstehung« als geistige Wandlung 422

4. Was wäre, wenn ein Toter aufersteht? Friedrich Dürrenmatt 424

Ein grotesk-verrücktes Stück: »Meteor« 424
Die Aufhebung aller Positionen 429
Ein Mann steht auf und glaubt nicht daran 433
Wider die bürgerlich-christliche Entschärfung 436
Wider die »bloßen Ästheten« 438
Die Gleichzeitigkeit der Stimmen 439

V. Umrisse einer Christopoetik 443

1. Der Vertraut-Fremde 443
2. Eine christopoetische Spur: Max Frisch 444
3. Die Evangelisten als Christopoeten 449
4. Die Andersheit und Unfaßbarkeit Jesu 452
5. Ausdruck der Kultur — Widerstand gegen die Kultur 454

IN EIGENER SACHE 459