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Heimat Geschichte eines Mißverständnisses
Heimat
Geschichte eines Mißverständnisses




Susanne Scharnowski

Wissenschaftliche Buchgesellschaft
EAN: 9783534270736 (ISBN: 3-534-27073-8)
272 Seiten, hardcover, 15 x 22cm, April, 2019, 32€ für Mitglieder

EUR 40,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Was ist Heimat?

Der Begriff Heimat ist umkämpft. Seine Verteidiger wie seine Kritiker bemühen sich in Talkshows, Diskussionen und Debatten nach Kräften darum, ihn zu besetzen oder politisch für sich zu nutzen.

Susanne Scharnowski zeichnet erstmals die Kultur- und Debattengeschichte des Begriffs vom 17. Jh. bis heute nach und diskutiert sein Verhältnis zu Romantik, Kitsch, Nostalgie, Nationalsozialismus und Umweltbewegung. Der Band leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Versachlichung dieser ideologisch aufgeladenen Debatte und hilft, die oft zu Schlagworten verkürzten Argumente besser einzuordnen.
Rezension
Was ist Heimat? Eine „Leerformel“ (Topitsch), ein Containerbegriff, eine Illusion, ein menschliches Grundbedürfnis, ein „Gefühl“ (Grönemeyer), ein Sehnsuchtsort, ein Imaginationsraum, ein Schlüsselwort der Spätmoderne, ein „Resonanzhafen“(Rosa), ein Element des guten Lebens, eine Utopie, eine „Retrotopie“(Bauman), ein Reizwort, ein politischer Kampfbegriff, ein ideologisches Instrument von Rechtspopulisten und –extremen oder medialer Kitsch. Diese Frage bildet die Hintergrundfolie für aktuelle kontroverse politische, oftmals emotional geführte Debatten.
Daher ist es zur Versachlichung der Auseinandersetzungen nur zu begrüßen, wenn in einem Buch den unterschiedlichen historischen und medialen Rezeptionslinien des Heimat-Begriffs nachgegangen wird, um zu überprüfen, ob er gegenwärtig noch als Orientierungspunkt taugt. Genau dieses macht die Kulturwissenschaftlerin Susanne Scharnowski (*1960) in ihrem Werk „Heimat. Geschichte eines Missverständnisses“, erschienen bei wbg Academic, einem Imprint der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft. Anhand ihrer quellengesättigten, historisch fundierten Phänomenologie des Begriffs „Heimat“ gelingt es ihr aufzuzeigen, dass er als „Gegenbegriff zu Fortschritt und Moderne“, genauer als „Gegenpol zur Entfremdung“ (S. 15) fungiert(e). Der Ausdruck „Heimat“ beinhaltet für sie eine Kombination von Lebensgefühlen (z. B. Geborgenheit, Vertrautheit), Werten (z. B. Sicherheit) sowie Entitäten (z. B. Landschaft und Natur), die Menschen als von gesellschaftlichen Transformationsprozessen bedroht ansehen. Aufgrund ihrer kulturwissenschaftlichen Analysen bestimmt Scharnowski zu Recht Heimat als einen „Ort mit soziokultureller Dimension und Träger emotionaler Bedeutung“ (S. 235). Daher wird verständlich, dass gegenwärtig im Zeitalter der Globalisierung und Digitalisierung eine derartig intensive Bezugnahme auf Heimat erfolgt. Heimat dient also zur Beschreibung des Mensch-Welt-Verhältnisses bzw. der Weltbeziehung, die, so Scharnowski, Weltoffenheit und Solidarität gerade nicht ausschließt. Daher plädiert die Kulturwissenschaftlerin zum Abschluss ihres Werks mit guten Gründen für einen „kosmopolitischen Provinzialismus“.
Fazit: Susanne Scharnowski ist mit ihrem aufschlussreichen Buch „Heimat. Geschichte eines Missverständnisses“ ein wichtiger Debattenbeitrag gelungen, der von allen politisch und kulturwissenschaftlich Interessierten verdient gelesen zu werden. Durch ihn werden insbesondere Lehrkräfte der Fächer Philosophie, Ethik, Geschichte, Erdkunde und Deutsch angeregt, sich mit der Thematik „Heimat“ in ihrem Fachunterricht oder in einem fächerübergreifenden Projekt problemorientiert auseinander zu setzen.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Was ist Heimat? Die Antworten sind vielfältig, denn längst ist Heimat zum politischen Kampfbegriff geworden. Die einen verbinden damit das Bewahren deutscher Kultur und Identität, die anderen setzen der vermeintlich überholten Idee neue Werte wie Weltoffenheit, Dynamik und Diversität entgegen. Der Band bietet einen innovativen Überblick über die Kultur- und Debattengeschichte des Heimatbegriffs seit dem 17. Jh. Die meist missverstandene Bewertung der Romantik von Heimat wird ebenso behandelt wie die Propaganda in der Kolonialzeit, im Ersten Weltkrieg und im Nationalsozialismus. Ein systematischer Teil beleuchtet im Kontext von Heimat umstrittene Begriffe wie Kitsch oder Nostalgie. Damit leistet der Band einen wichtigen Beitrag zur Versachlichung einer ideologisch stark aufgeladenen Debatte und hilft, die oft zu Schlagworten verkürzten Argumente besser zu verstehen.

2019. 272 S. mit Bibliogr. und Reg., 14,5 x 21,5 cm, geb. mit SU, wbg Academic, Darmstadt.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt

Vorbemerkung 7
Heimat: Schlüsselwort, Reizwort und Kampfbegriff 9
Heimat in der Ferne: Der Wanderer über dem Nebelmeer 18
Heimat als Modell: Vormärz und der Beginn der ‚Großen Transformation‘ 34
Heimat als Ideologie und Propaganda: Vom Kolonialismus zum Nationalsozialismus 79
Heimat in Trümmern: Alte und neue Heimat in West und Ost 103
Heimat als Kitsch: Das Schweigen im Walde und Der Förster vom Silberwald 124
Heimat, Heimweh und Nostalgie: Die Sehnsucht nach der ‚alten, schönen Zeit‘ 143
‚Heimat ist ein Gefühl‘: Nomaden und Touristen 172
Welt und Erde als Heimat: ‚Global denken, lokal handeln?‘ 195
Heimat ist ein Ort: Für einen kosmopolitischen Provinzialismus 217
Anmerkungen 237
Literaturverzeichnis 253
Personenregister 264
Sachregister 267
Danksagung 272