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Geist und Willensfreiheit
Geist und Willensfreiheit



Königshausen & Neumann Verlag
EAN: 9783826035074 (ISBN: 3-8260-3507-0)
216 Seiten, kartoniert, 16 x 23cm, 2006

EUR 25,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
In diesem Band werden klassische Freiheitstheorie von der Antike bis zur Moderne erörtert. Insbesondere wird gezeigt, weshalb das Freiheitsthema nicht ohne systematische Hintergründe in Ethik, Metaphysik, Erkenntnistheorie und Religionsphilosophie behandelt werden kann.



Autoren sind:

Dirk Fonfara über Aristoteles

Norbert Fischer über Augustinus

Oswald Bayer über Luther

Burkhard Tuschling über Leibniz und Hegel

Klaus Düsing über Kant und Fichte

Wilhelm Metz über den frühen und späten Fichte

Adriaan Peperzak über Hegel

Wilhelm G. Jacobs über Schelling

Edith Düsing über Kierkegaard und Heidegger mit Ausblick auf Freud

Rolf Schmidts & Thomas Hessel über gegenwärtige Psychiatrie und Gerichtsmedizin
Rezension
Die alte philosophische Frage, ob der Mensch einen freien Willen besitzt oder nicht, erfährt durch die neurobiologische Forschungen eine Renaissance. So wird von Neurobiologen wie Gerhard Roth und Wolf Singer sowie von dem Kognitionspsychologen Wolfgang Prinz behauptet, dass Willensfreiheit eine Illusion ist. Die Medien rezipierten begierig diesen Angriff auf das traditionelle Menschenbild und boten den Vertretern des neuronalen Determinismus in Tageszeitungen und Magazinen ein Forum. So wurde der Eindruck geweckt, dass sich die klassische genuin philosophisch Frage nach der Freiheit des Willens rein objektivistisch, mittels naturwissenschaftlicher Methodologie beantworten ließe.
Um so verdienstvoller ist daher ein Werk, das wieder an die philosophische Dimension des Themas „Willensfreiheit“ erinnert. Der von Edith und Klaus Düsing und Hans Dieter Kirn herausgegebene Band „Geist und Willensfreiheit“ enthält neben einer Einleitung und einen Aufsatz aus der forensischen Psychiatrie neun Aufsätze, in denen „klassische Theorien“ zur Willensfreiheit von Aristoteles bis Martin Heidegger vorgestellt werden. In der Einleitung zeigen Edith und Klaus Düsing zu dem auf, dass die Resultate der Libet-Experimente nicht dazu taugen, Willensfreiheit als (empirisch) widerlegt anzusehen (S. 10-12), wie es zum Beispiel Roth und Prinz in ihren Schriften machen.
Die einzelnen Beiträge zeichnen sich durch profunde Quelleninterpretationen und durch adäquate Berücksichtigung des aktuellen Forschungsstandes aus. Die Ausführungen der akademischen Philosophie unterstreichen zudem, dass die Freiheitsthematik nicht spezialistisch, sondern nur unter Heranziehung aller philosophischen Teilsdisziplinen, also auch der Metaphysik und Religionsphilosophie zu diskutieren ist (S. 14). Präzise philosophische Begriffsarbeit kann durch noch so verfeinerte neurobiologische Messmethoden nicht ersetzt werden, es sei denn um den Preis, Philosophie als angewandte Neurobiolologie zu deklarieren. Zurecht versuchen die Autoren mit ihrem Sammelband, die Willensfreiheitsdebatte aus ihrer gegenwärtigen neurobiologischen Verklammerung zu lösen. Ein Schwerpunkt der Beiträge liegt auf Philosophen des Deutschen Idealismus (Kant, Fichte, Hegel, Schelling).
Einige Aufsätze enthalten zudem längere Originalpassagen von Philosophen, die produktiv im Unterricht eingesetzt werden. So elaboriert der Tübinger Theologe Oswald Beyer in seiner Abhandlung "Freiheit des Willens. Über Luthers de servo arbitrio" quellennah die Kontroverse zwischen Martin Luther und Erasmus von Rotterdam über die Freiheit des Willens. Eine gute Einführung in die Substanzmetaphysik von Leibniz erhält er Lehrer durch den Beitrag über Leibniz und Hegel.
Fazit: Das Buch "Geist und Willensfreiheit" aus dem Verlag „Königshausen & Neumann“ verdient nicht nur von Philosophielehrenden- und studierenden gelesen zu werden, sondern auch von Philosophie- und EthiklehrerInnen, die sich für Unterrichtsthematik „Willensfreiheit“ differenziertes philosophisches Hintergrundwissen aneignen möchten.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Edith Düsing ist apl. Professorin für Philosophie an der Universität Köln; Klaus Düsing ist Prof. em. für Philosophie an der Universität Köln; Hans-Dieter Klein Ordinarius für Philosophie an der Universität Wien.
Inhaltsverzeichnis
Edith und Klaus Düsing: Einleitung – Gegenwärtige Freiheitsprobleme und klassische Theoriekontexte 7
Dirk Fonfara: Freiwilliges Handeln und Tugend. Aristoteles’ Lehre von der Prohairesis im Rahmen einer eudaimonistischen Ethik 15
Norbert Fischer: Irrwege des Lebens. Die Suche nach wahrer Freiheit in Augustins ›Confessiones‹ 47
Oswald Bayer: Freiheit des Willens? Über Luthers de servo arbitrio 65
Burkhard Tuschling: Von der Monade zum subjektiven Geist: Leibniz, Hegel 83
Klaus Düsing: Spontaneität und sittliche Freiheit bei Kant und Fichte 107
Wilhelm Metz: Fichtes Freiheitsbegriff (Sittenlehre von 1798 und 1812, Anweisung zum seligen Leben) 127
Adriaan T. Peperzak: Freiheit bei Hegel 153
Wilhelm G. Jacobs: Freiheit und Anfang im Denken Schellings 171
Edith Düsing: Die in Angst verlorene Freiheit bei Kierkegaard und Heidegger mit Ausblick auf Freud 185
Rolf Schmidts/Thomas Hessel: Psychodynamische Aspekte der Willensfreiheit in der forensischen Psychiatrie 207