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Exil Geschichte einer Vertreibung 1933-1945
Exil
Geschichte einer Vertreibung 1933-1945




Wolfgang Benz

Verlag C. H. Beck oHG
EAN: 9783406829338 (ISBN: 3-406-82933-3)
407 Seiten, hardcover, 15 x 22cm, Februar, 2025

EUR 36,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
„Exiliert zu sein, heißt, besiegt, geschlagen zu sein.“

Etel Adnan

Eingepfercht auf einem Schiff hoffen jüdische Flüchtlinge auf ein neues Leben in Israel. Thomas Mann ist als berühmter Schriftsteller in den USA zwar privilegiert, aber auch er muss sich in einem Leben im Exil einrichten. Marianne Cohn gelingt die Rettung nicht. Sie wird auf der Flucht in die Schweiz geschändet und erschossen. Das Exil in der Zeit des Nationalsozialismus besteht aus unendlich vielen Geschichten und führt in alle Weltgegenden. Wolfgang Benz, einer der besten Kenner des Themas, legt nun die erste große Gesamtdarstellung vor.
Rezension
Warum wurden von 1933 bis 1945 ungefähr eine Million Menschen aus dem nationalsozialistischen Deutschland vertrieben – überwiegend Jüdinnen und Juden sowie Wissenschaftler:innen, Künstler:innen und Politiker:innen? Wodurch unterscheidet sich das politische Exil vom „Kulturexil“? Mit welchen diskriminierenden Gesetzen und mit welchen Übergriffen zwangen die Nationalsozialisten die jüdische Bevölkerung zwischen 1933 und 1938 zur Auswanderung? Welches waren Orte des Exils zwischen 1933 und 1945? Gibt es Beispiele für gescheiterte Fluchtversuche? Wie verliefen die Kindertransporte nach London oder Jerusalem? Wurden Emigranten aus dem nationalsozialistischen Deutschland im Westen als Fremde angesehen? Mit welchen Problemen hatten Exilierte zu kämpfen? War Willy Brandt der berühmteste Rückkehrer aus dem Exil? Wurden Exilanten seitens der BRD und der DDR unterschiedlich aufgenommen?
Fachliche fundierte Antworten auf diese Fragen gibt der international anerkannte Zeithistoriker Wolfgang Benz (*1941) mit seinem Buch „Exil. Geschichte einer Vertreibung 1933-1945“, erschienen bei C.H. Beck. Bekanntheit erlangte ehemalige Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung u.a. durch seine Werke „Der Holocaust“(8. Aufl. 2014), „Die 101 wichtigsten Fragen. Das Dritte Reich“(3. Aufl. 2012) und „Allein gegen Hitler“(2. Aufl. 2024). Benz hat in den 1990er Jahren maßgebliche Dokumentationen und Studien zur Erforschung des Exils herausgegeben, u.a. „Das Exil der kleinen Leute. Alltagserfahrung deutscher Juden“(1991), sowie zusammen mit Marion Neiss „Die Erfahrung des Exils. Exemplarische Reflexionen“(1997) und „Deutsch-jüdisches Exil: das Ende der Assimilation? Identitätsprobleme deutscher Juden in der Emigration“(1994).
Seine Forschungen sind eingeflossen in die erste Gesamtdarstellung der von den Nationalsozialisten Vertriebenen. In „Exil“ berücksichtigt Benz zwar auch die vor und nach der Machtübertragung an Hitler Ende Januar 1933 emigrierten Schriftsteller:innen, Wissenschaftler:innen und Intellektuelle, fokussiert aber die Vertreibung der jüdischen Bevölkerung, deren Leid er anhand eindrücklicher Quellen demonstriert. Bisher kaum in der Öffentlichkeit bekannten Personen wird hier erstmals eine Stimme gegeben. Exil, das betont Benz in seiner Monographie, war bis auf wenige Ausnahmen für die Menschen ein „existenzieller Ausnahmezustand“. Lehrkräfte des Faches Geschichte werden durch den vorliegenden Band aufgefordert, sich im Unterricht mit der Geschichte der Vertreibung aus dem nationalsozialistischen Deutschland problemorientiert auseinanderzusetzen.
Fazit: Wolfgang Benz leistet mit seinem Buch „Exil“ einen zentralen Beitrag zur historischen Aufklärung über die Vertreibungen während der NS-Diktatur und zur Erinnerungskultur. Zugleich ist sein Werk als ein Plädoyer zu lesen, aus historischer Verantwortung für die uneingeschränkte Geltung des im Grundgesetz verankerten Grundrechts auf Asyl einzutreten.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Benz, Wolfgang
Exil
Geschichte einer Vertreibung 1933-1945.
Eingepfercht auf einem Schiff hoffen jüdische Flüchtlinge auf ein neues Leben in Israel. Thomas Mann ist als berühmter Schriftsteller in den USA zwar privilegiert, aber auch er muss sich in einem Leben im Exil einrichten. Marianne Cohn gelingt die Rettung nicht. Sie wird auf der Flucht in die Schweiz geschändet und erschossen. Das Exil in der Zeit des Nationalsozialismus besteht aus unendlich vielen Geschichten und führt in alle Weltgegenden. Wolfgang Benz, einer der besten Kenner des Themas, legt nun die erste große Gesamtdarstellung vor.
Das Dritte Reich zwang hunderttausende Menschen dazu, Deutschland zu verlassen. Jüdinnen und Juden mussten ebenso um ihr Leben fürchten wie solche Deutsche, die sich gegen die Nazis engagiert hatten oder nicht mit ihrer Weltanschauung übereinstimmten. In seiner grundlegenden Darstellung erzählt Wolfgang Benz ebenso eindringlich wie quellennah die Geschichte dieser gewaltigen Fluchtbewegung. Er zeichnet minutiös die Etappen und Orte des Exils nach, die oft demütigenden Umstände der Visabeschaffung und die schwierigen Lebensbedingungen als Fremde und häufig Unwillkommene in einem anderen Land. Dabei gibt er den «Berühmtheiten» wie Hannah Arendt, Sigmund Freud oder Thomas Mann eine Stimme, vor allem aber auch Menschen, denen sonst nur wenig Aufmerksamkeit zuteil wird. So steht das Schicksal einer unbekannten jüdischen Kinderfürsorgerin gleichberechtigt neben dem Weg des weltberühmten Begründers der Relativitätstheorie.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 9
1. Politische Emigration im Ersten Weltkrieg und
in der Weimarer Republik 15
Ein Krupp-Direktor im Schweizer Exil 17
Im Streit um die Kriegsschuld 19
Der Fall Nicolai 23
Die «Freie Zeitung» 26
Friedrich Wilhelm Foerster: Pazifist und Europäer 29
Als radikaler Demokrat verfemt: Emil J. Gumbel 31
2. Flucht vor der «nationalen Revolution» 39
Exodus der Gegner: Das politische Exil 40
Diffamierung, Diskriminierung, Verfolgung:
Prinzipien nationalsozialistischer Diktatur 41
Das Kulturexil 47
Das Exil als tödliche Falle 52
Karrierebrüche 55
Hilfe und Selbsthilfe 56
Paradigmatische Existenz: Werner Hegemann,
Architekt und Publizist 60
3. Vertreibung durch Diskriminierung.
Jüdische Auswanderung 1933–1938 67
Nationalsozialistische «Judenpolitik» 67
Die Illusion jüdischer Selbstbehauptung 72
Der schwere Entschluss zur Auswanderung 76
Die zionistische Alternative: Kurswechsel nach
den Nürnberger Gesetzen 78
Psychologische und bürokratische Barrieren 80
Hachschara 82
Das Haavara-Abkommen 85
Deportation der Ostjuden 86
Reichskristallnacht 88
Hertha Nathorffs Weg ins Exil 92
Das offizielle Ende jüdischer Emigration 96
Ernst Loewy, ein enttäuschter Zionist 101
4. Orte des Exils 107
Erste Stationen: Saarbrücken, Wien, Amsterdam 107
Schweiz 110
Prag und Brünn 115
Paris und Marseille 123
Mexiko 135
London 143
Moskau 147
New York 153
Ibibobo und Buenos Aires 168
Shanghai 174
Sydney und Melbourne 190
5. Kindertransporte 201
Vorbereitung auf Erez Israel: Die Jugend-Alijah 201
Vom Frankfurter Waisenhaus nach Kfar Hanoar
und Jerusalem 203
Die «Cedar Boys» 207
Kindertransporte nach Großbritannien 1938/39 209
Corporal Gene O’Brian 218
Fred Jordans Karriere: Zionist in Wien, Metalldreher
in London, Verleger in New York 221
Tragödie in Annemasse 223
Solidarität und Hilfe: Die Kinder der Villa Emma
in Nonantola 226
Recha Freier, die streitbare Retterin 228
6. Alijah Bet. Verbotene Wege nach Palästina 235
Unerreichbares «Gelobtes Land» 236
Sonder-Hachschara 238
Gestrandet in Kladovo 246
Ein langer Weg nach Israel 250
Die Irrfahrt der «Exodus» 260
7. Fiktion und Realität: Literatur im Exil 263
Themen und Karrieren 265
Der Moskauer Schriftstellerkongress 270
Audienz bei Stalin 281
«Das siebte Kreuz» 284
«Der Weg zur Grenze» 289
8. Rückkehr aus dem Exil 293
Distanzierte Erkundung 293
In der Uniform der Sieger 297
Willkommen bei richtiger Gesinnung 300
Staatstragende Prominenz. Kulturschaffende
Remigranten in der DDR 308
Widerstand, KZ, Flucht, Heimkehr: Als jüdische
Kommunistin im Exil 314
Ressentiments 321
Staatsgründung im Westen. Anteil und Konzepte
des Exils 322
Juden und andere Emigranten unerwünscht 327
«Charterflug in die Vergangenheit» 332
9. Wann endet das Exil? 343
Anhang
Anmerkungen 359
Quellen und Literatur 391
Bildnachweis 395
Register 399