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Die dreckige Seidenstraße
Wie Chinas Wirtschaftspolitik weltweit Staaten und Demokratien untergräbt
Philipp Mattheis
Goldmann Verlag
EAN: 9783442317158 (ISBN: 3-442-31715-0)
288 Seiten, hardcover, 14 x 22cm, Mai, 2023
EUR 24,00 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Ein thesenstarkes Werk zur Debatte um Chinas Weltpolitik
Chinas geostrategisches Projekt der "Neuen Seidenstraße" hat uns fest im Griff. Der wirtschaftliche Machtausbau ist weit fortgeschritten und nimmt keine Rücksicht auf Menschenrechte, Umweltschutz und demokratische Entscheidungsprozesse. Unser Umgang damit entscheidet über unsere Zukunft in Deutschland und Europa.
"Wir müssen uns darüber im Klaren sein, was auf der Neuen Seidenstraße passiert und, wenn möglich, gegensteuern. Die Initiative unter Xi Jinping ist Machinstrument, um Chinas Einfluss global auszubauen, aber auch Symptom für veränderte Machtverhältnisse und den Wiederaufstieg Asiens." Philipp Mattheis
Rezension
Unter Xi Jinping wandelte sich in China Vieles. Er führt die Wirtschaftspolitik seiner Vorgänger fort, setzte sich konsequent zum Ziel, China in allen Belangen als Weltmacht Nummer Eins zu etablieren. Dabei schreckt er anscheinend vor nichts zurück. Grundlage seiner autokratischen Regierung ist die innenpolitische Zementierung seiner Macht. Seit Mao Zedong gab es keinen Herrscher in China, dessen Machtanspruch und Machtfülle derart umfassend waren. Er nutzt sämtliche Kanäle seiner (All-)Macht und schreckt auch vor Konflikten nach Außen keineswegs zurück. Die Neue Seidenstraße ist ein weiterer Versuch, Chinas Einflusssphären auszudehnen.
Philipp Mattheis, der Autor des vorliegenden Buches, kennt die Materie aus seiner Tätigkeit als Journalist und lebte mehrere Jahre in Shanghai. Seine Betrachtungen lenken den Blick auf die Ziele der chinesischen Wirtschaftspolitik. Die Neue Seidenstraße wird im Vergleich zwischen den nach Außen propagierten wirtschaftlichen Zielen und deren tatsächlicher politischer Umsetzung kritisch beleuchtet. Rasch wird deutlich: es geht nicht ausschließlich um Handel, sondern auch darum, Machtsphären auszubauen, zu etablieren und zu nutzen. Insbesondere kleinere, wirtschaftlich schwächere Staaten unterliegen den Verlockungen unkonventioneller finanzieller Hilfen. Häufig jedoch erweist sich genau das als gravierende Fehlkalkulation. Geraten Länder in Zahlungsschwierigkeiten, macht China erbarmungslosen Gebrauch von den Absicherungsmechanismen, die einen weiteren wirtschaftlichen und politischen Effekt zu Chinas Gunsten erbringen.
Die Neue Seidenstraße führt jedoch auch in wirtschaftlich starke Regionen und Länder, so zum Beispiel auch nach Deutschland. Auch diese Handelsbeziehungen werden multiperspektivisch betrachtet und hinterfragt.
Es ist ein fundiertes und auf Fakten beruhendes Buch, das einen guten Einblick in das Wechselspiel von wirtschaftlichen Zielsetzungen und deren politischer Umsetzung gewährt. Der Unterschied zu vergleichbaren Werken ist aus meiner Sicht, dass der Autor sich dem Thema inhaltlich umfassend widmet, jedoch verhältnismäßig unvoreingenommen. Auch er beschreibt anhand von Fakten die fatalen Folgen für Entwicklungs- und Schwellenländer, die gelegentlich recht vorschnell dem finanziellen Werben unterliegen und "nur" die Vorteile für die eigene Volkswirtschaft betrachteten, sich am Ende aber den restriktiven Vertragsklauseln unterwerfen müssen. Selbst in Deutschland greift China nach einem höheren Maß an Einfluss. Das Pro und Contra kommt in der vorliegenden Betrachtung ebenfalls nicht zu kurz.
Es ist genau diese, auf bekannten Fakten beruhende Darstellung und die inhaltliche Auseinandersetzung mit den wirtschaftlichen und politischen Folgen, die mich überzeugt haben. Es wird nicht vorschnell einseitig (i.d.F. negativ) ge- und verurteilt, sondern es verbleibt Raum für eigene Positionierung. So stelle ich mir ein gutes Sachbuch vor!
Dietmar Langusch, Lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Lange galt China als eine Art sanfter, schlafender Riese. Zwar war das politische System und dessen Menschenrechtsverletzungen nur schwer vereinbar mit westlichen demokratischen Werten, doch man setzte auf das Prinzip »Wandel durch Handel«. China würde sich mit steigendem Wohlstand schon öffnen. Doch das Gegenteil ist eingetreten: China verschließt sich nach außen, hat aber enorm an wirtschaftlichen und politischen Einfluss gewonnen. Bereits seit 2013 schafft die kommunistische Partei mit Krediten, Investitionen und Entwicklungsprojekten neue Absatzmärkte und hat neue Seidenstraßen erschlossen. Wer genauer hinsieht, bemerkt schnell, dass nicht nur chinesische Waren exportiert werden, sondern auch Ideologie, Dominanz und wirtschaftspolitische Abhängigkeiten. Die »neue Seidenstraße« ist ein schmutziges Projekt. Die Kommunistische Partei untergräbt demokratische Regierungen, höhlt schleichend westlich-liberale, kapitalistische Normen aus und unterstützt gleichzeitig autoritäre Regime. Menschenrechte und Umweltschutz spielen keine Rolle. Spätestens seit 2022 mit dem Beginn des Russland-Ukraine-Krieges ist deutlich, wie groß Chinas Einfluss auch in Europa und Deutschland ist. Der Journalist und langjährige China-Korrespondent Philipp Mattheis hat die Länder, durch die die neuen Seidenstraßen verlaufen, bereist: von Kasachstan bis Ungarn, von Sri Lanka bis Georgien, von Griechenland bis Deutschland entlarvt er die Wirkmechanismen und Folgen der chinesischen Wirtschafts- und Geopolitik und fordert zu politischer Verantwortung und zum Umdenken auf.
Philipp Mattheis, geboren 1979, hat Philosophie studiert und die Deutsche Journalistenschule besucht. Seit 2011 arbeitet er als Auslandskorrespondent für verschiedene deutsche Medien, darunter den Stern, Capital, die WirtschaftsWoche und den STANDARD. Von 2011 bis 2016 und 2019 bis 2021 lebte er in Shanghai, von 2016 bis 2019 berichtete er aus Istanbul über die Türkei und den Nahen Osten. Er ist Autor mehrerer Bücher. Zuletzt erschien »Die dreckige Seidenstraße« im Mai 2023 im Goldmann Verlag. Online findet man ihn unter: philipp-mattheis.com
Inhaltsverzeichnis
VORWORT 11
1. AM ENDE DER NEUEN SEIDENSTRASSE 15
Athen, Montenegro, Budapest und Hamburg – die Kommunistische Partei Chinas hinterlässt Spuren in ganz Europa.
2. AM ANFANG DER NEUEN SEIDENSTRASSE ODER »YOU NAME IT« 27
Mitte 2013 verkündet Xi Jinping das »Projekt des Jahrhunderts« und überschüttet die Welt mit Milliarden-Krediten.
3. VOR ORT IN SRI LANKA: WEISSE ELEFANTEN UND DIE SCHULDENFALLE 43
Als Sri Lanka in Zahlungsschwierigkeiten gerät, übernimmt China einen Hafen des Landes. Ein Muster?
4. DIE DREHSCHEIBE DER WELT: DIE KORREKTUR EINES FEHLERS DER GESCHICHTE 61
Mit dem Beginn des europäischen Zeitalters verfällt der sagenhafte Reichtum der alten Seidenstraße. Jetzt soll er zurückkehren.
5. VOR ORT IN KENIA: GRAUE ELEFANTEN UND CHINAS AFRIKA-STRATEGIE 79
Eine Zugstrecke endet im Nirgendwo. Trotzdem ist das Geld aus Peking auf dem Kontinent gern gesehen.
6. THE GREAT GAME I: DIE FABRIK DER WELT 101
Nach der globalen Finanzkrise 2009 verfügt China über gewaltige produktionskapazitäten und sitzt auf 3 Billionen Dollar. Beides muß irgendwohin.
7. VOR ORT IN ZENTRALASIEN: VON RUSSLANDS HINTERHOF ZU CHINAS VORGARTEN 115
Das »Kronjuwel der neuen Seidenstraße« ist ein eher trister Ort: zu Besuch in Khorgos, dem größten Trockenhafen der Welt.
8. KOLLATERALSCHADEN XINJIANG? 133
Der Beginn der brutalen Unterdrückung der Uiguren fällt zeitlich zusammen mit dem Start der Neuen Seidenstraße.
9. VOR ORT IN VORDER- UND SÜDASIEN: VOM KARAKORUM HIGHWAY NACH TEHERAN UND ISTANBUL – DAS SCHWEIGEN DER ISLAMISCHEN WELT 147
Besonders leicht fallen Peking Geschäfte mit autoritären Regimes – und dort, wo westliche Unternehmen sich zurückgezogen haben.
10. THE GREAT GAME II: AM LÄNGEREN HEBEL 167
Mit der neuen Doktrin der »Zwei Kreisläufe« will China die Kontrolle über den Waren- und Energiefluss behalten.
11. VOR ORT IN MYANMAR: DAS MALAKKA-DILEMMA 183
Eine Pipeline soll China Zugang zum Indischen Ozean verschaffen. Die chinesischen Unternehmen gehen dabei rücksichtslos vor.
12. VOR ORT IN LAOS: SCHLEICHENDE ÜBERNAHME 197
Seit Dezember 2021 verbindet eine Bahnstrecke die laotische Hauptstadt mit China. Und Laos wird allmählich zur chinesischen Provinz.
13. DIE DIGITALE SEIDENSTRASSE 211
Chinesische Internetstandards sollen die Welt entlang der Belt-and-Road-Initiative (BRI) prägen – mit ihnen kommt Überwachungstechnologie aus Peking.
14. THE GREAT GAME III: KAMPF DEM US-DOLLAR 221
Ziel Pekings ist es, den Status des US-Dollars als globale Leitwährung zu untergraben. Dafür spielt auch die Neue Seidenstraße eine wichtige Rolle.
15. CHINAS SCHULDENKRISE UND DIE SEIDENSTRASSE 2.0 233
Immer öfter geraten die Empfängerländer der Neuen Seidenstraße in Zahlungsschwierigkeiten – und China hat eigene Probleme.
16. AM ENDE: SONDERFALL DEUTSCHLAND 247
Duisburg ist der Endpunkt der Neuen Seidenstraße. Warum Deutschland eine Sonderrolle innehat.
17. SCHULDENFALLE ODER WIN-WIN? 257
Peking baut seine Macht entlang der Neuen Seidenstraße aus – und trotzdem stimmt das Motiv vom »bösen Geldverleiher« nicht.
EPILOG: VON IMPERIEN UND FALSCHER ÄQUIDISTANZ 263
DANK 277
LITERATURVERZEICHNIS 279
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