|
Die amerikanische Krankheit
Amoklauf als Symptom einer zerbrechenden Gesellschaft
Georg Milzner
Gütersloher Verlagshaus
EAN: 9783579068718 (ISBN: 3-579-06871-7)
191 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 14 x 22cm, 2010
EUR 17,99 alle Angaben ohne Gewähr
|
|
Umschlagtext
Georg Milzner sucht in diesem Buch Gründe für Amokläufe. Er stellt jedoch nicht den Täter in den Fokus, sondern das gesamtgesellschaftliche Umfeld, und unterscheidet sich damit massiv von anderer Literatur, die sich mit dem Thema Amoklauf befasst. Indem er die meist ignorierte Tatsache, dass sich insbesondere school shootings hauptsächlich in den USA und in Deutschland ereignen, in den Mittelpunkt seiner Betrachtungen stellt, gelingt ihm eine Diagnose des modernen Amoklaufs als einer im Kern gesellschaftlichen Erkrankung, bei der es ein grober Fehler wäre, sie nur an ein paar fehlgeleiteten Einzelnen festzumachen. In der Tradition der psychologischen Gesellschaftskritiker leuchtet Milzner in die Schichten des amerikanischen Unbewussten hinein und macht dort die tieferen Gründe für moderne Amokläufe aus. Deutschland, so zeigt dies Buch auf, ist insbesondere deshalb vom modernen Amoklauf so betroffen, weil es in seiner eigenen Identität unsicher ist und so von den Erkrankungen der amerikanischen Kultur leicht infiziert werden kann.
»Ein Junge oder ein junger Mann, eine schwere Waffe in der Hand, behängt mit Munition. Meist in schwarz gekleidet, der Farbe der Desillusionier-ten, der Trauernden und der Rächer. Bereit zu schießen, um zu töten; treffsicher, denn er hat viel geübt. Heute Abend wird alles vorbei sein, es wird Tote gegeben haben, vielleicht viele Tote, Schreie des Schreckens und Blicke der Angst, und er, der Mörder, wird sich in einer letzten Illusion von Größe selbst das Leben genommen haben. Dann hängt das Entsetzen über der Stadt, meist einer kleineren Stadt, über der Schule, dem Altenheim, dem Kindergarten. Und durch das Entsetzen hindurch wird man immer wieder die eine Frage hören: Warum?«
Rezension
Zerbricht unsere Gesellschaft an einem amerikanischen Phänomen? Es beginnt mit den Namen: Littletown und Emsdetten, Dunblane, Erfurt, Binghanton und Winnenden sind Synonyme für einen neuen Schrecken unserer Kultur: den Amoklauf. Diese einerseits archaische und andererseits hochmoderne Variante von Gewalt beginnt zusammen mit dem Terrorismus unser Bild von Bedrohung zu prägen, ja, für viele ist sie gegenwärtig wohl die Bedrohung schlechthin. - Und nach jedem dieser geplanten Massaker kehrt auch die Frage nach dem WARUM? in den Mittelpunkt des Entsetzens und der öffentlichen Diskussionen zurück. Analysen, die versuchen, die Tat kriminologisch zu rekonstruieren und die Gründe in der Biografie eines Einzeltäters zu suchen, beleuchten jedoch nur ausgewählte Bruchstücke. Der Psychologe und Psychotherapeut Georg Milzner wählt in seinem neuen Buch eine neue Perspektive. Er stellt nicht allein den Täter ins Zentrum, sondern untersucht den Amoklauf als gesamtgesellschaftliches Phänomen. Tief in die Schichten der amerikanischen Gesellschaftsstruktur blickend, beschreibt der Autor die besondere Rolle der Medien, die sozialen Hintergründe und die beklemmenden Mechanismen der Gewalt. Und er zeigt, dass in Deutschland Amokläufe bereits zu einem Merkmal in unserer vom amerikanischen Lebensmodell geprägten und eingefärbten Kultur geworden sind. Das gilt es zu ändern - durch Prophylaxe, Kommunikationstrainings und eine grundlegende soziale Wende.
Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
•Möglichkeiten und Chancen, um Amokläufe zu verhindern
Dieses Buch wird die Sicht auf Amokläufe verändern. Georg Milzner analysiert den Amoklauf als gesellschaftliches Phänomen. Eindrucksvoll beschreibt der Autor nicht nur die Rolle der Medien und die sozialen Hintergründe, sondern auch die beklemmenden Mechanismen der Gewalt. Dabei wird deutlich, dass Amokläufe sich nicht zufällig ereignen, sondern ein Merkmal unserer vom amerikanischen Lebensmodell geprägten und eingefärbten Kultur sind. Einer Kultur, die wir verändern müssen, wenn wir Amokläufe verhindern wollen. Es besteht die Chance zum Wandel und sie muss genutzt werden – durch Prophylaxe, Kommunikationstrainings und gesellschaftliche Veränderungen.
Georg Milzner, Diplompsychologe und approbierter Psychotherapeut, studierte Psychologie und Verhaltensbiologie. Für die Psychiatrische und die psychosomatische Arbeit entwickelte er eine Reihe von Aufsehen erregenden neuen Modellen. Heute unterhält er eine Praxis für Hypnoanalyse im Bönninghausen-Institut für ganzheitliche Heilkunst in Münster/ Westfalen. Außerdem betreibt er die Forschungsstation „Neuro-Atelier“, in der insbesondere psychische Ausnahmezustände und die Zusammenhänge zwischen Psyche und Kultur untersucht werden.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung 8
I. Herkunft und Entwicklung des Amoklaufs
1. Ein Schrei des Krieges 17
2. Seit wann? 18
3. Vom Einzelfall zum Schrecken der Gesellschaft 19
4. Abgrenzungsversuche 22
5. Der kulturelle Spiegel 23
6. Nur ein paar Kranke? 27
II. Sinn und Unsinn der psychiatrischen Diagnostik
1. Die Vielfalt der Diagnosen 29
2. Die unklare Rolle der Psychopharmaka 37
3. Ist Mobbing eine Erklärung? 38
4. Herostratentum 39
5. Sadismus und Nekrophilie 41
6. Die sexuelle Problematik 44
III. Formen der Gewalt
1. Das Kreuz der Gewalt 47
2. Kathartische Gewalt 49
3. Instrumentelle Gewalt 52
4. Archaische Gewalt 54
5. Moderne Gewalt 56
6. Der Amokläufer vor dem Kreuz der Gewalt 59
IV. Die innere Welt des modernen Amokläufers
1. Jenseits des Vertrauten 61
2. Wie viel Sinn macht eine Typologie des modernen Amokläufers? 62
3. Das infantile Böse 64
4. Amokläufer und Selbstmordattentäter 66
5. Der Innenraum des Täters 69
6. Vom Hass 73
V. Massaker als gesellschaftliche Erkrankung
1. Eine amerikanische Krankheit 76
2. Das zweifache Bedingungsgefüge sozial relevanter Erkrankungen 79
3. Der angepasste Täter 83
4. Tolerierte Gewalt 85
5. Gewalt und Tabu 88
6. Amoklauf und Management 90
VI. Das kulturelle Unbewusste und seine Bilder
1. Vom einsamen Rächer 96
2. Der Wandel der Zeichen 98
3. Soziale Erkrankung und mythischer Ausweg 101
4. Der Rächer in seinem Glanz 103
5. Der Rächer in seinem Verfall 105
6. Der Rächer und der Räuberhauptmann 106
VII. Die vielfache Rolle der Medien
1. Gewalt als kultureller Stimulus 111
2. Von der Abschaffung des Mitleids 114
3. Die modellbildende Funktion der Medien 116
4. Die trainierende Funktion der Medien 119
5. Die hypende Funktion der Medien 122
6. Die umwertende Funktion der Medien 123
VIII. Handeln im Brennpunkt
1. Das Machtbewusstsein 129
2. Entwaffnende Kommunikation 130
3. De-Eskalation: Das unerwartete Entgegenkommen 132
4. Über-Eskalation: Die Sehnsucht, besiegt zu werden 136
5. Irritation: Der Einbruch des Absurden 140
6. Die Chance, dass es gelingt 144
IX. Institutionelles Verhindern
1. Der Notplan 146
2. Unmittelbare unangenehme Konsequenzen 147
3. Ausbildungen und Riten 151
4. Zur Frage der Früherkennung 154
5. Gewalt als ambivalenter Diskussionsgegenstand 158
6. Fragebögen als Diskussionsgrundlage 163
X. Gesellschaftliche Prophylaxemaßnahmen
1. Öffentliche Gewaltdiskussionen 170
2. Waffenbesitz ächten 171
3. Raum zum Wüten 175
4. Für ein mediales Ignorieren der Täter 178
5. Neue Outlaws 182
6. Die Neuorientierung der dunklen Seite 185
Literatur 189
|
|
|