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Die Zukunft der Religion
Die Zukunft der Religion




Richard Rorty, Gianni Vattimo

Verlag der Weltreligionen
EAN: 9783458720126 (ISBN: 3-458-72012-X)
114 Seiten, paperback, 11 x 18cm, Dezember, 2009

EUR 10,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Nicht erst seit der vielbeachteten Wahl des neuen Papstes, nicht erst seit den religiös motivierten Terroranschlägen, die die westlichen Demokratien erschüttert haben, und nicht erst seit der Wiederkehr religiöser Fundamentalismen in allen Teilen der Welt wird deutlich, daß die Frage der Religion zu einer Nagelprobe der Zivilisation geworden ist. Doch war die Religion nicht längst überwunden?



Die Philosophen Richard Rorty und Gianni Vattimo, die als Vertreter einer dezidierten Metaphysikkritik nicht gerade in Verdacht stehen, dem Christentum das Wort zu reden, stellen die Frage nach der Zukunft der Religion. In pointierten Texten und einem anschaulichen Gespräch gehen sie von der Beobachtung aus, daß die Metaphysikkritik mitnichten zum Verschwinden der Religion geführt hat. Der Tod Gottes gehört der Vergangenheit an, die Religion nicht. Doch gehört ihr wirklich die Zukunft? Oder hat nicht vielmehr eine Verschiebung der religiösen Erfahrung stattgefunden, die eine Metaphysikkritik keineswegs ausschließt? Wird eine Religion ohne Gott kommen?



»Was kommt nach dem Ende der Metaphysik? Kann Religion ohne Begründungen, objektive Wahrheiten oder Gott auskommen? Zwei der einflußreichsten Philosophen unserer Tage kommen hier zu einer Antwort zusammen. Gemeinsam bestimmen Vattimos Hermeneutik und Rortys Pragmatismus unsere Vorstellung der christlichen Botschaft, daß die Liebe das einzige Gesetz darstelle, neu.« Nancy Frankenberry



Richard Rorty (1931-2007) lehrte zuletzt – nach verschiedenen Professuren für Philosophie an anderen amerikanischen Universitäten – an der Stanford University Vergleichende Literaturwissenschaft. Im Suhrkamp Verlag erschienen u. a. Wozu Wahrheit (2005), Philosophie als Kulturpolitik (zoo8); Die Zukunft der Religion erschien zoo6. Gianni Vattimo, geboren 1936, ist Professor für Philosophie in Turin. Im Suhrkamp Verlag erschien 2001 Die Religion (zusammen mit Jacques Derrida).
Rezension
Das Buch besteht aus vier Teilen: Einer Einleitung von Santiago Zabala „Eine Religion ohne Theisten und Atheisten“, einem Beitrag von Richard Rorty „Antiklerikalismus und Atheismus“, einem Beitrag von Gianni Vattimo „Das Zeitalter der Interpretation“ sowie einem Gespräch der drei Autoren im Jahr 2002 „Die Zukunft der Religion nach der Metaphysik“.

Der genannte Titel des Gesprächs gibt auch die gemeinsame Fragestellung des Bandes an: „Welche Zukunft hat die Religion nach dem Ende der Metaphysik?“ Als grundlegende These nennt Zabala, „daß die Menschheit in das ‚Zeitalter der Interpretation‘ eingetreten ist“. (17) Nach der Dekonstruktion der Metaphysik bestünden alte Dualismen nicht mehr fort, wie Geistes- und Naturwissenschaften, Atheismus und Theismus, Wirklichkeit und Schein, Zeitliches und Ewiges. Postmodernes Denken müsse ohne ontologische, von der Geschichte losgelöste Wahrheiten auskommen. Für das Ende der Metaphysik seien für Rorty und Vattimo drei Ereignisse maßgeblich: „Die Französische Revolution (Solidarität), das Christentum (Nächstenliebe) und die Romantik (Ironie)“. (19)

Rorty stellt fest, dass mit dem Verwerfen der Frage nach dem wirklich Seienden auch die Gewissheiten des Atheismus in sich zusammenfallen. Dementsprechend würden sich Philosophen heute im Anschluss an Max Weber eher als „religiös unmusikalisch“ bezeichnen. Rorty, der im Gegensatz zu Vattimo selbst nicht religiös erzogen ist, bevorzugt den Begriff „Antiklerikalismus“. Darin sei, anders als im Begriff „Atheismus“, keine (metaphysische) Aussage über die Existenz Gottes enthalten. Eine privatisierte, nicht durch kirchliche Institutionen politisierte Religion stelle eine Voraussetzung für ein Zusammenleben im Geist der Toleranz dar.

Vattimo führt das Diktum Nietzsches an: „Tatsachen gibt es nicht, nur Interpretationen […] aber schon das ist Auslegung.“ (63) Das „Zeitalter der Interpretationen“ verlange ein Umdenken, beispielsweise darin, „daß wir nicht deshalb an das Evangelium glauben, weil wir wissen, dass Christus auferstanden ist, sondern daß wir an Christi Auferstehung glauben, weil wir davon in der Bibel lesen“. (59). Die Bibel sei nicht nur kein kosmologisches Handbuch, sondern genauso wenig ein theologisches oder anthropologisches Handbuch. Diese Entmythologisierung der Bibel bedeute „die Inkarnation als Verzicht Gottes auf die eigene souveräne Transzendenz“. (62) Die christliche Nächstenliebe sei die einzige Größe, dass sich beim Verzicht auf metaphysische Wahrheiten nicht entmythologisieren lasse.

Die Autoren spielen in den Beiträgen und im Gespräch die Konsequenzen durch, die ein Verzicht auf auf metaphysische Wahrheiten hat. Insofern ist die Lektüre auch für diejenigen anregend, die diese These nicht in ihrer Radikalität teilen. Dabei erläutern sie die Konsequenzen, die das postmoderne „schwache Denken“ nicht nur für die Religion und ihre theologischen Aussagen, sondern auch für Atheisten, die die Nichtexistenz Gottes behaupten, hat. Die Zukunft der Religion liegt also nach den Autoren in einer auf der Säkularisierung beruhenden Entdogmatisierung und Rückbesinnung auf das Gebot der Liebe. Gleichzeitig bleiben Fragen offen: Im Buch wird vor allem auf das Christentum katholischer Prägung Bezug genommen. Wie könnte aber ein Dialog mit dem Islam aussehen? Die Autoren sehen dafür eine erfolgreiche islamische Aufklärung als Voraussetzung.

Christoph Terno, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Nicht erst seit der vielbeachteten Wahl des neuen Papstes, nicht erst seit den religiös motivierten Terroranschlägen, die die westlichen Demokratien erschüttert haben, und nicht erst seit der Wiederkehr religiöser Fundamentalismen in allen Teilen der Welt wird deutlich, daß die Frage der Religion zu einer Nagelprobe der Zivilisation geworden ist. Doch war die Religion nicht längst überwunden?

Die Philosophen Richard Rorty und Gianni Vattimo, die als Vertreter einer dezidierten Metaphysikkritik nicht gerade in Verdacht stehen, dem Christentum das Wort zu reden, stellen die Frage nach der Zukunft der Religion. In pointierten Texten und einem anschaulichen Gespräch gehen sie von der Beobachtung aus, daß die Metaphysikkritik mitnichten zum Verschwinden der Religion geführt hat. Der Tod Gottes gehört der Vergangenheit an, die Religion nicht. Doch gehört ihr wirklich die Zukunft? Oder hat nicht vielmehr eine Verschiebung der religiösen Erfahrung stattgefunden, die eine Metaphysikkritik keineswegs ausschließt? Wird eine Religion ohne Gott kommen?

„Was kommt nach dem Ende der Metaphysik? Kann Religion ohne Begründungen, objektive Wahrheiten oder Gott auskommen? Zwei der einflußreichsten Philosophen unserer Tage kommen hier zu einer Antwort zusammen. Gemeinsam bestimmen Vattimos Hermeneutik und Rortys Pragmatismus unsere Vorstellung der christlichen Botschaft, daß die Liebe das einzige Gesetz darstelle, neu.“ Nancy Frankenberry
Inhaltsverzeichnis
Santiago Zabala: Eine Religion ohne Theisten und Atheisten. Einleitung 13

Richard Rorty: Antiklerikalismus und Atheismus 36

Gianni Vattimo: Das Zeitalter der Interpretation 52

Richard Rorty, Gianni Vattimo und Santiago Zabala: Die Zukunft der Religion nach der Metaphysik. Ein Gespräch 67

Anmerkungen 100

Danksagung und Nachweis 112

Namensregister 113