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Die Türkei - Zerreißprobe zwischen Islam und Nationalismus
Die Türkei - Zerreißprobe zwischen Islam und Nationalismus




Gerhard Schweizer

Klett-Cotta
EAN: 9783608941128 (ISBN: 3-608-94112-6)
368 Seiten, hardcover, 12 x 21cm, 2008, 2 Karten, 16 S. Farbtafeln

EUR 19,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Die Türkei im 21. Jahrhundert: Gesellschaft, Geschichte und Politik

Gerhard Schweizer wirft in seinem neuen Buch einen Blick auf die Türkei und entdeckt dabei ein Land, das ganz anders ist als seine Klischees. Inzwischen plädieren nicht die säkular an Atatürk orientierten Parteien am entschiedensten für eine Erweiterung der demokratischen Rechte, nicht sie sind dazu bereit, die Macht eines putschbereiten Militärs konsequent einzuschränken. Vielmehr setzt sich heute die islamisch ausgerichtete Partei AKP unter der Führung von Erdogan am stärksten für Reformen ein, die den »Weg nach Europa« ebnen. Gerade der türkische Islam befindet sich derzeit in einem tiefgreifenden Umbruch.

Gerhard Schweizer, geb. 1940 in Stuttgart, ist ein ausgewiesener Kenner der islamischen Welt und gilt als einer der führenden Experten für die Analyse der Kulturkonflikte zwischen Orient und Abendland.
Rezension
Die Türkei ist im islamischen Kulturraum das, was Frankreich im christlichen Kulturraum ist: ein laizistischer Staat, der eine konsequente Trennung von Religion und Staat praktiziert, - und so kann es das Kopftuchverbot an türkischen Universitäten geben, während in Deutschland darüber diskutiert wird. Dieser Laizismus geht zurück auf Kemal Atatürk, den Gründer der säkularen Türkei, daher stammt der Kemalismus, gegen den der politische Islam in Opposition steht. Inzwischen aber plädieren nicht die säkular an Atatürk orientierten Parteien am entschiedensten für eine Erweiterung der demokratischen Rechte, nicht sie sind dazu bereit, die Macht eines putschbereiten Militärs konsequent einzuschränken. Vielmehr setzt sich heute die islamisch ausgerichtete Partei AKP unter der Führung von Erdoğan am stärksten für Reformen ein, die den »Weg nach Europa« ebnen. Gerade der türkische Islam befindet sich derzeit in einem tiefgreifenden Umbruch. So jedenfalls die Diagnose des Autors.

Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Gerhard Schweizer, 1940 in Stuttgart geboren, promovierte an der Universität Tübingen in Empirischer Kulturwissenschaft.
Heute lebt er als freier Schriftsteller in Wien, wenn er nicht gerade auf Reisen recherchiert und Material für neue Reportagen und Bücher sammelt.

Er ist einer der führenden Experten für die Analyse der Kulturkonflikte zwischen Abendland und Orient und gilt als ausgewiesener Kenner der islamischen Welt. Gerhard Schweizer hat dazu mehrere Bücher veröffentlicht, die als Standardwerke gelten. Einem breiten Publikum wurde er vor allem durch seine Bücher über den asiatischen und arabischen Raum bekannt.

»... Der Islamwissenschaftler Gerhard Schweizer beschreibt ... die Entwicklung des politischen Islam als Dauer-Opposition gegen den Kemalismus besonders anschaulich. ...«
Jürgen Gottschlich (Literaturen, Oktober 08)

»Gerhard Schweizer heißt der Autor einer neuen, empfehlenswerten Türkeistudie.«
Rudolf Walther (Tages-Anzeiger, 10.12.2008)

»Schweizer widmet sich Aspekten, die in anderen Büchern gar nicht thematisiert oder allenfalls gestreift werden. Sein profundes, fesselndes, ja sogar faszinierendes und äußerst empfehlenswertes Buch wartet mit mehr als nur Kurznennungen von Politikern wie Adnan Menderes, Necmettin Erkaban oder Turgut Özal auf, sondern führt in gebotener Länge deren Wirken und Leben vor Augen. Schweizer zeigt, dass er wirklich ein exzellenter Kenner der islamischen Welt ist.«
Christian Ruf (Dresdner Neueste Nachrichten, 13.10.2008)

Gerhard Schweizer macht deutlich: Auch wenn in der Türkei der Islam als Religion und Kultur ein stärkeres Gewicht bekommt, droht kein radikal antiwestlicher Islamismus.

Gerhard Schweizer wirft in seinem neuen Buch einen Blick auf die Türkei und entdeckt dabei ein Land, das ganz anders ist als seine Klischees. Inzwischen plädieren nicht die säkular an Atatürk orientierten Parteien am entschiedensten für eine Erweiterung der demokratischen Rechte, nicht sie sind dazu bereit, die Macht eines putschbereiten Militärs konsequent einzuschränken. Vielmehr setzt sich heute die islamisch ausgerichtete Partei AKP unter der Führung von Erdogan am stärksten für Reformen ein, die den »Weg nach Europa« ebnen. Gerade der türkische Islam befindet sich derzeit in einem tiefgreifenden Umbruch.

Der Autor analysiert anhand zahlreicher persönlicher Erfahrungen und Begegnungen in der Türkei, weshalb es zu einem derartigen, für europäische Betrachter so irritierenden Wandel gekommen ist. Zugleich greift er im historischen Rückblick bis auf die osmanische Zeit zurück, um die politischen und kulturellen Ursachen der heutigen Probleme deutlich zu machen.

Gerhard Schweizer ist einer der führenden Experten für die Analyse der Kulturkonflikte zwischen Abendland und Orient und gilt als ausgewiesener Kenner der islamischen Welt.
Inhaltsverzeichnis
WIE FERN IST UNS DIE TÜRKEI?
Probleme und Mißverständnisse


Der Türke in unseren Köpfen - und die Wirklichkeit 11

Islam und Verwestlichung 11
Die »Türkengefahr«, das historische Trauma 15
»Aggressiver Islam« — alte Ängste, neue Vorurteile 18
Die Angst vor den sozialen Problemen eines »unterentwickelten« Landes 21

Eine gespaltene Türkei 25

Allgegenwärtiger Islam 25
»Ich bin nicht religiös« 27

"Auf nach Europa!"
Die verordnete Revolution ihre Widersprüche


Atatürk und die »Türkische Moderne« 33

Weshalb Atatürk zum Nationalhelden wurde 33
Gegen den »rückständigen Islam« - für die »moderne Zivilisation« 40
Eine »westlich« orientierte Oberschicht schon unter den Osmanen 46
Identitätskrise und blutige Aufstände 52
Die Rolle des Militärs als »Hüter der Verfassung« 56
Macht und Machtmißbrauch des Militärs 63

Der türkische Nationalismus und seine historischen Wurzeln 69

Der Vielvölkerstaat der Osmanen 69
Extremer Nationalismus - mit Vorbildern in Europa 72
Massaker an den Armeniern - erste radikal-nationalistische Konsequenz 75
Die Verdrängung des »Armenierproblems« 79
Türkischer und griechischer Nationalismus 85
»Türkisierte« Dörfer, in denen einst Griechen wohnten 91
Der Graue Wolf - neue Radikalisierung des Nationalismus 97

Der »Kurdenkonflikt« als Hypothek 105

Noch immer Schwierigkeiten mit ethnischer Vielfalt 105
»Fremd im eigenen Land« - Gespräch mit einem Kurden 109
Radikalisierung des kurdischen Nationalismus 111
Kulturelle Autonomie für die Kurden? 116
Kurden im Irak - eine Verschärfung des Problems 119

»ZURÜCK ZUM ISLAM!«
Tradition und Verwestlichung unter neuen Vorzeichen


Türkischer Islam genauer betrachtet 127

Muslime und Christen - eine schwierige Beziehung 127
Erschwerte Bedingungen für Christen in der »säkularen« Türkei 135
»Islam-Faschisten« gegen Christen 140
Wie tolerant sind Christen im Nachbarstaat Griechenland? 143
Konflikte zwischen Sunniten und Aleviten 147
Der Koran in arabischer oder in türkischer Sprache? 153
Widerstand gegen die historisch-kritische Koranexegese158 Kritik an »verfälschtem Islam« -
der Erfolg des Reformtheologen Öztürk 161
Theologie und Sufismus - Öztürks Annäherung an Celaleddin Rumi 167
Omer Ozsoy und der »Euro-Islam« 170
Der moderne Ansatz bei Ednan Aslan 176

»Islamisierung« der Politik 180

Adnan Menderes, der erste »islamische« Politiker 180
Necmettin Erbakan, der erste erfolgreiche Ideologe des Islamismus 190
Turgut Özal, der religiöse Wirtschaftsfachmann 194
Neue Stärke des Islamismus 202
Dörflicher Islam in Großstadtslums mit Folgen für die Politik 205
Religiöse und soziale Defizite als Nährboden des Islamismus 212
Der Streit um die Hagia Sophia und andere religiöse Symbole 215
Wie säkular und laizistisch ist die Türkei?
Der sunnitische Islam als »Staatsreligion« 219
Die Kulturvereine der Derwischbruderschaft Naqshbandiya 225

Vom radikalen zum gemäßigten Islam 234

Erbakan: Aufstieg und Niedergang des politischen Islam 234
Der »islamische« Politiker Recep Tayyip Erdogan 239
Erdogans Reformpolitik mit etlichen Überraschungen 244
Die wachsende Bedeutung der Imam-Hatip-Schulen 255
Das »Tal der Wölfe« - der große Filmerfolg 259

Frauenrechte und Religion 266

Islamische Tradition und Reformen 266
Die noch immer mühsame Frauenemanzipation 271
Weibliche Imame - die umstrittene Reform 276
Wie »islamisch« ist die Unterdrückung der Frau? 278
Das Kopftuch in seiner religiös-politischen Dimension 283

Am Scheideweg 289

Laizistische und »islamische« Parteien im Machtkampf 289
Säkulare Sympathisanten der »islamischen« AKP 295
Der neue Staatspräsident - Ein Verfassungsfeind? 300
Stockender Reformprozeß 302
Welche Barrieren zu Europa noch abzubauen sind 309


ANHANG
Anmerkungen 315
Zeittafel 323
Ausgewählte Literatur 342
Karten 345
Personenregister 350