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Der vergessene Weltkrieg Europas Osten 1912-1923
Der vergessene Weltkrieg
Europas Osten 1912-1923




Wlodzimierz Borodziej, Maciej Gorny

Wissenschaftliche Buchgesellschaft
EAN: 9783806238204 (ISBN: 3-8062-3820-0)
960 Seiten, hardcover, 17 x 24cm, Oktober, 2018, 2 Bde. im Schuber 63,96 € für Mitglieder

EUR 79,95
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Der große Krieg im Osten



„Der vergessene Weltkrieg ist die bisher nicht geschriebene Meistererzählung, die faszinierende, großartige Darstellung eines unbekannten, neu zu entdeckenden Weltkrieges: des Krieges in Osteuropa von 1912 bis 1923.“



Das Buch besticht durch „feine Erzählkunst und interessante Interpretationen und wird noch jahrelang gelesen und diskutiert werden.“

Professor Timothy Snyder, Yale University



„Dieses Werk behandelt den Osten Europas mit der analytischen Kraft, die diesen Teil des Weltkrieges endlich in unser Bewusstsein bringt – und uns verstehen lässt, warum sein Erbe bis in die Gegenwart reicht.“

Professor Jörn Leonhard, Universität Freiburg


Rezension
Was weiß man über den Ersten Weltkrieg im Osten, in Ostmitteleuropa? Relativ wenig im Unterschied zu den kriegerischen Auseinandersetzungen im Westen von 1914-1918. Manch einem wird noch die Schlacht bei Tannenberg mit Paul von Hindenburg 1914 und der Friede von Brest-Lietowsk 1917 einfallen. Kaum jemand kennt die polnische Stadt Prasnysz (dt. Praschnitz), wo es in drei Schlachten mehr als 100.000 Tote und Verletzte gab, oder die 29 Monate andauernden 12 Schlachten am slowenischen Fluss Isonzo. Wie erlebte den großen Krieg die Zivilbevölkerung des zaristischen Russlands, der Donaumonarchie Österreich-Ungarns, des Osmanisches Reiches, des Königreichs Serbiens, des Königreichs Rumäniens, der konstitutionellen Monarchie Bulgariens oder des Fürstentums Albaniens? Wie wirkten sich die Systemtransformationen in den nach dem Ersten Weltkrieg gegründeten Nationen Polen, Ukraine oder Tschechoslowakei auf die Bevölkerung aus?
Wer sich fundiert sich über die Militär- und Sozialgeschichte des Ersten Weltkriegs in Europas Osten informieren möchte, der möge das zweibändige Werk „Der vergessene Weltkrieg“ von Wlodzimierz Borodziej (Professor für Zeitgeschichte am Historischen Institut der Universität Warschau) und Maciej Górny (apl. Professor am Historischen Institut der polnischen Akademie der Wissenschaften Warschau) lesen. Der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft kommt das Verdienst zu, der historischen Zunft und der Öffentlichkeit die beiden auf umfangreichen Quellenstudien basierenden Bände 2018 in der deutschen Übersetzung von Bernhard Hartmann zugänglich zu machen. Ihre exzellente Darstellung beginnen die Historiker im ersten Band „Imperien 1912-1916“ gut begründet mit dem ersten Balkankrieg, also mit den mittelfristigen Ursachen des Ersten Weltkriegs, die sie als wichtiger für seinen Ausbruch begreifen als die in den letzten Jahren fokussierte „Juli-Krise“. Der zweite Band „Nationen 1917-1923“ beleuchtet differenziert von der russischen Revolution an die Nachkriegsentwicklung in den neu entstandenen Nationen bis zur Etablierung ihrer Staatsordnungen.
Durch die Kombination von fachlich fundierter Darstellung, Zitation zeitgenössischer Quellen und ausgewählter Kriegsfotografien gelingt es den Wissenschaftlern hervorragend, dem Leser einen anschaulichen, eindrücklichen Einblick in die Geschichte des Ersten Weltkriegs im Osten zu geben. So erfährt man beispielsweise historische Details über Frontpsychosen, Stellungskriege, Ethnisierung der Armee, Kriegspropaganda, veränderte Aufgaben von Frauen, anthropologische Untersuchungen von Kriegsgefangenen, Repressionen und Leid der Zivilbevölkerung, Pogrome gegen die jüdische Bevölkerung, „Eroberungen“ der besetzten Gebiete durch Wissenschaftler sowie den unterschiedlichen Umgang mit Kriegsgefangenen, Kriegsflüchtlingen und Veteranen. Deutlich arbeiten die ausgewiesenen Historiker in den gut lesbaren Bänden heraus, dass die Beteiligten und Betroffenen den Ersten Weltkrieg, insbesondere in den Grenzregionen, als sinnlos und traumatisch empfanden.
Fazit: Die beiden Historiker schließen mit ihrem Werk „Der vergessene Weltkrieg“, das zu Recht zu einem der Standardwerke des Ersten Weltkriegs avancieren wird, nicht nur eine große Forschungslücke, sondern sie leisten damit auch einen fundamentalen Beitrag zum kollektiven Gedächtnis osteuropäischer Nationen und Europas. Wer die geopolitischen Konflikte im 20. Jahrhundert und 21. Jahrhundert in Osteuropa, beispielsweise zwischen Russland und der Ukraine, verstehen möchte, bedarf historischer Kenntnisse über den großen Krieg zwischen 1912 und 1923 in Europas Osten.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
›Der vergessene Weltkrieg‹ ist die bisher nicht geschriebene Meistererzählung, die faszinierende, großartige Darstellung eines unbekannten, neu zu entdeckenden Weltkrieges: des Krieges in Osteuropa von 1912 bis 1923. In unserer Geschichtserinnerung reduziert sich der Erste Weltkrieg auf den Stellungskrieg und die Materialschlachten in Nordfrankreich. Welche unermesslichen Tragödien sich im Osten abspielten, ist aus dem Bewusstsein gestrichen.

Die Schauplätze reichen vom 1. Balkankrieg 1912 über den habsburgischen Teil der Ukraine bis nach Russland Anfang der 20er Jahre. Schon der Zuschnitt der beiden Bände – ›1912–16 Imperien‹ und ›1917–23 Nationen‹ – ist faszinierend neu. Die Perspektive weitet sich aber noch inhaltlich, denn im ethnisch und religiös zerklüfteten Osten wird der Krieg rasch zu einem ›Rassenkrieg‹ und bildet so den Auftakt zum größeren Rassenkrieg 20 Jahre später. Ein Werk, dass »noch viele Jahre lang gelesen und diskutiert werden wird«, so Professor Timothy Snyder.

Aus dem Poln. von Bernhard Hartmann. 2018. 2. Bde. im Schmuckschuber, zus. 960 S. mit 124 s/w Abb. und 6 Kt., 16,5 x 24 cm, geb. mit SU. wbg Theiss, Darmstadt.
Inhaltsverzeichnis
Band 1
Einleitung 7
I DIE FRONTEN 17
Kapitel 1 Der Weg zum Krieg 18
Kapitel 2 Präludium - der Balkan 1912-1913 42
Kapitel 3 Ehe noch die Blätter fallen … 70
Kapitel 4 Ermattung 154
II DAS HINTERLAND 177
Kapitel 1 Das Hinterland oder Im Rücken der Front 178
Kapitel 2 Informationshunger 219
Kapitel 3 Loyalitaten 240
III DIE BESATZUNG 265
Kapitel 1 Im ersten Moment 266
Kapitel 2 Neue Ordnungen 308
Kapitel 3 Die zivilisatorische Mission 336
ANHANG 371
Karten 372
Bibliografischer Kommentar 375
Verzeichnis der benutzten Literatur 385
Anmerkungen 394
Verzeichnis der Exkurse 413
Abbildungsnachweis 413
Personenregister 414

Band 2
Einleitung: Die Februarrevolution – drei Revolutionen 7
I GIGANTEN UND PYGMÄEN 21
Kapitel 1 Gemeinsam und getrennt – die Ethnisierung der Armee 22
Kapitel 2 Kriege (1917-1923) 76
Kapitel 3 Kriege der Nationen 133
II KALEIDOSKOP 201
Kapitel 1 Soziale Konflikte 202
Kapitel 2 Transformation 287
III MAFIA 351
Kapitel 1 Nationalbewegungen 352
Kapitel 2 Der „Krieg der Geister“ im Osten 374
Kapitel 3 Die Pariser Konferenz und der Vertrag von Versailles 405
Schluss Gewinner und Verlierer 451
ANHANG 481
Karten 482
Verzeichnis der Exkurse 485
Abbildungsnachweis 485
Anmerkungen 486
Verzeichnis der benutzten Literatur 521
Personenregister 540