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Der Finger in der Wunde Die Geschichte des ungläubigen Thomas Ins Deutsche übertragen von Kurt Neff, 
die Übersetzung der Bibliographischen Essays besorgte Regina Höschele
Der Finger in der Wunde
Die Geschichte des ungläubigen Thomas


Ins Deutsche übertragen von Kurt Neff,

die Übersetzung der Bibliographischen Essays besorgte Regina Höschele



Glenn W. Most

Verlag C. H. Beck oHG
EAN: 9783406556197 (ISBN: 3-406-55619-1)
315 Seiten, hardcover, 15 x 22cm, 2007, mit 28 Abb.

EUR 26,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Glenn W. Most, einer der weltweit führenden Klassischen Philologen, stellt eine Glaubensfrage: Hat der ungläubige Thomas den Finger in die Wundmale Jesu gelegt oder nicht? Mosts ebenso vielschichtige wie geistvolle Analyse der in diesem Kontext interessanten Stellen der Evangelien und anderer theologisch bedeutender Schriften ist ein intellektueller Genuß – und führt zu einem überraschenden Ergebnis.

Die Geschichte aus dem Johannes-Evangelium ist bekannt: Als Jesus nach seiner Auferstehung den Jüngern das erste Mal erscheint, fehlt Thomas, und als die anderen ihm erzählen, daß sie den Herrn gesehen haben, erwidert der: Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und meinen Finger in die Nägelmale lege und meine Hand in seine Seite lege, kann ich’s nicht glauben. Acht Tage später erscheint Jesus neuerlich seinen Jüngern, und diesmal ist Thomas zugegen, und er fordert den Zweifelnden auf, seine Hand in das Wundmal in seiner Seite zu legen und fortan zu glauben.

Ob Thomas der Aufforderung Jesu gefolgt ist oder nicht, wirft eine ganze Reihe von Fragen auf – darunter jene nach dem Verhältnis von Sehen und Glauben, aber auch die nach der Leiblichkeit des auferstandenen Heilands. So ist es nicht verwunderlich, daß diese Stelle in der Heiligen Schrift seit fast zweitausend Jahren Gegenstand zahlreicher theologischer Überlegungen ist. Glenn Most hat sie intensiv studiert, sie in seinem geistvollen, in hohem Maße anregenden Buch zusammengefaßt, und er scheut sich auch nicht, ein klares Ergebnis zu formulieren. Zudem erforscht Most die Rezeption der Thomas-Geschichte in der Malerei, in deren Zentrum er das verstörend realistische Meisterwerk Caravaggios rückt. So ist ein wunderbares Buch entstanden – über den Zweifel, den Glauben und die Kunst.
Rezension
Der ungläubige Thomas - der Begriff ist zur Chiffre geworden für Menschen, die selbst dann nur schwer von einer Sache zu überzeugen sind, wenn alle anderen längst ihren Zweifel daran aufgegeben haben. Das geht zurück auf Johannesevangelium 20,19-29, wo Thomas an der Auferstehung Jesu zunächst zweifelt, bis er selbst die Wundmale des Auferstandenen sehen und als einziger berühren darf. Die Pointe der Erzählung im JohEv folgt dann in V. 29: Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig, die nicht sehen und doch glauben. - Der Autor setzt sich intensiv mit der Textstelle Joh 20,19-29 auseinander, bezieht dazu auch neutestamentliche Apokryphen und exegetische Erkenntnisse mit in seiner Überlegungen ein und gelangt zu einer Neubelichtung der Erzählung.

Thomas Bernhard, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
[Prof. Dr.] Glenn W. Most lehrt als Professor für Griechische Philologie an der Scuola Normale Superiore di Pisa und als Professor of Social Thought an der University of Chicago. 1994 wurde er mit dem "Leibniz-Preis" ausgezeichnet.
"Bei seiner Bildbefragung aber zeigt er seine wahre, kurzweilige Meisterschaft. Dort ergeben sich bisweilen überraschende Interpretationen. (...) Haben wir es bei dem Bild mit dem Werk eines frommen Christen oder eines gottlosen Skeptikers zu tun? In solch verblüffenden, neue Fragen provozierenden Stellen liegt der eigentliche Reiz des mit grossem Fachwissen geschriebenen Buchs."
Thomas Köster, Neue Zürcher Zeitung am Sonntag, 12. August 2007
"Ergebnis ist ein immer wieder überraschendes Buch, das trotz Detailversessenheit in Atem hält, das nicht nach theologischen Wahrheiten fragt, sondern mit philologischen Konjekturen Texte und Bilder zum Leben erweckt."
Caroline Schnyder, Neue Zürcher Zeitung, 23. Mai 2007
"Mosts Buch ist ein Meisterstück des subtilen Umgangs mit Texten, der behutsamen Erschließung latenter Sinngehalte, der Entschlüsselung von Motivtransformation und Intertextualitäten, des Abtastens alternativer Deutungsmöglichkeiten. (...) Und auch wenn im kunsthistorischen Teil des Buches seine Vorstellung von Stilentwicklung durch Auftraggeberlaunen in der Tat etwas zu blauäugig sind (...) so ändert dies weder etwas an der Überzeugungskraft seiner äußerst gelungenen Einzelinterpretationen (vor allem Carvaggio-Bilder) noch an dem unbestreitbaren Verdienst seines gesamten Buches."
Christine Tauber, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4. Mai 2007
"(...) bis heute sind die meisten Menschen überzeugt, dass Thomas der Überlieferung zufolge Jesu Wunden berührt hat. Das Skurrile daran: Die Bibel besagt genau das Gegenteil. Ausgehend von dieser Beobachtung hat der Altphilologe Glenn W. Most in seinem eben auf Deutsch erschienen Buch „Der Finger in der Wunde“ (Beck Verlag) nun die erstaunliche Geschichte einer Fehldeutung rekonstruiert. Nicht als an der „Wahrheit“ interessierter Theologe, sondern als Literaturwissenschaftler, der nach der Wirkung des Textes fragt."
Anne-Catherine Simon, Die Presse, 21.März 2007
Inhaltsverzeichnis
9 VORWORT

17 SIGLEN

DIE TEXTGRUNDLAGE

19 Sehen und glauben
30 Vor Thomas
Die synoptischen Evangelien
50 Glauben und berühren
Das Johannesevangelium
99 Einen Gott berühren

REAKTIONEN UND AUSDEUTUNGEN

105 Überlegungen zu einem Quellentext
112 Ausdeutungen in erzählender Form
Die neutestamentlichen Apokryphen und weitere Texte
160 Exegetische Reaktionen
Von den Kirchenvätern bis zur Gegenreformation
201 Übertragung in die Sprache der Bilder
Thomas in der sakralen Kunst
258 Der heilige Finger

267 NACHWORT

273 Bibliographische Essays
301 Bildnachweis
303 Register
311 Verzeichnis der Bibelstellen