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Der Dreißigjährige Krieg Europa im Kampf um Glaube und Macht, 1618-1648
Der Dreißigjährige Krieg
Europa im Kampf um Glaube und Macht, 1618-1648




Dietmar Pieper , Johannes Saltzwedel (Hrsg.)

Random House , DVA, Spiegel-Verlag
EAN: 9783421045423 (ISBN: 3-421-04542-9)
282 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 14 x 22cm, 2012, m. Abb.

EUR 19,99
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Drei Jahrzehnte Elend, marodierende Söldner, gepeinigte Bauern, Hunger und Seuchen - das sind die Bilder, die sich gewöhnlich mit dem Dreißigjährigen Krieg verbinden. Er gilt als Ergebnis verblendeter Macht- und Konfessionspolitik, als fataler Auftakt deutscher Katastrophen im 19. und 20. Jahrhundert.

Historiker und SPIEGEL-Autoren werfen einen frischen Blick auf weniger bekannte Einzelheiten des langen Konfliktes und analysieren dessen Hintergründe. So lässt sich das Bild vom verwüsteten Kontinent vielfach korrigieren und ergänzen.
Rezension
Keine Gesamtdarstellung, sondern einzelne Spotlights mit überschaubarer Länge (zumeist zwischen 5 und 10 Seiten) aus verschiedenen Perspektiven auf Einzelaspekte, die dann aber doch ein Gesamtbild ergeben: Das ist das Konzept hinter diesem interessanten Sammelband zum Dreißgjährigen Krieg, dem man abpürt, dass SPIEGEL-Autoren mit am Werke waren und entsprechend Geschichte lebendig und anschaulich am Exempel dargeboten wird. So kann man Geschichte auch darbieten - und wird damit ein breiteres Publikum erreichen als die Fachwissenschaft, ohne doch flach zu werden, im Gegenteil ... - Der Dreißigjährige Krieg von 1618 bis 1648 ging um die Vorherrschaft in Deutschland und Europa und war zugleich ein Religionskrieg zwischen Evangelischen und Katholischen nach dem Reformationszeitalter. In ihm entluden sich nicht nur die Gegensätze zwischen der Katholischen Liga und der Protestantischen Union sondern auch der habsburgisch-französische Gegensatz.

Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Die Ur-Katastrophe der Deutschen

Mit einem Aufstand in Böhmen begann im Jahr 1618 der Dreißigjährige Krieg, doch bald schon hatte das blutige Ringen um Glaubensfragen und die Vormacht in Europa den halben Kontinent erfasst. Riesige Söldnerheere brachten nie gekannte Verwüstungen über die Bevölkerung, Hungersnöte und Endzeitstimmung grassierten. Das morsche Staatengefüge Europas geriet an den Rand des Zusammenbruchs. Erst 1648 machte der Westfälische Friede dem Grauen ein Ende und etablierte einen neuen Umgang mit Macht und Religion in Europa. Gemeinsam mit renommierten Historikern erörtern SPIEGEL-Autoren Ursachen und Verlauf des Dreißigjährigen Krieges, porträtieren die wichtigsten Protagonisten dieser Jahre und fragen, welches Erbe diese Katastrophe den Deutschen hinterlassen hat.

Beiträge von:
Wolfgang Behringer, Georg Bönisch,
Sebastian Borger, Philipp Duckensell,
Angelika Franz, Jan Friedmann, Markus Grill,
Annette Großbongardt, Petra Kleinau,
Uwe Klußmann, Thorsten Oltmer,
Norbert F. Pötzl, Jan Puhl, Bernd Roeck,
Eva-Maria Schnurr, Mathias Schreiber,
Christoph Seidler, Michael Sontheimer,
Katharina Stegelmann,
Frank Thadeusz, Thilo Thielke

Dietmar Pieper, geboren 1963, arbeitet seit 1989 beim SPIEGEL. Er leitet das Ressort Sonderthemen und ist verantwortlich für die Heftreihen SPIEGEL GESCHICHTE und SPIEGEL WISSEN. Er hat u. a. die SPIEGEL/DVA-Bücher „Jerusalem“ (2009), „Die Welt der Habsburger“ (2010) und "Der Islam" (2011) herausgegeben.

Johannes Saltzwedel, geboren 1962, ist seit 1991 Redakteur beim SPIEGEL. Der promovierte Germanist beschäftigt sich vorwiegend mit Ideen- und Kulturgeschichte, Sachbüchern und klassischer Musik. Er hat u. a. die SPIEGEL/DVA-Bücher „Das Ende des Römischen Reiches“ (2009), "Die Welt der Habsburger" (2010) und „Was wir heute wissen müssen“ (2011) herausgegeben.

»Kompliment an die Autoren: Sie haben es verstanden, den undurchdringlichen Geschichtsdschungel des Dreißigjährigen Krieges in viele lesenswerte Einzelgeschichten zu zerlegen, die sich wiederum zu einem beeindruckenden Gesamtmosaik formen – Geschichte gleichsam häppchenweise in Geschichten. Mit diesem Konzept werden Aspekte beleuchtet, die sonst in einer unförmigen Gesamtdarstellung völlig untergehen.«

Westfälische Nachrichten, 11.07.2012

»Soll Geschichte einem breiten Publikum verständlich und gleichzeitig auf ansprechendem Niveau näher gebracht werden, dann so wie es das vorliegende Werk tut: Kompetent, unterhaltsam und ohne hohle Phrasen.«

pragerzeitung.cz (CZ), 09.05.2012

»Dieses Buch ist so intelligent und so spannend geschrieben, dass die Lektüre einfach Spaß macht. Und klüger.«

readme.de, 30.05.2012

»Insgesamt eine runde, gelungene, immer gut lesbar geschriebene Darstellung der Zeit des Dreißigjährigen Krieges - auch für tiefer an der Periode Interessierte, die einzelne Sachverhalte nachvollziehen möchten.«

history.mediaquell.com, 14.05.2012
Inhaltsverzeichnis
11 Vorwort

EINLEITUNG

17 Lehren des Entsetzens
Was war und wohin führte der Dreißig jährige Krieg?
Die Antworten sind so vielfältig wie die damalige Wirklichkeit
Von Johannes Saltzwedel

29 »Auch die teuerste Armee muss nicht immer gewinnen«
Gespräch mit dem Historiker Georg Schmidt
über hungrige Armeen, europäische Großmachtträume und mögliche Lehren für die Gegenwart
Von Norbert F. Pötzl und Johannes Saltzwedel

Teil I
STURZ IN DIE KATASTROPHE

45 Ein tiefer Fall
Der Prager Fenstersturz, als politische Symboltat geplant, löste das Desaster aus
Von Sebastian Borger

58 Aufstand der Pfeffersäcke
Hollands langer, mühevoller Weg in die Freiheit
Von Johannes Saltzwedel

63 Hunger, Flöhe, Hass
Glaubenskonflikte, soziale Spannungen, auch ein Klimawandel zählten zu den Ursachen des Krieges
Von Georg Bönisch

71 Der fromme Eiferer
Kaiser Ferdinand II. stritt kompromisslos für die Machtposition der Katholiken
Von Angelika Franz

84 Kurzes Glück auf der Prager Burg
Friedrich von der Pfalz, der traurige »Winterkönig«
Von Katharina Stegelmann

89 »Weh Dir, Pfalz!«
Das Martyrium der Region um Heidelberg
Von Jan Friedmann

92 Wanderarbeiter des Todes
Das farbenprächtige, aber hochriskante Leben der Landsknechte
Von Thorsten Oltmer

100 Angriff aus dem Busch
Die rebellischen Harzschützen
Von Uwe Klußmann

102 Im Auftrag des Königs
Peter Paul Rubens war ein vielgerühmter Maler – und ein geschickter Diplomat
Von Philipp Duckensell

Teil II
EUROPA IM CHAOS

109 »Der Löwe aus Mitternacht«
Protestanten feierten ihn als ihren Retter – dabei ging es Schwedens König Gustav II. Adolf
eher um die Vormacht für sein Land
Von Uwe Klußmann

123 Griff nach den Sternen
Kometenhaft stieg Albrecht von Wallenstein zum Generalissimus auf, doch dann ließ ihn
der Kaiser ermorden
Von Norbert F. Pötzl

136 Bankier des Krieges
Der Flame Hans de Witte und seine Finanztricks
Von Dietmar Pieper

141 Ellipse Now
Johannes Kepler, der geniale Astronom, musste sein Geld auch mit Horoskopen verdienen
Von Frank Thadeusz

146 »Gejagt wie das Wild in den Wäldern«
Einfache Leute schildern Elend und Grauen des Krieges in ergreifenden Worten
Von Eva-Maria Schnurr

154 Vom Siegerpech verfolgt
Wer war Johann von Tilly – genialer Stratege und frommer Katholik oder nur ein übler Schlächter?
Von Thilo Thielke

162 Massaker an der Elbe
Die »Bluthochzeit« von Magdeburg
Von Petra Kleinau

167 Deutsches Pathos, deutscher Zwist
Der Prager Frieden, 1635 geschlossen, hielt nicht, was er versprach
Von Jan Puhl

Teil  III
DAS RINGEN DER MÄCHTE

173 Der erste Weltkrieg
Marodierende Heere und die Machtspiele europäischer Herrscher setzten Deutschland im letzten Jahrzehnt der Kämpfe fürchterlich zu
Von Wolfgang Behringer

186 »O Bub lauf weg«
Grimmelshausens bitter-satirischer »Simplicissimus«

190 Schwedisches Comeback
In der Schlacht bei Wittstock ging es für die Skandinavier um alles oder nichts
Von Dietmar Pieper

195 Geplünderte Tote
Glücksfall für Archäologen: ein Massengrab auf dem Wittstocker Schlachtfeld
Von Dietmar Pieper

198 Gottesmann im Harnisch
Strategisch klug stärkte Kardinal Richelieu die Position Frankreichs – erst im Inneren, dann europaweit
Von Mathias Schreiber

209 »Das Unkraut ausrotten«
Hexenwahn in Büdingen
Von Eva-Maria Schnurr

214 Die Macht der Nachricht
Post und Zeitung hielten den Krieg in Gang
Von Markus Grill

222 Totentanz am Lech
Im Schicksal der reichen Handelsstadt Augsburg spiegelt sich die Misere des Krieges besonders eindrucksvoll
Von Bernd Roeck

Teil IV
FRIEDE UND NEUORDNUNG

237 Das Seufzen nach Frieden
Nach zahllosen Querelen und Tricksereien wurde 1648 in Münster und Osnabrück das Morden beendet
Von Annette Großbongardt

251 Westfälisches Vexierbild
Der Friedensschluss begründete Europas Staatensystem neu – kann er heute noch Vorbild sein?
Von Christoph Seidler

259 Lieder gegen das Leiden
Paul Gerhardts Kirchenlieder antworten auf die düsteren Jahrzehnte mit tröstender Poesie
Von Michael Sontheimer

ANHANG

267 Chronik: 1618 bis 1648
272 Buchhinweise
274 Autorenverzeichnis
276 Dank
277 Personenregister



VORWORT
Die einschlägigen Bilder sind aus vielen Schulbüchern bekannt:
Dreißigjähriger Krieg, das bedeutet marodierende
Söldner, gepeinigte Bauern, Hunger und Seuchen – ein
Arsenal
des Schreckens, wie es sonst nur die beiden Weltkriege
im Gedächtnis der Deutschen wachrufen. Aber war
der Konflikt tatsächlich so verheerend? Was löste ihn aus, was
hielt ihn so fürchterlich lange in Gang? War es ein verschleppter
Dauerzwist der Konfessionen, der im Chaos verblendeter
Machtpolitik
sein Ende nicht finden wollte, oder gar ein
reinigendes Gewitter zugunsten jener Moderne, wie sie sich
danach in Barock und Aufklärung zu etablieren vermochte?
Je näher man die verwirrenden Ereignisse betrachtet, desto
komplizierter wird das Bild. Was zunächst vorwiegend innerhalb
der Reichsgrenzen begann, weitete sich später auf halb
Europa aus. Fürsten und Institutionen, Allianzen und einzelne
Glücksritter, aber auch oft genug der nackte Zufall lenkten für
jeweils einen Moment das Geschick halb Europas; selten war
das den Akteuren bewusst. In immer neuen Konstellationen
gerät die zuvor scheinbar verlässlich geordnete Welt so gründlich
aus den Fugen, wie es 1618 wohl kaum ein Zeitgenosse in
finstersten Prognosen hätte vorausahnen können.
Dieser Band ist ein Versuch, etwas mehr Klarheit in das
düstere Dickicht namens »Dreißigjähriger Krieg« zu bringen.
Mit Absicht bietet er keine große Erzählung, sondern ein
Kaleidoskop von Betrachtungen: aus Sicht der Fürsten wie
der kleinen Leute, aus ländlichem wie städtischem Blickwinkel,
in der Überschau und am sprechenden Detail. Vom beinharten
Katholizismus Kaiser Ferdinands II. bis zu den noch
VORWORT VORWORT 
12
heute beklemmenden Tagebucheintragungen gewöhnlicher
Kriegsopfer, von archäologischen Aufschlüssen im Massengrab
bis zur Vorbildrolle des Westfälischen Friedens für die
heutige Weltpolitik – gerade die Vielfalt an Facetten, so meinen
wir, erklärt mehr als jede ausgeklügelte Theorie.
Neben etlichen erfahrenen SPIEGEL-Autoren sind namhafte
Experten an der Spurensuche beteiligt: Georg Schmidt,
Frühneuzeitler in Jena und einer der besten Kenner dieser
kaum überschaubaren Materie, zeichnet im Gespräch einige
Grundlinien vor. Sein Kollege Wolfgang Behringer aus Saarbrücken
betrachtet speziell die wohl verwirrendste Phase
jener Zeit, die Jahre seit 1635. Und Bernd Roeck, Historiker
in Zürich, schildert am Beispiel seiner Vaterstadt Augsburg,
wie das unaufhörlich wechselnde Glück in Kampf und Paktiererei
die Gemüter der Bürgersleute in Bann hielt.
Natürlich dürfen auch Seitenblicke nicht fehlen: Hexenwahn,
der ganze Landstriche in seelischen Ausnahmezustand
versetzte, oder die gewagten Finanzierungstricks des legendären
Wallenstein, aber auch der verblüffende Aufschwung
von Post und Presse – das sind nur einige solcher Begleiterscheinungen,
ohne die das Hauptgeschehen schwer durchschaubar
bliebe. Dass daneben biographische Essays nicht
fehlen dürfen, etwa über Wallenstein, Tilly oder den zielstrebigen
Kardinal Richelieu, versteht sich von selbst.
Aufs Ganze gesehen wird so das Bild vom gepeinigten
Kontinent in vielem korrigiert und ergänzt. Natürlich ist an
den Verwüstungen wenig zu deuteln, vor allem im Streifen
vom Oberrhein bis zur Ostseeküste, der durch Heereszüge
und Schlachten am schrecklichsten heimgesucht wurde. Aber
es gab eben auch ganze Regionen, die verschont blieben, ja
profitierten. So stieg etwa Hamburg dank Kaufmannsgeist
und geschickter Diplomatie zum wichtigen Umschlagplatz
VORWORT
auf. Die jahrelangen Unterhandlungen in Münster und Osnabrück,
die endlich doch zum Frieden führten, gelten heute
unter Historikern gar als Musterstück geduldiger Diplomatie:
Das durch sie begründete Reich sollte gerade wegen seiner
erstaunlichen Komplexität längeren Bestand haben als
etliche
Vorgänger und Nachfolger.
Aus Geschichte lernen zu wollen, diese alte Hoffnung
ist spätestens seit den bedeutenden Studien von Reinhart
Koselleck und Hayden White (»Auch Klio dichtet«) als
rührend-dubiose Rhetorik entlarvt. Angesichts eines Konfliktes,
dessen Anfang und Ende nur mit Mühe zu fassen
sind, ja um dessen Gegenstand selbst die Fachleute weiterhin
heftig diskutieren, wäre es vermessen, irgendein Fazit
zu wagen. Immerhin aber dürfte der Blick zurück auf die
rauen Zustände vor fast vierhundert Jahren unterschwellig
auch zur gründlicheren Reflexion über die Gegenwart beitragen,
und sei es nur durch einen geschärften Sinn für die
hohe Verantwortung heutiger Entscheidungsträger. Charakterschwächen
und Vorurteile einzelner Menschen sollten im
globalen Maßstab möglichst wenig unkontrollierte Wirkung
entfalten dürfen – und im Gegenzug Toleranz und demokratische
Geduld miteinander wachsen. Es wäre schön, wenn
dieses Porträt einer Umbruchszeit neben aller Information
auch zu solchen und ähnlichen Erwägungen anregen könnte.
Hamburg, im Frühjahr 2012 Dietmar Pieper
Johannes Saltzwedel