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Den kranken Menschen verstehen
Für eine Medizin der Zuwendung
Überarbeitete Neuausgabe 2020
(Erstausgabe 2015)
Giovanni Maio
Herder Verlag
EAN: 9783451601019 (ISBN: 3-451-60101-X)
240 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 13 x 21cm, 2020
EUR 24,00 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Der Mensch im Mittelpunkt
Krankheiten können den Menschen in eine existenzielle Krise stürzen. Die moderne Medizin reagiert darauf mit Naturwissenschaft und perfekter Technik, aber sie lässt den Menschen in seiner Lebenskrise oft allein. Giovanni Maio macht die Einseitigkeit einer naturwissenschaftlich orientierten Medizin deutlich und entwirft eine Ethik in der Medizin, die auf die Kraft der Zuwendung und der Begegnung setzt. Ein überfälliger Aufruf zu einer neuen Medizin der Zwischenmenschlichkeit in einer überarbeiteten Ausgabe.
Giovanni Maio, Prof. Dr., geb. 1964, Studium der Medizin und Philosophie in Freiburg, Straßburg und Hagen. Seit 2005 Professor für Bioethik, seit 2006 Direktor des Instituts für Ethik und Geschichte der Medizin, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, und Geschäftsführender Direktor des Instituts für Ethik und Geschichte der Medizin. Er berät die Deutsche Bischofskonferenz wie auch die Bundesregierung und die Bundesärztekammer.
Rezension
Dieses Buch liegt nun in einer überarbeiteten Neuausgabe vor; es ist erwachsen aus einer langjährigen Beschäftigung mit den Fehlentwicklungen der modernen Medizin. Das letzte Kapitel dieses Buches hat die Überschrift: "Ohne Zuwendung ist alles nichts." Das ist zugleich die Hauptthese, mit der eine rein naturwissenschaftlich und technich perfekte Medizin kritisiert wird zugunsten einer "Medizin der Zuwendung" mit dem Menschen im Mittelpunkt, die der Autor seit langem vertritt und in verschiedenen Veröffentlichungen dafür eintritt. Giovanni Maio macht die Einseitigkeit einer naturwissenschaftlich orientierten Medizin deutlich und entwirft eine Ethik in der Medizin, die auf die Kraft der Zuwendung und der Begegnung setzt. In der Neuausgabe war dem Autor besonders wichtig eine Erweiterung des Spektrums der phänomenologisch aufgearbeiteten Krankheiten, da ich aufzeigen wollte, dass sich mit dem Krankwerden eben nicht nur das innere Bewusstsein verändert, sondern dass die Krankheit manifeste Auswirkungen auch auf äußere Prozesse hat, sichtbare Symptome, die wiederum das eigene Bewusstsein und die Selbstwahrnehmung von Grund auf verändern können.
Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Das Hauptwerk des Pioniers der »Medizin der Zuwendung«
Überarbeitete und aktualisierte Ausgabe
Inhaltsverzeichnis
Vorwort zur 3. Auflage 9
Vorwort zur 1. Auflage 11
I. Moderne Medizin – oder wenn das Verstehen des Patienten zur Nebensache wird 15
Medizin als Industriebetrieb? 17
Gute Medizin sucht nach singulären Lösungen 19
Gute Medizin braucht behutsames Abwägen 20
Reflexion und Synthese 21
Erfahrung und Urteilskraft 23
Gute Medizin zwischen einer Kunst des Machens und einer Kunst des Verstehens 26
II. Eine kleine Phänomenologie des Krankseins – Beispiele aus der Praxis 29
1. Chronischer Schmerz – der widrige Stachel als Bewältigungsaufgabe 31
Der Stachel 31
Das Getroffenwerden 32
Vereinsamung 34
Die subjektive Erfahrung in einer Medizin, die auf Objektivierbarkeit setzt 36
Der Schmerzpatient als Gegenpol zum Unternehmer seiner selbst 38
Schmerzen haben als persönliches Versagen? 40
Gefangen und doch frei – der Schmerz als Bewältigungsaufgabe 41
2. Krebs – das Herausgeworfensein aus der Normalität 45
Diagnose Krebs als abrupte Unterbrechung der Normalität 46
Verlust der Kontrolle über das eigene Leben 48
Verlust der leiblichen Geborgenheit 49
Abschied von der Verlässlichkeit der Zukunft 53
Metamorphose 55
Erkennen verborgener Ressourcen 60
Die Neuerstellung von Normalität 62
3. Parkinson – die Entfremdung vom eigenen Körper 67
Das Fremdwerden des eigenen Körpers 67
Die Unüberwindlichkeit des Raumes 70
Das Stehenbleiben der Zeit 71
Herausfallen aus dem Selbstverständlichen 72
Weckruf für die Gesunden 75
4. Demenz – die fortbestehende Identität in neuer Form 78
Der verstellte Zugang zur eigenen Geschichte 80
Der Schleier der Unvertrautheit 86
Die Scham, andere zu enttäuschen 88
Die Fähigkeit zur Resonanz 89
Leben im Bezogensein 91
Das leibliche Ich 93
Die durch Beziehung gestiftete Identität 95
5. Der sterbende Mensch – Leben im Zeichen der Angewiesenheit 100
Autonomie als kreativer Umgang mit der Angewiesenheit 101
Auch der schwerkranke Mensch hat Potenziale 104
Der fehlende Glaube an die Solidarität der anderen 105
Sozial bestätigte Wertlosigkeit des Lebens 106
Vermittlung von Lebensbejahung als soziale Aufgabe 107
Der assistierte Suizid als implizite Entpflichtung der Gesellschaft 109
Privatisierung eines gesamtgesellschaftlichen Defizits 110
Für eine Kultur der Anerkennung und Reintegration Schwerkranker in die Gesellschaft 115
III. Wege der Bewältigung 121
6. Annehmen lernen – das gute Leben als Kunst des Sich-Einrichtens 122
Was bedeutet Schicksal? 123
Wir finden Gegebenes vor 126
Leben heißt dem Widerfahrnis ausgesetzt sein 128
Die moderne Unfähigkeit, das Gegebene anzunehmen 130
Schicksal als Aufgabe 132
Freiheit 134
Vom Wert der Selbstbejahung 137
7. Vertrauen – die gemeinschaftsstiftende Kraft 139
Vertrauen als atmosphärischer Eindruck 141
Entproblematisierung des Nichtwissens 144
Vertrauen als akzeptierte Verwundbarkeit 145
Das Einräumen von Freiheit 146
Konstituierung einer Beziehung 148
Vertrauen als Treueerwartung 150
Vertrauen als Verpflichtung zur Gegenseitigkeit 152
Vertrauen als gemeinschaftsstiftende Kraft 154
Was bedeutet das für den kranken Menschen? 155
Schlussfolgerungen für die Medizin 156
8. Hoffen – das Erschließen von Zukunft im Moment der Bedrängnis 160
Hoffnung als realistischer Zukunftsbezug 162
Anerkenntnis der Grenze der eigenen Verfügungsgewalt 164
Das Nicht-Fixiertsein 166
Geduld 169
Hoffnung als Impuls zum Handeln 171
Anerkenntnis der eigenen Vulnerabilität 172
Vertrauen und Sinnverstehen 174
Alles Hoffen ist Gemeinschaft 176
9. Den kranken Menschen verstehen 182
Die Bedeutsamkeit des Verstehens am Beispiel Schizophrenie 183
Verstehen heißt den anderen sehen 186
Hineindenken aus der Distanz 189
Das Punktuelle in das Ganze zurückholen 190
Sich selbst infrage stellen 193
Verweilen können 196
Verstehen heißt das Wohin erkennen 197
Schlussfolgerungen für die Medizin 199
IV. Ohne Zuwendung ist alles nichts 203
Begegnung als Grundlage der Heilung 205
Die Zweckrationalität überwinden 207
Anerkennen 208
Zuwendung wertet auf 211
Zuwendung verwandelt 212
Die Bedeutung des Gesprächs 213
Die Bedeutung des Zuhörens 215
Medizin als Verbindung von Sachlichkeit und Zwischenmenschlichkeit 220
Anmerkungen 225
Personenverzeichnis 231
Stichwortverzeichnis 235
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