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Das Achtsamkeits-Buch Mehr Lebensqualität durch Entschleunigung: Die Grundlagen Mit einem Vorwort von Jürgen Kriz
2. Aufl. 2010
Das Achtsamkeits-Buch
Mehr Lebensqualität durch Entschleunigung: Die Grundlagen


Mit einem Vorwort von Jürgen Kriz

2. Aufl. 2010

Halko Weiss, Michael E. Harrer, Thomas Dietz

Klett-Cotta
EAN: 9783608945584 (ISBN: 3-608-94558-X)
303 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 14 x 21cm, 2010

EUR 22,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
DAS JAHRTAUSENDEALTE, AUS DEM BUDDHISMUS STAMMENDE KONZEPT DER ACHTSAMKEIT EROBERT UNSERE MODERNE WELT.

Auf der Basis langjähriger Erfahrung zeigen die Autoren praxisnah, wie Achtsamkeit im täglichen Leben und speziell in beratenden und heilenden Berufen genutzt werden kann.



Ein hervorragendes Buch, in dem das so aktuelle Konzept der Achtsamkeit gründlich und gut lesbar eingeführt wird.

Prof. Dirk Revenstorf, Psychologe und Fachautor



In Zeiten von Informationsüberflutung und pausenlosem Ansturm von Reizen brauchen wir die Momente

der Stille und der Innenschau.

Dr. Susanne Holst, Ärztin, Moderatorin von Tagesschau und Tagesthemen



Dieses Buch verknüpft in wohltuender Weise altes Wissen mit neuen Erkenntnissen,

Nüchternheit mit Poesie.

Dr. Luise Reddemann, Pionierin der Trauma- und Schmerztherapie



Sich dieses Buch zu gönnen, kommt schon einem Akt von

achtungsvollem Umgang mit sich selbst gleich.

Sehr gelungen, sehr empfehlenswert.

Dr. Günther Schmidt, leitender Arzt einer psychosomatischen Klinik
Rezension
Achtsamkeit als Alternative zum Alltagsbewusstsein: Achtsamkeit braucht ein Innehalten und Langsamkeit, um sich entfalten zu können! Also: Die Entdeckung der Langsamkeit und die Entdeckung der Achtsamkeit und die Entdeckung des Buddhismus ... und natürlich die kritische Infragestellung des postmodernen Multitasking ... Klingt alles ein wenig sehr mainstreamig ... Es mag ja sein, dass wir uns kaputt-beschleunigen, an Herzrasen sterben, an just-in-time-Stress untergehen, - aber mal ehrlich: Irgendwie sind wir auch stolz und zufrieden mit unserer beschleunigten Zeit, mit den Uhren allerorten, mit der Schnelligkeit des Rettungshubschraubers wie des Internets. Das Lebenstempo wird immer höher, ja, man kann darunter leiden, aber man kann auch unter zu wenig Beschleunigung leiden ... Insofern sei dieses Buch angezeigt, aber nicht unkritisch rezipiert.

Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Achtsamkeit bringt eine neue Qualität in Ihr Leben - durch mehr Sensibilität, Konzentration und Offenheit Achtsamkeit bringt eine neue Qualität in Ihr Leben, die größeres Glück und mehr Erfüllung ermöglicht. Dieses Buch stellt die Kerngedanken in knapper Form vor, liefert das nötige Hintergrundwissen und enthält praktische Übungen für Coaching, Stressmanagement, Therapie und im privaten Umfeld.
Achtsamkeit als Weg
- zu innerer Klarheit
- zu Ruhe, innerem Frieden und Gelassenheit
- zur Selbsterforschung und zu persönlichem Wachstum
- zu wohlwollender Selbstfürsorge und effektiver Selbstführung
- zu intensiverem Erleben, mehr Lebensfreude und Lebensqualität
- und persönliche und professionelle Beziehungen heilsam zu gestalten
Die Autoren sind Pioniere in der professionellen Anwendung von Achtsamkeit und erklären,
- was Achtsamkeit ist,
- wie sie wirkt,
- wie sie angewendet und genutzt werden kann.

»Sowohl für Einsteiger mit Vorkenntnissen, als auch für den professionellen Einsatz geeignet.«
Jutta Golz, www.ekz.de, 06.04.2010

»Die so genannte Betty-Erickson-Induktion eignet sich hervorragend, um aus rasenden Gedankenschleifen auszubrechen. Außerdem kann sie eine gute Einschlafhilfe sein. «
Cosmopolitan, 05/2010

»Die gewonnene Klarheit, Gleichmut und Konzentration bereichern das Leben und mindern den Alltagsstress.«
STERN gesünder leben, 03/2010

Achtsamkeit bringt eine neue Qualität in Ihr Leben - durch mehr Sensibilität, Konzentration und Offenheit

Achtsamkeit bringt eine neue Qualität in Ihr Leben, die größeres Glück und mehr Erfüllung ermöglicht. Dieses Buch stellt die Kerngedanken in knapper Form vor, liefert das nötige Hintergrundwissen und enthält praktische Übungen für Coaching, Stressmanagement, Therapie und im privaten Umfeld.

Anwendungen von Achtsamkeit Achtsamkeit als Alternative zum Alltagsbewusstsein.

Damit sich die Bewusstheit einer Wahrnehmung entwickeln kann, ist ein zeitlicher Rahmen notwendig. Achtsamkeit braucht ein Innehalten und Langsamkeit, um sich entfalten zu können!

Werfen wir einmal einen kleinen Blick auf die Geschwindigkeit unserer täglichen Erfahrungswelt: Als ein Maß für das allgemeine Lebenstempo wurde in der Sozialforschung die Schrittgeschwindigkeit der Menschen herangezogen. Dazu wurde im Jahre 2007 in 32 Großstädten der Welt eine Studie durchgeführt. Es wurde jene Zeit gemessen, die zufällig ausgewählte und beobachtete Männer und Frauen für das Gehen einer Strecke von etwa 18 Metern brauchten. In Singapur waren die Menschen am schnellsten unterwegs, sie brauchten 10,55 Sekunden. In New York wurden für die gleiche Strecke 12,00 Sekunden gestoppt, in Bern (Schweiz) 17,37 und in Blantyre (Malawi) 31,60 Sekunden. Verglichen mit einer ähnlichen Studie in den frühen 90er Jahren war die Geschwindigkeit im Durchschnitt um etwa 10% höher. In Guangzhou (China) beschleunigte sich das Tempo um über 20%, in Singapur um 30%. Es wird deutlich: Das Lebenstempo wird immer höher. Dieser Eindruck, der von vielen Menschen in ihrem subjektiven Erleben geteilt wird, konnte auf diese Weise ein Stück messbar gemacht und bestätigt werden (Wiseman, 2008).

Multitasking ist ein typisches Wort unserer Zeit und Ausdruck dieser Beschleunigung: Es scheint notwendig geworden zu sein, immer häufiger zur gleichen Zeit mehreren Anforderungen (tasks) nachzukommen, verschiedene Tätigkeiten auszuführen und unsere Aufmerksamkeit in mehrere Richtungen aufzuteilen. Manche Zeitgenossen fahren Auto, schalten, lenken, achten auf die Straße und den Tachometer, telefonieren über die Freisprechanlage mit ihrer Frau, hören über den Verkehrsfunk, dass es einen Stau gibt, und haben noch eine Zigarette in der Hand. Zu Hause wird gleichzeitig gegessen, gesprochen, Zeitung gelesen und ferngesehen. Viele Menschen sind so daran gewöhnt, viele Dinge auf einmal zu tun, dass eine längere Konzentration auf ein unspektakuläres Objekt kaum mehr möglich ist. Man muss dann immer irgendwie aktiv sein und kommt nicht zur Ruhe. Dies ähnelt der Symptomatik des "Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndroms" (ADHS). Viele Fachleute gehen inzwischen davon aus, dass die wachsende Zahl von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die daran leiden, Indikatoren für eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung sind.

"Zeit, Ruhe und Stille sind ein Faktor, der für mich Luxus ausmacht". Mit diesem Satz antwortet eine Markt- und Motivationsforscherin in einem Wirtschaftsmagazin auf die Frage einer Journalistin, was für sie persönlich Luxus sei (Maierbrugger & Muzik, 2007).

In Österreich hat sich ein "Verein zur Verzögerung der Zeit" der Entschleunigung verschrieben. Er hat inzwischen weltweit über 1000 Mitglieder. Eine Aktion des Vereins war die Zurücklegung einer Strecke von 100 Metern in einer Zeit von nicht weniger als einer Stunde. Neue Worte werden kreiert und bekommen Bedeutung: enthetzen, downspeeding, Zeitsouveränität!

Im Schwarzwald hat sich die Gemeinde Königsfeld mit ihren 6000 Einwohnern der "Slow-Bewegung" angeschlossen und nennt sich "Eigenzeit-Ort". Es gibt slow food statt fast food. Der Bäcker verwendet keine beschleunigenden Backmischungen. In der Käserei bekommt der Käse Zeit zu reifen. Im Ort gibt es 40 "Zeit-Punkte", die zum bewussten Umgang mit der Zeit einladen.

Und in Plum Village, einem buddhistischen Kloster in Frankreich, das der vietnamesische Mönch Thich Nhat Hanh im Jahre 1982 gegründet hat, praktizieren Mönche, Nonnen und Laien ein Leben in Achtsamkeit. Wie auch an anderen Rückzugsorten erklingen dort immer wieder am Tag eine Glocke, eine Klangschale oder ein Gong. Sie laden ein zum Innehalten, zum Unterbrechen des Redens oder Tuns, zum Wahrnehmen des Atems. Im Film "Schritte der Achtsamkeit" (Lüchinger, 1998), in dem Thich Nhat Hanh auf einer Indienreise begleitet wird, sind jene Szenen besonders beeindruckend, in denen Menschen in großen Gruppen gemessenen Schritts achtsam gehen.

Achtsamkeit im Alltag bedeutet zunächst, sich des Tempos, mit dem wir unterwegs sind, bewusst zu werden. Achtsamkeit ist wohl besonders dann angezeigt, wenn wir unter Zeitdruck stehen und hetzen. "Wenn Du es eilig hast, gehe langsam" (Seiwert, 1998) ist der paradox anmutende Titel eines Buchs zum bewussten Umgang mit der Zeit. Oft verändert allein schon die Bewusstheit über ein Tun das Verhalten. Bewusstheit eröffnet auch die Wahlmöglichkeit, willentlich das Tempo zu verlangsamen. Diese Verlangsamung geschieht über ein Fokussieren auf das Spüren häufig von selbst, indem man beispielsweise einige Male achtsam ein- und ausatmet oder einige Schritte achtsam geht. Bewusst einen Teil der Aufmerksamkeit dem Körper und damit der Gegenwart zu schenken, kann davor bewahren, zu lange ohne Bewusstsein zu hetzen, sich anzutreiben oder außer Atem zu kommen. Wenn es der Situation angemessen ist, kann nach der Verlangsamung die Ruhefokussierung helfen, die sich einstellende Entspannung zu vertiefen.

Vorgegebene Formen der Achtsamkeitspraxis, wie die, sich täglich Zeit zu nehmen, "einfach" nur zu sitzen, unterstützen die Verinnerlichung dieser Entschleunigungskompetenz. Der Entschluss und eine gewisse Anstrengung, innezuhalten, sind erforderlich, um vom gewohnten und vertrauten "Tun-Modus" in einen "Sein-Modus" umzuschalten. Es bedarf dann auch der Übung und eines guten Umgangs mit Hindernissen, um in diesem "Sein-Modus" länger verweilen zu können.

Wahrnehmen, Denken und Handeln werden von großteils nicht bewussten Automatismen gelenkt. Jede alltägliche Tätigkeit baut darauf auf, dass der Körper und das Gehirn eine Myriade kleiner Dinge organisieren, die beispielsweise eine Bewegung gestalten. Wenn man mit der Hand etwas greifen will, passieren unwillkürlich all die kleinen und großen Aktivierungen, die sie zum Ziel steuern. Aktivierungen, die schon als Baby gelernt werden und die später als Automatik zur Verfügung stehen. Aus der Sicht der buddhistischen Psychologie, wie auch aus westlich-psychologischer, betrifft diese Automatik das Denken ebenso wie Bewegungen.

Monkey-mind Nicht wenige Menschen schlafen in der Nacht von Sonntag auf Montag schlecht ein, weil sie über die bevorstehende Woche nachgrübeln. Viele Menschen wachen am Morgen auf und beginnen den Tag damit, zu überlegen, was heute alles zu erledigen ist, was zu den ersten Gedankenketten des Tages führt. Vom bevorstehenden Meeting zur unverschämten Äußerung eines Kollegen gestern Nachmittag, vom Speiseplan für Mittag- und Abendessen, zum Ärger über die nicht eingeräumte Geschirrspülmaschine; von der Schule der Kinder zu eigenen Erinnerungen an Lehrer. Die Schlagzeilen von Entlassungen lösen Gedanken über die Sicherheit des Arbeitsplatzes aus, Oldies im Autoradio lassen an alte Zeiten denken. Äußere Reize lösen Assoziationen aus, Gedanken kommen und gehen, es gibt kaum Pausen im Denken, kaum innere Ruhe. Und fast nie kommt es vor, dass man sich tatsächlich vornimmt, diesen Gedankenketten zu folgen, sie laufen von alleine ab!

Buddha verwendet in seinen Lehrreden für diese Art des unruhigen Geistes den Begriff "monkey-mind" - "Affen-Geist". Er vergleicht unsere Gedanken dabei mit der Unruhe und der Ablenkbarkeit eines im Urwald von Ast zu Ast springenden Affen. Sobald irgendwo Futter, etwa eine Banane, vermutet wird, springt er auf und ist hinterher.

Ein weiterer problematischer Aspekt ergibt sich dadurch, dass wir dazu neigen, unseren Gedanken Glauben zu schenken. Wir erkennen sie nicht als Gedanken, sondern identifizieren uns mit ihnen und nehmen ihre Inhalte als Realität. Beispiele wären: "Ich kann das nicht", oder "mein Mann liebt mich nicht". Dies können auch ganze Geschichten sein, die wir von uns und unserem Leben erzählen. Die narrative Psychotherapie (White & Epston, 1990) wendet sich speziell diesen Geschichten zu. Sie unterstützt Individuen und Familien dabei, sich die selbst erzählten Geschichten bewusst zu machen, sie zu hinterfragen und neue zu finden oder zu erfinden.

Achtsamkeitsschulung lehrt nun, solche herumturnenden und für wahr genommenen Gedanken zu beobachten. Durch den Vorgang der Beobachtung wird allmählich zwischen Beobachter, Denker und Gedanken unterschieden und die Relativität und Automatik unseres Denkens laufend bewusst.

Man kann den "Inneren Beobachter" auch als Wächter oder Portier sehen, der am Eingang des Hauses steht und genau bemerkt, wer ein- und ausgeht. Benennen der Gedanken als "Gedanke" hieße beim Bild des Portiers eine Art Strichliste zu führen. Dabei wird jedes Mal mit einem Strich vermerkt, wenn eine Person das Haus betritt. Ungewöhnlich ist vielleicht der Aspekt, auch zu bemerken, wenn ein Gedanke wieder geht. Ruhefokussierung hieße dann, sich die entstehende Pause oder die Stille bewusst zu machen. Thich Nhat Hanh regt das Bild eines Gebäudes oder Kaiserpalastes mit zwei Toren an: Eingang und Ausgang. Gedanken gehen durch das Haus hindurch. Wenn wir sie nicht festhalten oder ihnen durch Ablehnung unsere besondere Aufmerksamkeit schenken, gehen die Gedanken auch wieder, so wie sie gekommen sind.

Achtsamkeit im Umgang mit "negativen" Gedanken und Depression In der buddhistischen Psychologie werden Gedanken nicht als gut oder schlecht bewertet, sie unterscheidet zwischen heilsamen und nicht heilsamen Gedanken. Wohl jeder Mensch hat schon die Erfahrung gemacht, dass die Art der Gedanken Auswirkungen auf Körperhaltung, Gefühle und Handlungen hat. Wenn jemand nur lange genug darüber nachdenkt, was in seinem Leben schief gelaufen ist oder was er falsch gemacht hat, wird seine Stimmung gedrückt. Man zieht den Kopf ein, traut sich kaum mehr aus dem Haus. Umgekehrt beeinflusst auch die Stimmung die Richtung der Gedanken. In depressiver Stimmung tauchen eher Erinnerungen an schwierige Zeiten im Leben auf, man hat dann vor allem Zugang zu schmerzhaften Erfahrungen.

Nach einer Prognose der Welt-Gesundheits-Organisation sollen im Jahr 2020 Depressionen nach Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems weltweit zur zweithäufigsten Krankheit werden (WHO, 2009). Die meisten Menschen kennen Zeiten depressiver Verstimmtheit. Nicht selten bekommt diese jedoch ein Ausmaß und eine Dauer, dass sie zur Krankheit wird. Nach Abklingen einer depressiven Phase ist das Risiko eines erneuten Auftretens hoch.

Bei Rückfällen in depressive Phasen spielen zwei Faktoren eine wichtige Rolle: Anfälligkeit der Menschen für negative Gedankenmuster und die Neigung zu Grübeln und Gedankenkreisen. Achtsamkeit kann aus diesem Teufelskreis herausführen und seine Verfestigung verhindern. Mit dieser Hypothese begannen Segal, Williams und Teasdale (2008) ein achtsamkeitsbasiertes Programm zur Rückfallprävention bei Depression zu entwickeln. Ihre Hypothese wurde bestätigt und ihr Gruppenprogramm hat sich in vielen Studien als erfolgreich erwiesen. Die Autoren entwarfen das Programm auf verhaltenstherapeutischem Hintergrund und nannten es "Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie" - "Mindfulness-Based Cognitive Therapy" oder MBCT (siehe Exkurs "MBCT", S. 47) . Die traditionelle Kognitive Verhaltenstherapie geht davon aus, dass es notwendig und zielführend ist, die Inhalte des depressiven Denkens zu verändern. Im Gegensatz dazu postulierten Segal, Williams und Teasdale, dass es weniger um Inhalte, als vielmehr um eine Änderung der Haltung ginge, welche eine Person gegenüber ihren Gedanken, inneren Bildern und Erinnerungen einnimmt. Diese Haltungsänderung kann eine Aufschaukelung der Depressionsspirale verhindern. Sie entstammt der buddhistischen Psychologie und folgt einem Grundprinzip von Achtsamkeit.

Eine während des ganzen Trainings gepflegte Übung nennt sich Body-Scan . Diese Übung hat ihre Wurzeln in der Vipassana-Tradition und ist zentraler Baustein der meisten Achtsamkeits-Trainings. Sie soll daher im Folgenden auch in ihren Auswirkungen etwas ausführlicher dargestellt werden (siehe Übung "Body-Scan", S. 112).

In der MBCT wird der Body-Scan in der ersten Sitzung vermittelt und von da an möglichst täglich geübt. Bei dieser Übung werden die Fähigkeiten zur Körperwahrnehmung und zur Konzentration geschult. Dadurch können Befindlichkeitsveränderungen über körperliche Frühwarnsymptome besser und schneller wahrgenommen werden. Andererseits ermöglicht die Fokussierung auf konkrete Körperempfindungen im Hier und Jetzt, aus depressiven Gedankenkreisen auszusteigen.

Nicht selten bleiben Bereiche des Körpers auch noch langfristig von der Wahrnehmung ausgespart. Dies geschieht manchmal dann, wenn sie mit schmerzhaften, traumatischen Erinnerungen verbunden sind. Im Body-Scan wird ohne Absicht akzeptierend beobachtet, wo und was gespürt oder auch nicht gespürt wird. Nacheinander erfolgt die Konzentration auf verschiedene Körperteile. Es geht somit um einen andauernden bewussten Wechsel zwischen Fokussieren, Wahrnehmen, wieder Loslassen und neu Fokussieren .

Halko Weiss, Ph. D., Psychologischer Psychotherapeut. Hat die Achtsamkeitsmeditation vor über 30 Jahren in einem buddhistischen Kloster in Sri Lanka kennengelernt und unterrichtet seit 1980 die in Achtsamkeit eingebettete körperpsychotherapeutische Hakomi-Methode international. Er ist ein Mitbegründer des Hakomi-Instituts in Boulder, Colorado.

Michael E. Harrer, Dr. med., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin und Psychotherapeut in freier Praxis. Lehrtherapeut für Hypnose (ÖGATAP) und Supervisor im Gesundheits- und Sozialbereich. Er leitet Seminare zu den Themen Kommunikation, Psychoonkologie, Stressbewältigung und Burn-out-Prophylaxe.

Thomas Dietz, Arzt mit Zusatztitel Psychotherapie, Senior-Coach und Coaching-Ausbilder DBVC. Seit 1989 Management-Trainer und Berater. Zusammen mit Ingeborg Dietz, mit Halko Weiss und anderen Kollegen hat er ein spezifisches Vorgehen im Coaching entwickelt, das auf Achtsamkeit, Persönlichkeitsteilen und Körperorientierung beruht.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 7

Einführung 11

TEIL I: Achtsamkeit im täglichen Leben

Was ist Achtsamkeit? 19
Wozu Achtsamkeit? 35
Anwendungen von Achtsamkeit 40
Achtsamkeit und Gehirn 80
Der Weg der Bewusstseinsentwicklung 86
Praxis der Achtsamkeit 94
Übungen 107

TEIL II: Achtsamkeit im Umgang mit der Innenwelt

Aktives Erforschen der Innenwelt und Selbstführung 127
Selbstführung aus der Beobachterperspektive 129
Persönlichkeitsanteile – ein hilfreiches Modell der Innenwelt 133
Innere Führung 140
Persönlichkeitsanteile identifizieren und benennen 146
Der achtsame innere Dialog 152
Selbstführung in der Beziehung zu anderen Menschen 163
Übungen 173

TEIL III: Achtsamkeit in Psychotherapie und Coaching

Achtsamkeit als therapeutisches Hilfsmittel 189
Veränderter Fokus:Vom Reflektieren zum annehmenden Beobachten 194
Heilende Beziehungen 199
Objekte der Wahrnehmung 211
Vorgehensweise in der achtsamkeitszentrierten Psychotherapie 218
»Aufdeckung« mit Hilfe von Achtsamkeit 229
Therapeutische Transformation in Achtsamkeit 235
Die Achtsamkeit des Therapeuten 238
Übungen 242

Danksagung 248

ANHANG

Glossar: Schlüsselbegriffe der Achtsamkeit 251
Studien zur Wirkung von Achtsamkeit 263
Weiterführende Informationen 272



LESEPROBE:

Werfen wir einmal einen kleinen Blick auf die Geschwindigkeit unserer täglichen Erfahrungswelt: Als ein Maß für das allgemeine Lebenstempo wurde in der Sozialforschung die Schrittgeschwindigkeit der Menschen herangezogen. Dazu wurde im Jahre 2007 in 32 Großstädten der Welt eine Studie durchgeführt. Es wurde jene Zeit gemessen, die zufällig ausgewählte und beobachtete Männer und Frauen für das Gehen einer Strecke von etwa 18 Metern brauchten. In Singapur waren die Menschen am schnellsten unterwegs, sie brauchten 10,55 Sekunden. In New York wurden für die gleiche Strecke 12,00 Sekunden gestoppt, in Bern (Schweiz) 17,37 und in Blantyre (Malawi) 31,60 Sekunden. Verglichen mit einer ähnlichen Studie in den frühen 90er Jahren war die Geschwindigkeit im Durchschnitt um etwa 10% höher. In Guangzhou (China) beschleunigte sich das Tempo um über 20%, in Singapur um 30%. Es wird deutlich: Das Lebenstempo wird immer höher. Dieser Eindruck, der von vielen Menschen in ihrem subjektiven Erleben geteilt wird, konnte auf diese Weise ein Stück messbar gemacht und bestätigt werden (Wiseman, 2008).

Multitasking ist ein typisches Wort unserer Zeit und Ausdruck dieser Beschleunigung: Es scheint notwendig geworden zu sein, immer häufiger zur gleichen Zeit mehreren Anforderungen (tasks) nachzukommen, verschiedene Tätigkeiten auszuführen und unsere Aufmerksamkeit in mehrere Richtungen aufzuteilen. Manche Zeitgenossen fahren Auto, schalten, lenken, achten auf die Straße und den Tachometer, telefonieren über die Freisprechanlage mit ihrer Frau, hören über den Verkehrsfunk, dass es einen Stau gibt, und haben noch eine Zigarette in der Hand. Zu Hause wird gleichzeitig gegessen, gesprochen, Zeitung gelesen und ferngesehen. Viele Menschen sind so daran gewöhnt, viele Dinge auf einmal zu tun, dass eine längere Konzentration auf ein unspektakuläres Objekt kaum mehr möglich ist. Man muss dann immer irgendwie aktiv sein und kommt nicht zur Ruhe. Dies ähnelt der Symptomatik des »Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndroms« (ADHS). Viele Fachleute gehen inzwischen davon aus, dass die wachsende Zahl von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die daran leiden, Indikatoren für eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung sind.

»Zeit, Ruhe und Stille sind ein Faktor, der für mich Luxus ausmacht«. Mit diesem Satz antwortet eine Markt- und Motivationsforscherin in einem Wirtschaftsmagazin auf die Frage einer Journalistin, was für sie persönlich Luxus sei (Maierbrugger & Muzik, 2007).

In Österreich hat sich ein »Verein zur Verzögerung der Zeit« der Entschleunigung verschrieben. Er hat inzwischen weltweit über 1000 Mitglieder. Eine Aktion des Vereins war die Zurücklegung einer Strecke von 100 Metern in einer Zeit von nicht weniger als einer Stunde. Neue Worte werden kreiert und bekommen Bedeutung: enthetzen, downspeeding, Zeitsouveränität!

Im Schwarzwald hat sich die Gemeinde Königsfeld mit ihren 6000 Einwohnern der »Slow-Bewegung« angeschlossen und nennt sich »Eigenzeit-Ort«. Es gibt slow food statt fast food. Der Bäcker verwendet keine beschleunigenden Backmischungen. In der Käserei bekommt der Käse Zeit zu reifen. Im Ort gibt es 40 »Zeit-Punkte«, die zum bewussten Umgang mit der Zeit einladen.

Und in Plum Village, einem buddhistischen Kloster in Frankreich, das der vietnamesische Mönch Thich Nhat Hanh im Jahre 1982 gegründet hat, praktizieren Mönche, Nonnen und Laien ein Leben in Achtsamkeit. Wie auch an anderen Rückzugsorten erklingen dort immer wieder am Tag eine Glocke, eine Klangschale oder ein Gong. Sie laden ein zum Innehalten, zum Unterbrechen des Redens oder Tuns, zum Wahrnehmen des Atems. Im Film »Schritte der Achtsamkeit« (Lüchinger, 1998), in dem Thich Nhat Hanh auf einer Indienreise begleitet wird, sind jene Szenen besonders beeindruckend, in denen Menschen in großen Gruppen gemessenen Schritts achtsam gehen.

Achtsamkeit im Alltag bedeutet zunächst, sich des Tempos, mit dem wir unterwegs sind, bewusst zu werden. Achtsamkeit ist wohl besonders dann angezeigt, wenn wir unter Zeitdruck stehen und hetzen. »Wenn Du es eilig hast, gehe langsam« (Seiwert, 1998) ist der paradox anmutende Titel eines Buchs zum bewussten Umgang mit der Zeit. Oft verändert allein schon die Bewusstheit über ein Tun das Verhalten. Bewusstheit eröffnet auch die Wahlmöglichkeit, willentlich das Tempo zu verlangsamen. Diese Verlangsamung geschieht über ein Fokussieren auf das Spüren häufig von selbst, indem man beispielsweise einige Male achtsam ein- und ausatmet oder einige Schritte achtsam geht. Bewusst einen Teil der Aufmerksamkeit dem Körper und damit der Gegenwart zu schenken, kann davor bewahren, zu lange ohne Bewusstsein zu hetzen, sich anzutreiben oder außer Atem zu kommen. Wenn es der Situation angemessen ist, kann nach der Verlangsamung die Ruhefokussierung helfen, die sich einstellende Entspannung zu vertiefen.

Vorgegebene Formen der Achtsamkeitspraxis, wie die, sich täglich Zeit zu nehmen, »einfach« nur zu sitzen, unterstützen die Verinnerlichung dieser Entschleunigungskompetenz. Der Entschluss und eine gewisse Anstrengung, innezuhalten, sind erforderlich, um vom gewohnten und vertrauten »Tun-Modus« in einen »Sein-Modus« umzuschalten. Es bedarf dann auch der Übung und eines guten Umgangs mit Hindernissen, um in diesem »Sein-Modus« länger verweilen zu können.

Wahrnehmen, Denken und Handeln werden von großteils nicht bewussten Automatismen gelenkt. Jede alltägliche Tätigkeit baut darauf auf, dass der Körper und das Gehirn eine Myriade kleiner Dinge organisieren, die beispielsweise eine Bewegung gestalten. Wenn man mit der Hand etwas greifen will, passieren unwillkürlich all die kleinen und großen Aktivierungen, die sie zum Ziel steuern. Aktivierungen, die schon als Baby gelernt werden und die später als Automatik zur Verfügung stehen. Aus der Sicht der buddhistischen Psychologie, wie auch aus westlich-psychologischer, betrifft diese Automatik das Denken ebenso wie Bewegungen.

Monkey-mind

Nicht wenige Menschen schlafen in der Nacht von Sonntag auf Montag schlecht ein, weil sie über die bevorstehende Woche nachgrübeln. Viele Menschen wachen am Morgen auf und beginnen den Tag damit, zu überlegen, was heute alles zu erledigen ist, was zu den ersten Gedankenketten des Tages führt. Vom bevorstehenden Meeting zur unverschämten Äußerung eines Kollegen gestern Nachmittag, vom Speiseplan für Mittag- und Abendessen, zum Ärger über die nicht eingeräumte Geschirrspülmaschine; von der Schule der Kinder zu eigenen Erinnerungen an Lehrer. Die Schlagzeilen von Entlassungen lösen Gedanken über die Sicherheit des Arbeitsplatzes aus, Oldies im Autoradio lassen an alte Zeiten denken. Äußere Reize lösen Assoziationen aus, Gedanken kommen und gehen, es gibt kaum Pausen im Denken, kaum innere Ruhe. Und fast nie kommt es vor, dass man sich tatsächlich vornimmt, diesen Gedankenketten zu folgen, sie laufen von alleine ab!

Buddha verwendet in seinen Lehrreden für diese Art des unruhigen Geistes den Begriff »monkey-mind« – »Affen-Geist«. Er vergleicht unsere Gedanken dabei mit der Unruhe und der Ablenkbarkeit eines im Urwald von Ast zu Ast springenden Affen. Sobald irgendwo Futter, etwa eine Banane, vermutet wird, springt er auf und ist hinterher.

Ein weiterer problematischer Aspekt ergibt sich dadurch, dass wir dazu neigen, unseren Gedanken Glauben zu schenken. Wir erkennen sie nicht als Gedanken, sondern identifizieren uns mit ihnen und nehmen ihre Inhalte als Realität. Beispiele wären: »Ich kann das nicht«, oder »mein Mann liebt mich nicht«. Dies können auch ganze Geschichten sein, die wir von uns und unserem Leben erzählen. Die narrative Psychotherapie (White & Epston, 1990) wendet sich speziell diesen Geschichten zu. Sie unterstützt Individuen und Familien dabei, sich die selbst erzählten Geschichten bewusst zu machen, sie zu hinterfragen und neue zu finden oder zu erfinden.

Achtsamkeitsschulung lehrt nun, solche herumturnenden und für wahr genommenen Gedanken zu beobachten. Durch den Vorgang der Beobachtung wird allmählich zwischen Beobachter, Denker und Gedanken unterschieden und die Relativität und Automatik unseres Denkens laufend bewusst.

Man kann den »Inneren Beobachter« auch als Wächter oder Portier sehen, der am Eingang des Hauses steht und genau bemerkt, wer ein- und ausgeht. Benennen der Gedanken als »Gedanke« hieße beim Bild des Portiers eine Art Strichliste zu führen. Dabei wird jedes Mal mit einem Strich vermerkt, wenn eine Person das Haus betritt. Ungewöhnlich ist vielleicht der Aspekt, auch zu bemerken, wenn ein Gedanke wieder geht. Ruhefokussierung hieße dann, sich die entstehende Pause oder die Stille bewusst zu machen. Thich Nhat Hanh regt das Bild eines Gebäudes oder Kaiserpalastes mit zwei Toren an: Eingang und Ausgang. Gedanken gehen durch das Haus hindurch. Wenn wir sie nicht festhalten oder ihnen durch Ablehnung unsere besondere Aufmerksamkeit schenken, gehen die Gedanken auch wieder, so wie sie gekommen sind.

Achtsamkeit im Umgang mit »negativen« Gedanken und Depression

In der buddhistischen Psychologie werden Gedanken nicht als gut oder schlecht bewertet, sie unterscheidet zwischen heilsamen und nicht heilsamen Gedanken. Wohl jeder Mensch hat schon die Erfahrung gemacht, dass die Art der Gedanken Auswirkungen auf Körperhaltung, Gefühle und Handlungen hat. Wenn jemand nur lange genug darüber nachdenkt, was in seinem Leben schief gelaufen ist oder was er falsch gemacht hat, wird seine Stimmung gedrückt. Man zieht den Kopf ein, traut sich kaum mehr aus dem Haus. Umgekehrt beeinflusst auch die Stimmung die Richtung der Gedanken. In depressiver Stimmung tauchen eher Erinnerungen an schwierige Zeiten im Leben auf, man hat dann vor allem Zugang zu schmerzhaften Erfahrungen.

Nach einer Prognose der Welt-Gesundheits-Organisation sollen im Jahr 2020 Depressionen nach Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems weltweit zur zweithäufigsten Krankheit werden (WHO, 2009). Die meisten Menschen kennen Zeiten depressiver Verstimmtheit. Nicht selten bekommt diese jedoch ein Ausmaß und eine Dauer, dass sie zur Krankheit wird. Nach Abklingen einer depressiven Phase ist das Risiko eines erneuten Auftretens hoch.

Bei Rückfällen in depressive Phasen spielen zwei Faktoren eine wichtige Rolle: Anfälligkeit der Menschen für negative Gedankenmuster und die Neigung zu Grübeln und Gedankenkreisen. Achtsamkeit kann aus diesem Teufelskreis herausführen und seine Verfestigung verhindern. Mit dieser Hypothese begannen Segal, Williams und Teasdale (2008) ein achtsamkeitsbasiertes Programm zur Rückfallprävention bei Depression zu entwickeln. Ihre Hypothese wurde bestätigt und ihr Gruppenprogramm hat sich in vielen Studien als erfolgreich erwiesen. Die Autoren entwarfen das Programm auf verhaltenstherapeutischem Hintergrund und nannten es »Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie« – »Mindfulness-Based Cognitive Therapy« oder MBCT (siehe Exkurs »MBCT«, S. 47) . Die traditionelle Kognitive Verhaltenstherapie geht davon aus, dass es notwendig und zielführend ist, die Inhalte des depressiven Denkens zu verändern. Im Gegensatz dazu postulierten Segal, Williams und Teasdale, dass es weniger um Inhalte, als vielmehr um eine Änderung der Haltung ginge, welche eine Person gegenüber ihren Gedanken, inneren Bildern und Erinnerungen einnimmt. Diese Haltungsänderung kann eine Aufschaukelung der Depressionsspirale verhindern. Sie entstammt der buddhistischen Psychologie und folgt einem Grundprinzip von Achtsamkeit.

Eine während des ganzen Trainings gepflegte Übung nennt sich Body-Scan . Diese Übung hat ihre Wurzeln in der Vipassana-Tradition und ist zentraler Baustein der meisten Achtsamkeits-Trainings. Sie soll daher im Folgenden auch in ihren Auswirkungen etwas ausführlicher dargestellt werden (siehe Übung »Body-Scan«, S. 112).

In der MBCT wird der Body-Scan in der ersten Sitzung vermittelt und von da an möglichst täglich geübt. Bei dieser Übung werden die Fähigkeiten zur Körperwahrnehmung und zur Konzentration geschult. Dadurch können Befindlichkeitsveränderungen über körperliche Frühwarnsymptome besser und schneller wahrgenommen werden. Andererseits ermöglicht die Fokussierung auf konkrete Körperempfindungen im Hier und Jetzt, aus depressiven Gedankenkreisen auszusteigen.

Nicht selten bleiben Bereiche des Körpers auch noch langfristig von der Wahrnehmung ausgespart. Dies geschieht manchmal dann, wenn sie mit schmerzhaften, traumatischen Erinnerungen verbunden sind. Im Body-Scan wird ohne Absicht akzeptierend beobachtet, wo und was gespürt oder auch nicht gespürt wird. Nacheinander erfolgt die Konzentration auf verschiedene Körperteile. Es geht somit um einen andauernden bewussten Wechsel zwischen Fokussieren, Wahrnehmen, wieder Loslassen und neu Fokussieren .

Exkurs:

Mindfulness-Based Cognitive Therapy (MBCT)!

Die Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie wurde von Segal, Williams und Teasdale (2008) zur Rückfallprophylaxe bei depressiven Störungen entwickelt. Sie basiert auf dem Mindfulness-Based Stress Reduction Programm, das um kognitivverhaltenstherapeutische Elemente erweitert wurde, die speziell auf depressive Patienten zugeschnitten sind.

Schwerpunktthemen in den acht Gruppensitzungen sind:

y »Der Autopilot«: Erkennen der Tendenz, im Autopilotenmodus zu leben.

y Umgang mit Hindernissen: Fokus auf den Körper richten lernen.

y Achtsames Atmen: Zentrierung und Sammlung.

y Body-Scan: Achtsame Wahrnehmung des Körpers.

y Im gegenwärtigen Augenblick verweilen lernen: Achtsam hören, sehen, atmen, gehen. Konzepte von Aversion und Anhaftung und von automatischen Gedanken kennenlernen.

y Zulassen und Akzeptanz: Haltung der Akzeptanz von Erfahrungen lernen, nicht bewerten, Selbstfürsorge.

y Gedanken sind keine Tatsachen: Umgang mit Gedanken.

y Wie kann ich am besten auf mich aufpassen? Umgang mit dem Rückfallrisiko, Warnsignale erkennen und Reaktionen auf der Verhaltensebene erarbeiten.

y Das Gelernte anwenden, um mit Gefühlen in der Zukunft besser umgehen zu können. Rückblick und Übung von Achtsamkeit nach dem Kursende.

Die Teilnehmer werden in den Kursen dazu angeleitet, an sechs Tagen der Woche jeweils mindestens 45 Minuten formale Achtsamkeitsübungen zu praktizieren. Entscheidend ist, Achtsamkeit – so gut es geht – kontinuierlich in Alltagssituationen zu integrieren. Der Transfer in den Alltag erfolgt auch über Routinetätigkeiten, welche die Teilnehmer auswählen und dann in achtsamer Haltung ausführen (vgl. Michalak et al., 2007).