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Bloch, Jens und Mayer Die Gesellschaft der Julie Gastl
Bloch, Jens und Mayer
Die Gesellschaft der Julie Gastl




Gert Ueding

Alfred Kröner Verlag
EAN: 9783520753038 (ISBN: 3-520-75303-0)
250 Seiten, hardcover, 13 x 21cm, März, 2024

EUR 25,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
In der großen »Gastl Welt«, der weit über Tübingen hinaus, gar weltweit (!) bekannten Buchhandlung, trifft sich anfangs der 70er Jahre (»denkmöglich«) eine gelehrte Dreifaltigkeit zum regelmäßigen Abendgespräch: der Philosoph Ernst Bloch, der Rhetoriker, Kritiker und Schriftsteller Walter Jens sowie der wohl bedeutendste, wirkmächtigste deutsche Germanist Hans Mayer – und zwar gleichsam unterm „Matrichart“ der femme de lettres Julie Gastl. Gelegentlich kommt noch Besuch dazu: Reich-Ranicki, Hans Holländer, Rolf Hochhuth, Friedrich Dürrenmatt. Und sie disputieren, ereifern, ergänzen, verbessern, verrennen und widerlegen sich heftig – über wahrlich: Gott & die Welt, auch über alles, was da gerade ansteht »in der kleinen großen Stadt – wo der Neckar promoviert.«

Und das alles geschieht spielerisch leicht, mit Freude am Gedankenspiel. Wohl dem, der die Lektüre noch vor sich hat …

„Eine dermaßen schöne Erinnerung an die legendäre Buchhandlung Gastl!“

Heinz Rademacher, Buchhändler

„Ein Rendezvous von Geist und Gastlichkeit, wirklich erlebt und glänzend imaginiert.“

Thomas Knuben, Kulturwissenschaftler
Rezension
Der neomarxistische Philosoph und Honorarprofessor für Philosophie in Tübingen Ernst Bloch (1885-1977), bekannt durch sein Werk „Das Prinzip Hoffnung“, der Literaturwissenschaftler und Schriftsteller Walter Jens (1923-2013), bekannt durch die Inhabe des für ihn in Tübingen geschaffenen Lehrstuhls für Allgemeine Rhetorik, und der Literaturwissenschaftler und Honorarprofessor in Tübingen Hans Mayer (1907-2001), bekannt durch die Sendung „Das literarische Kaffeehaus“ und sein Werk „Deutsche Literaturkritik“(1962-1976), waren über die Bundesrepublik Deutschland hinaus bekannte Intellektuelle. Was verband diese drei unterschiedlichen Charaktere und Köpfe miteinander?
Die Tischgesellschaft der Julie Gastl (1908-1999), in der von ihr zusammen mit Gudrun Schaal (1917-2007) 1949 gegründeten Buchhandlung „Gastl“. Dort in der Abteilung „Theologie“ trafen sich die drei Herren - auf Einladung von Julie Gastl, der Grande Dame des Buches – regelmäßig am Donnerstagabend in den 1970er Jahren, unterstützt durch Rotwein und ein exquisites Catering aus dem Restaurant „Forelle“, zum regelmäßigen Abendgespräch. An diesen nahmen zuweilen auch ausgewählte Gäste teil, wie der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki, der Kunsthistoriker Hans Holländer und die Dramatiker Rolf Hochhuth und Friedrich Dürrenmatt.
An die dortigen Gespräche über Gott und die Welt erinnert Gert Ueding (*1942) in seinem Buch „Bloch, Jens und Mayer. Die Tischgesellschaft der Julie Gastl“, erschienen in der Edition Klöpfer im Alfred Kröner Verlag. Ueding kannte das Tübinger „Dreigestirn“ genau. Er war Assistent von Ernst Bloch, promovierte bei Walter Jens und habilitierte bei Hans Mayer. Als Nachfolger auf Jens` Rhetorik-Lehrstuhl erlangte Ueding Bekanntheit zum Beispiel durch Werke wie „Klassische Rhetorik“(3. Aufl. 2000) oder „Grundriß der Rhetorik“(5. Aufl. 2011, zusammen mit Bernd Steinbrink). Zudem verfasste er, der u.a. Mitglied der Jury zum Friedenspreis des Deutschen Buchhandels war, zahlreiche Essays und Zeitungsartikel.
Mit seinem neuen Buch leistet Ueding einen wichtigen Beitrag zum kulturellen Gedächtnis der Stadt Tübingen. Seine Ausführungen können als Beleg für den damals über die Neckar-Stadt kursierenden Spruch herangezogen werden: „Tübingen hat keine Universität, Tübingen ist eine Universität“. Für Studierende der Geisteswissenschaften war es in den 1970er und 1980er Jahren selbstverständlich die Buchhandlung Gastl aufzusuchen. Wer bei Bloch, Jens und Mayer Vorlesungen gehört hat, wird sich bei der Lektüre von Uedings Buch an manches biographische Detail und manche tiefsinnige Äußerung der drei Herren gern erinnern. Gegenstand der Tischgesellschaft waren u.a. Werke und Zitate von Kant, Goethe, Büchner, Nietzsche oder Dürrenmatt. Intensiv mit rhetorischer Verve wurde diskutiert zum Beispiel über Poetik, Ästhetik, Aufklärung und über Blochs „konkrete Utopie“. Ehemalige Studierende der Philosophie, Rhetorik und Germanistik werden durch Uedings Band auf eine Reise in die Vergangenheit mitgenommen, als Professoren sich nicht als „Einspurige“, sondern als Intellektuelle begriffen, die öffentlich von ihrer Vernunft Gebrauch machten. Uedings Ausführungen zeichnen sich durch hervorragende Stilistik aus – versehen mit einem angenehmen leicht ironischen Unterton. Lehrkräfte der Fächer Philosophie, Ethik und Deutsch, insbesondere die in Tübingen unterrichten, werden durch den vorliegenden Band motiviert, sich in ihrem Fachunterricht oder in einem fächerübergreifenden Projekt mit Tübinger Intellektuellen problemorientiert auseinanderzusetzen. So könnten beispielsweise Auszüge aus bekannten Schriften von Bloch, Jens und Mayer Gegenstand des Unterrichts sein und auf ihre Aktualität hin untersucht werden.
Fazit: Gert Ueding ist mit seinem überaus lesenswerten Erinnerungsbuch „Bloch, Jens und Mayer“ eine hervorragende Hommage an die Tübinger „Tischgesellschaft“ und zugleich an eine Buchhandlung gelungen, welche ein Erinnerungsort und ein besonderer Raum geistigen Austausches in Tübingen war.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Gert Ueding
Bloch, Jens und Mayer
Die Tischgesellschaft der Julie Gastl
In der großen »Gastl Welt«, der weit über Tübingen hinaus, gar weltweit (!) bekannten Buchhandlung, trifft sich anfangs der 70er Jahre (»denkmöglich«) eine gelehrte Dreifaltigkeit zum regelmäßigen Abendgespräch: der Philosoph Ernst Bloch, der Rhetoriker, Kritiker und Schriftsteller Walter Jens sowie der wohl bedeutendste, wirkmächtigste deutsche Germanist Hans Mayer – und zwar gleichsam unterm Patronat der Buchhändlerin und femme de lettres Julie Gastl. Gelegentlich kommen noch Freunde und Gäste von außerhalb dazu: Marcel Reich-Ranicki, der große Kunsthistoriker Hans Holländer, Rolf Hochhuth, Friedrich Dürrenmatt. Und sie disputieren, ereifern, ergänzen, verbessern, verrennen und widerlegen sich heftig – über wahrlich: Gott & die Welt, auch über alles, was da gerade ansteht »in der kleinen großen Stadt – wo der Neckar promoviert.«
Das alles geschieht spielerisch leicht, mit Freude an waghalsigen Gedankenexpeditionen, die auch Leiden, Missgeschick, Unglück, Verwerfung nicht etwa vergessen lassen, aber sich mit dem Optimismus des Nach- und Weiterlebens zum großen Lesegenuss verbinden. Gewissermaßen macht das einen andren Blick auf die »Erbschaft dieser Zeit«, eine Art Seminar »Prinzip Hoffnung« auch …
Post scriptum: Gert Ueding war mit allen Personen des Buches eng verbunden, erlebte sie seit seinem Studium als Mentoren und Freunde. Er war Assistent bei Ernst Bloch, wurde bei Walter Jens promoviert, hat sich bei Hans Mayer habilitiert und war befreundet mit Rolf Hochhuth und Marcel Reich-Ranicki, der ihn als Kritiker an die FAZ holte – und am liebsten als seinen Nachfolger gesehen hätte. Stattdessen aber blieb er guter Kunde Julie Gastls – und folgte dem Ruf auf die Nachfolge Walter Jens’ am Seminar für Allgemeine Rhetorik.