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Auch schwarze Schafe können beten
Für alle, die nicht an Gott glauben und dennoch beten wollen
Johannes Pausch, Gert Böhm
Kösel
EAN: 9783466366095 (ISBN: 3-466-36609-7)
160 Seiten, hardcover, 13 x 21cm, September, 2002
EUR 14,95 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Für Menschen, die beten oder beten möchten!
"Vielleicht ist es aber doch wichtig zu sagen, dass ich dieses Buch nicht als Gebetbuch geschrieben habe; sondern dass ich aus der Fülle von Lebenserfahrungen einige Sternstunden ausgewählt habe, die mir für mein Leben viel bedeuten. Ich möchte Sie ermutigen, dass Sie selber auf Ihre Lebenserfahrungen schauen und Ihr ganzes Leben und Ihre Erfahrungen als ein Gebet sehen können." Johannes Pausch
Verlagsinfo
So geht beten
Nicht wenige meinen beten sei etwas total Schwieriges – und nur für die ganz Frommen. Dabei wollen so viele Menschen heute (wieder) beten. Nur, wie es geht, wissen sie nicht. Sie kennen ihre geistlichen Erfahrungen nicht und finden keinen neuen Einstieg.
Dieses Buch reißt die Hürden nieder: Es erzählt – mit Hintersinn und Humor – von vielen Gebetserfahrungen mitten im Alltag. Brücken zu einem spirituellen Leben werden sichtbar gemacht. Jede und jeder macht nämlich spirituelle Erfahrungen: Hier werden sie bewusst und mitteilbar. In den vielen verschiedenen Formen des Gebets – mit und ohne Worte – finden alle das, was gerade ihrer Seele gut tut. Insbesondere »schwarze Schafe« entdecken ganz neu die Wohltat des Gebets.
Inhaltsverzeichnis
(K)ein Vorwort (zum Gebet) 9
Kein Wunder: Gebete werden sichtbar 17
Die Forschungen von Masaru Emoto 18
Wasser hört auf Musik, auf Worte und Gedanken 20
Das Gebet des Priesters Kato Hoki 22
Das Gebet der Liebe und der Dankbarkeit 24
Die wunderbare Vielfalt des Betens 27
Die gute Meinung 28
Immer – und auch zwischendurch 30
Klage, Trauer und Bitte 31
Der heilige Seufzer 33
Der Segen beim Essen 34
In der Stille 35
Mit dem Leib 37
Miteinander teilen 39
»Dank und Lobpreis« 41
Das ganz andere Morgengebet 44
In der Todesstunde 47
Der Segen 49
Schwarze und weiße Schafe beten 51
Ein schwarzes Schaf 52
Wie wird aus einem schwarzen Schaf ein weißes? 55
Alltägliches Tun wird zum Gebet 61
»Hilft das gegen meine geschwollenen Füße?« 62
Der Pfarrer und sein Vogel 65
Beten ist wie Kauen 69
Saustall am Heiligen Abend 72
Verzeihen 75
Vom Kochen und Beten 79
Besessenheit und liebende Aufmerksamkeit 85
Ora et labora – bete und arbeite 89
Sand im Getriebe 93
Nichts klappt wie am Schnürchen 94
Ein Rhinozeros im Gebet 98
Auf nichts mehr warten? 102
Der Mensch und sein Kaktus 106
Die »gläubigen« Terroristen 110
Beten in der Not: richtig und falsch! 113
Bewegungen 117
Mit Leib und Seele tanzen 118
Morgengymnastik 121
Beschleunigung und Entschleunigung 124
Blind malen 127
Die langsame Reise der Seele 132
Große Veränderungen beginnen ganz klein 134
Das Gebet der Banker 139
Das Urteil beendet den Prozess 143
Leben entfalten 147
Gläubige Menschen leben länger und gesünder 148
Licht ins Dunkel 152
Schweigen und hören 155
Der Stein in der Hand 159
Wo Himmel und Erde sich berühren 162
Orte der Kraft 167
Eine uralte Wallfahrt 168
Der Hund braucht eine Hundehütte – und der Mensch braucht eine Kirche 171
Ungewöhnliche Wallfahrt: zweimal Gassi gehen mit dem Hund 175
Gotteserfahrungen 177
Schmusen mit Gott 178
Der verplante Mensch 183
Er hat es nicht verdient 186
»Ich kann nichts sehen!« 189
Vom Knoten zum Gebetsteppich 192
»Saugeil!« 196
Leben wollen 202
Das Vier-Sterne-Lokal des lieben Gottes 208
Berührt werden 210
»Bitte, segnen Sie mich!« 214
Geborgen sein auch im Sterben 217
Leseprobe
(K) ein Vorwort (zum Gebet)
Ein Gebet hat kein Vorwort. Entweder es ist ein Gebet oder es ist keines – und deshalb dürfte dieses Buch, bei dem es um das Beten geht, auch kein Vorwort haben.
Meistens sind Vorworte langweilig. Sie fassen zusammen, was im Buch steht oder auch, was nicht drinnen steht. Vorworte sind manchmal wie Rechtfertigungen dessen, was da geschrieben worden ist. Der Inhalt dieses Buches braucht keine Rechtfertigung – es sind Lebensgeschichten und Gedanken, die mit Menschen geschehen können, wenn sie hellhörig und aufmerksam ihr Leben zu gestalten versuchen. Das Leben selbst schreibt die Gebete, und das Leben selbst formt die Betenden.
Stellen Sie sich vor, dass Sie anfangen zu beten, und bevor sie beginnen, machen Sie eine lange Vorrede – etwa so:
»Lieber Gott, du weißt, was ich heute alles am Hals hatte. Meine Frau hat mich geärgert, die Kinder sind ungezogen und ich bin völlig fertig mit den Nerven. Es ist deshalb heute wirklich schwierig zu beten, obwohl ich glaube, dass es sinnvoll wäre, es zu tun. Doch mir schwirren viele Gedanken durch den Kopf. Ich weiß nicht, ob ich aufmerksam genug bin für die Menschen um mich herum, und ich weiß auch nicht, ob ich jetzt aufmerksam genug für dich bin. Da fällt mir ein: Ich sollte Tante Katharina noch anrufen, denn sie hat heute Geburtstag. Aber das kann noch warten bis morgen, weil ja das Gebet heute noch einmal ganz wichtig ist. Und wenn ich es nicht so schaffe, wie ich es gerne möchte, dann habe Nachsehen mit mir, denn ich komme mir nicht besonders gut vor. Ich fühle mich wie ein schwarzes Schaf ...«
So kann es natürlich noch einige Zeilen weitergehen.
Das ist kein Vorwort zum Gebet. Es ist bereits ein Gebet, ob ich es so nenne oder nicht. Ich brauche mich vor Gott weder für meine gescheiten noch für meine dummen Gedanken zu rechtfertigen. Ich kann vor ihm stehen, so wie ich wirklich bin. Ich darf ihm alle meine Erfahrungen mitteilen, ob sie mir passend erscheinen oder nicht.
Vielleicht ist es aber doch wichtig zu sagen, dass ich dieses Buch nicht als Gebetbuch geschrieben habe, sondern aus der Fülle von Lebenserfahrungen einige Sternstunden ausgewählt habe, die mir für mein Leben viel bedeuten. Ich möchte Sie ermutigen, dass Sie selbst auf Ihre Lebenserfahrungen schauen und Ihr ganzes Leben und Ihre Erfahrungen als ein Gebet sehen können.
Und dann ist da auch noch die Geschichte mit den schwarzen Schafen. Wahrscheinlich werden viele sagen, dass sie selbst kein schwarzes Schaf sind oder dass nicht klar ist, was schwarze und weiße Schafe sind. Ich glaube, dass es nicht möglich ist, zwischen schwarzen und weißen Schafen, zwischen guten und schlechten Gebeten zu unterscheiden. Im Wesentlichen geht es immer um Schafe und um das Gebet. Die Bewertung, ob etwas gut oder schlecht oder schwarz oder weiß ist, entsteht meistens durch unsere Lebenserfahrungen oder durch die getönte Brille, mit der wir uns selbst und andere betrachten.
Dieses Buch ist sicherlich kein Buch für Menschen, die schon wissen, wie man betet. Auch für jene, die ein ordentliches Gebetbuch mit Anweisungen und Texten erwarten, wird es vermutlich schwierig sein, das Buch in Ruhe und Aufmerksamkeit zu lesen – für sie gibt es brauchbarere Bücher.
Was ist also nötig, um dieses Buch vernünftig zu lesen? Vor allem ein aufmerksames und offenes Herz und ein wenig Zeit, um die Erfahrungen, die in diesem Buch geschildert werden, zu hören und sie ins eigene Leben zu übersetzen.
Wenn Sie mit der einen oder anderen Geschichte nichts anfangen können, dann überblättern Sie diese. Nur eine Bitte habe ich dabei: Ärgern Sie sich nicht darüber. Es war nicht mein Anliegen, Sie zu verärgern oder zu verwirren, sondern in den vielfachen Mühen und Wirrnissen des Lebens ein paar Wegweiser zu finden, die ein Leben mit Gott mehr und mehr ermöglichen.
Und doch interessiert mich natürlich, was Sie mit den Gedanken und Erfahrungen dieses Buches machen. Es ist ja nicht einfach, Lebenserfahrung mit andern zu teilen, ohne zu wissen, ob die Worte und Gedanken auch wirklich »ankommen«.
Auf einer Reise durch die Türkei schlenderte ich einmal durch den Bazar von Istanbul und stieß auf einen alten Derwisch, der Geschichten erzählte. Es war faszinierend, ihm zuzuhören – und noch beeindruckender war es für mich, die Zuhörer zu beobachten. Sie hingen mit ihren Augen und Ohren an diesem Geschichtenerzähler. Die Zuhörergemeinde war groß, und seine packenden und ergreifenden Geschichten, die voller Freude und Trauer, voll Hoffnung und Zweifel waren, die andere zum Lachen und zum Weinen brachten, die ihr Herz bewegten – diese Geschichten ergriffen auch mich. Er traf immer den Nagel auf den Kopf. Das spiegelte sich nicht nur in seinen Augen, sondern auch in den Körpern der Zuhörer.
Vieles von dem, was er erzählte, verstand ich nicht. Trotzdem ging ich immer wieder beglückt weg – vor allem auch deshalb, weil der alte Derwisch sich nach jeder Geschichte vor seinen Zuhörern bis auf den Boden neigte, ein wenig innehielt, sich dann wieder aufrichtete und sich ein zweites und ein drittes Mal verneigte. Nach einiger Zeit gelang es mir, mich mit ihm anzufreunden. Als er sich wieder einmal nach einer Geschichte vor seinen Zuhörern bis zum Boden verneigte, fragte ich ihn: »Warum verneigst du dich nach jeder Geschichte vor den Zuhörern?«
Der alte Derwisch antwortete mir: »Was wären meine Geschichten ohne eure Ohren und ohne eure Herzen?«
Was wäre mein Leben ohne die Ohren und die Herzen von Menschen, die mir zuhören? Was wäre das Buch ohne seine Leserinnen und Leser? Was wäre mein Leben, wenn ich mich niemandem zuneigen könnte oder sich mir niemand zuneigte? Was wäre mein Leben, ohne dass Gott mir zuhört, ohne dass er sich mir zuneigt?
Zuneigung ist ein Zeichen der Liebe und der Verehrung. Sie gibt mir und anderen Leben.
Deshalb möchte ich mich heute vor Ihnen, die Sie dieses Buch in die Hand nehmen, verneigen, weil Sie mir begegnen und mir zuhören, ohne dass ich Sie kenne. Ich möchte mich aber auch vor Gott verneigen, der uns immer und zu allen Zeiten zugeneigt ist. Immer, wenn ich mich jemandem zuneige, neige ich mich mir selbst zu und achte auf die Bewegungen meines Herzens. So werden Zuneigung und Liebe zum anderen ein Weg, mich selbst ernst zu nehmen und zu achten. Und während ich all dies tue, handle ich wohl so, wie Gott auch handelt. Denn er neigt sich mir und uns allen zu und gibt uns dadurch Leben. Ich möchte mich Ihnen also zuneigen und hoffe, dass Sie das gleiche tun können, denn dann wird es einen Weg geben, auf dem wir uns verstehen können.
Ich verneige mich heute auch vor den Menschen, die mir das Leben geschenkt und die mich beten gelehrt haben. Vor allem verneige ich mich vor denen, die mich gelehrt haben, hellhörig zu sein auf das Leben, es mit allen kleinen Dingen zu achten und die Bewegungen des Lebens wahrzunehmen, auch wenn sie noch so schmerzhaft und schwierig sind.
Und ich möchte mich vor all den Menschen verneigen, die immer wieder in unser Kloster kommen, um mit uns zu sprechen und zu beten. Vor allem meinen Brüdern im Kloster Gut Aich danke ich, weil sie mit mir gemeinsam den Weg der Gottsuche gehen. So wird also aus diesem Vorwort wahrscheinlich die einzige Form, die verantwortbar und vertretbar ist. Es ist der Dank gegenüber den Menschen, gegenüber der Schöpfung und gegenüber Gott.
Wahrscheinlich ist die Haltung der Dankbarkeit das beste Vorwort für ein Gebet. – Und dankbar können alle schwarzen und weißen Schafe sein.
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