Liebe Leserin, lieber Leser,
eigentlich hätte sich dieses Heft dem »Jubilar« des Jahres 2009, Johannes Calvin, widmen sollen, der vor 500 Jahren in Noyon, rund 100 km nördlich von Paris, zur Welt kam. Für die langjährigen Leser/innen ist es ja schon eine vertraute Tradition, dass »forum religion« solche Jahre nutzt, um wichtige Gestalten der Kirchengeschichte neu für den RU zu erschließen - siehe die Hefte zu Hildegard von Bingen, Nikolaus Cusa-nus, Elisabeth von Thüringen u. a.
Aber dann hat sich doch - vor allem durch die vielerorts angelaufenen Aktivitäten der »Lutherdekade« - das Thema Martin Luther in den Vordergrund geschoben. Wenn sich tatsächlich rund zehn Jahre lang (der Abschluss soll 2017 in Wittenberg gefeiert werden) so große Anstrengungen auf die Vermittlung von Luthers Reformation richten, sind zwei Fragen unvermeidlich: Worin besteht eigentlich ihre Gegenwartsbedeutung, so dass sich solche Anstrengungen »lohnen«? Und: Wie kann Luthers Lebensfrage nach der »Rechtfertigung des Sünders« für Schüler/innen bedeutsam werden, die von den Ängsten und Fragen, die Luther damals Umtrieben, meilenweit entfernt scheinen? Daraus hat sich der »Stoff« zu diesem Heft ergeben. Athina Lexutts engagierter Beitrag »Evangelisch aus gutem Grund - hat sich die Reformation gelohnt?« stellt sich der Thematik. Ihre Aussage, dass im reformatorischen Sinne Wahrheit ist, was »tröstet, frei und gewiss macht«, ist das Leitmotiv auch für den Hauptbeitrag dieses Heftes. Er bietet neben »klassischen« Elementen ungewohnte Materialen und Analogien zur Frage nach der Wirkung und Bedeutung der reformatorischen Erkenntnis Luthers. In dem didaktisch-thematischen Rahmen »Suche nach Freiheit - Sehnsucht nach Anerkennung und Geborgenheit« werden Perspektiven entfaltet, die für Schüler/innen in Sek I/II in ihrer Entwicklungsphase relevant sind und dazu beitragen, Reformation nicht nur als kirchengeschichtliches (Pflicht-)Thema wahrzunehmen.
Dass Geschichte immer »zugleich Gegenwart ist«, wie der französische Historiker Jacques le Goff einmal formuliert hat, zeigt sich in der Unterrichtsidee »Martin Luther und die Finanzkrise - damals, 1520«. Seine Schrift »Von Kaufhandlung und Wucher« zeigt Verhältnisse, die mit der heutigen Krise durchaus vergleichbar sind. Bei der Lektüre stellt sich unweigerlich die Frage: Welcher Theologe heute hat sich zu dieser Krise ähnlich sachkundig und zugleich mutig geäußert wie damals Luther? Hier gibt es besonders für einen fächerübergreifenden Unterricht viele Möglichkeiten, das aktuelle Thema »Gerechtigkeit in Wirtschaft und Gesellschaft« aufzugreifen. Schließlich sind wir auf ein Bilderbuch gestoßen, das Martin Luthers Geschichte bis zum »Reformationstag« am 31. Oktober für Kinder erzählt. Text und Bilder tragen dazu bei, das Thema »Martin Luther«, das ja auch in der Grundschule bearbeitet wird, um einige anschauliche Fassetten zu bereichern.
Bernhard Böttge
Inhaltsverzeichnis
zum thema
Athina Lexutt
Evangelisch aus gutem Grund?
Hat sich die Reformation gelohnt, und wenn ja, weswegen ? 2
medienbeitrag
Arbeitsgruppe Sekundarstufe I
Glaube tröstet, macht frei und gewiss
Kompetenzorientierte Bausteine zum Thema Martin Luther
und die Reformation für Sek I 4
unterrichtsskizze
Ernestine Ebert-Menard und Marie-Luise Keller
Martin Luther und die »Finanz-kriese« - damals, 1520
»Von Kaufhandlung und Wucher«
Materialien für den RU ab Jahrgangsstufe 9 35
werkstatt schule
Monika Horstmann u. Michael Stahl
Wie Martin Luther auf den Reformationstag kam ...
Eine Text- und Bilderfolge für das 3. - 6. Schuljahr 39
rezension 42
materialien 44