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Winterspelt Roman Erstausgabe 1974
Winterspelt
Roman


Erstausgabe 1974

Alfred Andersch

Diogenes Verlag
EAN: 9783257236040 (ISBN: 3-257-23604-2)
614 Seiten, paperback, 11 x 18cm, 2006

EUR 12,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Alfred Andersch • Winterspelt

In Winterspelt, einem Eifeldorf, überschneiden sich am Vorabend der Ardennenoffensive im Oktober 1944 die Lebenswege von sechs Personen. Roter Faden ist der geplante Coup des Major Dincklage, eines Ritterkreuzträgers: Um sinnloses Blutvergießen zu verhindern, will er sein Bataillon kampflos den Amerikanern übergeben. Winterspelt, der 1974 als letzter Roman Anderschs erschienen ist, zeigt auf, wie es auch hätte sein können: Geschichte berichtet, wie es gewesen. Erzählung spielt eine Möglichkeit durch.

»Liest man heute in Winterspelt, Anderschs ambitioniertestem Roman, der letztmalig sein Lebensthema Desertion durchspielt, dann empfindet man Respekt für diesen großzügigen epischen Entwurf, der Fakten mit Fiktionen konfrontiert, Möglichkeiten sondiert, Stimmen orchestriert und aus alledem eine existentielle Dringlichkeit hervortreten läßt, wie sie nicht einfach erfunden werden kann.«

Christoph Bartmann /Süddeutsche Zeitung, München
Rezension
Der 600seitige letzte Roman von Alfred Andersch nimmt Motive seines Lebenswerks abschließend auf und kann als Summe seines literarischen Schaffens bezeichnet werden. Wie in "Sansibar oder der letzte Grund" wird durchgespielt, wie eine Gruppe verschiedenartiger Menschen eine anti-faschistische Handlung plant und durchführt, hier die kampflose Übergabe eines Wehrmachtsbataillons an die Amerikaner während der sinnlosen Ardennen-Offensive der Nazis 1944. Geschichte berichtet, wie es gewesen ist, Erzählung spielt eine Möglichkeit durch, - dieses Diktum des Autors wird in diesem Roman nuancenreich und polyphon umgesetzt. Die entscheidenden Lebensthemen des Autors (Desertion aus der Wehrmacht, antifaschistischer Kampf und authentisch-moralisches Verhalten) werden nocheinmal exemplarisch durchgespielt.

Jens Walter, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Alfred Andersch
Geboren am 4.2.1914 in München, gestorben am 21.2.1980 in Berzona (Tessin), dort auf dem Dorffriedhof begraben. Ein Jahr nachdem Andersch, 18jährig, Organisationsleiter des Kommunistischen Jugendverbandes von Südbayern geworden war, wurde er in das KZ Dachau gebracht. Andersch löste sich von der KPD. 1944 desertierte der gelernte Buchhändler aus der Wehrmacht und geriet in Kriegsgefangenschaft. Er wurde Redakteur der Lagerzeitung ›Der Ruf‹, die er ab 1946 mit Hans Werner Richter zusammen in München weiterführte. Dem ›Ruf‹ wurde wegen Kritik an den Besatzungsmächten die Lizenz entzogen. Aus den wiederholten Treffen der ›Ruf‹-Autoren entstand die Gruppe 47. 1958 wurde er freier Schriftsteller und zog mit seiner Frau, der Malerin Gisela Andersch, nach Berzona im Tessin. ›Artikel 3 (3)‹ hieß das Gedicht, das vier Jahre später zu einem beispiellosen Skandalon wurde. Selbst wohlmeinende Leute hatte Andersch mit seiner harten und pauschalen Kritik am sogenannten Radikalenerlaß schockiert, der ›verfassungsfeindliche Kräfte‹ in der Bundesrepublik vom öffentlichen Dienst fernhalten sollte.Andersch förderte junge Autoren und hatte selbst seiner Meinung nach zu spät mit dem Schreiben begonnen: Es war für ihn »die traurige Geschichte vom langsam fallenden Groschen«.

»›Winterspelt‹ beunruhigt mich sehr. Ein Buch, das dem Leser den Schlaf raubt, ist ein Buch, das zu lesen sich lohnt. Überzeugt von seinem hohen literarischen Rang, sollte ich über ›Winterspelt‹ schweigen. ›Winterspelt‹ ist ein großes Werk. Jede Kritik an ›Winterspelt‹ richtet sich gegen den Kritiker.«
Wolfgang Koeppen

»Sein Roman, der zweifellos einer der wichtigsten der letzten Jahre ist, stellt aufs neue die Frage nach dem sittlichen Rang der Kunst überhaupt.«
Hanjo Kesting / Norddeutscher Rundfunk

»Andersch, mir nah, ein Liebhaber des Halbschattens, ein Reisender ohne Uniform, einer, der in Providence verschwindet, ein Kundschafter, manchmal verkleidet, auf der lebenslangen Flucht nach den Kirschen der Freiheit, er wird nie Sansibar erreichen, und selbst wenn er nach Sansibar kommen sollte, wird Sansibar nicht mehr Sansibar sein, und nie wird Andersch aufhören, nach dem letzten Grund zu forschen.«
Wolfgang Koeppen

»›Winterspelt‹ ist ein Buch, das, so denke ich, das beste ist, das dieser zurückhaltende, eigenwillige Autor geschrieben hat … Ein Alterswerk (wie Fontanes ›Stechlin‹, Thomas Manns ›Erwählter‹, Heinrich Manns ›Atem‹): zart und von durchsichtig-kristalliner Struktur.«
Wolfram Schütte

»Anderschs Meisterstück als Romancier.«
Jochen Schimmang / Frankfurter Allgemeine Zeitung

»Liest man heute in ›Winterspelt‹, Anderschs ambitioniertestem Roman, der letztmalig sein Lebensthema Desertion durchspielt, dann empfindet man Respekt für diesen großzügigen epischen Entwurf, der, ganz im Geist des Modernismus, Fakten mit Fiktionen konfrontiert, Möglichkeiten sondiert, Stimmen orchestriert und aus alledem eine existentielle Dringlichkeit hervortreten läßt, wie sie nicht einfach erfunden werden kann.«
Christoph Bartmann / Süddeutsche Zeitung, München
Inhaltsverzeichnis
Feindlage, militärisch 13

Im Westen nichts Neues 15 Hitler oder Die fehlende Tiefe 15 Bradley oder Acht Kilometer 17 Weisung an von Rundstedt, Generalfeldmarschall 19 Der arme General Middleton 19 Phasen eines Umschlags von Dokument in Fiktion 20 Georgia on my mind 22 Schwache Korrektur 23 Sandkasten 23

Feindlage, >geistig< 25
.
von Rundstedt, Model, Blaskowitz, von Manteuffel, Guderian, Balck, Hauser, Schulz, Thomale etc. 27 Churchill 27 Rote Armee 28 Reisige und Bauern 31 Geheimniskrämerei 32 Westlich des Limes 32 Beifall von der falschen Seite 34 Adverb und Adjektiv 35 Strategische Studie 36 Seinen Kohl bauen 36 Anläßlich Schefolds? 38

Der Major Dincklage 39

Biogramm 41 Momente 42 Zwölf Uhr mittags 66 Fachidiot 67

Hauptkampfzone 71

Krähennest 73 Biogramm 105 Momente oder Geologie und Marxismus 110 Retuschen an der Hauptkampfzone 135 Ende Krähennest 136

Meldung über einen Vorfall auf Posten 137

Einsatz eines Kuriers 189

Entstehung einer Partisanin 217

Ein Licht aufstecken 219 »Herrgott, Käthe!« 228 Tirade über die Liebe 230 Biogramm 232 Die Reise in den Westen 234 Notizen zu einem Aufsatz über politisches Bewußtsein 267 Produktionsbedingungen, durchschaut 271 Während Käthe Kühe hütet 273 Verflechtung 274 Die Höhle am Apert 276 Miszellen über Käthes Verhältnisse 283 Für und Wider 291 Ein amerikanisches Manneswort oder Die Internationale der Offiziere 298 Aus Alberichs Schatz 301

Schreibstuben-Vorgänge 303

Der Hauptmann Kimbrough 387

Maspelt 13Uhr 389 Marsch nach Osten 392 Maspelt 14 Uhr 396 Über Realismus in der Kunst 403 Das größte Gemälde der Welt 404 Maspelt 15 Uhr 406 Wheelers Wappen 408 Mitteilung einer Erfahrung betreffend Kameradschaft 411 Weiter: Maspelt 15 Uhr 412 Biogramm 413 Maspelt und Fargo 417 Immobilien und blue notes 418 populist movement, civilwar 421 Weiter: Maspelt 15 Uhr 427 segregation 428 Maspelt 16 Uhr 430 Noch so eine Lehrerin 433 Maspelt 17 Uhr 441 Von Alligatoren ... 452 ... und Schweinehunden 454 Maspelt 18 Uhr 459 Regionahsmus 466 Maspelt 19 Uhr 469 Spät in der Nacht 469

Dokumente, Träume, Fußnoten zu Major Dincklages Verrat 471

Dokument I 473 Zwei Träume Dincklages 500 Dokument II 502 Dokument III 506 Fußnote 1 509 Fußnote 2 510

Freies Geleit 511

Verlustziffern 591

Vogelfrei 593 Was nicht mehr erzählt wird 594 Der Reise in den Westen letztes Stück 596 Phasen eines Umschlags von Fiktion in Dokument 601 Preußischer Schwertadel oder Dossier über drei Generalfeldmarschälle (mit Anmerkungen) 605 Menschenverluste während der Ardennen-Offensive 610 Automaten 612 Wiedergänger 613 Bruder und Schwester 614